Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Person des leistenden Unternehmers bei einer ehelichen Gütergemeinschaft
Leitsatz (NV)
1. Der angebliche Verstoß des FG gegen eine klare Rechtsnorm (hier: § 3 Abs. 1 UStG 1980) begründet noch keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache.
2. Zu den Anforderungen an eine Divergenzrüge und Verfahrensrüge in einem Fall, in dem das FG die in Gütergemeinschaft lebenden Eheleute und nicht den Unternehmer-Ehegatten als Lieferer eines zwangsversteigerten Grundstücks angesehen hatte.
Normenkette
UStG 1980 § 3 Abs. 1, § 15; FGO §§ 76, 96, 115 Abs. 2, 3 S. 3
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) erwarb im Jahre 1985 im Wege der Zwangsversteigerung ein Hotelgrundstück samt Inventar.
Eigentümer und Vollstreckungsschuldner waren die in Gütergemeinschaft des jugoslawischen Rechts lebenden Eheleute A. und B.C gewesen.
Mit Schreiben vom 18. Dezember 1987 stellte A.C der Klägerin das Grundstück und das Mobiliar sowie die Einrichtung unter gesondertem Ausweis von Umsatzsteuer in Rechnung. Die Rechnung trug den Briefkopf "Hotel ... , Inh. A.C". In dem Übersendungsschreiben wies A.C darauf hin, er erteile die Rechnung unter dem Vorbehalt, daß er für die Umsatzsteuer nicht in Anspruch genommen werde, da der Versteigerungserlös nicht an ihn ausgezahlt worden sei.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt -- FA --) ließ die von der Klägerin geltend gemachte Vorsteuer aus der Rechnung nicht zum Abzug zu. Einspruch und Klage gegen den Steuerbescheid hatten keinen Erfolg. Zur Begründung seiner Entscheidung führte das Finanzgericht (FG) im einzelnen aus, die Gegenstände seien der Klägerin von den Eheleuten C als Vollstreckungsschuldner geliefert worden, Rechnungsaussteller sei aber Herr A.C gewesen. Wegen des Auseinanderfallens von Leistendem und Rechnungsaussteller seien die Tatbestandsvoraussetzungen des § 15 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG 1980) für den geltend gemachten Vorsteuerabzug nicht erfüllt.
Gegen die Nichtzulassung der Revision hat die Klägerin Beschwerde eingelegt, die sie auf grundsätzliche Bedeutung, Abweichung von einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) sowie auf einen Verfahrensmangel stützt.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Die Klägerin begehrt die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1, 2 und 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
Nach diesen Vorschriften ist die Revision zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), das angefochtene Urteil von einer Entscheidung des BFH abweicht und auf dieser Abweichung beruht (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und die angefochtene Entscheidung auf dem Verfahrensmangel beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). In der Beschwerdeschrift muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt sowie die Entscheidung des BFH, von der das Urteil abweicht, und der Verfahrensmangel bezeichnet werden (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO).
1. Die Klägerin hat in der Beschwerdeschrift die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht dargelegt.
Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung i. S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Die Zulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung kommt deshalb nur wegen einer klärungsbedürftigen und im Revisionsverfahren klärbaren Rechtsfrage in Betracht. An der Klärungsbedürftigkeit fehlt es, wenn sich die streitige Rechtsfrage ohne weiteres aus dem Gesetz beantworten läßt (BFH-Beschluß vom 26. September 1991 VIII B 41/91, BFHE 165, 287, BStBl II 1991, 924).
Soweit die Klägerin in der Beschwerdeschrift die Rechtsbehauptung aufstellt, das FG habe den Begriff der Lieferung nicht als Verschaffung der Verfügungsbefugnis, sondern als Übertragung von Eigentum durch den Eigentümer definiert, macht sie lediglich geltend, daß das Urteil falsch sei, nennt aber keine klärungsbedürftige Rechtsfrage. Wie die Klägerin selbst ausführt, ist die Lieferung in § 3 Abs. 1 UStG 1980 klar definiert. Der angebliche Verstoß des FG gegen eine eindeutige Rechtsnorm begründet noch keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache.
2. Eine Abweichung i. S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO liegt vor, wenn das Urteil des FG in einer konkreten Rechtsfrage von einer Entscheidung des BFH abweicht. Die Entscheidung des BFH und die Rechtsfrage müssen in der Beschwerdeschrift genau bezeichnet werden (§ 115 Abs. 3 Satz 3; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 115 Anm. 63).
Hieran fehlt es im Streitfall. Die Beschwerdeschrift enthält zwar einige Sätze aus dem BFH-Urteil vom 19. Dezember 1985 V R 139/76 (BFHE 146, 484, BStBl II 1986, 500), die aber in keinem erkennbaren Widerspruch zu dem Urteil des FG stehen. Das BFH-Urteil geht vielmehr in Übereinstimmung mit dem angefochtenen Urteil des FG grundsätzlich davon aus, daß die Zwangsversteigerung eines Grundstücks eine Lieferung des Grundstückseigentümers unmittelbar an den Ersteher darstellt. Dazu, ob und unter welchen Voraussetzungen etwas anderes gelten kann, wenn das Grundstück Eheleuten gehört, die in Gütergemeinschaft leben, enthält das Urteil des BFH keine Aussage; jedenfalls ist eine derartige Aussage des BFH aus der Beschwerdeschrift nicht erkennbar.
3. Die Beschwerde hat auch keinen Erfolg, soweit die Klägerin Verfahrensmängel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) rügt.
Verfahrensmängel sind Verstöße des FG gegen Vorschriften des Gerichtsverfahrensrechts. Ein Verfahrensfehler liegt nur vor, wenn das FG unter Zugrundelegung seiner materiell-rechtlichen Auffassungen gegen Verfahrensrecht verstoßen hat.
Die Klägerin möchte wohl mangelnde Sachaufklärung (Verstoß gegen § 76 FGO) oder Nichtberücksichtigung wesentlicher Teile des Gesamtergebnisses des Verfahrens (Verstoß gegen § 96 FGO) rügen. Sie bringt vor, das FG habe nicht ausreichend ihren Sachvortrag und ihre Beweismittel dazu gewürdigt, daß Herr C der Unternehmer des Hotels gewesen sei. Hierauf kam es jedoch nach der materiell-rechtlichen Auffassung des FG nicht an. Das FG ließ ausdrücklich offen, ob Herrn C die im Rahmen des Hotelbetriebs getätigten Umsätze zuzurechnen waren. Selbst wenn dem so war, hatten -- nach Ansicht des FG -- nicht er, sondern die Eheleute (als im Grundbuch eingetragene Eigentümer und Vollstrekungsschuldner) der Klägerin die zwangsversteigerten Gegenstände geliefert.
Fundstellen
Haufe-Index 420279 |
BFH/NV 1995, 655 |