Entscheidungsstichwort (Thema)
Geldverkehrsrechnung
Leitsatz (NV)
1. Schätzungen des FA im Rahmen einer Geldverkehrs- und Vermögenszuwachsberechnung sind unter anderem dann nicht zu beanstanden, wenn der Kläger seinen steuerlichen (Mitwirkungs-)Pflichten nicht nachgekommen ist und der Schätzung des FA lediglich eigene Schätzungen gegenüberstellt.
2. Die Frage, "ob eine Geldverkehrsrechnung über einen Zeitraum von 12 oder mehr Jahren zu sachgerechten Ergebnissen führen kann", hat jedenfalls dann keine grundsätzliche, d.h. über den Streitfall hinausreichende Bedeutung, wenn die Geldverkehrsrechnung von Anfangs- und Endbeständen ausgegangen ist und das FG sich ausführlich mit der Frage der Ertragsentwicklung und der Problematik, ob die geschätzten Einnahmen vom Kläger in den Streitjahren erzielbar waren, auseinandergesetzt hat.
Normenkette
AO § 162; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
Verfahrensgang
FG München (Urteil vom 21.07.2010; Aktenzeichen 10 K 3263/08) |
Gründe
Rz. 1
Die Beschwerde ist unbegründet. Die vom Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) aufgeworfenen Rechtsfragen haben keine grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
Rz. 2
a) Die vom Kläger aufgeworfene Frage, "Kann eine Geldverkehrsrechnung auch dann zur Grundlage von Hinzurechnungen gemacht werden, wenn der Anfangsvermögensbestand nicht feststeht, weil er im Rahmen eines vorangegangenen Steuerstrafverfahrens --unvollständig-- ausermittelt wurde und nicht mehr aufgeklärt ist?", hat bereits deshalb keine grundsätzliche Bedeutung, weil diese Frage für die Entscheidung des Finanzgerichts (FG) nicht entscheidungserheblich war (vgl. dazu Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 115 Rz 30, m.w.N.). Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) ist bei seiner Schätzung im Rahmen einer Geldverkehrs- und Vermögenszuwachsberechnung von einem Anfangsvermögen des Klägers in Höhe von … DM und einem Endvermögen in Höhe von … DM ausgegangen. Das FG hat diese Schätzung --und damit auch das vom FA angenommene Anfangsvermögen-- trotz möglicher Abweichungen, die notwendigerweise mit einer Schätzung verbunden sind, als nachvollziehbar und rechtmäßig beurteilt. Diese Einschätzung der Vorinstanz beruht auf einer umfassenden Würdigung der dagegen vom Kläger vorgebrachten Argumente, denen das FG sämtlich nicht gefolgt ist, sowie darauf, dass der Kläger seinen steuerlichen (Mitwirkungs-)Pflichten nicht nachgekommen ist und der Schätzung des FA lediglich eigene Schätzungen gegenübergestellt hat.
Rz. 3
b) Entgegen der Auffassung des Klägers kommt auch der Frage, "Können durch eine Geldverkehrsrechnung die Regelungen zur Verjährung durchbrochen werden?", keine grundsätzliche Bedeutung zu. Wenn der Kläger sich in diesem Zusammenhang darauf beruft, das FG habe den abstrakten Rechtssatz aufgestellt, durch eine Geldverkehrsrechnung könnten bereits verjährte Besteuerungsgrundlagen im Nachhinein einer Besteuerung zugeführt werden, lässt er außer Acht, dass das FG einen solchen Rechtssatz nicht aufgestellt hat. Vielmehr hat sich die Vorinstanz ausweislich der Urteilsbegründung (vgl. Bl. 25, 26 des FG-Urteils) umfassend mit der Frage der Verjährung auseinandergesetzt und ist zu dem Schluss gekommen, sämtliche Streitjahre seien nicht festsetzungsverjährt. Mangels Entscheidungserheblichkeit hat die vom Kläger aufgeworfene Frage deshalb keine grundsätzliche Bedeutung.
Rz. 4
c) Nämliches gilt für die Frage, "(ob) eine Geldverkehrsrechnung über einen Zeitraum von 12 oder mehr Jahren zu sachgerechten Ergebnissen führen (kann)". Auch insoweit fehlt es der vom Kläger aufgeworfenen Frage an der Entscheidungserheblichkeit. Zwar hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 2. März 1982 VIII R 225/80 (BFHE 136, 28, BStBl II 1984, 504) zum Ausdruck gebracht, dass für eine Geldverkehrsrechnung ein Vergleichszeitraum von 12 Jahren nicht unbedenklich ist. Indes hat der BFH nicht so sehr den Zeitraum an sich für problematisch erachtet, sondern vornehmlich die lineare Verteilung des Mehrergebnisses beanstandet und in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, es sei bei einem größeren Vergleichszeitraum geboten, einen Fehlbetrag entsprechend der wahrscheinlichen Ertragsentwicklung zu verteilen. Dabei könnten die erklärten Umsätze und Gewinne und die allgemeine Ertragsentwicklung einen Anhalt bieten. Entscheidend war für den BFH aber vor allem, dass in dem von ihm entschiedenen Fall die Geldverkehrsrechnung weder Anfangs- noch Endbestände auswies. Im Streitfall ist die Geldverkehrsrechnung von Anfangs- und Endbeständen ausgegangen und das FG hat sich ausführlich mit der Frage der Ertragsentwicklung und der Problematik, ob die geschätzten Einnahmen vom Kläger in den Streitjahren erzielbar waren, auseinandergesetzt. Angesichts dieses Umstandes hat die vom Kläger aufgeworfene Frage keine grundsätzliche, d.h. über den Streitfall hinausreichende Bedeutung.
Fundstellen
Haufe-Index 2730570 |
BFH/NV 2011, 1662 |