Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Verfahrensmangel nicht ordnungsgemäßer Vertretung bei fehlender Untervollmacht

 

Leitsatz (NV)

Ein Verfahrensmangel i. S. des § 116 Abs. 1 Nr. 3 FGO liegt nicht vor, wenn ein Unterbevollmächtigter entgegen seinem Versprechen in der mündlichen Verhandlung vor dem FG die schriftliche Untervollmacht nicht nachreicht.

 

Normenkette

FGO § 116 Abs. 1 Nr. 3

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) bevollmächtigten den Wirtschaftsprüfer und Steuerberater A, sie im finanzgerichtlichen Verfahren zu vertreten. Die schriftlich erteilte Vollmacht ermächtigte zu allen das Verfahren betreffenden Prozeßhandlungen. In der mündlichen Verhandlung, zu der der Prozeßbevollmächtigte ordnungsgemäß geladen war, trat Steuerberater B für die Kläger und deren Prozeßbevollmächtigten mit dem Versprechen auf, Vollmacht nachzureichen. Die mündliche Verhandlung schloß mit dem Hinweis, daß den Beteiligten eine schriftliche Entscheidung zugehen solle. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Eine Untervollmacht für Steuerberater B haben die Kläger bisher nicht vorgelegt.

Mit ihrer auf § 116 Abs. 1 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gestützten Revision machen sie geltend, sie seien in der mündlichen Verhandlung nicht ordnungsgemäß vertreten gewesen. Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 6. September 1989 II R 62/87 (BFHE 158, 203, BStBl II 1989, 1021) hätte das FG den Klägern eine Frist zur Vorlage der Untervollmacht setzen müssen, bevor es das Endurteil erließ.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Nach § 116 Abs. 1 Nr. 3 FGO bedarf es einer Zulassung zur Einlegung der Revision nicht, wenn als wesentlicher Mangel des Verfahrens gerügt wird, daß ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, außer wenn er der Prozeßführung ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat. Es kann offenbleiben, ob die Voraussetzungen des § 116 Abs. 1 Nr. 3 FGO schon deshalb nicht erfüllt sind, weil die Kläger der Prozeßführung durch den Unterbevollmächtigten ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt haben, oder ob sie sich auf den gerügten Mangel nicht berufen können, weil ihnen der Einwand des treuwidrigen Verhaltens (vgl. Rosenberg / Schwab, Zivilprozeßrecht, 14. Aufl., S. 390 f.) entgegengehalten werden könnte. Das Fehlen der Untervollmacht auf Steuerberater B stellt jedenfalls keinen Verfahrensmangel im Sinn dieser Vorschrift dar. Ein Beteiligter ist zwar auch dann nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten, wenn ein Dritter ohne Bevollmächtigung für ihn den Prozeß führt und für ihn auftritt. Ohne Bevollmächtigung in diesem Sinn handelt aber nicht der zur Prozeßführung Bevollmächtigte, der es lediglich versäumt, die schriftliche Vollmacht gemäß § 62 Abs. 3 Satz 1 FGO vorzulegen (BFH-Beschluß vom 27. Juli 1990 VIII R 1/90, BFH/NV 1991, 254). Entsprechendes gilt für Unterbevollmächtigte.

Die dem Hauptbevollmächtigten A erteilte Vollmacht berechtigte diesen zur Erteilung von Untervollmachten (§ 155 FGO i. V. m. § 81 der Zivilprozeßordnung). Die Kläger tragen nicht vor, daß der Unterbevollmächtigte nicht berechtigt gewesen sei, in der mündlichen Verhandlung vor dem FG für sie und ihren Hauptbevollmächtigten aufzutreten. Es fehlte lediglich die schriftliche Untervollmacht. Deren Fehlen allein genügt indes, wie sich auch aus der erwähnten Entscheidung des VIII. Senats des BFH ergibt, nicht, um einen Mangel i. S. des § 116 Abs. 1 Nr. 3 FGO zu begründen.

Von einer nicht vorschriftsmäßigen Vertretung kann im übrigen auch deshalb keine Rede sein, weil dieser Mangel nicht einmal dann vorgelegen hätte, wenn für die Kläger in der mündlichen Verhandlung niemand aufgetreten wäre. Das FG hat den Prozeßbevollmächtigten in der Ladung zur mündlichen Verhandlung gemäß § 91 Abs. 2 FGO darauf hingewiesen, daß bei einem Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden könne.

Das Urteil in BFHE 158, 203, BStBl II 1989, 1021 betrifft nicht die Frage ordnungsmäßiger Vertretung und vermag schon deshalb die Rechtsansicht der Kläger nicht zu stützen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 417928

BFH/NV 1992, 123

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