Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewerblicher Grundstückshandel: "Werterhöhende" Maßnahmen während der Besitzzeit, Verkauf eines nur teilweise eigengenutzten Objekts
Leitsatz (NV)
1. Hat der Veräußerer mehr als drei Objekte gekauft oder errichtet und sie in engem zeitlichem Zusammenhang veräußert, lässt dies mangels eindeutiger gegenteiliger objektiver Anhaltspunkte grundsätzlich den Schluss zu, dass bereits im Zeitpunkt des Ankaufs oder der Errichtung zumindest eine bedingte Wiederveräußerungsabsicht bestanden hat, auch wenn die eigentliche Absicht auf eine anderweitige Nutzung als durch Verkauf gerichtet war. Auf "werterhöhende" Maßnahmen während der Besitzzeit des Objekts kommt es in Fällen, in denen die Drei-Objekt-Grenze überschritten ist, nicht an.
2. Als Zählobjekte kommen beim gewerblichen Grundstückshandel nur aus offenkundigen Sachzwängen verkaufte Gebäude nicht in Betracht, wenn sie in nicht unwesentlichem Umfang, d.h. jedenfalls mindestens zur Hälfte, zu eigenen Wohnzwecken genutzt werden.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1-2, § 116 Abs. 3; EStG § 15 Abs. 2
Verfahrensgang
Gründe
Die Beschwerde der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) hat keinen Erfolg. Soweit sie sich auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache beruft (unten 1.), entspricht ihre Rüge nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Die von ihr gerügten Abweichungen des angefochtenen Urteils von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) liegen nicht vor (unten 2.).
1. Die Klägerin hat die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (vgl. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) nicht schlüssig dargelegt.
Eine Rechtsfrage hat grundsätzliche Bedeutung, wenn ihre Beantwortung durch den BFH aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder der Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt. Es muss sich um eine klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage handeln (vgl. z.B. Gräber/ Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 115 Rz. 23, m.w.N. aus der Rechtsprechung des BFH).
Die Klägerin hat Erwägungen dieser Art nicht angestellt, sondern nur behauptet, die Frage sei klärungsbedürftig, ob sich die Rechtsprechung des BFH zur teilentgeltlichen oder unentgeltlichen Übertragung von Grundstücken nur auf Verwandte und Freunde beziehe und daher die Rückübertragung eines Grundstücks auf Dritte nicht zu erfassen sei.
Zudem wäre die von der Klägerin aufgeworfene Rechtsfrage in einem Revisionsverfahren nicht klärungsfähig, da sie die fraglichen Grundstücke nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) nicht unentgeltlich übertragen, sondern vielmehr mit Gewinn veräußert hat, weil nur dieser Verkauf ihr und ihrem verstorbenen Mann den günstigen Erwerb anderer Grundstücke ermöglicht hat (vgl. S. 13 des FG-Urteils).
Die zusätzliche Begründung vom 6. Mai 2005 ist als nachgereichter Schriftsatz verspätet. Die Zulässigkeit einer Nichtzulassungsbeschwerde, insbesondere hinsichtlich der Anforderungen an ihre Begründung, ist nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO nur nach den innerhalb der gesetzlichen Begründungsfrist (§ 116 Abs. 3 Sätze 1 und 4 FGO) vorgebrachten Ausführungen zu beurteilen; spätere Darlegungen sind --abgesehen von bloßen Erläuterungen und Ergänzungen-- nicht zu berücksichtigen.
2. Auch eine Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO wegen Divergenz zu Entscheidungen des BFH und anderer Gerichte kommt im Streitfall nicht in Betracht. Es kann dahinstehen, ob die Klägerin tragende und abstrakte Rechtssätze aus dem angefochtenen Urteil des FG einerseits und aus den behaupteten Divergenzentscheidungen des BFH andererseits herausgearbeitet und einander gegenübergestellt und so eine mögliche Abweichung ausreichend verdeutlicht hat. Die gerügte Abweichung von den zitierten Entscheidungen des BFH liegt jedenfalls nicht vor.
a) Eine Abweichung vom Senatsurteil vom 18. September 2002 X R 183/96 (BFHE 200, 293, BStBl II 2003, 238) liegt nicht vor. In Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des BFH hat der Senat in dieser Entscheidung festgestellt, der gewerbliche Grundstückshandel komme in der Regel erst dadurch zu Stande, dass der Veräußerer eine Anzahl bestimmter Objekte (z.B. Ein- oder Zweifamilienhäuser, Eigentumswohnungen) zuvor gekauft oder bebaut hat und sie in engem zeitlichen Zusammenhang damit veräußert. Hat der Veräußerer mehr als drei Objekte gekauft oder errichtet und sie in engem zeitlichen Zusammenhang veräußert, lässt dies mangels eindeutiger gegenteiliger objektiver Anhaltspunkte grundsätzlich den Schluss zu, dass bereits im Zeitpunkt des Ankaufs oder der Errichtung zumindest eine bedingte Wiederverkaufsabsicht bestanden hat, auch wenn die eigentliche Absicht auf eine anderweitige Nutzung als durch Verkauf gerichtet war. Auf "werterhöhende Maßnahmen" im von der Klägerin gemeinten Sinne während der Besitzzeit des Objekts stellt diese Entscheidung --anders als in der Beschwerdebegründung vorgetragen-- in Fällen, in denen die Drei-Objekt-Grenze überschritten ist, offensichtlich nicht ab.
Das FG-Urteil weicht auch nicht von dem Rechtssatz des Senatsurteils in BFHE 200, 293, BStBl II 2003, 238 ab, wonach Objekte (Wohnungen), mit deren Weitergabe kein Gewinn erzielt werden soll, in die Betrachtung, ob die Drei-Objekt-Grenze überschritten ist, nicht einzubeziehen sind. Zum einen kann ein unentgeltlich übertragenes Objekt in die Drei-Objekt-Grenze einbezogen werden, wenn der Steuerpflichtige --bevor er sich entschloss, die Objekte unentgeltlich zu übertragen-- die (zumindest bedingte) Absicht besaß, auch diese Objekte am Markt zu verwerten (vgl. Senatsurteil in BFHE 200, 293, BStBl II 2003, 238, unter II.3.b dd); die Klägerin und ihr verstorbener Mann waren nach Überzeugung des FG grundsätzlich zu einem Verkauf der Objekte … und … bereit (vgl. S. 14 des FG-Urteils). Zudem wurden die streitigen Objekte nicht unentgeltlich übertragen. Vielmehr haben die Klägerin und ihr verstorbener Mann auch diese Objekte nach Ansicht des FG mit Gewinn veräußert, weil nur dieser Verkauf ihnen den günstigen Erwerb anderer Grundstücke ermöglicht hat (vgl. S. 13 des FG-Urteils).
Mit ihrem weiteren Vortrag, das FG habe Beweisanzeichen gegen eine von Anfang an bestehende Veräußerungsabsicht trotz Überschreitens der Drei-Objekt-Grenze außer Acht gelassen, rügt die Klägerin keine Abweichung in einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage, sondern einen bloßen Subsumtionsfehler und eine Divergenz in der Würdigung von Tatsachen. Dies reicht grundsätzlich zur schlüssigen Darlegung eines Revisionszulassungsgrundes i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO nicht aus (vgl. Senatsbeschluss vom 29. April 2003 X B 62/02, BFH/NV 2003, 1087, m.w.N.). Denn nicht schon die Unrichtigkeit des FG-Urteils im Einzelfall, sondern erst dessen Fehlerhaftigkeit im Grundsätzlichen rechtfertigt die Zulassung der Revision wegen Divergenz (Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 55).
b) Eine Abweichung vom Senatsurteil vom 18. September 2002 X R 28/00 (BFHE 200, 304, BStBl II 2003, 133) kommt schon angesichts des unterschiedlich gelagerten Sachverhalts nicht in Betracht. In der Entscheidung in BFHE 200, 304, BStBl II 2003, 133 hat der erkennende Senat die vom Kläger und seiner Familie während der gesamten fünfjährigen Haltefrist für eigene Wohnzwecke genutzte Wohnung nicht in einen gewerblichen Grundstückshandel einbezogen. Im Streitfall haben die Klägerin und ihr verstorbener Mann hingegen --worauf das FG zu Recht abgestellt hat-- nur eine von sechs Wohnungen des Objekts mit einem Anteil von ca. 30 v.H. der Gesamtwohnfläche genutzt. Nach der Senatsrechtsprechung (vgl. Urteil vom 15. März 2005 X R 36/04, juris Nr: STRE200550716) kommen jedoch selbst aus offenkundigen Sachzwängen verkaufte Gebäude nur dann nicht als Zählobjekte in Betracht, wenn sie in nicht unwesentlichem Umfang, d.h. jedenfalls mindestens zur Hälfte, zu eigenen Wohnzwecken genutzt werden.
3. Im Kern erschöpfen sich die Ausführungen der Klägerin in ihrer Beschwerdebegründungsschrift --nach Art einer Revisionsbegründung-- in ausführlichen Erwägungen darüber, dass und warum das FG den Rechtsstreit unzutreffend entschieden habe. Dies rechtfertigt indessen für sich genommen grundsätzlich nicht die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (vgl. z.B. Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz. 34, m.w.N. aus der Rechtsprechung des BFH).
Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn der Beschwerdeführer --woran es im Streitfall mangelt-- schlüssig und substantiiert darlegt, dass die Vorentscheidung an einem besonders schwerwiegenden materiell-rechtlichen Fehler leide, der nach den Vorstellungen des Gesetzgebers (vgl. Begründung zum Entwurf des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze vom 19. Dezember 2000, BTDrucks 14/4061, S. 9) und der Rechtsprechung des BFH (vgl. z.B. Beschluss vom 13. Oktober 2003 IV B 85/02, BFHE 203, 404, BStBl II 2004, 25, m.w.N.) zur Zulassung der Revision führen könnte (vgl. auch Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 11. Mai 2004 XI ZB 39/03, Neue Juristische Wochenschrift 2004, 2222).
Fundstellen
Haufe-Index 1411476 |
BFH/NV 2005, 1806 |
NWB direkt 2005, 5 |