Leitsatz (amtlich)
Ein Bewerber ist nur dann zur Prüfung als Steuerbevollmächtigter zuzulassen, wenn er neben den vorgeschriebenen Vorbildungsvoraussetzungen auch die weiteren persönlichen Zulassungsvoraussetzungen erfüllt.
Normenkette
StBerG §§ 35, 37, 39-42, 156; DVStBerG §§ 22, 27
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) bestand nach einer dreijährigen Lehrzeit als Einzelhandelskaufmann im Jahre 1967 die Kaufmannsgehilfenprüfung. Im Anschluß daran legte er nach einer Lehrzeit in den wirtschafts- und steuerberatenden Berufen bei einem Steuerbevollmächtigten im Jahre 1971 die Gehilfenprüfung ab. Im Januar 1974 legte er nach einem Sonder- und Vorbereitungskurs an der Volkshochschule mit Erfolg die Prüfung zur Erlangung des Abschlußzeugnisses einer Realschule ab. In der Zeit vom 1. August 1971 bis zum Zeitpunkt der Antragstellung auf Zulassung zu der Steuerbevollmächtigtenprüfung im Jahre 1977 war er bei verschiedenen Steuerberatern bzw. Steuerbevollmächtigten hauptberuflich tätig.
Mit Bescheid vom 2. Juli 1977 lehnte der Zulassungsausschuß für Steuerbevollmächtigte bei der Beklagten und Revisionsbeklagten (Oberfinanzdirektion - OFD -) den Antrag des Klägers auf Zulassung zur Steuerbevollmächtigtenprüfung mit der Begründung ab, es bestehe die Besorgnis, daß der Kläger seinen Berufspflichten nicht genügen werde (§ 156 Abs. 4 i. V. m. § 37 Abs. 3 Nr. 1 des Steuerberatungsgesetzes - StBerG -). Zur Begründung berief sich die OFD darauf, daß der Kläger fortgesetzt unbefugt Hilfe in Steuersachen geleistet habe und daß der Verdacht bestehe, daß der Kläger dies auch erneut in den Jahren 1975 und 1976 in einer Vielzahl von Fällen getan habe.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt und verpflichtete die OFD, den Kläger zur Steuerbevollmächtigtenprüfung zuzulassen. Es führte aus, daß der Kläger nach § 156 Abs. 2 StBerG, in dem die vom Kläger ohne Zweifel erfüllten Vorbildungsvoraussetzungen geregelt seien, einen Anspruch auf Zulassung zur Steuerbevollmächtigtenprüfung habe. Die Zulassung sei nicht von weiteren Voraussetzungen, insbesondere auch nicht von den in § 37 StBerG genannten, abhängig gemacht. An die Erfüllung der Voraussetzungen sei das Gebot geknüpft, den Bewerber zuzulassen ("ist zuzulassen"). Der Katalog der Voraussetzungen für die Zulassung sei in § 156 Abs. 2 StBerG abschließend formuliert. Die in § 37 StBerG aufgezählten Erfordernisse seien unmittelbar nur Voraussetzung für die Zulassung zur Steuerberaterprüfung. § 156 Abs. 4 StBerG bestimme ausdrücklich die "sinngemäße" Anwendung des § 37 StBerG bei der Bestellung als Steuerbevollmächtigter. Diese sei ein vom Prüfungsverfahren gesonderter, ihm nachfolgender Akt, nicht ein Vorgang, der auch die Prüfung und die Zulassung zu ihr umfasse. Der Beschränkung der Zulassungsvoraussetzungen auf die im § 156 Abs. 2 StBerG aufgeführten Vorbildungserfordernisse entspreche es, die Erfüllung der in § 156 Abs. 4 StBerG aufgeführten weiteren Erfordernisse erst bei der Bestellung zu berücksichtigen.
Die wortgetreue Anwendung des § 156 Abs. 2 und Abs. 4 StBerG bedeute zwar, daß die Steuerbevollmächtigtenprüfung auch Personen ablegen könnten, bei denen ein sich aus § 37 StBerG ergebender Hinderungsgrund für die Bestellung bestehe, was bei der Steuerberaterprüfung nicht möglich sei. Das habe der Gesetzgeber möglicherweise nicht beabsichtigt. Die weitere Öffnung des Zugangs zur Steuerbevollmächtigtenprüfung weiche von der früheren Rechtslage und von der Regelung für die Steuerberaterprüfung ab, ohne daß das in den Gesetzesmaterialien erwähnt sei. Darauf komme es aber nicht entscheidend an. Vom eindeutigen Wortlaut des Gesetzes könne nur abgewichen werden, wenn das Gesetz wörtlich angewendet schlechthin keinen Sinn ergebe. Auch bei Berücksichtigung der Gesamtanlage des Gesetzes und der Einordnung der Vorschriften über die Prüfung sei die Zulassung für die Steuerbevollmächtigtenprüfung unabhängig von der Erfüllung weiterer für die Bestellung zum Steuerbevollmächtigten erforderlicher Voraussetzungen nicht ohne Sinn, wenn man sie isoliert für sich betrachte. Sie erlaube es nämlich, einen Befähigungsnachweis, der mit dem Bestehen der Prüfung verbunden sei, zu erbringen. Dieser könne von Bedeutung sein, ohne daß der Beruf des Steuerbevollmächtigten angestrebt werde, etwa wenn sich der Prüfling als Angestellter auf steuerlichem Gebiet betätigen wolle. Die erweiterte Zulassung zur Steuerbevollmächtigtenprüfung eröffne auch demjenigen die Teilnahme, der noch nicht die weiteren Voraussetzungen für die Bestellung zum Steuerbevollmächtigten erfülle, bei dem aber eine spätere Erfüllung in Aussicht stehe.
Mit ihrer hiergegen eingelegten Revision rügt die OFD die Verletzung des § 156 Abs. 4 StBerG. Sie trägt vor, daß im Rahmen des Zulassungsverfahrens auch die Bestimmungen des § 37 StBerG zu berücksichtigen seien. Das ergebe sich aus der Entstehungsgeschichte und dem Sinn und Zweck des Gesetzes. Durch § 7 StBerG i. d. F. vom 16. August 1961 (BGBl I, 1301), der im wesentlichen dem Wortlaut des § 37 StBerG in der jetzt gültigen Fassung entspreche, sei unzweideutig festgelegt gewesen, daß ein Bewerber, der den Beruf eines Steuerberaters oder eines Steuerbevollmächtigten ausüben wolle, neben fachlichen Voraussetzungen zur Prüfung nur habe zugelassen werden können, wenn auch die persönliche Eignung vorhanden gewesen sei. Es hätten gleiche persönliche Eignungsvoraussetzungen bestanden, obwohl im Jahre 1961 Steuerberater und Steuerbevollmächtigte zwei verschiedene Berufe mit eigenen Berufsvertretungen darstellten.
Das Zweite Gesetz zur Änderung des Steuerberatungsgesetzes vom 11. August 1972 (BGBl I, 1401) habe der Zusammenführung der beiden eigenständigen Berufe zu einem einheitlichen Beruf des Steuerberaters gedient. Um sicherzustellen, daß Bewerbern, die sich bereits auf den Beruf eines Steuerbevollmächtigten vorbereitet hätten, keine Nachteile entstünden, habe der Gesetzgeber in § 118 a StBerG a. F. eine Übergangsvorschrift geschaffen. Diese habe in Abs. 1 die bisher in § 4 Abs. 2 getroffene Regelung und in Abs. 2 die bisher in § 6 enthaltene Zugangsregelung für den Beruf als Steuerbevollmächtigter übernommen. Bei der parlamentarischen Beratung habe die Zusammenführung beider Berufe und die Festlegung der Bedingungen für den Übergang der Steuerbevollmächtigten in den Einheitsberuf im Mittelpunkt gestanden. Dabei sei über die Übergangsvorschrift des § 118 a StBerG a. F. ausweislich der Sitzungsprotokolle des Finanzausschusses kein Wort gesprochen worden. Der Gesetzgeber sei offensichtlich davon ausgegangen, daß der Wortlaut des § 118 a inhaltlich mit dem übereinstimme, was in der Begründung hierzu im Bericht des Finanzausschusses (Bundestags-Drucksache VI 3456 S. 7) ausgeführt worden sei: "Schließlich enthalten die Übergangsvorschriften die notwendigen Bestimmungen über die Weitergeltung der Verwaltungsregelungen für Zulassung, Prüfung und Bestellung der Berufsbewerber für den Steuerbevollmächtigtenberuf". Das mache deutlich, daß der Gesetzgeber eine Änderung dieser Verwaltungsregelungen gegenüber der bisherigen Rechtslage nicht habe vornehmen wollen. Indem der Gesetzgeber für den künftigen Einheitsberuf des Steuerberaters einheitliche Voraussetzungen in § 5 geschaffen und die im ursprünglichen § 6 enthaltene Regelung in die Übergangsvorschrift des § 118 a eingesetzt habe, ohne zugleich eine Änderung der weiteren gemeinsamen Voraussetzungen für die Prüfung (§ 7) vorgenommen zu haben, werde deutlich, daß sich die Änderung strikt auf die Vorbildungsvoraussetzungen beschränkt habe. Der Wortlaut des § 118 a Abs. 4 a. F. (des jetzigen § 156 Abs. 4) müsse als mißverständlich bezeichnet werden. Wollte man den § 156 Abs. 4 wortgetreu anwenden, dann hätte dies zur Folge, daß auch Bewerber zur Prüfung als Steuerbevollmächtigter zugelassen werden müßten, obwohl feststehe, daß eine Bestellung wegen des Hinderungsgrundes des § 37 StBerG nicht erfolgen könne. Damit würde der Zugang zur Steuerbevollmächtigtenprüfung (nicht zur Steuerberaterprüfung) in nicht unerheblichem Umfang weiter geöffnet, obwohl der Gesetzgeber mit dem Zweiten Änderungsgesetz das Gegenteil habe erreichen wollen. Anstatt den Zugang zu dem Beruf zu vereinheitlichen, würden bei wortgetreuer Anwendung des § 156 Abs. 4 StBerG weitere Unterschiede zwischen Steuerberater und Steuerbevollmächtigten geschaffen. Diese sich aus der wortgetreuen Anwendung des § 156 Abs. 4 StBerG ergebenden Konsequenzen lägen völlig außerhalb der Vorstellungen und dem Willen des Gesetzgebers. In solchen Fällen sei davon auszugehen, daß der Wille des Gesetzgebers nicht im Wortlaut der Bestimmung zum Ausdruck gekommen sei. Der objektivierte Wille des Gesetzgebers sei dann nicht dem Wortlaut der Bestimmung zu entnehmen, sondern aufgrund teleologischer Auslegung der Zielsetzung und dem aus anderen Bestimmungen zum Ausdruck kommenden Willen des Gesetzgebers zu ermitteln. Da der Gesetzgeber mit dem Zweiten Änderungsgesetz die unterschiedlichen Vorbildungsvoraussetzungen und die Berufsbezeichnung habe vereinheitlichen wollen, sei die bisher bestehende Regelung, daß für die Zulassung zur Prüfung neben den sachlichen noch weitere persönliche Voraussetzungen vorliegen müßten, auch für die Zulassung zur Steuerbevollmächtigtenprüfung entgegen dem Wortlaut anzuwenden.
Eine wortgetreue Anwendung des § 156 Abs. 4 StBerG stehe auch mit der Systematik des Zweiten Teils des Steuerberatungsgesetzes nicht im Einklang. Zwischen Prüfung und Bestellung als Steuerberater bestehe ein enger sachlicher und zeitlicher Zusammenhang. Durch die Ablegung der Prüfung würden keine eigenständigen Rechte erworben. Über die Prüfung würden weder ein Zeugnis noch Noten erteilt (§ 22 der Verordnung zur Durchführung des Steuerberatungsgesetzes vom 1. August 1962 - DVStBerG -). Der Grund für diese Ausgestaltung der Prüfung liege darin, daß die Bestellung gemäß § 27 Abs. 1 DVStBerG grundsätzlich unmittelbar nach bestandener Prüfung von Amts wegen vorzunehmen sei. Ein Nachweis über das Bestehen der Prüfung sei deshalb entbehrlich. Da nach der Systematik des Gesetzes das Ziel der Zulassung zur Prüfung und des Ablegens der Prüfung allein die nachfolgende Bestellung sei, sei es folgerichtig gewesen, sämtliche weiteren Voraussetzungen des § 37 StBerG bereits im Zulassungsverfahren zu fordern. Die Voraussetzungen, die für die Bestellung insgesamt vorliegen müßten, stellten eine Einheit dar.
Zu der Auffassung, daß eine wörtliche Anwendung des § 156 Abs. 4 StBerG deshalb einen Sinn habe, weil das Bestehen der Prüfung als Befähigungsnachweis im beruflichen Leben auch ohne Bestellung als Steuerbevollmächtiger Bedeutung haben könne, habe das FG nur aufgrund seiner isolierten Betrachtungsweise des § 156 StBerG gelangen können. Diese reiße die einzelnen Bestimmungen aus dem Zusammenhang. Das FG habe außer acht gelassen, daß zu einer zutreffenden Interpretation einer gesetzlichen Bestimmung insbesondere die Frage gehöre, welche Bedeutung der Vorschrift innerhalb der Gesamtanlage des Gesetzes zukomme und aufgrund welcher Wertungen der Gesetzgeber die Vorschrift in dieser Weise ausgestaltet habe. Beide Erwägungen führten zu dem Ergebnis, daß der Gesetzgeber durch das Zweite Änderungsgesetz das System des Zugangs zu dem Beruf nicht habe ändern wollen.
Die OFD beantragt, die angefochtene Entscheidung des FG aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung.
Das FG hat zu Unrecht entschieden, daß jeder Bewerber, der die Vorbildungsvoraussetzungen des § 156 Abs. 2 StBerG erfüllt, ohne Berücksichtigung des in Abs. 4 dieser Vorschrift für sinngemäß anwendbar erklärten § 37 StBerG und damit der dort behandelten weiteren persönlichen Zulassungsvoraussetzungen zur Prüfung als Steuerbevollmächtigter zuzulassen sei.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes - BVerfG - (BVerfGE 1, 299 - 312 -; 11, 126 - 129 f. -; 33, 265 - 294 -; 35, 263 - 278 -), der sich der Bundesfinanzhof (BFH) angeschlossen hat, ist bei der Auslegung von Gesetzen auf den objektivierten Willen des Gesetzgebers abzustellen, so wie er sich aus dem Wortlaut der Gesetzesbestimmung und aus dem Sinnzusammenhang, in den diese hineingestellt ist, ergibt. Es kommt danach im Streitfalle nicht nur auf den Wortlaut der in der Auslegung in erster Linie umstrittenen Abs. 2 und 4 des § 156 StBerG an, sondern daneben ebensosehr auf den Sinnzusammenhang mit den anderen Vorschriften des Steuerberatungsgesetzes, in denen die Voraussetzungen für die Berufsausübung der Steuerberater und der Steuerbevollmächtigten geregelt sind.
Das Steuerberatungsgesetz i. d. F. des Dritten Änderungsgesetzes vom 24. Juni 1975 (BGBl I, 1509) befaßt sich im Zweiten Abschnitt des Zweiten Teils mit den Voraussetzungen für die Berufsausübung. Die im Ersten Unterabschnitt (§§ 35-39 StBerG) geregelten persönlichen Zulassungsvoraussetzungen betreffen nach dem Gesetzeswortlaut nur die Zulassung zur Steuerberaterprüfung. Das beruht darauf, daß der Gesetzgeber die bisher eigenständigen Berufe des Steuerberaters und des Steuerbevollmächtigten zum einheitlichen Beruf des Steuerberaters zusammenzuführen beabsichtigt und daß er deshalb die Voraussetzungen für die Berufsausübung als Steuerbevollmächtigter lediglich als Übergangsregelung an anderer Stelle des Gesetzes, nämlich im Sechsten Abschnitt des Zweiten Teils unter der Überschrift "Übergangsvorschriften, Zusammenführung der Berufe" geregelt hat (vgl. §§ 154-157 StBerG). Während danach die Voraussetzungen für die Berufsausübung als Steuerberater in den §§ 35-48 StBerG eingehend geregelt sind, wobei die im Streitfalle maßgeblichen weiteren persönlichen Voraussetzungen des § 37 StBerG als Prüfungszulassungsvoraussetzungen geregelt sind, sind die entsprechenden Regelungen für die Berufsausübung als Steuerbevollmächtigter in einer Vorschrift, nämlich in § 156 StBerG, zusammengefaßt.
Den die Voraussetzungen für die Berufsausübung als Steuerberater und als Steuerbevollmächtigter regelnden Vorschriften ist gemeinsam, daß das Ziel der abzulegenden Prüfungen darin besteht, unmittelbar nach bestandener Prüfung zum Steuerberater bzw. Steuerbevollmächtigten bestellt zu werden. Das ergibt sich aus folgendem:
Nach § 35 Abs. 1 bzw. § 156 Abs. 1 StBerG darf als Steuerberater bzw. Steuerbevollmächtigter nur bestellt werden, wer die auf dieses Ziel ausgerichtete Prüfung bestanden hat (oder, was hier nicht in Betracht kommt, von der Prüfung befreit worden ist). Zwischen der abzulegenden Prüfung und der sich anschließenden Bestellung besteht ein enger sachlicher und zeitlicher Zusammenhang. Das drückt sich einmal darin aus, daß anders als bei anderen Prüfungen oder Staatsexamina über die abgelegte Prüfung kein Zeugnis erteilt wird. Den Bewerbern wird gemäß § 22 der auf § 158 StBerG gestützten DVStBerG in unmittelbarem Anschluß an die mündliche Prüfung vom Vorsitzenden lediglich mitgelteilt, ob sie die Prüfung bestanden haben. Die bestandene Prüfung findet ihren Niederschlag allein in der Bestellung als Steuerberater bzw. als Steuerbevollmächtigter durch Aushändigung einer Urkunde (vgl. für den Steuerberater § 41 StBerG und für den Steuerbevollmächtigten § 42 und § 41 i. V. m. § 156 Abs. 4 StBerG). Diese ist gemäß § 27 Abs. 1 DVStBerG im Regelfalle unmittelbar nach bestandener Prüfung von Amts wegen vorzunehmen. Nur in Ausnahmefällen kann aus Gründen, die in der Person des Bewerbers liegen, die Bestellung gemäß § 27 Abs. 2 DVStBerG aufgeschoben werden. Aus diesem engen rechtlichen und zeitlichen Zusammenhang muß entnommen werden, daß die Prüfung nach dem Willen des Gesetzgebers von dem auf die Bestellung ausgerichteten Verfahren umfaßt wird und ihr gegenüber der Bestellung keine eigenständige Bedeutung zukommt. Dieses Ergebnis hat im Wortlaut des § 156 StBerG darin seinen Niederschlag gefunden, daß in dieser Vorschrift auch die Zulassung zur Prüfung unter der Überschrift "Bestellung als Steuerbevollmächtigter" geregelt ist. Die sinngemäße Anwendung des § 37 StBerG aufgrund von § 156 Abs. 4 StBerG bedeutet demnach, daß die bei der Zulassung zur Prüfung als Steuerberater zu beachtenden weiteren persönlichen Voraussetzungen auch bei der Zulassung zur Prüfung als Steuerbevollmächtigter von Bedeutung sind.
Dieser Auffassung steht der Wortlaut des § 156 Abs. 2 StBerG nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift ist ein Bewerber zur Prüfung als Steuerbevollmächtigter zuzulassen, wenn er die in Nrn. 1 bis 3 aufgeführten Vorbildungsvoraussetzungen erfüllt. Daraus kann nicht die Schlußfolgerung gezogen werden, daß damit der Katalog der Zulassungsvoraussetzungen abschließend formuliert sei und daß diese nicht an anderer Stelle des Gesetzes ergänzt werden könnten. Der Gesetzgeber hat in § 156 Abs. 2 StBerG ausschließlich die schulischen und beruflichen Vorbildungsvoraussetzungen für die Zulassung zur Prüfung als Steuerbevollmächtigter zusammengestellt. Die von ihm gewählte Formulierung kann im Gegensatz zur Auffassung des FG nicht so verstanden werden, daß es für die Zulassung zur Prüfung nur auf die Vorbildungsvoraussetzungen ankomme und daß daneben auf weitere persönliche Voraussetzungen nicht abgestellt werden könne. Das ergibt sich schon aus der in § 156 Abs. 3 StBerG vorgeschriebenen sinngemäßen Anwendung der Vorschriften über die Gebühr für die Zulassung zur Prüfung. Nach § 39 Abs. 1 StBerG hat der Bewerber, der zur Prüfung als Steuerberater zugelassen werden will, für die Entscheidung über den Antrag auf Zulassung zur Prüfung an die bestellende Behörde eine Gebühr zu zahlen. Die gleiche Verpflichtung ist in sinngemäßer Anwendung dieser Vorschrift auch dem Bewerber auferlegt, der die Steuerbevollmächtigtenprüfung ablegen will. Wäre die Auffassung des FG richtig, dann müßte ein Bewerber, der die Vorbildungsvoraussetzungen des § 156 Abs. 2 StBerG erfüllt, auch dann zur Prüfung zugelassen werden, wenn er nicht bereit ist, die in § 39 Abs. 1 StBerG vorgeschriebene Gebühr für die Zulassung zur Prüfung zu zahlen. Eine solche Auslegung kann dem Wortlaut des § 156 StBerG aber nicht entnommen werden. Sie ginge von der Annahme aus, daß der Gesetzgeber zwar als persönliche Voraussetzung für die Zulassung zur Steuerbevollmächtigtenprüfung die Zahlung einer Gebühr vorschreibe, daß er aber darauf verzichte, wenn die in derselben Vorschrift geregelten Vorbildungsvoraussetzungen erfüllt sind. In letzter Konsequenz würde im übrigen die Ansicht des FG dazu führen, daß auch die in § 156 Abs. 5 StBerG vorgesehene Befristung des Antrags auf Zulassung zur Prüfung als Steuerbevollmächtigter hinfällig wird. Daß das nicht Rechtens sein kann, bedarf keiner näheren Begründung.
In seiner Überzeugung, daß die Erfüllung der Vorbildungsvoraussetzungen des § 156 Abs. 2 StBerG allein zur Zulassung zur Prüfung nicht ausreicht, sieht sich der Senat auch durch die Entstehungsgeschichte der auszulegenden Gesetzesbestimmungen bestätigt. Im Steuerberatungsgesetz vom 16. August 1961 galten hinsichtlich der persönlichen Voraussetzungen für die Zulassung zur Prüfung als Steuerberater und als Steuerbevollmächtigter, abgesehen von den unterschiedlichen Vorbildungsvoraussetzungen, die gleichen materiell-rechtlichen Vorschriften (vgl. die §§ 7 und 8 a StBerG a. F.). Das der Zusammenführung der beiden Berufe zu einem einheitlichen Beruf als Steuerberater dienende Zweite Änderungsgesetz vom 11. August 1972 brachte insofern eine Änderung des Gesetzes mit sich, als im Ersten Abschnitt des Zweiten Teils (§§ 4-8 a) nur noch die persönlichen Voraussetzungen für die Berufsausübung des Steuerberaters behandelt wurden. Die Vorbildungsvoraussetzungen sowie die weiteren Voraussetzungen für die Prüfung und Bestellung als Steuerbevollmächtigter wurden, wie bereits ausgeführt, im Rahmen der Übergangs- und Schlußvorschriften (Sechster Teil des Gesetzes) in § 118 a zusammengefaßt. Bei dieser Rechtsänderung wurde § 6 Abs. 1 StBerG a. F. (Vorbildung für die Prüfung als Steuerbevollmächtigter) unverändert in § 118 a Abs. 2 StBerG i. d. F. des Zweiten Änderungsgesetzes übernommen. Die schon vorher für angehende Steuerbevollmächtigte geltenden §§ 7, 8 a, 9 und 10 StBerG a. F. wurden durch Verweisung in den Regelungsinhalt des § 118 a StBerG i. d. F. des Zweiten Änderungsgesetzes einbezogen. Diese formelle Umgestaltung des Steuerberatungsgesetzes brachte keine materiellen Änderungen der Zulassungsvoraussetzungen für die Steuerbevollmächtigtenprüfung i. S. einer weiteren Öffnung des Zugangs zum Beruf des Steuerbevollmächtigten mit sich. Eine solche Änderung wäre mit dem durch das Zweite Steueränderungsgesetz verfolgten Ziel, beide Berufe zum einheitlichen Beruf des Steuerberaters zusammenzuführen, schwerlich vereinbar gewesen. Sie hätte u. a. zur Folge gehabt, daß auch Berwerber, die infolge strafgerichtlicher Verurteilung die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter nicht besitzen (vgl. § 7 Abs. 2 Nr. 1 StBerG i. d. F. des Zweiten Änderungsgesetzes), zur Prüfung hätten zugelassen werden müssen, obgleich festgestanden hätte, daß sie nach bestandener Prüfung nicht als Steuerbevollmächtigter hätten bestellt werden können. Eine solch weitgehende und wenig sinnvolle Rechtsänderung hätte der Gesetzgeber, wenn er sie tatsächlich gewollt haben sollte, im Gesetzgebungswege sicherlich erkennbar gemacht. Das ist aber nicht geschehen. In den Gesetzesmaterialien ist auch eine weitere Öffnung des Zugangs zur Steuerbevollmächtigtenprüfung z. B. für Personen, die infolge strafgerichtlicher Verurteilung die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter nicht besitzen, nicht erwähnt worden. Daraus ergibt sich für den Senat die Schlußfolgerung, daß der Gesetzgeber im Zweiten Änderungsgesetz an den bisher bestehenden persönlichen Voraussetzungen für die Zulassung zur Steuerbevollmächtigtenprüfung festhalten wollte.
Die vorstehenden Ausführungen gelten auch für das Steuerberatungsgesetz i. d. F. des Dritten Änderungsgesetzes, in die die für die Entscheidung maßgeblichen Vorschriften im wesentlichen unverändert, wenn auch mit neuer Paragraphenfolge, übernommen worden sind (vgl. § 118 a StBerG a. F. einerseits und § 156 StBerG n. F. andererseits).
Da das FG den § 156 Abs. 2 und 4 StBerG unzutreffend ausgelegt hat, war die Vorentscheidung aufzuheben. Die Sache ist nicht entscheidungsreif. Das FG hat zufolge seiner Rechtsauffassung nicht geprüft, ob die OFD die Zulassung zur Prüfung als Steuerbevollmächtigter zu Recht mit der Begründung versagen konnte, daß aufgrund des Verhaltens des Klägers die Besorgnis begründet sei, er werde den Berufspflichten als Steuerbevollmächtigter nicht genügen (§ 37 Abs. 3 Nr. 1 StBerG). Die Sache war danach zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
Fundstellen
Haufe-Index 72848 |
BStBl II 1978, 610 |
BFHE 1979, 410 |