Entscheidungsstichwort (Thema)
Liebhaberei bei fehlgeschlagener Vermarktung eines Manuskriptes? - Ordnungsgemäße Darlegung der Verletzung der Sachaufklärungspflicht
Leitsatz (NV)
- Von einer nur "theoretischen Gewinnchance" i.S. einer fehlenden Gewinnerzielungsabsicht ist nicht zwingend auszugehen, wenn die Vermarktung eines bereits erstellten 489-seitigen Manuskriptes aus vom Steuerpflichtigen nicht beeinflussbaren Umständen scheitert.
- Auch wenn der Steuerpflichtige seine mit jahrelangen Verlusten verbundene schriftstellerische Tätigkeit eingestellt hat, weil sich das Manuskript nur mit weiterem erheblichem zeitlichen und finanziellen Aufwand vermarkten lässt, muss eine Liebhaberei auch nicht wegen objektiv fehlender Gewinnerzielungsmöglichkeit angenommen werden.
- Rügt ein Beteiligter die Verletzung der Sachaufklärungspflicht, ohne dass das FG einen Beweisantrag übergangen hat, so muss er vortragen, welche Tatsachen hätten aufgeklärt und welche Beweise erhoben werden müssen, aus welchen Gründen sich die Beweiserhebung auch ohne Antrag hätte aufdrängen müssen, welche entscheidungserheblichen Tatsachen sich bei weiterer Sachaufklärung oder Beweisaufnahme voraussichtlich ergeben hätten und inwiefern sich daraus aufgrund des materiell-rechtlichen Standpunkts des FG eine andere Entscheidung hätte ergeben können.
Normenkette
EStG § 2 Abs. 2, § 18; FGO § 76 Abs. 1, § 115 Abs. 2 Nrn. 1-3
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig und deshalb zu verwerfen.
1. Nach § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) sind zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde die Voraussetzungen eines oder mehrerer Zulassungsgründe nach § 115 Abs. 2 FGO darzulegen. An einer solchen Darlegung fehlt es hier.
2. a) Der Beklagte und Beschwerdeführer (das Finanzamt ―FA―) macht weder selbst geltend, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, noch ist dieser Zulassungsgrund offenkundig.
b) Den Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung und Rechtsfortbildung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO hat das FA nicht ordnungsgemäß dargelegt.
Selbst nach der Ansicht des FA geht es im Streitfall nicht etwa deshalb um eine Fortbildung des Rechts, weil im allgemeinen Interesse Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen aufzustellen oder Gesetzeslücken auszufüllen wären (vgl. z.B. Senatsbeschluss vom 23. August 2002 IV B 89/01, BFH/NV 2003, 177, m.w.N.; Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 115 FGO Rz. 147; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl. 2002, § 115 Rz. 41; Dürr in Schwarz, Finanzgerichtsordnung, Kommentar, § 115 Rz. 44).
Der Zulassungsgrund nach § 115 Abs. 2 Nr. 2, 2. Alternative FGO (Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung) ist jedenfalls dann gegeben, wenn eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) geeignet und erforderlich ist, um künftige unterschiedliche Entscheidungen einer Rechtsfrage zu verhindern. Das kann der Fall sein, wenn das Finanzgericht (FG) von der Rechtsprechung des BFH oder anderer Gerichte abgewichen ist oder Unterschiede in der finanzgerichtlichen Rechtsprechung bestehen oder zu erwarten sind (Senatsbeschluss in BFH/NV 2003, 177, m.w.N.). Die dazu erforderlichen Darlegungen enthält die Beschwerdebegründung ebenfalls nicht. Zwar hat das FA ausgeführt, dass nach der Rechtsprechung des Senats eine nur "theoretische Gewinnchance" zur Annahme einer Gewinnerzielungsabsicht nicht ausreiche (vgl. Senatsurteil vom 27. Januar 2000 IV R 33/99, BFHE 191, 119, BStBl II 2000, 227). Davon ist das FG aber schon deshalb nicht abgewichen und konnte es auch nicht abweichen, weil die Vermarktung des bereits erstellten 489-seitigen Manuskripts aus vom Kläger und Beschwerdegegner (Kläger) nicht beeinflussbaren Umständen gescheitert ist. Soweit das FA unter Hinweis auf das zur Vercharterung einer Segelyacht ergangene BFH-Urteil vom 29. April 1999 III R 38/97 (BFH/NV 1999, 1510) vorbringt, der Kläger habe für seine Buchidee keine eigenen Kalkulationen oder Marktanalysen erstellt und sich auch nicht der Sachkunde anderer Personen bedient, sind die beiden Sachverhalte nicht miteinander vergleichbar. Das FG konnte daher durchaus davon ausgehen, dass die vom III. Senat des BFH entwickelten Kriterien nicht auf den Streitfall übertragen werden können. Denn es geht hier um die nach der Wiedervereinigung fehlgeschlagene Vermarktung eines nur für die alten Bundesländer konzipierten Sammelwerks für Burgen, Schlösser und Herrensitze.
Soweit nach der Neufassung der Revisionszulassungsgründe durch das Zweite Gesetz zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetzes (2.FGOÄndG) vom 19. Dezember 2000 (BGBl I 2000, 1757) nunmehr auch erhebliche Fehler eines FG bei der Auslegung revisiblen Rechts zur Zulassung der Revision führen können (vgl. dazu Senatsbeschluss in BFH/NV 2003, 177, m.w.N.; Dürr in Schwarz, a.a.O., § 115 Rz. 46), hat das FA einen solchen Fehler ebenfalls nicht dargelegt. Wenn es darauf hinweist, dass das FG die objektive Eignung der schriftstellerischen Tätigkeit des Klägers zur Erzielung von Gewinnen verkannt habe, erscheint die Würdigung durch das FG nach den Grundsätzen des von ihm in Bezug genommenen Urteils des Senats vom 23. Mai 1985 IV R 84/82 (BFHE 144, 49, BStBl II 1985, 515) zumindest möglich. Überdies hat das FG ―in Übereinstimmung mit dem Senatsurteil vom 15. November 1984 IV R 139/81 (BFHE 142, 464, BStBl II 1985, 205)― darauf abgestellt, dass der Kläger seine schriftstellerischen Bemühungen eingestellt hatte, nachdem er erkannt hatte, dass sich sein bereits erstelltes Manuskript nur mit erheblichem weiteren zeitlichen und finanziellen Aufwand hätte vermarkten lassen.
c) Das FA hat auch den Zulassungsgrund des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO nicht ordnungsgemäß dargelegt. Wird ―wie hier― gerügt, das Gericht habe seine Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) verletzt, ohne dabei einen Beweisantrag übergangen zu haben, so ist vorzutragen, welche Tatsachen hätten aufgeklärt oder welche Beweise hätten erhoben werden müssen, aus welchen Gründen sich die Beweiserhebung auch ohne Antrag hätte aufdrängen müssen, welche entscheidungserheblichen Tatsachen sich bei weiterer Sachaufklärung oder Beweisaufnahme voraussichtlich ergeben hätten und inwiefern sich daraus auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunkts des Gerichts eine andere Entscheidung hätte ergeben können (vgl. z.B. BFH-Beschluss in BFH/NV 2003, 177, m.w.N.; Gräber/Ruban, a.a.O., § 120 Rz. 70, m.w.N.). Derartige Ausführungen enthält die Beschwerdebegründung nicht. Insbesondere trägt das FA nicht vor, warum das FG von sich aus hätte prüfen müssen, ob bei dem vom Kläger für das Jahr 1983 geltend gemachten Verlust (18 013 DM) eine Fotoausrüstung im Wert von 10 225 DM in voller Höhe berücksichtigt worden sei.
3. Von einer weiteren Begründung, insbesondere von der Wiedergabe des Tatbestandes wird gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO abgesehen.
Fundstellen
Haufe-Index 921366 |
BFH/NV 2003, 625 |