Entscheidungsstichwort (Thema)
Schuldzinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung oder aus Kapitalvermögen
Leitsatz (NV)
Der Werbungskostenabzug von Schuldzinsen (hier: zur Finanzierung von Bausparbeiträgen) setzt voraus, dass der Steuerpflichtige den endgültigen Entschluss gefasst hat, Einkünfte einer bestimmten Einkunftsart zu erzielen.
Normenkette
EStG §§ 9, 20-21
Tatbestand
Streitig ist die Behandlung von Schuldzinsen für einen im Jahre 1993 aufgenommenen Kredit, den die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) zur Erlangung eines Bauspardarlehens verwendet haben. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt ―FA―) berücksichtigte die Zinsen für die Streitjahre (1994 und 1995) weder als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 des Einkommensteuergesetzes ―EStG―) noch als solche bei den Einkünften aus Kapitalvermögen (§ 20 EStG). Dem folgte das Finanzgericht (FG), da es sich nicht davon habe überzeugen können, dass die Kläger in den Streitjahren bereits endgültig den Entschluss gefasst hätten, das in ihrem Eigentum stehende Grundstück zu bebauen und anschließend zu vermieten. Die Zinsen seien des Weiteren ―mangels einer Rendite aus dem Bausparvertrag, d.h. mangels Einkunftserzielungsabsicht― nicht als Werbungskosten bei den Einkünften nach § 20 EStG zu berücksichtigen. Das FA habe jedoch verkannt, dass damit auch die Guthabenzinsen nicht als Einnahmen angesetzt werden könnten. Insoweit gab das FG der Klage statt.
Mit der Beschwerde wenden die Kläger sich gegen die Nichtzulassung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist unzulässig, da sie nicht den Darlegungserfordernissen des § 116 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) genügt.
1. Das Urteil des FG beruht in rechtlicher Hinsicht auf der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), nach der ein Abzug von Aufwendungen als vorweggenommene Werbungskosten (hier: Schuldzinsen) erst ab dem Zeitpunkt in Betracht kommt, zu dem sich anhand objektiver Umstände feststellen lässt, dass der Steuerpflichtige den Entschluss zur Erzielung von Einkünften einer bestimmten Einkunftsart endgültig gefasst hat. Der Werbungskostenabzug ist demnach ―mangels eines ausreichenden wirtschaftlichen Zusammenhangs mit einer bestimmten Einkunftsart (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG)― ausgeschlossen, wenn sich nicht absehen lässt, ob und ggf. wann Einnahmen erzielt werden. Bei der somit erforderlichen Würdigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls hat das FG zwar auch den zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Anfall der Aufwendungen und dem Zufluss der (künftigen) Einnahmen zu berücksichtigen; jedoch kommt diesem Umstand nicht die Bedeutung eines gesetzlichen Tatbestandsmerkmals in dem Sinne zu, dass bei Überschreiten einer bestimmten Zeitspanne der Werbungskostenabzug ausgeschlossen wäre (vgl. BFH-Entscheidungen vom 8. Februar 1983 VIII R 130/79, BFHE 138, 195, BStBl II 1983, 554; vom 19. September 1990 IX R 5/86, BFHE 161, 479, BStBl II 1990, 1030; vom 4. Juni 1991 IX R 30/89, BFHE 164, 364, BStBl II 1991, 761; vom 21. September 2000 IX B 75/00, BFH/NV 2001, 585).
2. Soweit die Kläger im Beschwerdeverfahren vortragen, es bedürfe der Klärung, innerhalb welchen Zeitraums ("genaue zeitliche Vorgabe") das Bauvorhaben realisiert werden müsse, um von einer konkreten Bauabsicht auszugehen, ist dies nicht geeignet, die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) darzulegen, da ―wie ausgeführt― die Rechtsprechung es gerade abgelehnt hat, den Werbungskostenabzug an ein solches (gesetzlich nicht verankertes) Merkmal zu binden. Demgemäß geht auch der Hinweis fehl, eine revisionsrechtliche Überprüfung des vorinstanzlichen Urteils sei zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) deshalb geboten, weil das FG im Ergebnis von verschiedenen Entscheidungen des BFH zur Anerkennung vorweggenommener Werbungskosten bei den Einkünften nach § 21 EStG abgewichen sei. Abgesehen davon, dass sog. Subsumtionsfehler ―d.h. Fehler bei der Anwendung materiellen Rechts― von diesem Zulassungstatbestand nicht erfasst werden (vgl. BFH-Beschluss vom 15. März 2002 V B 33/01, BFH/NV 2002, 1040; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 115 Rz. 46), lässt der Vortrag vor allem außer Acht, dass mit Rücksicht auf das Vorliegen des endgültigen Entschlusses zur Erzielung von Einkünften einer bestimmten Einkunftsart die tatrichterliche Würdigung nach § 118 Abs. 2 FGO Bindungswirkung entfaltet und damit grundsätzlich einer Überprüfung durch das Revisionsgericht nicht zugänglich ist (vgl. die zu Abschn. 1 der Beschlussgründe zitierte Rechtsprechung).
3. Auch der Einwand der Kläger, die Schuldzinsen müssten jedenfalls dann als Werbungskosten bei den Einkünften nach § 20 EStG abziehbar sein, wenn das Bauspardarlehen nicht zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung verwendet, sondern ―wie im Streitfall― festverzinslich mit der Folge eines Totalüberschusses angelegt werde, vermag eine Zulassung der Revision nicht zu rechtfertigen. Der Einwand ist zum einen deshalb unschlüssig, weil er die Rechtsprechung des BFH nicht berücksichtigt, nach der Guthabenzinsen ―vorbehaltlich ihrer Zuordnung zu einer vorrangigen Einkunftsart (§ 20 Abs. 3 EStG)― nur unter der Voraussetzung, dass aus dem Bausparvertrag ein Überschuss der Einnahmen über die Ausgaben erwartet werden kann, bei den Einkünften nach § 20 EStG zu erfassen sind, und diese Voraussetzung im Falle einer marktüblichen Fremdfinanzierung des Bausparguthabens (regelmäßig) nicht gegeben ist (Senatsurteil vom 8. Dezember 1992 VIII R 78/89, BFHE 169, 442, BStBl II 1993, 301, 303). Zum anderen verkennen die Ausführungen der Kläger, dass die Überschusserzielungsabsicht nach ständiger Rechtsprechung für jede einzelne Kapitalanlage gesondert zu beurteilen ist (BFH-Urteil vom 24. März 1992 VIII R 12/89, BFHE 168, 415, BStBl II 1993, 18; Schmidt/ Heinicke, Einkommensteuergesetz, 21. Aufl., § 20 Rz. 10, m.w.N.) und somit eine zusammengefasste Beurteilung von Bausparguthaben und Festgeldanlage allenfalls dann in Erwägung gezogen werden könnte, wenn bereits während der Ansparphase des Bausparvertrags der endgültige und anhand objektiver Umständen nachprüfbare Entschluss gefasst wird, das Bauspardarlehen zum Erwerb einer (weiteren) Kapitalanlage zu verwenden. Hiervon ist jedoch ―wie ausgeführt― weder nach den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz noch nach dem eigenen Vortrag der Kläger auszugehen.
Im Übrigen sieht der Senat von einer Begründung dieses Beschlusses ab (§ 116 Abs. 5 Satz 2 FGO).
Fundstellen
Haufe-Index 886078 |
BFH/NV 2003, 314 |