Leitsatz (amtlich)
1. Ein Grundstückserwerber, der Steuerbefreiung nach dem GrESWG beansprucht, hat die erforderlichen und gesetzlich vorgeschriebenen Unterlagen, z. B. die gemäß § 2 Abs. 1 GrESWG vorgeschriebene Versicherung, rechtzeitig dem FA zu unterbreiten.
2. Bei der Entscheidung, ob einem Beteiligten die Kosten gemäß § 137 FGO auferlegt werden können, sind die Pflichten des FA zur Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen, aber auch die Mitwirkungspflichten des eine Steuervergünstigung beanspruchenden Steuerpflichtigen zu beachten, wie es nach Zeit und Umfang billigerweise bei Beachtung der erforderlichen Sorgfalt erwartet werden kann.
Normenkette
Nordrhein-westfälisches Gesetz über Grunderwerbsteuerbefreiung für den Wohnungsbau i.d.F. vom 19. Juni 1958 - GrESWG - (GVBl S. 282) § 2 Abs. 1; FGO § 137
Tatbestand
Der Beschwerdeführer hat 1963 ein Grundstück "zum Zwecke der Bebauung mit einem Appartement-Haus bzw. Hotel-garni" erworben. In dem allgemeinen Fragebogen des FA hat er bei den Fragen, ob Steuerbefreiung nach dem nordrhein-westfälischen Gesetz über Grunderwerbsteuerbefreiung für den Wohnungsbau in der Fassung vom 19. Juni 1958 - GrESWG - (Gesetz- und Verordnungsblatt S. 282) wegen a) Errichtung eines Gebäudes (§ 1 Nr. 1, 3, 4) oder b) ... Aufteilung in Wohnungseigentumsrechte und anschließende Weiterveräußerung (§ 1 Nr. 2) beantragt werde, jeweils die vorgedruckte Antwort "ja" zu a und b unterstrichen. Gleichwohl forderte das FA durch Steuerbescheid vom Juni 1964 eine Grunderwerbsteuer an mit der Begründung, daß der Beschwerdeführer den ihm im Oktober 1963 übersandten Befreiungsantrag auf Grund des GrESWG nicht ausgefüllt zurückgesandt habe. Daraus müsse geschlossen werden, daß die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung nicht vorlägen.
Mit dem Einspruch machte der Beschwerdeführer geltend, er beabsichtige, auf dem Grundstück Eigentumswohnungen zu errichten, d. h. es würden auch für das Grundstück grundbuchmäßig neue Eigentümer auftreten. Damit sei er "wohl von der Grundstückserwerbsteuer befreit". Das FA wies den Einspruch zurück, da der Beschwerdeführer, statt einer zweimaligen Aufforderung zur mündlichen Erörterung zu entsprechen, im Oktober 1964 mitgeteilt habe, er habe seinen Plan, auf dem Grundstück Eigentumswohnungen zu errichten, inzwischen aufgegeben und werde das Grundstück weiterverkaufen. Somit komme eine Steuerbefreiung für den Beschwerdeführer nicht in Betracht.
Aus der Klageschrift folgerte das FA, daß der Beschwerdeführer die ursprüngliche Bebauungsabsicht wieder aufgegriffen habe und hob die Grunderwerbsteuerfestsetzung gemäß § 94 Abs. 1 Nr. 2 AO auf. Beide Parteien erklärten die Hauptsache für erledigt.
Dem Antrag des FA (Beklagten und Beschwerdegegners), dem Kläger (Beschwerdeführer) die Kosten des Verfahrens gemäß § 137 FGO aufzuerlegen, entsprach das FG zunächst nicht. Es erlegte die Kosten vielmehr durch Beschluß vom Juli 1966 dem Beklagten auf, half jedoch der Beschwerde des FA ab (§ 130 Abs. 1 Satz 1 FGO) und erlegte nach Aufhebung seines ersten Beschlusses durch Beschluß vom September 1966 die Kosten gemäß § 138 Abs. 2 FGO in Verbindung mit § 137 FGO dem Kläger auf.
Hiergegen wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner Beschwerde.
Das FG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Beschwerde ist nicht begründet.
Das FG hat in dem Beschluß vom Juli 1966 zutreffend entschieden, daß die Abgabe der Versicherung gemäß § 2 Abs. 1 GrESWG als eine Tatsache im Sinn des § 137 FGO zu werten ist, die der Beschwerdeführer schon früher hätte geltend machen können und sollen, so daß sich in diesem Fall die Erhebung der Klage erübrigt hätte.
Nach der Ermessens- und Ausnahmevorschrift des § 137 Satz 1 FGO können dem Kläger trotz Obsiegens in der Hauptsache die Kosten ganz oder zum Teil auferlegt werden, wenn er sich sein Vorbringen als verspätet wegen von ihm selbst zu vertretender Umstände als eigenes Verschulden zurechnen lassen muß (Beschluß des BFH V B 12/66 vom 14. Dezember 1967, BFH 91, 23, BStBl II 1968, 203 mit weiteren Nachweisen). Dabei sind auch die Pflichten des FA zum Zusammenwirken mit dem Steuerpflichtigen auf Grund der Verpflichtung zur Aufklärung des Sachverhaltes von Amts wegen zu beachten. Andererseits muß jedoch auch der Steuerpflichtige, zumal wenn er eine Steuerbefreiung beansprucht, seiner gesetzlichen Mitwirkungspflicht nach Umfang und Zeit von sich aus so nachkommen, wie es billigerweise bei Beachtung der erforderlichen Sorgfalt von ihm zu erwarten ist (vgl. insoweit BFH-Urteil II 195/58 U vom 24. Januar 1963, BFH 76, 585, 588, BStBl III 1963, 213 rechte Spalte; Mattern-Meßmer, Reichsabgabenordnung, Tzn. 16 und 36 mit weiteren Nachweisen der Rechtsprechung des BFH).
Ein Grundstückserwerber, der Steuerbefreiung nach § 1 Nrn. 1 bis 4 GrESWG beansprucht, hat die gemäß § 2 Abs. 1 GrESWG vorgeschriebene Erklärung mit entsprechender Versicherung von sich aus einzureichen. Es ist, wie der Senat zu dem insoweit gleichliegenden § 2 GrESWG 1952 bereits in dem Urteil II 79/59 vom 1. März 1961 (HFR 1961, 151 am Ende) ausgeführt hat, also in erster Linie Sache des mit seinem eigenen Steuerfall und seinem eigenen Vorhaben am besten vertrauten Steuerpflichtigen, sich rechtzeitig über eine etwaige Steuerbefreiung und deren sachliche und förmliche Voraussetzungen selbst zu unterrichten und seinerseits alle hierfür erforderlichen und gesetzlich vorgeschriebenen Unterlagen rechtzeitig dem FA zu unterbreiten (vgl. zur Auferlegung der Kosten wegen unzureichender Erklärungs-, Nachweis- und Mitwirkungspflichten auch BFH-Urteil IV 196/63 vom 22. Juni 1967, BFH 89, 326, BStBl III 1967, 640).
Das ist nicht geschehen. Die Ausfüllung des allgemein gehaltenen ersten Fragebogens Grunderw 12, der dem FA auf Grund des eingereichten notariellen Vertrages nur ein erster Anhalt für die weitere Bearbeitung sein konnte, konnte schon inhaltsmäßig die besondere Erklärung gemäß § 2 GrESWG nicht ersetzen, abgesehen davon, daß der Beschwerdeführer mehrere Befreiungsmöglichkeiten zugleich mit "ja" beantwortet hatte. Bereits bei Erhalt des Steuerbescheids vom Juni 1964 hätte der Beschwerdeführer aus der Begründung, daß er die Befreiungserklärung nicht ausgefüllt zurückgesandt habe, erkennen müssen, daß er seiner Darlegungspflicht nicht in ausreichender Weise nachgekommen war. Auch wenn man unterstellt, daß der Beschwerdeführer die Befreiungsvordrucke Grunderw 8 und 10 nicht erhalten habe, was er auf Rückfrage des FG mehr als zwei Jahre nach Empfang des Steuerbescheides behauptet, so hätte er sich also nicht mit einer wiederum unzureichenden Einspruchsbegründung begnügen dürfen, in der er im übrigen selber nur zum Ausdruck bringt, sein Erwerb sei "wohl" von der Grunderwerbsteuer befreit. Einer zweimaligen Aufforderung des FA vom Juli 1964 und Juli 1965 zur Aufklärung an Amts Stelle, die das FA in der Einspruchsentscheidung erwähnt, ist der Beschwerdeführer unwidersprochen nicht nachgekommen; er hat dem FA vielmehr im Oktober 1964 lediglich mitgeteilt, daß er seinen Bebauungsplan aufgegeben habe und das Grundstück weiterverkaufen werde. Unter diesen Umständen ist es nicht zu beanstanden, wenn das FA davon ausging, daß der Beschwerdeführer den durch § 1 Nr. 1 oder Nr. 2 GrESWG steuerbegünstigten Zweck nicht erst durch den tatsächlichen Weiterverkauf, sondern bereits vorher - eben durch Änderung seiner eigenen Bebauungsabsichten -, d. h. im Sinne des § 3 Abs. 3 GrESWG vor Ablauf der in § 3 Abs. 1 und 2 GrESWG bestimmten Zeiträume aufgegeben hatte, so daß eine Grunderwerbsteuerbefreiung nicht (mehr) in Betracht komme. Es muß, da es für die Entscheidung in diesem Beschwerdeverfahren hierauf nicht ankommt, mit dem FG dahingestellt bleiben, ob das FA im Inhalt der Klageschrift eine den Erfordernissen des § 2 GrESWG entsprechende Erklärung erblicken konnte. Für die Frage, ob das FG dem Beschwerdeführer zu Recht die Kosten auferlegen konnte, ist allein maßgebend, daß der Beschwerdeführer nach den gesamten Umständen den Nachweis für die Voraussetzungen der Steuervergünstigung früher hätte geltend machen können und sollen.
Fundstellen
Haufe-Index 67761 |
BStBl II 1968, 753 |
BFHE 1968, 188 |