Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Zugang zur Steuerberaterschaft durch eine sog. Eignungsprüfung für deutsche Hochschulabsolventen, auch wenn sie im Ausland als Steuerberater tätig waren
Leitsatz (amtlich)
1. Die Eignungsprüfung gemäß § 37a Abs. 2 StBerG ist eine "Prüfung als Steuerberater" i.S. des § 35 Abs. 1 StBerG; hat ein Bewerber von den zwei Wiederholungsmöglichkeiten für die Steuerberaterprüfung erfolglos Gebrauch gemacht, steht ihm auch die Eignungsprüfung nicht mehr offen.
2. Bewerber um die Zulassung zur Prüfung als Steuerberater, die ihr berufsqualifizierendes Hochschulstudium in Deutschland abgeschlossen haben, können an der Eignungsprüfung auch dann nicht teilnehmen, wenn sie aufgrund dieses Hochschulstudiums in einem anderen Mitgliedstaat als Steuerberater zugelassen worden sind, nunmehr jedoch auch eine Bestellung als Steuerberater in Deutschland erstreben.
Normenkette
StBerG § 35 Abs. 1, 4, § 37a Abs. 2; EWGRL 48/89
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) möchte zur Eignungsprüfung für Steuerberater zugelassen werden, die nach § 37a Abs. 2 Satz 1 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) --unter anderem-- Staatsangehörigen eines Mitgliedstaates der Europäischen Union (EU) mit einem Diplom offensteht, das in einem anderen Mitgliedstaat als Deutschland zur selbständigen Hilfe in Steuersachen berechtigt.
Der Kläger hat in Deutschland eine Ausbildung zum Diplom-Betriebswirt (FH) erhalten und war danach auf dem Gebiet des Steuerwesens berufstätig. Er hat an der Steuerberaterprüfung nach § 35 StBerG teilgenommen, ist jedoch dabei dreimal erfolglos gewesen. Im Juli 2001 ist ihm in Belgien von der zuständigen Behörde der Titel eines Conseil Fiscal aufgrund seiner in Deutschland erworbenen Qualifikationen sowie Ableistung von Praktika und Bestehen einer Prüfung verliehen worden, was der Zulassung eines Steuerberaters in Deutschland entspricht.
Der Kläger begehrt vom Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzministerium --FinMin--) die Zulassung zu der eingangs genannten Eignungsprüfung. Das FinMin hat diesen Antrag abgelehnt. Die dagegen erhobene Klage ist ohne Erfolg geblieben. Das Finanzgericht (FG) urteilte, dem Anspruch auf Zulassung zur Eignungsprüfung stehe § 35 Abs. 4 StBerG entgegen, wonach die Steuerberaterprüfung nur zweimal wiederholt werden kann. Die Eignungsprüfung nach § 37a StBerG sei schon nach dem Wortlaut des Gesetzes eine Steuerberaterprüfung. Nur der Gesetzeswortlaut, nicht jedoch der gemeinschaftsrechtliche Hintergrund des § 37a Abs. 2 StBerG lasse im Übrigen die Annahme zu, auch Berufsbewerber, die ihre berufsqualifizierende Ausbildung in Deutschland erhalten und Anspruch auf Zulassung zur Steuerberaterprüfung nach § 36 StBerG haben, könnten allein deshalb zur Eignungsprüfung zugelassen werden, weil diese Ausbildung in einem anderen Mitgliedstaat zur selbständigen Hilfe in Steuersachen berechtigt oder weil sie in einem anderen Mitgliedstaat tatsächlich selbständige Hilfe in Steuersachen geleistet haben. Der Kläger besitze kein Diplom, das er in einem anderen Mitgliedstaat erworben habe und das ihn dort zur selbständigen Hilfe in Steuersachen berechtige. Die von ihm in Belgien abgeleistete Prüfung habe nicht eine Berufsausbildung abgeschlossen, sondern unstrittig lediglich der Bestätigung der vom Kläger in Deutschland erworbenen beruflichen Qualifikation gedient. Um die Anerkennung solcher Bestätigungen gehe es in § 37a Abs. 2 StBerG nicht.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers, der meint, die Eignungsprüfung sei keine Unterform der Steuerberaterprüfung, sondern es handele sich um zwei verschiedene Prüfungen, auch wenn dies möglicherweise in der Gesetzessystematik nicht richtig zum Ausdruck gekommen sei. Er erfülle die Voraussetzungen des § 37a Abs. 2 Satz 1 StBerG, weil er Staatsangehöriger eines Mitgliedstaates der EU sei und ein Diplom erworben habe, das ihn in einem anderen Mitgliedstaat zur selbständigen Hilfe in Steuersachen berechtige. Mit dem Diplom sei in dieser Vorschrift nicht ein Hochschuldiplom, sondern das Steuerberaterdiplom gemeint. Er besitze als Conseil Fiscal ein solches Diplom, für dessen Erwerb allerdings auch sein akademisches deutsches Diplom Voraussetzung gewesen sei. Es sei jedoch für die Anwendung des § 37a Abs. 2 StBerG nicht notwendig, dass das ausländische Steuerberaterdiplom aufgrund eines ausländischen Hochschuldiploms erworben sei, sondern lediglich, dass jenes Diplom zur Hilfe in Steuersachen berechtige. Lege man § 37a Abs. 2 StBerG so aus wie das FG, so werde er als Deutscher gegenüber anderen EU-Bürgern diskriminiert. Einem belgischen Steuerberater werde es nämlich nicht verwehrt, in Deutschland die Eignungsprüfung zu beantragen, nur weil er die belgische Steuerberaterprüfung auf der Basis eines ausländischen Hochschulstudiums abgelegt hat.
Das FinMin hält an seiner Auffassung fest, dass es für einen Kandidaten nur zwei Wiederholungsmöglichkeiten bei Ablegung der Steuerberaterprüfung in der Normalform oder einer der Sonderformen wie der Eignungsprüfung gebe. Diese habe den Sinn, in Deutschland Personen, die in einem anderen Mitgliedstaat aufgrund eines ausländischen Befähigungsnachweises die Berechtigung zur selbständigen Hilfeleistung in Steuersachen besitzen, den Zugang zum Beruf des Steuerberaters zu erleichtern, ohne dass bereits im Ausland geprüfte Kenntnisse nochmals abgefragt werden.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das angefochtene Urteil entspricht dem Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 FGO). Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zulassung zur Eignungsprüfung nach § 37a Abs. 2 StBerG, weil es sich hierbei um eine (Sonderform der) Steuerberaterprüfung handelt, und der Kläger diese Prüfung bereits zweimal (erfolglos) wiederholt hat. Er kann ferner deshalb nicht zur Eignungsprüfung zugelassen werden, weil er die Voraussetzungen des § 37a Abs. 2 StBerG nicht erfüllt.
1. Die Prüfung als Steuerberater oder die Befreiung von dieser Prüfung ist nach § 35 Abs. 1 StBerG Voraussetzung für die Bestellung als Steuerberater. Für den erstgenannten Weg zur Bestellung als Steuerberater, nämlich über die Ablegung einer Prüfung als Steuerberater, sieht das Gesetz mehrere Varianten vor. Wortlaut und Systematik der einschlägigen Vorschriften lassen auch für den erkennenden Senat keinen Zweifel daran, dass die Eignungsprüfung nach § 37a Abs. 2 StBerG eine "Prüfung als Steuerberater" i.S. des § 35 Abs. 1 StBerG ist und dass sie damit, soweit nicht die in § 37a StBerG enthaltenen Sonderregelungen eingreifen und die allgemeinen Regelungen über die Steuerberaterprüfung verdrängen, diesen allgemeinen Regelungen unterliegt, wie auch § 37a Abs. 5 StBerG ausdrücklich klarstellt, wonach für die Eignungsprüfung "im Übrigen" die Vorschriften für die Steuerberaterprüfung gelten. Zu diesen (allgemeinen, auch für die Eignungsprüfung einschlägigen) Vorschriften für die Steuerberaterprüfung gehört aber auch die des § 35 Abs. 4 StBerG, wonach die Prüfung als Steuerberater nur zweimal wiederholt werden kann. Da der Kläger von diesen zwei Wiederholungsmöglichkeiten bereits erfolglos Gebrauch gemacht hat, steht ihm die Prüfung als Steuerberater nicht mehr, auch nicht in der Form der Eignungsprüfung nach § 37a Abs. 2 StBerG offen, wie das FG bereits zutreffend erkannt und dargelegt hat.
2. Ungeachtet dessen hätte der Kläger aber auch keinen Anspruch auf Zulassung zur Steuerberaterprüfung in der Form der Eignungsprüfung nach § 37a Abs. 2 StBerG, wenn man von der Anwendung des § 35 Abs. 4 StBerG absieht. Denn diese Vorschrift setzt voraus, dass der Prüfungskandidat ein Diplom besitzt, welches, wie § 37a Abs. 3 Satz 1 StBerG vorschreibt, in einem anderen Mitgliedstaat von der zuständigen Behörde ausgestellt ist und aus dem hervorgeht, dass der Bewerber ein mindestens dreijähriges Hochschulstudium oder eine gleichwertige Ausbildung i.S. von Art. 1 Buchst. a der Richtlinie 89/48/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 über eine allgemeine Regelung zur Anerkennung der Hochschuldiplome, die eine mindestens dreijährige Berufsausbildung abschließen (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften 1989 Nr. L 19/16), erfolgreich abgeschlossen hat, und welches ihn in diesem anderen Mitgliedstaat zur Hilfe in Steuersachen berechtigt. Auch wenn der Wortlaut dieser Vorschrift ebenso wie der einschlägigen Bestimmungen der Richtlinie nicht dahin völlig eindeutig sein mag, dass das dort erwähnte mindestens dreijährige Hochschulstudium bzw. die gleichwertige Ausbildung durch das dort ebenfalls erwähnte Diplom in einem anderen Mitgliedstaat als Deutschland abgeschlossen worden sein muss, so ergibt sich dies doch jedenfalls aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift, welche die vorgenannte Richtlinie in nationales Recht umsetzen will. Wie schon deren Titel erkennen lässt, geht es ihr nämlich nicht darum, Personen, die in einem Mitgliedstaat einen reglementierten Beruf aufgrund einer dort erteilten Zulassung ausüben dürfen, wegen dieser Zulassung auch eine Zulassung in einem anderen Mitgliedstaat zu ermöglichen, ohne dass die Betreffenden eine dort für die Berufsbewerber vorgeschriebene Prüfung ablegen müssen, also gleichsam die Mitgliedstaaten zur gegenseitigen Anerkennung einer Zulassung zu einem reglementierten Beruf zu verpflichten; vielmehr geht es der Richtlinie darum, europäischen Bürgern, die Hochschuldiplome besitzen, welche eine Berufsausbildung abschließen und in einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem sie ihren Beruf ausüben wollen, ausgestellt wurden, einen erleichterten Zugang dazu zu eröffnen, den Beruf in einem anderen Mitgliedstaat als dem ausüben zu können, in dem sie ihre beruflichen Qualifikationen erworben haben. Die Richtlinie verpflichtet deshalb die Mitgliedstaaten, eine Methode zur Anerkennung solcher in einem anderen Mitgliedstaat erworbenen Diplome einzuführen, welche auf die angestrebten beruflichen Tätigkeiten vorbereiten und einen wenigstens dreijährigen Studiengang bescheinigen (vgl. in diesem Sinne die ersten drei Erwägungsgründe der Richtlinie). Mithin werden die in den EU-Mitgliedstaaten abgeschlossenen mindestens dreijährigen Hochschulausbildungen als prinzipiell gleichwertig anerkannt, obgleich eine Ausbildung in dem einen Land nicht ohne weiteres zur erfolgreichen Berufsausübung in einem anderen Land befähigt, was das Erfordernis der Eignungsprüfung erst rechtfertigt (vgl. Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. Oktober 1999 6 B 69/99, Neue Juristische Wochenschrift 2000, 753).
Bewerber um die Zulassung zur Prüfung als Steuerberater, die ihr berufsqualifizierendes Hochschulstudium in Deutschland abgeschlossen haben, müssen demnach an der regulären Form der Steuerberaterprüfung nach § 37 StBerG auch dann teilnehmen, wenn sie aufgrund dieses Hochschulstudiums in einem anderen Mitgliedstaat als Steuerberater zugelassen worden sind, nunmehr jedoch auch eine Bestellung als Steuerberater in Deutschland erstreben.
3. Das Diskriminierungsverbot, auf das sich die Revision beruft, ist hierdurch nicht verletzt. Der Kläger wird genauso behandelt wie andere Berufsbewerber, die in Deutschland eine für den Beruf des Steuerberaters qualifizierende Berufsausbildung erhalten haben, und er befindet sich nicht in der gleichen Lage wie Personen, die ihre Berufsausbildung in einem anderen Mitgliedstaat erhalten haben und die deshalb, wenn sie auf die auf vorgenannte Berufsbewerber zugeschnittene (reguläre) Steuerberaterprüfung verwiesen würden, gegenüber diesen Berufsbewerbern benachteiligt wären. Der gemeinschaftsrechtliche Grundsatz der Gleichwertigkeit der in den Mitgliedstaaten erworbenen berufsqualifizierenden Diplome (vgl. Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 30. November 1995 Rs. C-55/94, EuGHE 1995, I-4165) wird dadurch nicht missachtet. Die vom Kläger in Deutschland absolvierte Ausbildung berechtigt diesen freilich ebenso wenig wie andere Berufsbewerber, die ein Hochschulstudium in Deutschland abgeschlossen haben, zur Ausübung des Berufs des Steuerberaters, ohne dass er wie jene Bewerber die für diesen Personenkreis vorgesehene (reguläre Form der) Steuerberaterprüfung erfolgreich abgelegt hat. Für einen belgischen Staatsbürger, der in Belgien als Steuerberater zugelassen ist, wäre die Rechtslage nicht anders, wenn er wie der Kläger sein berufsqualifizierendes Hochschuldiplom in Deutschland erworben hat.
Fundstellen
Haufe-Index 2008390 |
BFH/NV 2008, 1403 |
BFH/PR 2008, 408 |
BStBl II 2008, 693 |
BFHE 2009, 378 |
BFHE 221, 378 |
DB 2008, 1675 |
DStR 2008, 1402 |
DStZ 2008, 510 |
HFR 2008, 951 |