Leitsatz (amtlich)
Steht der Erwerb des Geschäftsanteils an einer GmbH, die an einer Partenreederei beteiligt ist, durch einen Gesellschafter einer Personengesellschaft im unmittelbaren Zusammenhang mit der Hingabe eines als Betriebsausgabe der Personengesellschaft behandelten 7 d-Zuschusses dieser Gesellschaft an die Partenreederei, so ist der GmbH-Anteil Betriebsvermögen des Gesellschafters (vgl. BFH-Urteil vom 16. Juni 1965 IV 342/64 U, BFHE 83, 449, BStBl III 1965, 662 ).
Normenkette
EStG 1955 § 4 Abs. 1, 4, §§ 5, 7d
Tatbestand
Die im Revisionsverfahren beteiligte (§ 122 Abs. 1 FGO) Kommanditgesellschaft (Klägerin) betreibt eine Spinnerei und Weberei. An ihr waren im Jahre 1951 22 Gesellschafter beteiligt, darunter auch der Revisionskläger (im Verfahren vor dem FG Beigeladener), der persönlich haftender Gesellschafter und einer der drei Geschäftsführer der Klägerin war.
Zusammen mit 32 anderen gründeten der Revisionskläger und ein weiterer Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin am 22. Dezember 1951 eine GmbH. Die beiden letzteren übernahmen für je 10 000 DM Geschäftsanteile des ursprünglich 122 400 DM betragenden und Ende 1952 auf 132 400 DM erhöhten Stammkapitals der GmbH. Der andere Gesellschafter hat seine Anteile an der GmbH kurz nach dem Erwerb an seine Kinder abgetreten.
Nach den Feststellungen des FG hat die GmbH ebenfalls am 22. Dezember 1951 zusammen mit einer AG eine Partenreederei gegründet, um gemeinsam ein Frachtmotorschiff zu bauen und die Reederei mit diesem Schiff zu betreiben. Ein erheblicher Teil der Baukosten des Schiffes sollte durch der Partenreederei geleistete Zuschüsse gemäß § 7d EStG 1951 aufgebracht werden. Die Klägerin hat einen Zuschuß in Höhe von 580 000 DM geleistet; der Beklagte und Revisionsbeklagte (das FA) hat den Abzug als Betriebsausgaben gemäß § 7d EStG 1951 anerkannt.
Am 27. Dezember 1955 veräußerten sämtliche Gesellschafter der an der Partenreederei beteiligten GmbH ihre Geschäftsanteile an die AG. Auf einen Geschäftsanteil im Nennwert von 10 000 DM entfiel ein Erlös in Höhe von 321 000 DM; vom Kaufpreis war ein Teil zum 31. März 1956, der Rest zu einem späteren Zeitpunkt zu zahlen.
Das FA wertete die Kaufpreiszahlung -- an den Revisionskläger und die Kinder des anderen Gesellschafters der Klägerin -- als Rückfluß des der Partenreederei im Jahre 1951 gegebenen Zuschusses gegenüber der KG und erhöhte demgemäß den gesamtgewinn der Klägerin im Rahmen der einheitlichen Gewinnfeststellung für 1955 um 580 000 DM; diesen Betrag rechnete es anteilig dem Revisionskläger und dem anderen Gesellschafter zu. Im Einspruchsverfahren gab das FA diese Ansicht auf. Unter Hinweis auf das Urteil des BFH vom 16. Juni 1965 IV 342/64 U (BFHE 83, 449, BStBl III 1965, 662 ) beurteilte das FA den Anteil des Revisionsklägers an der GmbH als notwendiges Betriebsvermögen der Klägerin, bei dessen Veräußerung die Klägerin einen Gewinn von 311 000 DM (321 000 DM ./. 10 000 DM) erzielt habe; diesen Gewinn rechnete es dem Revisionskläger zu.
Mit der im wesentlichen erfolglos gebliebenen Klage wandte die Klägerin ein, der GmbH-Anteil sei Privatvermögen des Revisionsklägers gewesen. Den Zuschuß gemäß § 7d EStG 1951 habe sie zu Lasten aller ihrer Gesellschafter erbracht; an der GmbH seien nur der Revisionskläger und der erwähnte andere Gesellschafter beteiligt gewesen.
Der im Verfahren vor dem FG als Beigeladener (§ 60 Abs. 3 FGO) beteiligte Revisionskläger beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben, den Gesamtgewinn für 1965 auf 2 546 652 DM und seinen Gewinnanteil auf 354 044 DM festzustellen. Hilfsweise beantragt er, den Gesamtgewinn auf 2 595 256 DM und seinen Gewinnanteil auf 402 648 DM festzustellen.
Die Klägerin hat sich dem Vortrag des Revisionsklägers angeschlossen, jedoch keinen förmlichen Antrag gestellt. Alle Beteiligten sind mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden.
Die Revision des Beigeladenen ist unbegründet.
Entscheidungsgründe
I.
Die Revision ist zulässig. Der im Verfahren über die Klage gemäß § 60 Abs. 3 FGO Beigeladene ist Revisionskläger. Sein Revisionsangriff bezieht sich auf eine Frage, die nur ihn angeht (§§ 48 Abs. 1 Nr. 2, 121 FGO). Ihm ist ein Veräußerungsgewinn aus dem Verkauf eines ihm gehörenden -- vom FG dem Betriebsvermögen zugeordneten -- GmbH-Anteils zugerechnet worden.
II.
Die Antwort auf die Frage, ob der Revisionskläger aus dem Verkauf des GmbH-Anteils einen Veräußerungsgewinn erzielt hat, ist davon abhängig, ob das FG den GmbH-Anteil mit Recht als Betriebsvermögen behandelt hat.
1. Das FG hat die Betriebsvermögenseigenschaft dieses Anteils im Anschluß an das erwähnte Urteil des BFH IV 342/64 U bejaht. Zwar habe der Revisionskläger den Anteil aus seinen privaten Mitteln erworben; doch stehe der Erwerb in engem Zusammenhang mit dem Zuschuß, den die Klägerin der Partenreederei gegeben habe; Gesellschafter der GmbH habe nur werden können, wer dafür gesorgt habe, daß für je 10 000 DM zu erwerbende Geschäftsanteile ein Zuschuß in Höhe von 290 000 DM an die Partenreederei geleistet werde. Der Revisionskläger habe den Zuschuß nicht aus seinem (versteuerten) Privatvermögen geleistet, vielmehr sei "der Zuschuß in Form einer (unversteuerten) Betriebsausgabe der Klägerin erbracht worden". Das FG hält es für unerheblich, daß das erwähnte Urteil des BFH einen Fall betreffe, in dem alle Gesellschafter der den Zuschuß gewährenden Personengesellschaft Anteile an der GmbH erworben haben, während im Streitfall nur zwei der 22 Gesellschafter der Klägerin Gesellschafter der GmbH geworden sind. Ausschlaggebend für die Zuordnung zum privaten oder betrieblichen Bereich sei die Beurteilung des Zuschusses und nicht der Anteilserwerb an der GmbH. Der Klägerin und ihren Gesellschaftern sei es darauf angekommen, durch den Zuschuß gemäß § 7d EStG 1951 den gewerblichen Gewinn zu senken, um der Steuerprogression zu entgehen. Um die Steuervergünstigung auszunutzen, sei die Beteiligung an der GmbH erforderlich gewesen.
2. Im Falle des Urteils IV 342/64 U, in dem allerdings jeder der Gesellschafter der den Zuschuß an die Partenreederei gewährenden KG einen Geschäftsanteil an der GmbH erworben hatte, wurde die Eigenschaft der GmbH-Anteile als Betriebsvermögen damit begründet, daß die Zuschußgewährung an die Partenreederei -- ein betrieblicher Vorgang der KG -- und der Erwerb der Geschäftsanteile durch die Gesellschafter der KG wirtschaftlich ein einheitlicher Vorgang gewesen sei; im einzelnen wird auf Nr. 2 der Gründe dieses Urteils Bezug genommen (BFHE 83, 452 f.), dem sich der Senat anschließt.
a) Der von der Klägerin an die Partenreederei geleistete Zuschuß gemäß § 7d EStG, den sie als Betriebsausgabe abgesetzt hat, hat sich bei den 22 Gesellschaftern der KG je nach dem Umfang ihrer Beteiligung auf die Höhe der Gewinnanteile und damit gewinnmindernd ausgewirkt. Geschäftsanteile an der GmbH (Nennwert je 10 000 DM) haben jedoch nur zwei persönlich haftende Gesellschafter der Klägerin -- darunter der Revisionskläger -- erworben. Dieser Unterschied ist jedoch für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht erheblich.
Die Feststellungen des FG und die Bezugnahme des Gerichts auf das Urteil des BFH IV 342/64 U erweisen, daß der Erwerb der GmbH-Anteile durch die beiden Gesellschafter und die Zuschußgewährung an die Partenreederei in engem wirtschaftlichem Zusammenhang standen (vgl. auch BFH-Urteil vom 8. Dezember 1967 VIR 154/66, BFHE 91, 160, BStBl II 1968, 272 ). Allen diesen Fällen ist gemein, daß der Erwerber eines Geschäftsanteils an der GmbH für einen Zuschuß gemäß § 7d EStG in Höhe des 29fachen der Stammeinlage sorgen mußte; der im Streitfall gewährte Zuschuß in Höhe von 580 000 DM entspricht dem 29fachen der die beiden persönlich haftenden Gesellschafter treffenden Pflicht, je 10 000 DM als Stammeinlage an die GmbH zu leisten.
Der Senat kann nicht der Ansicht des FG folgen, die Beteiligung an der GmbH sei erforderlich gewesen, um die Steuervergünstigung des § 7d EStG auszunutzen. Den Zuschuß hätte die Partenreederei auch von Personen genommen, die nicht Gesellschafter der GmbH werden wollten oder waren. Vielmehr konnte -- wie das FG für den Senat bindend (§ 118 Abs. 2 FGO) festgestellt hat -- nur derjenige Gesellschafter der GmbH werden, der dafür sorgte, daß für je 10 000 DM des von ihm übernommenen Stammkapitals ein Zuschuß in Höhe von 290 000 DM an die Partenreederei geleistet wurde. Insoweit entspricht die Sachlage dem im Urteil IV 342/64 U entschiedenen Fall; dort ist der BFH davon ausgegangen, von jedem Erwerber eines GmbH-Anteils sei erwartet worden, daß er der Partenreederei einen Zuschuß geben werde. Sie stimmt mit dem dort entschiedenen Fall auch insoweit überein, als der Mitreeder der Partenreederei, die AG, für Geschäftsanteile der GmbH -- des anderen Mitreeders -- mit dem Nennwert von 10 000 DM als Kaufpreis 321 000 DM bezahlte.
b) Der GmbH-Anteil war im Zeitpunkt des Erwerbs durch den Revisionskläger zu dessen (Sonder-)Betriebsvermögen zu rechnen. Der Revisionskläger hat einen betrieblichen Vorgang -- die Gewährung eines als Betriebsausgabe abzugsfähigen Zuschusses gemäß § 7d EStG -- der KG dazu benutzt, den Geschäftsanteil an der GmbH zu erwerben. Der Umstand, daß er diesen Anteil mit privaten Mitteln erworben hat, ändert nichts daran, daß die Zuschußhingabe durch die Klägerin und der Erwerb der GmbH-Anteile durch die beiden persönlich haftenden Gesellschafter der Klägerin wirtschaftlich als ein (zusammengehöriger) Vorgang zu werten sind. Denn der Erwerb des GmbH-Anteils war für den Revisionskläger nur im Zusammenhang mit der Zuschußgewährung von Interesse. Diese Würdigung wird durch den tatsächlichen Verlauf der Dinge bestätigt. Der von der AG dem Revisionskläger als Entgelt für den Geschäftsanteil an der GmbH bezahlte Kaufpreis schließt die Hälfte des von der KG an die Partenreederei gewährten Zuschusses ein.
3. Dem FG ist -- entgegen der Revision -- auch darin zu folgen, daß die Tatsache, daß der GmbH-Anteil nicht in einer Sonderbilanz aktiviert worden ist, die Versteuerung eines Veräußerungsgewinns nicht ausschließt. Die Gewinnfeststellungsbescheide für die Veranlagungszeiträume 1951 bis 1954 sind zwar unanfechtbar geworden; doch hat sich die Behandlung des GmbH-Anteils als Privatvermögen bis zum Streitjahr nicht ausgewirkt.
Soweit der Revisionskläger in der Revisionsbegründungsschrift einwendet, da der (gegen ihn ergangene) endgültige Einkommensteuerbescheid für 1956 vom 17. Januar 1962 stamme, sei Verjährung eingetreten, kann er in der Revisionsinstanz nicht mehr gehört werden; neues tatsächliches Vorbringen ist hier ausgeschlossen (§ 118 Abs. 2 FGO).
Fundstellen
Haufe-Index 70374 |
BStBl II 1973, 393 |
BFHE 1973, 513 |