Entscheidungsstichwort (Thema)
NZB: Grundsätzliche Bedeutung und Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung als Zulassungsgrund
Leitsatz (NV)
- Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache wird nicht dadurch begründet, dass der BFH eine vergleichbare Sachverhaltskonstellation noch nicht entschieden hat. Eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der Rechtssache kann daraus nicht abgeleitet werden.
- Die bloße Kommentierung von zwei FG-Entscheidungen unter Anbringung von Bedenken gegen deren materielle Richtigkeit genügt nicht den Anforderungen an die Darlegung des Revisionszulassungsgrundes des § 115 Abs. 2 Nr. 2, 2. Alt. FGO (Erforderlichkeit einer BFH-Entscheidung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung).
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1-2, § 116 Abs. 3 S. 3
Gründe
Die Begründung entspricht nicht den Anforderungen an die Darlegung von Zulassungsgründen i.S. von § 115 Abs. 2 i.V.m. § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.d.F. des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze (2.FGOÄndG) vom 19. Dezember 2000 (BGBl I 2000, 1757 ―im Folgenden: FGO n.F.―).
1. Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache hat der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) nicht hinreichend dargelegt. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn eine Frage zu entscheiden ist, an deren Beantwortung ein allgemeines Interesse besteht, weil ihre Klärung das Interesse der Allgemeinheit an der Entwicklung und Handhabung des Rechts betrifft (ständige Rechtsprechung zu § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO a.F., vgl. die Nachweise bei Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 115 Rz. 23, m.w.N; Beschluss des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 31. Mai 2000 IV B 55/99, juris). Es muss sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame und auch für die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Frage handeln. Diese Voraussetzungen müssen in der Beschwerdeschrift dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO n.F.). Insbesondere muss die Beschwerde konkret auf die Rechtsfrage, ihre Klärungsbedürftigkeit und ihre über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung eingehen (vgl. BFH-Beschluss vom 26. August 1992 II B 100/92, BFH/NV 1993, 662, 663, m.w.N., ständige Rechtsprechung). Ferner sind Ausführungen dazu erforderlich, aus welchen Gründen, in welchem Umfang und von welcher Seite die Rechtsfrage umstritten ist (ständige Rechtsprechung, s. z.B. BFH-Beschlüsse vom 21. November 1989 VII S 10/89, BFH/NV 1990, 585, 586; vom 25. Mai 1999 V B 162/98, BFH/NV 1999, 1497, sowie vom 30. August 2001 IV B 79, 80/01, BFHE 196, 30, BStBl II 2001, 837); darüber hinaus muss die Rechtsfrage klärungsbedürftig und klärungsfähig sein.
Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht. Insbesondere lässt die Beschwerde nicht erkennen, welche vom Einzelfall losgelöste Rechtsfrage in einem Revisionsverfahren geklärt werden könnte. Der Vortrag des Klägers, die Trägerschaft i.S. des § 2 des Gesetzes zur Förderung eines Freiwilligen Sozialen Jahres (SozDiG) i.d.F. vom 24. März 1997 knüpfe ―soweit es nicht um die in § 2 Abs. 1 SozDiG ausdrücklich genannten zugelassenen Träger geht― nicht an die Zulassung durch die zuständige Landesbehörde gemäß § 2 Abs. 2 SozDiG an, sondern an die Erfüllung der in § 1 Abs. 1 Nrn. 1 bis 5 SozDiG genannten Tatbestandsmerkmale an, wendet sich inhaltlich vielmehr gegen die materielle Richtigkeit des angefochtenen Urteils. Das gilt auch für die Behauptung, die Aktion Sühnezeichen Friedensdienste e.V. sei als Mitglied des Diakonischen Werks der EKD e.V., einem Mitglied der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege, schon von Gesetzes her Träger i.S. des § 2 Abs. 1 SozDi. Im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde kann der Kläger mit Einwendungen gegen die materielle Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils aber nicht gehört werden (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 29. Oktober 1998 X B 132/98, BFH/NV 1999, 510; vom 4. August 1999 IV B 96/98, BFH/NV 2000, 70). Im Übrigen widerspricht die Rechtsauffassung des Klägers zu § 2 SozDiG dem klaren Wortlaut des Gesetzes. Denn über die in § 2 Abs. 1 SozDiG genannten Träger des freiwilligen sozialen Jahres hinaus kommen andere Institutionen oder Körperschaften als Träger nur in Betracht, wenn sie von der zuständigen Landesbehörde zugelassen werden (§ 2 Abs. 2 SozDiG). Es mangelt daher bereits an der Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 28, m.w.N.).
Auch der Umstand, dass eine vergleichbare Sachverhaltskonstellation vom BFH noch nicht entschieden wurde, vermag die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht zu begründen. Denn allein daraus kann die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung einer Rechtssache nicht abgeleitet werden (BFH-Beschluss vom 2. November 2001 VII B 351/00, BFH/NV 2002, 506).
2. Zulassungsgründe i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO hat der Kläger ebenfalls nicht schlüssig dargelegt. Über die bereits zur "grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache" vorgetragenen Argumente hinaus hat er zum Zulassungsgrund "Fortbildung des Rechts" keine neuen Gründe vorgebracht. Vielmehr wendet sich der Kläger mit der im Stil einer Revisionsbegründung gehaltenen Rüge letztlich gegen die materielle Richtigkeit der Vorentscheidung. Wie vorstehend bereits ausgeführt, kann er damit im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde nicht gehört werden.
Ebenso wenig hat der Kläger dargelegt, weshalb eine Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich sein könnte. Zwar hat er eine Entscheidung des Hessischen Finanzgerichts (FG) und die hier angefochtene Vorentscheidung kommentiert und deren inhaltliche Richtigkeit bezweifelt. Das reicht aber nicht aus, die Erforderlichkeit einer BFH-Entscheidung für die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung darzutun. Denn weder hat der Kläger ausgeführt, aus welchen Gründen, in welchem Umfang und von welcher Seite die Rechtsfragen umstritten sind, noch konnte er darlegen, dass überhaupt divergierende Rechtsprechung zu diesem Problemkreis existiert. Weshalb angesichts dieser Situation eine Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich sein soll, ist nicht erkennbar.
3. Soweit sich der Kläger auf Verfahrensmängel beruft, entspricht seine Rüge nicht den gesetzlichen Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO. Dazu wäre es erforderlich gewesen, Tatsachen anzugeben, die den gerügten Verfahrensmangel schlüssig ergeben (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschluss vom 21. Juni 1996 VIII B 87/95, BFH/NV 1996, 897).
Zwar rügt der Kläger die Verletzung der Sachaufklärungspflicht. Der Beschwerdebegründung ist aber nicht zu entnehmen, dass er einen Beweisantrag gestellt hätte, den das FG übergangen hat, oder dass sich dem FG von Amts wegen weitere Ermittlungen hätten aufdrängen müssen. Das betrifft insbesondere eine etwaige Trägerschaft der Aktion Sühnezeichen Friedensdienste e.V. i.S. des § 2 Abs. 1 Nr. 1 SozDiG. Denn nach der Bescheinigung der Aktion Sühnezeichen Friedensdienste e.V. vom …, sie sei nicht im Sinne des Gesetzes zur Förderung eines Freiwilligen Sozialen Jahres vom 17. August 1964 anerkannt, konnten die Beteiligten wie das FG von der Richtigkeit dieser Bescheinigung ausgehen. Im Übrigen haben weder der Kläger noch der Beklagte die Richtigkeit dieser Bescheinigung beanstandet. Für das FG bestand daher kein Anlass, weitere Ermittlungen in dieser Hinsicht anzustellen.
Fundstellen
Haufe-Index 838670 |
BFH/NV 2002, 1463 |