Entscheidungsstichwort (Thema)
Begründungserfordernisse insbesondere bei Rüge von Verfahrensmängeln
Leitsatz (NV)
- Mit Einwänden gegen die Richtigkeit des angefochtenen Urteils kann der Rechtsuchende im Zulassungsverfahren nicht gehört werden.
- Der Beschwerdeführer rügt in Wahrheit keinen Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO, wenn er sich gegen die Beweiswürdigung des FG wendet oder einen Verstoß gegen die Denkgesetze geltend macht.
- Die Bezeichnung eines Verfahrensmangels (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO) erfordert ein substantiiertes , in sich schlüssiges Beschwerdevorbringen, aus dem sich ergibt, was an Entscheidungserheblichem noch hätte vorgetragen werden sollen und infolge welchen Verfahrensverstoßes genau nicht hat vorgetragen werden können.
- Einer besonders eingehenden Begründung der Verfahrensrüge bedarf es insbesondere dann, wenn das FG das Beweisangebot eines Prozeßbeteiligten in seiner Urteilsbegründung ausdrücklich als untauglich abgelehnt hat ― etwa weil das Beweisthema nicht hinreichend bestimmt bzw. mit Rechtsfragen vermengt worden war.
- Bezeichnung der Divergenz erfordert die Gegenüberstellung bestimmter abstrakter, die in Frage stehenden Entscheidungen tragender und einander widersprechender Rechtssätze.
Normenkette
FGO § 76 Abs. 1, §§ 79b, 115 Abs. 2 Nrn. 2-3, Abs. 3 S. 3
Gründe
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg: Teils weil die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ihrer Darlegungspflicht (§ 115 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―) nicht nachgekommen ist, teils weil die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht gegeben sind.
1. Von vornherein unbeachtlich ist das Beschwerdevorbringen, soweit es sich in Einwänden gegen die Richtigkeit der dem angefochtenen Urteil zu Grunde liegenden Rechtsauffassung erschöpft (vgl. z.B. die Beschlüsse des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 24. April 1998 X B 155/97, BFH/NV 1998, 1331, sowie vom 19. August 1998 X B 111/97, BFH/NV 1999, 210; vom 25. August 1998 IX B 70/98, BFH/NV 1999, 213, und vom 29. Oktober 1998 X B 132/98, BFH/NV 1999, 510, 511; Gräber, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., 1997, § 115 Rz. 58 und 62 f., jew.m.w.N.). Auch soweit sich die Klägerin auf § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO beruft, hätte sie sich den materiell-rechtlichen Standpunkt des Finanzgerichts ―FG― (s. dazu und zum entscheidungserheblichen Sachverhalt: Senatsbeschluß zur Prozeßkostenhilfe X S 12/98 vom heutigen Tage) zu eigen machen müssen (BFH-Beschlüsse vom 20. August 1998 XI B 66/97, BFH/NV 1999, 478, 479, und vom 8. Oktober 1998 III B 21/98, BFH/NV 1999, 496; Gräber, a.a.O., § 115 Rz. 65 und § 120 Rz. 39, m.w.N.).
2. Unabhängig davon ist die Beschwerdebegründung im einzelnen aus folgenden Gründen nicht geeignet, dem Rechtsmittel zum Erfolg zu verhelfen:
a) Verfahrensmängel, auf denen das FG-Urteil beruhen kann, sind nicht (in der erforderlichen Weise) bezeichnet bzw. nicht gegeben.
aa) In diesem Zusammenhang kann die Klägerin nicht gehört werden mit Einwänden gegen die Beweiswürdigung. Sie werden im Zulassungsverfahren dem materiellen Recht zugeordnet (BFH-Beschluß in BFH/NV 1999, 510, 511); dasselbe gilt prinzipiell für den behaupteten Verstoß gegen die Denkgesetze (BFH-Beschluß in BFH/NV 1999, 510).
bb) Soweit die Klägerin Verletzung der Sachaufklärungspflicht geltend macht, genügt ihr Vorbringen den Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO nur, wenn es substantiiert und in sich schlüssig erkennen läßt, was an Entscheidungserheblichem noch hätte vorgetragen werden sollen und infolge welchen Verfahrensmangels genau nicht vorgetragen werden konnte (vgl. BFH-Beschlüsse vom 17. November 1997 VIII B 12/97, BFH/NV 1998, 608; vom 1. Juli 1998 IV B 113/97, BFH/NV 1998, 1510, 1511; vom 7. Oktober 1998 VIII B 43/97, BFH/NV 1999, 350, 351, und in BFH/NV 1999, 510, 511; Gräber, a.a.O., § 115 Rz. 65, § 120 Rz. 40, m.w.N.). Die allgemeine Behauptung, das FG habe seine Sachaufklärungspflicht verletzt, erfüllt diese Voraussetzungen auch dann nicht, wenn sie durch Hinweise auf Kommentierungen und Gerichtsentscheidungen ergänzt wird. Für die Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs gilt in diesem Zusammenhang prinzipiell dasselbe (BFH-Beschlüsse vom 1. Juli 1998 IV B 152/97, BFH/NV 1998, 1511; vom 20. August 1998 XI B 66/97, BFH/NV 1999, 478, 479, und in BFH/NV 1999, 510, 511, m.w.N.).
cc) Was das Übergehen der angebotenen Zeugenbeweise angeht, so übersieht die Klägerin vor allem, daß dieses Beweismittel im angefochtenen Urteil nicht generell, sondern nur unter den gegebenen Bedingungen ―zu Recht― als ungeeignet angesehen wurde, weil
- die (fachkundig vertretene) Klägerin seinerzeit das Beweisthema nicht soweit konkretisiert hat, daß das FG in die Lage versetzt war, sich eine (vorläufige) Meinung über die Brauchbarkeit des Beweismittels zu bilden (BFH-Beschluß vom 9. März 1998 X B 162,163/97, BFH/NV 1998, 968, 969); zumal die allein entscheidende Frage, ob Imbiß bzw. Lebensmittelhandel in Form eines Einzelunternehmens oder einer Gesellschaft betrieben wurde, für sich allein schon deshalb als Beweisgegenstand ausscheidet, weil sie sich nicht auf Tatsächliches beschränkt, sondern das Ergebnis einer schwerpunktmäßig auf rechtlichem Gebiet liegenden Gesamtbeurteilung (vgl. auch Senatsbeschlüsse vom 26. März 1998 X B 134/97, BFH/NV 1998, 1126, 1127, und vom 29. Juni 1998 X B 65/98, BFH/NV 1998, 1517, 1518) darstellt, weswegen auch von einem Sachverständigengutachten kein Aufklärungsbeitrag zu erwarten war (vgl. auch BFH-Beschluß vom 30. September 1998 X B 28 und 29/98, BFH/NV 1999, 491);
- die Entscheidungserheblichkeit nicht ersichtlich war (und ist), weil weder aus damaliger noch aus jetziger Sicht auch nur der Ansatz eines Erklärungsversuchs für den Widerspruch zwischen den früheren, im Verhältnis zum Streitjahr zeitnäheren, für ein Einzelunternehmen sprechenden Willensbekundungen gegenüber den Verwaltungsbehörden und der späteren Behauptung erkennbar ist, es liege eine Gesellschaft vor;
- die Tauglichkeit des Zeugenbeweises hier zusätzlich eingeschränkt war, zum einen im Hinblick auf die nicht gerechtfertigte Weigerung, Belege vorzulegen (BFH in BFH/NV 1998, 1126, 1127), zum anderen wegen des Umstands, daß die Existenz einer Ehegattengesellschaft lediglich behauptet wurde (s. dazu BFH in BFH/NV 1998, 968, 969, m.w.N.).
dd) Die Handhabung des § 79b FGO durch das FG läßt einen Verfahrensfehler nicht erkennen. - Insoweit fehlen substantiierte Darlegungen, worin genau ein entscheidungserheblicher Verfahrensmangel begründet sein soll (s. auch BFH-Entscheidungen vom 17. Dezember 1997 I R 47/97, BFH/NV 1998, 925, und vom 25. Februar 1998 VII B 191/97, BFH/NV 1998, 1199, 1200).
b) Divergenz ist ebenfalls nicht in ausreichender Weise dargetan: Statt tragende, einander widersprechende abstrakte Rechtssätze gegeneinander zu stellen (BFH-Beschlüsse vom 26. August 1998 X B 78/97, BFH/NV 1999, 479, 480; vom 11. September 1998 VII B 313/97, BFH/NV 1999, 484, und in BFH/NV 1999, 491), hat sich die Klägerin darauf beschränkt, Divergenz nur zu behaupten und eine Reihe von BFH-Entscheidungen anzuführen.
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs).
Fundstellen
Haufe-Index 302367 |
BFH/NV 1999, 1479 |