Entscheidungsstichwort (Thema)
Grunderwerbsteuer/Kfz-Steuer/sonstige Verkehrsteuern
Leitsatz (amtlich)
§ 3 Abs. 2 Satz 1, zweiter Halbsatz KVStG in der Fassung des KVStändG 1955 ist mangels Rückwirkung nicht auf Steuerfälle anwendbar, bei denen die Gesellschaftsteuerpflicht vor dem 25. August 1955 auf Grund des § 3 Abs. 2 Satz 1 in der Fassung des KVStG 1934 entstanden war.
Berücksichtigung von Sonderabschreibungen bei Ermittlung des Anlagevermögens und Eigenkapitals.
KVStG (1934 und 1955) § 3 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1; KVStändG 1955 vom 19. August 1955 (BGBl 1955 I
Normenkette
KVStG § 3 Abs. 1, 2 S. 1
Tatbestand
Die Bfin., eine GmbH, deren Stammkapital durch Gesellschafterbeschluß vom 15. November 1950 auf 100.000 DM festgesetzt ist, betreibt die Herstellung und den Vertrieb von Bausteinen und Bauteilen aller Art. Sie erhielt im April 1951 von der Lastenausgleichsbank (Bank für Vertriebene und Geschädigte) aus European Recovery Program (ERP)-Mitteln einen Kredit von 35.000 DM (Darlehen I) zur Anschaffung einer maschinellen Zusatzeinrichtung für die Herstellung von Zementhohlblocksteinen im Rüttelverfahren und zum Umbau ihres Fabrikgebäudes. Ende Januar 1953 gewährte ihr die genannte Bank einen weiteren Kredit von 40.000 DM (Darlehen II) zur Anschaffung eines Lastzuges. Das Darlehen I war bis 1958, das Darlehen II bis 1960 in Jahresteilbeträgen zu tilgen. Die Kredite wurden durch übereignung von Maschinen und des Lastzuges gesichert. Außerdem mußten die Gesellschafter der Bfin. ihre Ansprüche aus dem Lastenausgleich zur Sicherheit abtreten und die selbstschuldnerische Bürgschaft für die Darlehen übernehmen.
Wegen der übernahme der Bürgschaft durch die Gesellschaft sah das Finanzamt die Darlehen als gesellschaftsteuerpflichtig nach § 3 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 1 KVStG 1934 an und setzte dafür durch Steuerbescheid vom 3. Juli 1956 Gesellschaftsteuer in Höhe von 2.250 DM (3 v. H. von 35.000 DM + 40.000 DM = 75.000 DM) fest.
Der gegen den Steuerbescheid eingelegte Einspruch wurde als unbegründet zurückgewiesen. Das Finanzamt führte in der Einspruchsentscheidung unter anderem aus, daß die Bfin. aus eigenen Mitteln die maschinellen Zusatzeinrichtungen und den Gebäudeumbau nicht habe finanzieren können. Nach der Bilanz vom 28. Februar 1951 (die Bfin. bilanziert jeweils Ende Februar für das vorangegangene - abweichende - Wirtschaftsjahr) seien die eigenen Mittel (das Eigenkapital der Bfin.) um rund 10.000 DM hinter dem Anlagevermögen zurückgeblieben. Anderes freies Vermögen sei nicht vorhanden gewesen, so daß das Darlehen I (Hingabe April 1951) eine durch die Sachlage gebotene Kapitalzuführung ersetzt habe. Auch in der Bilanz zum 29. Februar 1952 - nach der die "Unterdeckung" bei einem Anlagevermögen von rund 117.000 DM, wie die Bfin. anerkannt hatte, etwa 1.600 DM betrug - sei das Anlagevermögen nicht (voll) gedeckt gewesen. Auch nach der Bilanz vom 28. Februar 1953 - bei der einem ausgewiesenen Anlagevermögen von rund 126.000 DM das Stammkapital von 100.000 DM und ein Gewinnvortrag von rund 31.000 DM gegenüberstanden - habe die Bfin., ohne das - über Vermittlung der Hausbank der Bfin. - von der Lastenausgleichsbank gewährte Darlehen II (Hingabe Ende Januar 1953) nicht die Mittel gehabt, um einen schweren Lastzug zum Preise von 47.604 DM zu erwerben. Daher sei auch für das Darlehen II im Hinblick auf die Sicherheitsleistung der Gesellschafter Gesellschaftsteuerpflicht gegeben.
Im Berufungsverfahren wies die Bfin. unter anderem darauf hin, daß in der Bilanz vom 28. Februar 1951 Sonderabschreibungen in Höhe von rund 32.000 DM, in der Bilanz vom 29. Februar 1952 solche im Betrage von rund 23.000 DM, in der Bilanz vom 28. Februar 1953 Sonderabschreibungen von rund 40.000 DM, also zusammen rund 95.000 DM, enthalten seien. Diese in den Vorjahren gemachten Sonderabschreibungen müßten dem Eigenkapital hinzugerechnet werden, da sie wirtschaftlich Eigenkapital darstellten. Daher ergebe sich für den Zeitpunkt der Hingabe des Darlehens II von 40.000 DM (Ende Januar 1953) eine "überdeckung" des Anlagevermögens durch Eigenkapital von (formal 131.000 DM minus 126.000 DM 5.000 DM + zusätzlich wirtschaftlich 95.000 DM) zusammen 100.000 DM. Es sei danach unter anderem aus diesem Grunde nicht vertretbar, die Darlehen der Lastenausgleichsbank als Ersatz für eine durch die Sachlage gebotene Eigenkapitalzuführung anzusehen. Hilfsweise hat die Bfin. in der mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht beantragt, ein Gutachten der Industrie- und Handelskammer bzw. einer Bank darüber einzuholen, daß sie nach ihrer Geschäftslage imstande gewesen sei, auch aus "fremden Mitteln" die Darlehen zu erhalten.
Die gegen die Einspruchsentscheidung eingelegte Berufung blieb ohne Erfolg. Das Finanzgericht geht in seinem mit der Rb. angefochtenen Urteil von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs aus, nach der es sich bei den aus ERP-Mitteln gewährten Krediten um zweckbestimmte Investitionskredite handele, die in aller Regel eine durch die Sachlage gebotene Kapitalzuführung ersetzten, ohne daß darauf einzugehen sei, in welchem Verhältnis bei der Gesellschaft die Eigenmittel zu den Fremdmitteln gestanden hätten. Die Vorinstanz nimmt unter anderem auf ein Schreiben des Ministers für ... des Landes ... vom 23. Februar 1957 Bezug, nach dem die bei der Bewilligung der Vertriebenenkredite eingeschalteten Landeskreditausschüsse bei der Vergebung der Darlehen nach einem strengen Maßstab prüften, ob der geschädigte Betrieb nach seiner kapitalmäßigen und wirtschaftlichen Struktur überhaupt noch einen konditionsmäßig günstigen Kredit (aus ERP- Mitteln) benötige, oder ob es ihm nicht zugemutet werden könne, den öffentlichen Kapitalmarkt in Anspruch zu nehmen. Daraus schließt das Finanzgericht, daß die ERP-Kredite nur in den Fällen gewährt werden, in denen nach der wirtschaftlichen Lage des Betriebes und des Betriebsinhabers die Inanspruchnahme von Bankkrediten zu den üblichen Bedingungen für den Betrieb nicht tragbar gewesen wäre. Das bedeute, daß in diesen Fällen ein verantwortungsbewußter Kaufmann zur gedeihlichen Fortführung des Betriebes die Zuführung von Eigenkapital für das Investitionsvorhaben als erforderlich ansehen würde. Es sei weder dargetan noch aus den Umständen zu entnehmen, daß bei der Bewilligung der Darlehen an die Bfin. von den allgemeinen Bedingungen für die Gewährung von ERP-Krediten abgewichen worden sei. Hinsichtlich des Darlehens I verweist die Vorinstanz auf das - dem Bundesfinanzhof nicht vorliegende - Schreiben der Bfin. an ihre den Kredit vermittelnde Hausbank vom 10. Juli 1950, in dem die Bfin. ausführt, der Kredit werde in vollem Umfang für die geplante Investierung benötigt, fremde langfristige Mittel für die geplante Betriebsausweitung ständen nicht zur Verfügung. Die Eigenmittel würden für die zusätzlichen Betriebsmittel benötigt.
Den Hilfsantrag der Bfin. lehnte die Vorinstanz unter anderem mit der Begründung ab, es käme nicht darauf an, ob die Bfin. überhaupt einen Bankkredit habe erhalten können, sondern darauf, ob sie ihn zu für sie tragbaren Bedingungen erhalten hätte.
Mit der Rb. rügt die Bfin. unrichtige Anwendung bestehenden Rechts, Verstoß gegen den klaren Inhalt der Akten und mangelnde Sachaufklärung. Sie beanstandet insbesondere, daß das Finanzgericht ihre Aufstellung vom 12. Februar 1957 übergangen habe, nach der in der Bilanz vom 28. Februar 1953 - die der Hingabe des Darlehens II zeitlich nahelag - das Anlagevermögen durch Eigenkapital mit rund 100.000 DM überdeckt war. Auch habe die Vorinstanz zu Unrecht ihren Hilfsantrag nicht berücksichtigt. Das Finanzgericht habe ferner übersehen, daß die Richtlinien für die Gewährung von ERP-Mitteln in der Praxis nicht so streng gehandhabt worden seien, wie das Finanzgericht annehme; sie seien auch schon zur Zeit der Bewilligung der Darlehen aufgelockert gewesen. Auch habe das Finanzgericht seine nach den Steuergesetzen vorgeschriebene Pflicht zur eigenen Aufklärung und Prüfung des Sachverhalts außer acht gelassen und sich zu Unrecht damit begnügt, auf die Nachprüfung durch die Landeskreditausschüsse zu verweisen.
Die Bfin. beantragt, sie von der angeforderten Kapitalverkehrsteuer freizustellen, hilfsweise die Sache an das Finanzgericht zur Beweiserhebung zurückzuverweisen.
Entscheidungsgründe
Die Rb., deren Entscheidung mit Rücksicht auf das beim Bundesverfassungsgericht unter dem Az. 2 BvL 1/59 anhängig gewesene Normenkontrollverfahren (vgl. BStBl 1961 I S. 716) zurückgestellt war, führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung an das Finanzgericht.
Nach § 3 Abs. 1 KVStG 1934 unterliegt die Gewährung von Darlehen an eine inländische Kapitalgesellschaft durch einen Gesellschafter der Gesellschaftsteuer, wenn die Darlehnsgewährung eine durch die Sachlage gebotene Kapitalzuführung ersetzt. Nach § 3 Abs. 2 Satz 1 KVStG 1934 gilt als Darlehen des Gesellschafters auch das kapitalersetzende Darlehen eines Dritten, wenn ein Gesellschafter dafür Sicherheit leistet.
Der erkennende Senat hat wiederholt zum KVStG 1934 ausgesprochen, daß die Sicherheitsleistung der Gesellschafter die Gesellschaftsteuer auch dann auslöst, wenn es sich um staatsverbürgte Kredite handelt oder um Darlehen, die die öffentliche Hand, unter anderem wie im Streitfall aus ERP-Mitteln, über eine inländische Bank zur Verfügung stellt, ohne daß es dabei darauf ankommt, welche Bedeutung der Sicherheitsleistung (Bürgschaft) der Gesellschafter für die Gewährung des Kredits zukommt (vgl. unter anderem die Urteile II 188/52 U vom 7. Januar 1953, BStBl 1953 III S. 78, Slg. Bd. 57 S. 197, Steuerrechtsprechung in Karteiform, Rechtsspruch 5 zu § 3 KVStG, und II 7/53 U vom 3. September 1953, BStBl 1953 III S. 283, Slg. Bd. 57 S. 743, Steuerrechtsprechung in Karteiform, Rechtsspruch 8 zu § 3 KVStG).
Allerdings hat § 3 Abs. 2 Satz 1 KVStG durch das Gesetz zur änderung des Kapitalverkehrsteuergesetzes vom 19. August 1955 - KVStändG 1955 - (BGBl 1955 II S. 530, BStBl 1955 I S. 407) folgende Neufassung erhalten:
"Als Darlehen eines Gesellschafters gilt auch das Darlehn eines Dritten, wenn ein Gesellschafter dafür Sicherheit leistet; dies gilt nicht, wenn der Gesellschafter für Kredite aus öffentlichen Kreditprogrammen Sicherheit leistet."
Durch den vorstehenden zweiten Halbsatz war danach die Gesellschaftsteuerpflicht gesellschafterverbürgter Darlehen insoweit in Wegfall gekommen, als es sich um die Sicherheitsleistung von Gesellschaftern für Kredite aus öffentlichen Programmen handelt, zu denen das ERP-Programm gehört.
Zu Unrecht macht die Bfin. geltend, daß die Neufassung des KVStG 1955 (BGBl 1955 I S. 590 ff., BStBl 1955 I S. 558 ff.) rückwirkend auf die im Streitfall im April 1951 und Januar 1953 gewährten Darlehen der Lastenausgleichsbank Anwendung finden könne und müsse. Denn das KVStändG 1955 spricht in seinem Art. 1, der in Nr. 1 die Neufassung des § 3 Abs. 2 Satz 1 enthält, einleitend davon, daß das bisher geltende KVStG 1934 ... "wie folgt geändert wird" und bestimmt in seinem Art. 3 als den Zeitpunkt seines Inkrafttretens den Tag nach seiner Verkündung. Da das KVStändG im BGBl (BGBl 1955 I S. 529, 530) am 24. August 1955 verkündet wurde, ist die änderung des § 3 Abs. 2 Satz 1 erst am 25. August 1955 in Kraft getreten. Zwar wurde, worauf die Bfin. hinweist, in dem Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen nach dem schriftlichen Bericht des Abgeordneten Seuffert (Bundestagsdrucksache, 2. Wahlperiode 1953, 1481) bei der Vorberatung der Gesetzesänderung einmütig die Auffassung vertreten, daß schon aus Rechtsgründen die "derzeitige" (der oben wiedergegebenen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs entsprechende) Besteuerung nicht gerechtfertigt sei. Gleichwohl hat der Ausschuß den ursprünglich vom Bundesrat eingebrachten Entwurf des Gesetzes (Bundestagsdrucksache, 2. Wahlperiode 1953, 1093) in der vom Ausschuß gebilligten Fassung dem Bundestag zur Annahme empfohlen, in der er nach Annahme durch den Bundestag und Zustimmung des Bundesrats später Gesetz geworden ist (vgl. Bundesratsdrucksache Nr. 241/55 - Beschluß -), also auch mit dem darin enthaltenen Art. 3, der ein Inkrafttreten der Gesetzesänderung erst am Tage nach der Verkündung vorsah. Danach liegt entgegen der Ansicht der Bfin. in der Neufassung des § 3 Abs. 2 Satz 1 KVStG keine authentische Interpretation der bisherigen Fassung, sondern eine Gesetzesänderung, der der Gesetzgeber bewußt keine Rückwirkung beigelegt hat (vgl. insoweit schon das nicht amtlich veröffentlichte Urteil des erkennenden Senats II 144/55 vom 13. Februar 1957, Deutsche Steuer-Rundschau 1957 S. 403). Da die Rechtsprechung nach Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes (GG) an Gesetz und Recht gebunden ist, kann der Bundesfinanzhof nicht als befugt angesehen werden, in Abweichung von dem klaren Wortlaut des Gesetzes seinerseits im Streitfall die erst ab 25. August 1955 gesetzlich vorgenommene Freistellung der gesellschafterverbürgten Darlehen aus öffentlichen Kreditprogrammen rückwirkend anzuwenden.
Die Entscheidung der Rb. hängt daher davon ab, ob das Finanzgericht zu Recht, insbesondere auch ohne Verletzung seiner Pflicht zur Sachaufklärung, zu dem Ergebnis gelangt ist, daß die im April 1951 und im Januar 1953 gewährten Darlehen eine durch die Sachlage gebotene Kapitalzuführung ersetzen.
Nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats ersetzt ein Kredit eine durch die Sachlage gebotene Kapitalzuführung in aller Regel dann, wenn der Kredit für Investitionszwecke verwendet wird, es sich bei dem Kredit um einen mittelfristigen oder langfristigen Kredit handelt und die Deckung des Investitionsbedarfs der Gesellschaft aus eigenen Mitteln nicht möglich ist. Dabei kommt, wenn es sich um einen Investitionskredit handelt, dem Verhältnis des Eigenkapitals zum Fremdkapital regelmäßig keine ausschlaggebende Bedeutung zu (vgl. unter anderem das oben zitierte Urteil des Bundesfinanzhofs II 7/53 U vom 3. September 1953, ferner das Urteil II 46/53 U vom 14. Oktober 1953, BStBl 1954 III S. 5, Slg. Bd. 58 S. 235, Steuerrechtsprechung in Karteiform, Rechtsspruch 10 zu § 3 KVStG, sowie das nicht amtlich veröffentlichte Urteil II 158/55 vom 14. August 1957, Deutsche Steuer-Rundschau 1957 S. 450). Zwar ist die Wirtschaftsordnung auch auf Kredit aufgebaut, was insbesondere für die Nachkriegszeit galt. Das ändert aber nichts daran, daß Investitionen in aller Regel eine Kapitalzuführung erfordern. übrigens hat auch das Bundesverfassungsgericht in dem eingangs erwähnten Normenkontrollverfahren in der Begründung seines Beschlusses vom 10. Oktober 1961 - 2 BvL 1/59 - (BStBl 1961 I S. 716, Steuerrechtsprechung in Karteiform, Rechtsspruch 17 zu § 3 KVStG) die vom Bundesfinanzhof für Investitionskredite aufgestellten Grundsätze aus verfassungsrechtlicher Sicht gebilligt und sie für geeignet erklärt, im Einzelfall zu ermitteln, ob der Rechtsvorgang der Darlehnsgewährung gesellschaftsteuerpflichtig ist oder nicht.
Im Streitfall dienten die Darlehen unstreitig Investitionszwecken. Es handelte sich um zum Teil mittel-, zum Teil langfristige Kredite, da die Tilgung in Jahresraten bis Ende 1958 bzw. 1960 vorzunehmen war. Unstreitig war die Bfin. nicht in der Lage, aus eigenen verfügbaren Mitteln den Investitionsbedarf zur Zeit der Darlehnsgewährungen zu befriedigen. Sie macht aber geltend, sie habe die Mittel von ihrer Hausbank oder von einer anderen Bank zu für sie tragbaren Bedingungen erhalten können.
Die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs über die in aller Regel gegebene Gesellschaftsteuerpflicht von Investitionskrediten geht von dem allgemeinen kaufmännischen Finanzierungsgrundsatz aus, daß das Anlagevermögen in erster Linie durch Eigenkapital und nur ausnahmsweise ergänzend durch langfristiges Fremdkapital finanziert werden soll, um Liquiditätsschwierigkeiten besonders in etwaigen Krisenzeiten zu vermeiden. Bei Ermittlung des Eigenkapitals durfte das Finanzgericht, wenn es von der Körperschaftsteuerbilanz ausging, nicht ohne Verstoß gegen seine Aufklärungspflicht an den Darlegungen der Bfin. über die in den Wirtschaftsjahren 1950/1951, 1951/1952 und 1952/1953 gemachten Sonderabschreibungen vorbeigehen. Auch soweit durch Sonderabschreibungen der Vorjahre die Höhe des Eigenkapitals verdeckt ist, muß grundsätzlich eine entsprechende Berücksichtigung stattfinden (vgl. Rodrian, Wertpapier- Mitteilungen 1957 S. 1446 f. und insoweit auch Ewers, "Die Problematik der Gesellschaftsteuerpflicht bei der Hingabe von Gesellschafterdarlehen", Bd. 24 der Schriftenreihe des Instituts für Steuerrecht der Universität Köln, S. 74). Daher muß das Urteil der Vorinstanz hinsichtlich des Darlehens II wegen mangelnder Sachaufklärung aufgehoben werden, zumal zu dem Zeitpunkt der Gewährung dieses Darlehens (Ende Januar 1953) die geltend gemachte "überdeckung" des Anlagekapitals so erheblich ist, daß beachtliche Zweifel an der Notwendigkeit der Zuführung von Eigenkapital bestehen können. Gegen die Aufhebung der Vorentscheidung hinsichtlich des Darlehens I könnte sprechen, daß die Bfin. selbst in ihrem Schreiben an die Hausbank vom 10. Juli 1950, das allerdings der Darlehnsgewährung (April 1951) längere Zeit vorausging, eingeräumt hat, daß ihr für die geplante Investierung weder eigene Mittel zur Verfügung ständen noch daß dafür langfristige Fremdmittel zu erhalten seien, die sich also mit ihrem späteren Vorbringen in Widerspruch zu ihren eigenen früheren Angaben setzt. Gleichwohl hält es der Senat für geboten, die Vorentscheidung in vollem Umfang (auch hinsichtlich des Darlehens I) aufzuheben, weil das Finanzamt, ohne daß dies vom Finanzgericht beanstandet wurde, bei der Ermittlung des Anlagevermögens und des Eigenkapitals die Werte der Erfolgsbilanzen (Körperschaftsteuerbilanzen) hinsichtlich beider Darlehen zugrunde gelegt und somit außer Betracht gelassen hat, daß für die Bewertung nach dem KVStG nur die §§ 2 - 17 BewG gelten (§§ 1, 18 BewG).
Das Finanzgericht wird unter Berücksichtigung vorstehender Ausführungen, gegebenenfalls unter Einholung eines Sachverständigengutachtens, zu prüfen haben, ob bei Anwendung der für die Kapitalverkehrsteuer geltenden Bewertungsgrundsätze der kapitalersetzende Charakter der Darlehen zur Zeit der Darlehnshingaben weiter angenommen werden kann oder nicht. Der Hinweis der Bfin., daß es ihr im Wirtschaftsjahr 1953/1954 möglich gewesen ist, ihrerseits § 7 c- und § 7 f- Darlehen zu gewähren, steht als solcher der Bejahung der Gesellschaftsteuerpflicht auch hinsichtlich des Darlehens II nicht entgegen, da es auf den Zeitpunkt der Darlehnshingabe (Ende Januar 1953) ankommt.
Danach unterliegt die Vorentscheidung der Aufhebung, ohne daß es erforderlich war, auf die weiteren Rügen der Bfin. einzugehen. Es sei allerdings bemerkt, daß sich das Finanzgericht nicht darauf beschränken durfte, die Prüfung durch die Landeskreditausschüsse maßgebend seiner Entscheidung zugrunde zu legen. Vielmehr muß das Finanzgericht selbständig prüfen, ob im Einzelfall die Darlehen eine durch die Sachlage gebotene Kapitalzuführung im Sinne des § 3 Abs. 1 KVStG ersetzt haben.
Fundstellen
Haufe-Index 410541 |
BStBl III 1962, 472 |
BFHE 1963, 560 |
BFHE 75, 560 |