Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewährung von PKH für das Beschwerdeverfahren gegen die Ablehnung von PKH
Leitsatz (NV)
1. Die Erfolgsaussichten eines Antrags auf Bewilligung von PKH für die Beschwerde gegen einen den Antrag auf PKH ablehnenden Beschluß des FG können nicht allein schon deswegen verneint werden, weil sich der Kläger bei Einlegung der Beschwerde nicht durch einen gemäß Art. 1 Nr. 1 BFHEntlG zur Vertretung vor dem BFH befugten Bevollmächtigten vertreten ließ.
2. Auch wenn die Beschwerde in einem solchen Fall als unzulässig verworfen wird, könnte der Beschwerdeführer nach Ergehen dieser Entscheidung erneut Beschwerde einlegen. Um mit dieser Beschwerde Erfolgsaussichten verbinden zu können, müßte ihm allerdings auf einen gleichzeitig gestellten Antrag gemäß § 56 Abs. 1 FGO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen unverschuldeter Versäumung der Beschwerdefrist gewährt werden.
3. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kommt in Betracht, wenn der Kläger wegen Mittellosigkeit nicht in der Lage war, die Beschwerde durch einen Bevollmächtigten i. S. d. Art. 1 Nr. 1 BFHEntlG einlegen zu lassen, wenn er aber innerhalb der Beschwerdefrist das Gesuch um Bewilligung von PKH für das Beschwerdeverfahren und die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (§ 117 ZPO) dem BFH vorlegt.
Normenkette
FGO §§ 56, 142 Abs. 1; ZPO § 114 Abs. 1, § 117
Tatbestand
In dem vor dem Finanzgericht (FG) anhängigen Hauptsacheverfahren streiten die Beteiligten um die Rechtmäßigkeit der Bescheide über die Einkommensteuer und Umsatzsteuer 1983 bis 1986. Dabei geht es insbesondere um die Frage, ob die von einer Betriebsprüfung festgestellten Besteuerungsgrundlagen zutreffend sind.
Den vom Kläger, Antragsteller und Beschwerdeführer (Kläger) gestellten Antrag auf Prozeßkostenhilfe (PKH) hat das FG durch Beschluß vom 27. Februar 1990 abgelehnt, weil es an der für die Gewährung von PKH nach § 142 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i. V. m. §§ 114 ff. der Zivilprozeßordnung (ZPO) vorausgesetzten hinreichenden Erfolgsaussicht für die beabsichtigte Rechtsverfolgung fehle. Der Beschluß wurde dem Kläger lt. Postzustellungsurkunde am 10. März 1990 zugestellt.
Mit Schreiben vom 24. März 1990, das am Montag, dem 26. März 1990, beim FG eingegangen ist, machte der Kläger Ausführungen, mit denen er sich gegen die Feststellungen der Betriebsprüfung wendet. Das Schreiben wurde von ihm nachträglich - auf entsprechende Belehrung des FG - als ,,Beschwerde" gegen die Ablehnung des Antrags auf PKH bezeichnet.
Entscheidungsgründe
Der Senat wüdigt das Begehren des Klägers dahingehend, daß er nicht nur Beschwerde gegen den - seinen Antrag auf PKH ablehnenden - Beschluß des FG einlegen, sondern darüber hinaus auch um Bewilligung von PKH für das Beschwerdeverfahren und um Beiordnung eines Rechtsanwalts oder Steuerberaters für dieses Verfahren nachsuchen wollte (§ 142 Abs. 1 und 2 FGO i. V. m. § 121 Abs. 1 und 4 ZPO). Der Senat verbindet beide Verfahren gemäß § 73 FGO zu gemeinsamer Entscheidung.
1. Die Beschwerde des Klägers ist unzulässig, da er bei Einlegung dieses Rechtsmittels nicht durch einen Bevollmächtigten vertreten war, der gemäß Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) zur Vertretung vor dem Bundesfinanzhof (BFH) befugt ist (BFH-Beschlüsse vom 18. Juli 1985 V S 3/85, BFHE 143, 528, BStBl II 1985, 499, und vom 5. November 1986 IV S 7/86, IV B 49/86, BFHE 148, 13, BStBl II 1987, 62).
2. Der Antrag auf Gewährung von PKH für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Nach § 142 Abs. 1 FGO i. V. m. § 114 Abs. 1 ZPO setzt die Gewährung von PKH u. a. voraus, daß die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Der Umstand, daß die vom Kläger persönlich eingelegte Beschwerde mangels Postulationsfähigkeit des Klägers als unzulässig zurückgewiesen werden muß, wäre zwar für sich allein noch kein Grund, hinreichende Erfolgsaussichten zu verneinen. Denn der Kläger könnte durch einen nach Art. 1 Nr. 1 BFHEntlG vertretungsbefugten Bevollmächtigten nach Ergehen dieser Entscheidung erneut Beschwerde einlegen. Um mit dieser Beschwerde Erfolgsaussichten verbinden zu können, müßte ihm allerdings auf einen gleichzeitig gestellten Antrag gemäß § 56 Abs. 1 FGO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen unverschuldeter Versäumung der Beschwerdefrist gewährt werden können (BFHE 148, 13, BStBl II 1987, 62). Diese Voraussetzung hat nicht vorgelegen.
Zwar kommt eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Betracht, wenn ein Beteiligter wegen Mittellosigkeit nicht in der Lage ist, das Rechtsmittel durch einen Bevollmächtigten i. S. des Art. 1 Nr. 1 BFHEntlG einlegen zu lassen. In einem solchen Fall muß aber der Beteiligte alles in seinen Kräften Stehende und ihm Zumutbare getan haben, um seinerseits das der rechtzeitigen Einlegung des Rechtsmittels entgegenstehende Hindernis zu beheben. Der Beschwerde (wegen Versagung der PKH) ist nicht nur das Gesuch um Bewilligung von PKH auch für das Beschwerdeverfahren beizufügen; innerhalb der Beschwerdefrist ist auch die auf amtlichem Vordruck abzugebende Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (§ 117 ZPO) dem Gericht vorzulegen (BFH-Beschluß vom 13. September 1988 VII S 11-13/88, BFH/NV 1989, 318), es sei denn, daß der Beteiligte hieran wiederum ohne Verschulden verhindert ist (BFHE 148, 13, BStBl II 1987, 62).
Im Streitfall hat der Kläger nur im PKH-Verfahren vor dem FG den amtlichen Vordruck mit der Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegt. Dies reicht indessen nicht aus. PKH wird grundsätzlich nur für einen Rechtszug gewährt (§ 119 ZPO). Die Voraussetzungen des § 114 ZPO sind somit für jeden Rechtszug gesondert zu prüfen. So ist auch im neuen Rechtszug selbständig zu prüfen, ob der Beteiligte noch bedürftig ist. Auf eine erneute Erklärung nach amtlichem Vordruck kann nur verzichtet werden, wenn der Beteiligte innerhalb der Rechtsmittelfrist unter Bezugnahme auf seine frühere Erklärung versichert, daß sich die Verhältnisse nicht geändert haben (BFHE 148, 13, BStBl II 1987, 62).
Die vom Kläger beabsichtigte Beschwerde gegen die ablehnende PKH-Entscheidung des FG würde einen neuen Rechtszug im oben bezeichneten Sinne darstellen. Für ihn ist erneut zu prüfen, ob die Verhältnisse i. S. des § 117 Abs. 2 ZPO die Gewährung von PKH rechtfertigen. Ohne Belang ist hierbei, daß sich die Nachprüfung des Beschwerdegerichts möglicherweise auf die wirtschaftlichen Verhältnisse bezieht, wie sie im Zeitpunkt der Entscheidung des FG bestanden haben. Der Kläger hätte deshalb eine erneute Erklärung zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen für den neuen Rechtszug des Beschwerdeverfahrens abgeben müssen. Das ist nicht geschehen. Der Kläger hat auch keine Versicherung abgegeben, daß keine Änderung der Verhältnisse eingetreten ist.
Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur rechtzeitigen Einreichung der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bzw. einer gleichrangigen Versicherung über den Fortbestand bereits abgegebener Erklärungen sind weder vorgetragen noch sonstwie ersichtlich.
Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, daß die dem ablehnenden Beschluß des FG beigegebene Rechtsmittelbelehrung keinen Hinweis des Inhalts enthalten hat, daß der Beschwerdeführer die Erklärung i. S. des § 117 Abs. 2 ZPO innerhalb der Rechtsmittelfrist dem Gericht einreichen muß, um die Möglichkeit zu wahren, später Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 56 FGO zu erhalten (vgl. Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Juni 1983 1 BvR 277/83, Steuerrechtsprechung in Karteiform, Finanzgerichtsordnung, § 142, Rechtsspruch 33).
Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren ergibt sich aus § 135 Abs. 2 FGO.
Für das Antragsverfahren war eine Kostenentscheidung nicht zu treffen; Gerichtsgebühren entstehen nicht (§ 142 Abs. 1 FGO, § 118 Abs. 1 Satz 4 ZPO).
Fundstellen
Haufe-Index 417418 |
BFH/NV 1991, 621 |