Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsaufgabe durch Aufgabeerklärung trotz Betreibens einer Hobbylandwirtschaft
Leitsatz (NV)
1. Mit der Entscheidung, dass ein landwirtschaftlicher Eigentumsbetrieb durch unmissverständliche Aufgabeerklärung gegenüber dem FA aufgegeben werden kann, wenn es an einer aktiven Bewirtschaftung fehlt, die Grundstücke in einen gewerblichen Grundstückshandel überführt wurden, und nur noch Hobbylandwirtschaft betrieben wird, weicht das FG nicht von dem Senatsurteil vom 13. Februar 1997 IV R 57/96 (BFH/NV 1997, 649) ab, dem zufolge eine Betriebsaufgabeerklärung ins Leere geht, wenn der landwirtschaftliche Betrieb auf verkleinerter Fläche fortgeführt wird.
2. Die Überführung wesentlicher Betriebsgrundlagen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs in ein gewerbliches Betriebsvermögen schließt die steuerbegünstigte Aufgabe des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs nicht grundsätzlich aus.
Normenkette
EStG § 14 S. 2, § 16 Abs. 3 S. 1; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2
Verfahrensgang
Gründe
Die Beschwerde ist nicht begründet. Die Revision ist weder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung noch zur Fortbildung des Rechts noch wegen eines schwerwiegenden Rechtsfehlers zuzulassen.
1. Divergenz
a) Der Beklagte und Beschwerdeführer (das Finanzamt --FA--) ist der Auffassung, das Finanzgericht (FG) sei in folgenden Punkten von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) abgewichen:
aa) Der BFH habe in dem Urteil vom 13. Februar 1997 IV R 57/96 (BFH/NV 1997, 649) den Rechtssatz geprägt, dass eine Betriebsaufgabeerklärung ins Leere gehe, wenn der landwirtschaftliche Betrieb auf verkleinerter Fläche fortgeführt wird.
Demgegenüber reiche dem FG die Betriebsaufgabeerklärung vom 22. Dezember 1998 aus, um die über diesen Zeitpunkt hinaus fast unverändert fortgeführte Landwirtschaft auf vermindertem Grund als Hobbylandwirtschaft zu klassifizieren.
bb) Nach Ansicht des BFH (BFH-Urteil in BFH/NV 1997, 649) erfordere die Annahme einer Betriebsaufgabe eine Handlung des Steuerpflichtigen oder einen Rechtsvorgang, die darauf gerichtet seien, den Betrieb als selbstständigen Organismus nicht mehr in seiner bisherigen Form bestehen zu lassen. Das bisherige Betriebsvermögen dürfe nicht mehr für den angeblich aufgegebenen betrieblichen Zweck genutzt werden. Nur ausnahmsweise sei eine Betriebsaufgabe vorstellbar, wenn nach Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse festgestellt werde, dass die Gewinnerzielungsabsicht aufgegeben wurde.
Gegen diese Rechtssätze habe das FG verstoßen, indem es die Auffassung vertrete, dass eine bloße Aufgabeerklärung zu einem vom Steuerpflichtigen steuergestaltend frei wählbaren Zeitpunkt ohne Änderung der tatsächlichen Verhältnisse und ohne Nutzungsänderung der wesentlichen Betriebsgrundlagen ausreiche, eine steuerlich anzuerkennende Aufgabe zu bewirken. Unzutreffend habe das FG den Zeitpunkt der Abgabe der Aufgabeerklärung mit der Einstellung der aktiven Bewirtschaftung gleichgesetzt.
b) Nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Revision zuzulassen, wenn die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH erfordert. Das ist der Fall, wenn das FG bei gleichem oder vergleichbarem festgestellten Sachverhalt in einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage eine andere Rechtsauffassung vertritt als der BFH. Das FG muss seiner Entscheidung einen abstrakten Rechtssatz zu Grunde gelegt haben, der mit den tragenden Rechtsausführungen in der Divergenzentscheidung des anderen Gerichts nicht übereinstimmt. Eine Divergenz in der Würdigung von Tatsachen genügt nicht (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 FGO Rz 53 ff., m.w.N.).
c) Die vom FA angenommene Divergenz liegt nicht vor. Das FG ist nicht in einer Rechtsfrage von dem BFH-Urteil in BFH/NV 1997, 649 abgewichen. Es hat lediglich den Sachverhalt im Streitfall anders beurteilt.
aa) Das FG ist in dem angefochtenen Urteil gerade nicht davon ausgegangen, dass der landwirtschaftliche Betrieb auf verkleinerter Fläche fortgeführt wurde. Es hat den Sachverhalt vielmehr dahingehend gewürdigt, dass die Klägerin und Beschwerdegegnerin (Klägerin) die aktive Bewirtschaftung des landwirtschaftlichen Betriebs zum 22. Dezember 1998 eingestellt und die Grundstücke in den Betrieb des gewerblichen Grundstückshandels überführt hatte. Nach dem 22. Dezember 1998 hat die Klägerin nach Auffassung des FG nur noch Pflegemaßnahmen vorgenommen, indem das Grünland gemäht und das Gras an benachbarte Bauern verschenkt wurde. Das Halten von 12 Schafen und 10 Legehennen am 1. Januar 2001 hat das FG nicht als aktive Bewirtschaftung einer Landwirtschaft, sondern als Hobbylandwirtschaft beurteilt. In dem vom BFH im Urteil in BFH/NV 1997, 649 entschiedenen Fall hatten die Kläger dagegen 5,33 ha Ackerland weiterhin selbst bewirtschaftet, Saatgut und Düngemittel eingekauft und ihre eigenen landwirtschaftlichen Erzeugnisse verkauft; das ging --wie der BFH entschieden hat (unter 2.c. der Gründe)-- über eine reine Hobbylandwirtschaft für den Eigenbedarf sowie bloße Pflegemaßnahmen zum Schutz vor Verunkrautung hinaus. Damit ist der Streitfall nicht vergleichbar.
bb) Aus dem selben Grund liegt auch keine Abweichung hinsichtlich der Voraussetzungen einer Betriebsaufgabe vor, die der BFH in dem Urteil in BFH/NV 1997, 649 aufgestellt hat. Denn diese Voraussetzungen beziehen sich auf die Aufgabe eines aktiv bewirtschafteten landwirtschaftlichen Betriebs. Ein landwirtschaftlicher Eigentumsbetrieb, dessen aktive Bewirtschaftung unterbrochen ist, kann demgegenüber durch die Abgabe einer ausdrücklichen Erklärung gegenüber dem FA aufgegeben werden, wie der Senat für die Fälle der Betriebsverpachtung (Senatsurteil vom 19. Mai 2005 IV R 17/02, BFHE 209, 384, BStBl II 2005, 637, unter I.1.c der Gründe) und der Liebhaberei (Senatsurteil vom 29. Oktober 1981 IV R 138/78, BFHE 134, 339, BStBl II 1982, 381, unter 3.b der Gründe) entschieden hat. Vorliegend ist das FG davon ausgegangen, dass die Klägerin die aktive Bewirtschaftung des landwirtschaftlichen Betriebs eingestellt und dem FA gegenüber eine unmissverständliche Aufgabeerklärung abgegeben hatte. Im Urteilsfall in BFH/NV 1997, 649 fehlte es dagegen an einer unmissverständlichen Aufgabeerklärung; die Kläger hatten dort lediglich die Rechtsansicht geäußert, ein landwirtschaftlicher Betrieb existiere nicht mehr. Das FG ist somit vorliegend von einem anderen Sachverhalt ausgegangen.
2. Rechtsfortbildung
a) Das FA hält die Frage für klärungsbedürftig, ob kleine landwirtschaftliche Betriebe allein durch die Willensäußerung der Betriebsaufgabe zu einer Hobbylandwirtschaft wechseln könnten. Oftmals würde, bedingt durch Steillagen, Schafhaltung betrieben; im Finanzamtsbezirk bewirtschafteten 65 Betriebe eine Fläche von weniger als 3 ha.
b) Eine Zulassung der Revision zur Fortbildung des Rechts ist erforderlich (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative FGO), wenn über bisher ungeklärte abstrakte Rechtsfragen zu entscheiden ist, insbesondere, wenn der Streitfall im allgemeinen Interesse Veranlassung gibt, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder des Verfahrensrechts aufzustellen oder Gesetzeslücken auszufüllen (Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 FGO Rz 41, m.w.N.). Die Rechtssache muss über den konkreten Einzelfall hinaus bedeutsam sein. Daran fehlt es, wenn die Entscheidung des Streitfalls maßgeblich von den tatsächlichen Besonderheiten des Einzelfalls abhängt (Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 FGO Rz 41).
c) Eine klärungsbedürftige Rechtsfrage liegt danach nicht vor. Es ist in der Rechtsprechung geklärt, dass ein aktiv bewirtschafteter landwirtschaftlicher Betrieb nicht durch bloße Aufgabeerklärung aufgegeben werden kann (vgl. u.a. Senatsurteil in BFHE 209, 384, BStBl II 2005, 637, unter I.1.c der Gründe; BFH-Beschluss vom 29. Juli 2003 X B 12/03, BFH/NV 2003, 1575). Es kommt somit darauf an, ob weiterhin eine werbende Tätigkeit ausgeübt wird oder ob eine Betriebsunterbrechung vorliegt (siehe oben unter 1.c bb). Das hängt jedoch maßgeblich von den Verhältnissen des Einzelfalls ab.
3. Schwerwiegender Rechtsfehler
a) Das FA sieht einen schwerwiegenden Rechtsfehler des FG darin, dass dieses von einer begünstigten Betriebsaufgabe des landwirtschaftlichen Betriebs ausgegangen ist, obwohl die Klägerin Grundstücke des landwirtschaftlichen Betriebsvermögens in den gewerblichen Grundstückshandel überführt hat.
b) Materielle Rechtsfehler können die Zulassung der Revision eröffnen, wenn sie von erheblichem Gewicht und geeignet sind, das Vertrauen in die Rechtsprechung zu beschädigen (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 16. Juli 2002 V B 152/01, BFH/NV 2002, 1600, und vom 20. Januar 2003 III B 63/02, BFH/NV 2003, 644). Davon ist auszugehen, wenn die Entscheidung des FG objektiv willkürlich erscheint oder auf sachfremden Erwägungen beruht und unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtlich vertretbar ist (Senatsbeschluss vom 13. Oktober 2003 IV B 85/02, BFHE 203, 404, BStBl II 2004, 25).
c) Ein schwerwiegender Rechtsfehler ergibt sich aus dem Vorbringen des FA nicht. Wie der Senat entschieden hat, schließt die Überführung wesentlicher Betriebsgrundlagen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs in ein gewerbliches Betriebsvermögen die steuerbegünstigte Aufgabe des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs nicht grundsätzlich aus (Senatsurteil vom 30. März 2006 IV R 31/03, BFHE 212, 563, BStBl II 2006, 652, unter II.1.c der Gründe). Unabhängig davon, ob im Streitfall von vergleichbaren Voraussetzungen ausgegangen werden kann, folgt daraus, dass jedenfalls ein materieller Rechtsfehler von erheblichem Gewicht im Streitfall nicht vorliegt.
Fundstellen
Haufe-Index 1834063 |
BFH/NV 2008, 35 |