Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwert
Leitsatz (NV)
Zur Streitwertfestsetzung bei Klagen nach dem KStG 1977
Normenkette
BFHEntlG Art. 1 Nr. 5; FGO § 155; KStG 1977 § 47 Abs. 2; ZPO § 3 ff.
Verfahrensgang
Tatbestand
Die von der Klägerin eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde betrifft ein die Klage wegen Körperschaftsteuer 1976-1978 abweisendes FG-Urteil. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde wird die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend gemacht.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist unzulässig.
1. Nach § 115 Abs. 1 FGO i. V. m. Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) i. d. F. des Gesetzes vom 14. Dezember 1984 (BGBl I 1984, 1514, BStBl I 1985, 8) steht den Beteiligten gegen das Urteil eines FG die Revision an den Bundesfinanzhof (BFH) zu, wenn der Wert des Streitgegenstandes zehntausend Deutsche Mark übersteigt oder wenn das FG die Revision zugelassen hat. Hat das FG - wie im Streitfall - die Revision nicht zugelassen, so kann zwar gemäß § 115 Abs. 3 FGO die Nichtzulassung der Revision selbständig durch eine Beschwerde angefochten werden. Ein Rechtsschutzbedürfnis für die Einlegung einer Beschwerde besteht jedoch nur, wenn die Revision nicht schon aus anderen Gründen unmittelbar eingelegt werden kann. Beträgt der Wert des Streitgegenstandes des Revisionsverfahrens (Revisionssumme) mehr als zehntausend Deutsche Mark, kann die Revision schon nach § 115 Abs. 1 FGO i. V. m. Art. 1 Nr. 5 BFHEntlG unmittelbar eingelegt werden. In diesem Fall ist eine eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig (vgl. BFH-Beschlüsse vom 2. Oktober 1969 I B 14/69, BFHE 97, 1, BStBl II 1969, 735; vom 13. August 1976 III B 33/75, BFHE 120, 17, BStBl II 1976, 774, und vom 26. April 1978 I B 1/78, BFHE 125, 143, BStBl II 1978, 463).
2. Die Ermittlung der Revisionssumme für die Anwendung des Art. 1 Nr. 5 BFHEntlG richtet sich nicht nach dem Gerichtskostengesetz (GKG), sondern wegen § 155 FGO nach §§ 3 ff. der Zivilprozeßordnung (ZPO). Wird die Änderung einer Steuerfestsetzung begehrt, so bildet die Differenz zwischen der festgesetzten Steuer und der begehrten Steuerfestsetzung die Revisionssumme. Danach ist die Revisionssumme im Streitfall wie folgt zu ermitteln:
a) In dem angefochtenen Körperschaftsteuerbescheid 1976 vom 28. August 1981 wurde die Körperschaftsteuer nach einem zu versteuernden Einkommen von 62 070 DM mit 29 530 DM festgesetzt. Die Klägerin begehrt die Steuerfestsetzung nach einem um 12 052,99 DM geminderten Einkommen, was einer Körperschaftsteuerminderung von (51 v. H. von 12 052 DM =) 6 146 DM entspricht.
b) Die Körperschaftsteuer 1977 wurde nach dem angefochtenen Körperschaftsteuerbescheid vom 4. September 1981 mit 0 DM festgesetzt. Das Revisionsbegehren der Klägerin richtet sich deshalb auf die nach § 47 Abs. 2 des Körperschaftsteuergesetzes 1977 notwendige gesonderte Feststellung eines um 6 162,57 DM höheren Verlustes. Nach dem BFH-Beschluß vom 18. Mai 1983 I R 263/82 (BFHE 138, 409, BStBl II 1983, 602) beträgt die (Teil-)Revisionssumme in einem solchen Fall 10 v. H. des streitigen Verlustbetrages. Dies sind im Streitfall 616 DM.
c) In dem Körperschaftsteuerbescheid 1978 vom 2. Oktober 1981 wurde die Körperschaftsteuer nach einem zu versteuernden Einkommen von 7 600 DM auf 3 975 DM festgesetzt. Mit der Klage begehrte die Rechtsvorgängerin der Klägerin eine Einkommensminderung um 9 647,26 DM, was einerseits zu einer Körperschaftsteuer von 0 DM und andererseits zu einer Verlustfeststellung von 2 047 DM geführt hätte. Der Wert des Streitgegenstandes beträgt deshalb für den Veranlagungszeitraum 1978 DM 3 975 zuzüglich 10 v. H. von 2 047 DM = 4 179 DM.
d) Werden in einem Verfahren mehrere Ansprüche verfolgt, so sind sie streitwertmäßig zusammenzurechnen (§ 5 ZPO). Die Revisionssumme beträgt deshalb im Streitfall 6 146 DM + 616 DM + 4 179 DM = 10 941 DM. Dieser Betrag liegt oberhalb der Grenze, bis zu der eine Revision nur nach Zulassung eingelegt werden kann.
3. Zwar hat es der BFH in seinem Beschluß in BFHE 120, 17, BStBl II 1976, 774 für denkbar gehalten, daß dann, wenn der für die Revision in Betracht kommende Streitwert für die Beteiligten nicht klar erkennbar ist, eine Nichtzulassungsbeschwerde trotz Überschreitens der Streitwertgrenze aus Gründen des Rechtsschutzes zulässig ist. Jedoch ist ein solcher Fall hier nicht gegeben. Die Klägerin war ohne weiteres in der Lage, die in Betracht kommende Revisionssumme selbst zu berechnen. Die Tatsache, daß das FG-Urteil Ausführungen zur Revisionszulassung enthält, steht dem nicht entgegen. Diese Ausführungen haben ihren Sinn für den Fall, daß die Klägerin ihre Nichtzulassungsbeschwerde auf bestimmte Streitjahre beschränkt hätte. Nachdem die Rechtsvorgängerin der Klägerin die Zulassung der Revision ausdrücklich vor dem FG beantragt hatte, bestand für dieses Veranlassung, eine solche Möglichkeit der Beschränkung der Nichtzulassungsbeschwerde in Erwägung zu ziehen und zur Zulassung der Revision Stellung zu nehmen.
4. Zwar wurde Art. 1 Nr. 5 BFHEntlG durch Art. 2 des Gesetzes zur Beschleunigung verwaltungsgerichtlicher und finanzgerichtlicher Verfahren vom 4. Juli 1985 (BGBl I 1985, 1274, BStBl I 1985, 496) neu gefaßt. Auch sieht die Neufassung den Wegfall der sog. Streitwertrevision vor. Die Neufassung gilt jedoch nur für Entscheidungen der FG, die nach dem 16. Juli 1985 verkündet oder von Amts wegen an Stelle einer Verkündung zugestellt werden. Das mit der Nichtzulassungsbeschwerde von der Klägerin angefochtene Urteil wurde dagegen bereits am 3. Juni 1985 zugestellt. Auf dieses Urteil findet die Neufassung des Art. 1 Nr. 5 BFHEntlG keine Anwendung.
Fundstellen
Haufe-Index 414272 |
BFH/NV 1986, 625 |