Entscheidungsstichwort (Thema)

Grunderwerbsteuer/Kfz-Steuer/sonstige Verkehrsteuern

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Frage der Gesellschaftsteuerpflicht, wenn ein bereits der Gesellschaftsteuer unterworfenes, später 1 : 1 umgestelltes RM-Darlehen bei einer nachfolgenden Kapitalerhöhung in Grundkapital umgewandelt wird.

 

Normenkette

KVStG § 2 Nr. 1, § 2/1/1, § 3

 

Tatbestand

Die Bfin. wendet sich dagegen, daß das durch Bescheid vom 10. Dezember 1943 nach § 3 Abs. 1 des Kapitalverkehrsteuergesetzes (KVStG) versteuerte Darlehen von 200.000 RM in dem auf Grund einer Kapitalerhöhung erlassenen Steuerbescheid vom 12. Dezember 1956 mit 20.000 DM statt mit 200.000 DM abgesetzt worden ist. Alleinige Gesellschafterin der Bfin. ist die B - AG. Die in der RM-Schlußbilanz der Bfin. ausgewiesenen Verbindlichkeiten gegenüber der B - AG wurden im Verhältnis 1 : 1 umgestellt. Das Grundkapital der Bfin. wurde von 750.000 RM auf 1.500.000 DM umgestellt. Das Finanzamt setzte wiederholt Gesellschaftsteuer wegen der Darlehnsbeträge der B - AG an die Bfin. gemäß § 3 Abs. 1 KVStG fest. Durch Beschluß der Hauptversammlung vom 26. September 1956 wurde das Grundkapital der Bfin. von 1,5 Mill. DM um 2,5 Mill. DM auf 4 Mill. DM erhöht. Durch Vertrag vom gleichen Tag zwischen der Bfin. und der alleinigen Aktionärin, der B - AG, wurden dieser die neuen Aktien zum Nennbetrag überlassen. Gegen die der Bfin. aus überlassung der neuen Aktien gegen ihre Aktionärin zustehende Forderung in Höhe von 2,5 Mill. DM rechnete diese mit der ihr gegen die Bfin. zustehenden fälligen Darlehnsforderung mit einem Teilbetrag von 2,5 Mill. DM auf. Das Finanzamt setzte durch Bescheid vom 12. Dezember 1956 wegen des Erwerbs von Gesellschaftsrechten auf Grund der Kapitalerhöhung 20.400 DM Gesellschaftsteuer nach § 2 Ziff. 1 KVStG fest. Dieser Festsetzung lag folgende Berechnung zugrunde:

Geldleistungen des Ersterwerbers .......... 2.500.000 DM davon bereits als Darlehen versteuert: Laut Bescheid vom 19. November 1954 ......... 900.000 DM " " " 14. September 1953 ........ 200.000 DM " " " 6. Oktober 1952 .......... 700.000 DM " " " 10. Dezember 1943 .......................... 200.000 RM = 20.000 DM es blieben noch zu versteuern: .............. 680.000 DM hiervon 3 v. H. Gesellschaftsteuer ........... 20.400 DM.Gegen diesen Gesellschaftsteuerfestsetzungsbescheid legte die Bfin. Sprungberufung mit dem Antrag ein, die Steuer nur aus einem Betrag von 500.000 DM (2,5 Mill. DM ./. 2 Mill. DM) mit 15.000 DM festzusetzen. Sie verlangt, daß das Darlehen von 1943 mit seinem Nennbetrag von 200.000 RM = 200.000 DM, nicht nur in Höhe des gesetzlichen Umstellungsverhältnisses von 10 : 1 = 20.000 DM, auf die zu versteuernde Leistung angerechnet werde. Die über das gesetzliche Maß hinausgehende Umstellung unterliege nicht der Gesellschaftsteuer, da es sich nicht um eine Leistung der Gesellschafterin an die Bfin., sondern um eine solche der Bfin. an ihre Aktionärin gehandelt habe. Ferner meint die Bfin., daß der Abzug von nur 1/10 des Nennbetrags des ursprünglichen RM-Darlehens gegen Treu und Glauben verstoße. In dem Gesellschaftsteuerbescheid vom 19. November 1954 seien 2 Mill. DM Darlehen als notwendige Kapitalzuführung angesehen worden. Hiervon habe das Finanzamt als bereits versteuerte Darlehen unter anderem die bereits am 10. Dezember 1943 versteuerten 200.000 RM mit dem Nennbetrag von 200.000 DM abgezogen. Die Bfin. habe daher nicht damit rechnen können, daß anläßlich der Kapitalerhöhung im Jahre 1956 das 1943 versteuerte RM-Darlehen noch mit 9/10 des Nennbetrags in DM der Gesellschaftsteuer unterworfen werden würde. Die Sprungberufung wurde als unbegründet zurückgewiesen. Das angefochtene Urteil beruht im wesentlichen auf folgenden Erwägungen: Das RM-Darlehen aus 1943 habe nicht unverändert über die Währungsreform hinaus fortbestanden. Der Fortbestand könne nur im Verhältnis 10 : 1 anerkannt werden. In Höhe von 9/10 des Nennbetrags sei durch freie Vereinbarung eine neue Darlehnsschuld begründet worden (Hinweis auf die §§ 24 Abs. 3, 30 Abs. 3 des D-Markbilanzgesetzes - DMBG -), die durch § 73 Abs. 2 a. a. O. nicht begünstigt werde. Das Finanzgericht bezieht sich für seine Auffassung auf das Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 6. September 1957 Az. 854/56 (Entscheidungen der Finanzgerichte 1958 S. 56), das durch das nicht zur Veröffentlichung bestimmte Urteil des Bundesfinanzhofs II 248/57 vom 2. April 1958 bestätigt worden sei. Es liege auch kein Verstoß gegen Treu und Glauben vor.

In der Rb. rügt die Bfin. unrichtige Anwendung der §§ 2, 3 KVStG und des § 1 des Steueranpassungsgesetzes (StAnpG).

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. ist begründet.

Gemäß § 16 Abs. 1 des Umstellungsgesetzes (UG) sind RM-Forderungen im Verhältnis 10 : 1 DM umzustellen. Ein Fall der qualifizierten Umstellung des § 18 a. a. O. (Umstellung 1 : 1) kommt hier nicht in Betracht. Es handelt sich im Streitfall um Verbindlichkeiten aus laufendem Verrechnungsverkehr (Hinweis auf den Vertrag zwischen der Bfin. und der B - AG vom 26. September 1956 zu III). Die Ausführungen der Bfin. in der Rb., daß es sich um Verbindlichkeiten aus der Auseinandersetzung zwischen Gesellschaftern handele (ß 18 Abs. 1 Ziff. 3 UG), gehen fehl. Im übrigen ist dieses Vorbringen eine neue tatsächliche Behauptung, mit der die Bfin. in der Rb. nicht gehört werden kann. Eine nach der Währungsreform getroffene Vereinbarung über die Umstellung trifft eine schon gesetzlich umgestellte Forderung. Durch die Vereinbarung wird insoweit eine neue Forderung begründet (Harmening-Duden, Währungsgesetze, § 16, Anm. 4). Auf die §§ 24 Abs. 3 und 30 Abs. 3 DMBG wird Bezug genommen. Die Vergünstigung des § 73 Abs. 2 DMBG greift nicht ein, da es sich bei der Vereinbarung über höhere Umstellung einer Verbindlichkeit nicht um Rechtsvorgänge im Rahmen der Kapitalneufestsetzung handelt (Urteil des Bundesfinanzhofs II 100/52 U vom 18. März 1953, BStBl 1953 III S. 128, Slg. Bd. 57 S. 322). Der Reichsfinanzhof hat in dem Urteil II A 234/26 vom 20. Juli 1926, Slg. Bd. 19 S. 229, ausgesprochen, daß nach vorangegangener Besteuerung eines Ersatztatbestandes bei späterem Eintritt rechtlicher ordnungsmäßiger Gestaltung nicht noch einmal Steuer erhoben werden kann. Der Bundesfinanzhof hat in dem Urteil II 10/51 S vom 13. März 1951 (BStBl 1951 III S. 84, Slg. Bd. 55 S. 223) ausgeführt: Wenn ein nach § 3 Abs. 1 KVStG der Gesellschaftsteuer unterliegende Darlehen in der Zeit gegeben worden sei, während der die Erhebung der Kapitalverkehrsteuern ausgesetzt war, und nach dieser Zeit in Gesellschaftskapital umgewandelt werde, so unterliege der letzte Vorgang der Gesellschaftsteuer nach § 2 Ziff. 1 a. a. O. In den Gründen des Urteils wird dargelegt: Wenn bereits der Ersatztatbestand der Darlehnsgewährung der Gesellschaftsteuer unterlegen habe, so sei für eine Besteuerung der Kapitalerhöhung (Haupttatbestand) kein Raum. Dies gelte jedoch nur für diejenigen Fälle, in denen der Ersatztatbestand nicht nur der Gesellschaftsteuer unterlegen habe, sondern auch wirklich besteuert worden sei. Es sei nicht ausreichend, wenn beim Ersatztatbestand aus kriegsbedingten Vereinfachungsgründen nur von einer Erhebung der Steuer Abstand genommen worden sei. Das Hessische Finanzgericht hat in dem erwähnten Urteil vom 6. September 1957 ausgesprochen, daß in Höhe der 10 : 1 übersteigenden Umstellung neue Darlehnsschulden zu den bisherigen Bedingungen entstanden oder mindestens deren Stundung bewirkt worden sei. In dem betreffenden Fall waren jedoch die Darlehen früher nicht zur Gesellschaftsteuer herangezogen worden, weil das KVStG zur Zeit des Entstehens der Steuerschuld außer Hebung gewesen war. Der Senat ist in übereinstimmung mit dieser Rechtsprechung, insbesondere dem Urteil II 10/51 S vom 13. März 1951 der Ansicht, daß die Gesellschaftsteuer aus der Kapitalerhöhung nur von 500.000 DM (2,5 Mill. DM ./. 2 Mill. DM) erhoben werden kann.

Wenn sich auch die vereinbarte höhere Umstellung rechtlich als Begründung einer zusätzlichen (neuen) Forderung darstellt, so ist doch die alleinige Gesellschafterin von der Bfin. hier nicht bereichert worden. Sowohl die gesetzliche Umstellung als auch die vereinbarte Umstellung gehen letzten Endes auf das seinerzeitige RM-Darlehen zurück. Die Gesellschafterin hat nur erhalten, worauf sie nach den zwischen ihr und ihrer Schuldnerin bestehenden rechtlichen Verhältnissen rechnen durfte. Dafür spricht auch der Umstand, daß das Grundkapital der Bfin. von 750.000 RM auf 1.500.000 DM umgestellt worden ist. Es läßt sich daher nicht feststellen, daß die höhere Umstellung einen Vorgang betrifft, der der Gesellschaftsteuer bisher noch nicht unterlegen hat. Auf das übrige Vorbringen der Bfin. wegen einer Zusage des Finanzamts und eines Verstoßes gegen Treu und Glauben war hiernach nicht mehr einzugehen. Das angefochtene Urteil und der Gesellschaftsteuerbescheid vom 12. Dezember 1956 waren aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Die anläßlich der Kapitalerhöhung von 1956 anfallende Gesellschaftsteuer wird auf 15.000 DM festgesetzt, worauf die nach § 8 der Durchführungsbestimmungen zum Kapitalverkehrsteuergesetz bereits entrichteten 15.000 DM anzurechnen sind.

 

Fundstellen

Haufe-Index 409964

BStBl III 1961, 235

BFHE 1961, 645

BFHE 72, 358

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