Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahrensrecht/Abgabenordnung
Leitsatz (amtlich)
Im Erstattungsverfahren können Einwände gegen die Steuernachforderung selbst geltend gemacht werden, wenn sie sich auf einen Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben stützen.
Die Nachforderung von Beförderungsteuer verstößt gegen Treu und Glauben, wenn sie mit dem vorausgegangenen, nachhaltigen und einen Vertrauensschutz für den Steuerpflichtigen schaffenden Verhalten der Verwaltung in Widerspruch steht.
Normenkette
AO §§ 131, 223
Tatbestand
Revisionskläger ist der Bundesminister der Finanzen.
Revisionsbeklagte (Steuerpflichtige) ist die Firma Z Reisebüro und Autobus-Gesellschaft in X. Sie betrieb seit dem 1. Juli 1946 die linienmäßige Personenbeförderung mit Kraftomnibussen zwischen Y und X (im folgenden als Linie bezeichnet). Aus den jeweils für die Dauer von zwei Jahren erteilten, dem Finanzamt zugeleiteten Genehmigungsurkunden der zuständigen Verkehrsbehörde war dieser Sachverhalt dem Finanzamt als Beförderungsteuerstelle der Oberfinanzdirektion erkennbar. In ihren monatlich eingereichten Beförderungsteuernachweisungen behandelte die Steuerpflichtige die Linie als Ortslinie; das Finanzamt legte der Besteuerung den für den Ortslinienverkehr geltenden Steuersatz, nämlich 1,961 % des Beförderungspreises zugrunde.
Die Steuerpflichtige war seit 1949 bemüht, beim Finanzamt Klarheit darüber zu erlangen, ob der Steuersatz für Orts- oder Fernlinienverkehr anzuwenden sei. Der zuständige Bearbeiter des Finanzamts hat die steuerrechtliche Anerkennung des Ortslinienverkehrs gemäß § 3 Abs. 2 Ziff. 2 der Zweiten Vorläufigen Durchführungsbestimmungen vom 18. Dezember 1936 zum Gesetz zur änderung des Beförderungsteuergesetzes vom 2. Juli 1936 - II. Vorl. BefStDB - RGBl 1936 I S. 1131, RStBl 1937 S. 22) von dem Nachweis der Massenbeförderung von Arbeitern, Angestellten und Schülern abhängig gemacht; deshalb legte die Steuerpflichtige dem Finanzamt am 18. Januar 1950 ein Schreiben des Ministers für Arbeit, Landwirtschaft und Wirtschaft vom 4. Januar 1950 vor. Dieses Schreiben bestätigte der Steuerpflichtigen, daß die Linie schon vor der Währungsreform für die Beförderung von Behördenbediensteten eingerichtet wurde und auch noch im Jahre 1950 dem Berufsverkehr diente. Der zuständige Bearbeiter des Finanzamts erklärte sich daraufhin mit der steuerrechtlichen Behandlung der Linie als Ortslinie einverstanden und vermerkte dies am 18. Januar 1950 auf dem zu den Beförderungsteuerakten genommenen Schreiben des Ministers.
Das Finanzamt hat die Steuerpflichtige später aufgefordert, die Einnahmen der Linie ab 1. Juni 1950 mit dem für den Fernlinienverkehr geltenden Steuersatz von 10,714 % des Beförderungspreises zu versteuern.
Erst mit Bescheid vom 27. Januar 1953 forderte das Finanzamt, nachdem im Oktober - November 1952 eine Beförderungsteuerprüfung bei der Steuerpflichtigen stattgefunden hatte, Beförderungsteuer für die Zeit vom 21. Juni 1948 bis 31. Januar 1952 in Höhe von ... DM nach. Für die Zeit vom 21. Juni 1948 bis 31. Mai 1950 entfiel davon ein Betrag in Höhe von 25.403,80 DM auf den Linienverkehr; dies ist der im Streit befindliche Erstattungsbetrag.
Mit Schreiben vom 24. Februar 1953 beantragte die Steuerpflichtige den Erlaß der auf den Linienverkehr entfallenden Steuernachzahlungsbeträge von 1948 bis 1952 in Höhe von ... DM. Gegen die Nachforderung legte sie mit Schreiben vom 25. Februar 1953 außerdem vorsorglich Einspruch ein, den sie mit Schreiben vom 11. April 1953 begründete.
Zur Begründung des Erlaßantrages und des Einspruches hat die Steuerpflichtige im wesentlichen dasselbe vorgetragen: sie hat u. a. unter Hinweis auf die mit dem Finanzamt geführten Verhandlungen und die Erklärung des zuständigen Bearbeiters vom 18. Januar 1950 geltend gemacht, daß die Nacherhebung der Beförderungsteuer für den Linienverkehr gegen Treu und Glauben verstoße.
Im Schreiben vom 7. März 1953 wies das Finanzamt die Steuerpflichtige darauf hin, daß über den Erlaßantrag erst nach Rechtskraft des angefochtenen Beförderungsteuerbescheides entschieden werden könne.
Am 25. August 1953 wies das Finanzamt den Einspruch als unbegründet zurück. Der Einwand der Steuerpflichtigen, daß die Nacherhebung der Beförderungsteuer gegen Treu und Glauben verstoße, ist in der Einspruchsentscheidung nicht gewürdigt worden; vielmehr wurde nur festgestellt, daß die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 Ziff. 2 und des § 58 der II. Vorl. BefStDB nicht vorlägen.
Am 5. September 1953 beantragte die Steuerpflichtige erneut den Erlaß der für den Linienverkehr nacherhobenen Beförderungsteuer in Höhe von ... DM aus Billigkeitsgründen. Das Finanzamt stellte, gestützt auf eine Anweisung der Oberfinanzdirektion vom 11. März 1954, der Steuerpflichtigen in einer Besprechung am 29. März 1954 den Erlaß für die Zeit vom 21. Juni 1948 bis 31. Mai 1950 in Höhe von 25.403,80 DM unter der Voraussetzung in Aussicht, daß die restliche nacherhobene Beförderungsteuer in angemessenen Raten entrichtet werde. Die Steuerpflichtige bat daraufhin um Stundung der rückständigen Beförderungsteuer bis Anfang 1955, weil sie mindestens für die Dauer eines Jahres Ratenzahlungen nicht leisten könne. Das Finanzamt lehnte diesen Antrag mit Schreiben vom 12. April 1954 ab; es forderte die Steuerpflichtige auf, ab 1. Mai 1954 monatlich 2.000 DM zu entrichten und wies darauf hin, daß andernfalls die gesamten Beförderungsteuerrückstände, einschließlich des für den Erlaß vorgesehenen Betrages, beigetrieben werden würden. Hiergegen wendete sich die Steuerpflichtige, worauf das Finanzamt sie im Auftrag der Oberfinanzdirektion erneut ersuchte, die insgesamt nachgeforderte Beförderungsteuer in Raten, beginnend am 15. Juli 1954, zu zahlen, und zwar einen Restbetrag in Höhe von ... DM am 1. September 1955. Die Steuerpflichtige bat bei einer Vorsprache im Bundesfinanzministerium am 14. Juli 1954 und in ihren Schreiben an dieses Ministerium vom 13. Juli, 22. Juli und 30. September 1954, ihr wegen überschuldung die Beförderungsteuer bis zum 30. April 1955 zu stunden. Daraufhin wurde auf Veranlassung des Bundesministers der Finanzen bei der Steuerpflichtigen eine Betriebs- und Liquiditätsprüfung durchgeführt. Auf Grund des Prüfungsergebnisses sah der Bundesminister der Finanzen in der damals noch rückständigen Beförderungsteuernachforderung in Höhe von rund 25.000 DM (die Steuerpflichtige hatte inzwischen ... DM entrichtet) keine unbillige Härte und lehnte den Erlaß der Beförderungsteuerschuld aus Billigkeitsgründen gemäß § 131 AO durch Bescheid vom 10. Januar 1956 ab. Dieser Bescheid enthielt keine Rechtsmittelbelehrung.
Mit Schreiben vom 1. März 1956 und 3. August 1956 beantragte die Steuerpflichtige beim Bundesminister der Finanzen erneut Erlaß des damals rückständigen Betrages von ... DM aus Billigkeitsgründen gemäß § 131 AO wegen Illiquidität des Unternehmens, mangelnder Erträge und wegen fehlenden Eigenkapitals. Außerdem begründete sie den Antrag damit, daß die Nacherhebung der Beförderungsteuer hinsichtlich des Linienverkehrs nicht gerechtfertigt gewesen sei.
Der Bundesminister der Finanzen lehnte diesen Antrag durch Bescheid vom 3. August 1957 ebenfalls ab, weil die wirtschaftliche Existenz der Steuerpflichtigen durch die Einziehung der rückständigen Beförderungsteuer nicht gefährdet sei.
In der Berufung gegen diesen Bescheid machte die Steuerpflichtige Ermessensmißbrauch geltend und führte aus, der Erlaßantrag sei schon wegen einer in der Sache selbst liegenden unbilligen Härte begründet.
Das Finanzgericht hob den Bescheid des Bundesministers der Finanzen vom 3. August 1957 auf und verwies die Sache durch Urteil vom 16. Dezember 1958 an den Bundesminister der Finanzen zur erneuten Entscheidung darüber zurück, ob nicht eine in der Sache selbst liegende Härte den Erlaß der auf die Zeit bis zum 31. Mai 1950 entfallenden Beförderungsteuernachforderung in Höhe von 25.403,80 DM rechtfertige.
Mit Bescheid vom 6. April 1959 lehnte der Bundesminister der Finanzen die Erlaßanträge vom 1. März 1956 und 3. August 1956 abermals ab.
Die dagegen eingelegte Berufung der Steuerpflichtigen hatte überwiegenden Erfolg.
Mit der Rb. rügt der Bundesminister der Finanzen die Verletzung materiellen Rechts und führt zur Begründung aus: Eine rechtskräftig abgeschlossene Steuerfestsetzung könne mit den bereits in dem abgeschlossenen Verfahren geltend gemachten Argumenten nicht über § 131 AO erneut aufgerollt werden. Die Steuerpflichtige habe die Einspruchsentscheidung rechtskräftig werden lassen; ihr Verhalten lasse darauf schließen, daß sie die Steuernachforderung materiell-rechtlich anerkannt habe. Die Tatsache, daß die Beförderungsteuer auf Grund einer örtlichen Prüfung erst nach mehr als 2 1/2 Jahren nachgefordert worden sei, verstoße nicht gegen Treu und Glauben. Es sei üblich, daß die Beförderungsteuer zunächst entsprechend den Erklärungen der Unternehmer berechnet werde, soweit sich bei der überprüfung der eingereichten Unterlagen nicht offenbar Unrichtigkeiten ergäben. Das Finanzamt sei nach § 223 AO verpflichtet gewesen, die zu niedrig festgesetzte Steuer innerhalb der Verjährungsfrist nachzufordern. Der ursprünglich auf Grund der Verfügung der Oberfinanzdirektion vom 11. März 1954 in Aussicht gestellte Teilerlaß habe die befristete, ratenweise Tilgung des anderen Teils der Steuernachforderung zur Voraussetzung gehabt. Diese Voraussetzung sei nicht erfüllt worden. Deshalb sei die Finanzbehörde an die in Aussicht gestellte Vergünstigung nicht gebunden gewesen.
Der Bundesminister der Finanzen beantragt, die Entscheidung des Finanzgerichts aufzuheben und die Berufung der Steuerpflichtigen als unbegründet zurückzuweisen.
Die Steuerpflichtige beantragt, die Rb. als unbegründet zurückzuweisen.
Zur Begründung ihres Antrages wiederholt die Steuerpflichtige ihr früheres Vorbringen und verweist auf die Rechtsausführungen des Finanzgerichts.
Entscheidungsgründe
Das am 14. Februar 1962 als Rb. eingelegte Rechtsmittel ist gemäß § 184 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 in Verbindung mit § 286 AO a. F. und §§ 115 ff. FGO als Revision zu behandeln. Die Revision ist zulässig, aber nicht begründet.
Das Finanzgericht hat ohne Verstoß gegen geltendes Recht die Verpflichtung der Finanzbehörde ausgesprochen, daß der Steuerpflichtigen die für den Zeitraum vom 21. Juni 1948 bis 31. Mai 1950 nacherhobene und entrichtete Beförderungsteuer in Höhe von 25.403,80 DM im Billigkeitswege gemäß § 131 AO zu erstatten ist.
Es war dem Bundesminister der Finanzen, als er den Erlaß ablehnte, durchaus noch möglich, Billigkeitsmaßnahmen gemäß § 131 AO zu treffen. Der Rechtsansicht des Bundesministers der Finanzen, § 131 AO habe deshalb nicht mehr angewendet werden können, weil die Steuerpflichtige den Rechtsmittelweg nicht ausgeschöpft habe, kann nicht gefolgt werden. Den Rechtsgrundsatz, demzufolge das in § 131 AO vorgesehene Erlaßverfahren nicht zu einer Aushöhlung der Rechtskraft von Steuerfestsetzungen führen dürfe und deshalb nicht dazu dienen könne, Einwendungen des Steuerpflichtigen zu würdigen, die im rechtskräftig abgeschlossenen Steuerfestsetzungsverfahren bereits hätten geltend gemacht werden können, hat das Finanzgericht nicht verkannt. Dieser Rechtsgrundsatz betrifft einmal nicht die Einwendungen, die sich aus den Grundsätzen von Treu und Glauben herleiten; zum anderen kann dieser Rechtsgrundsatz dann nicht angewandt werden, wenn Versäumnisse im Rechtsmittelverfahren nicht dem Steuerpflichtigen zur Last gelegt werden können.
Die Berufung auf die Grundsätze von Treu und Glauben ist ein Rechtseinwand, der der Geltendmachung eines materiell-rechtlich entstandenen Steueranspruchs de jure entgegensteht und zur Aufhebung des Steuerbescheides im Steuerfestsetzungs- oder Rechtsmittelverfahren führt (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs VII 44/62 U vom 6. August 1963, BStBl 1963 III S. 515, Slg. Bd. 77 S. 535 Steuerrechtsprechung in Karteiform - StRK -, AO, § 131 n. F., Rechtsspruch 82, mit Hinweisen auf weitere Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs). Ein Verstoß gegen Treu und Glauben richtet sich nicht gegen die Existenz des Steueranspruchs, sondern gegen seine Geltendmachung. Er ist auch im Erlaßverfahren nach § 131 AO, das ebenfalls die Einziehung von Steuern betrifft, zu berücksichtigen (vgl. das zitierte Urteil VII 44/62 U; ferner Urteil des Bundesfinanzhofs VII 22/62 S vom 19. Januar 1965, BStBl 1965 III S. 206 (209), Slg. Bd. 81 S. 572).
Der Steuerpflichtigen kann außerdem nicht zur Last gelegt werden, daß der Rechtseinwand einer Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben nicht schon im Rechtsmittelverfahren berücksichtigt worden ist. Diesen Rechtseinwand hatte die Steuerpflichtige bereits in ihrer Einspruchsbegründung vom 11. April 1953 erhoben; sie hatte keinen Einfluß darauf, daß dieses Vorbringen in der Einspruchsentscheidung keinen erkennbaren Niederschlag gefunden hat.
Man kann es der Steuerpflichtigen auch nicht zum Nachteil gereichen lassen, daß sie die Einspruchsentscheidung rechtskräftig werden ließ; denn das Finanzamt hatte ihr zuvor mitgeteilt, über den Erlaßantrag könne erst nach Rechtskraft der Steuerfestsetzung entschieden werden. Wenn diese Rechtsbelehrung auch unrichtig war, weil Rechtsmittel- und Billigkeitsverfahren nebeneinander betrieben werden können (vgl. insoweit Urteile des Bundesfinanzhofs II 133/58 vom 21. Dezember 1961, StRK, AO, § 131 n. F., Rechtsspruch 66, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1963 S. 306 Nr. 298, und V z 166/56 U vom 20. Dezember 1957, BStBl 1958 III S. 118, Slg. Bd. 66 S. 308), so kann ein Steuerpflichtiger nicht schlechtergestellt werden, weil er der Richtigkeit behördlicher äußerungen vertraut. Von dem Erlaßverfahren konnte sich die Steuerpflichtige, der schließlich vor allem daran gelegen war, von der Steuerverpflichtung möglichst bald befreit zu werden, noch einen Erfolg versprechen. Sie konnte auch erwarten, daß die in der Einspruchsentscheidung unerörtert gebliebenen Einwendungen im Erlaßverfahren berücksichtigt würden.
Das Finanzgericht hat des weiteren zutreffend den Erlaß der für die Zeit vom 21. Juni 1948 bis 31. Mai 1950 nacherhobenen Beförderungsteuer wegen einer in der Sache selbst liegenden Härte gemäß § 131 AO für geboten erachtet. Es hat zu Recht angenommen, daß die Nachversteuerung auf Grund des vorherigen Verhaltens des Finanzamts einen Verstoß gegen Treu und Glauben darstellt. Die Nachforderung von Steuern gemäß § 223 AO verletzt nämlich dann die Grundsätze von Treu und Glauben, wenn sie mit dem vorausgegangenen nachhaltigen und einen Vertrauensschutz für den Steuerpflichtigen schaffenden Verhalten der Verwaltung in Widerspruch steht (vgl. die zitierten Urteile des Bundesfinanzhofs VII 44/62 U und VII 22/62 S; sowie insoweit Urteile des Bundesfinanzhofs VII 95/58 U vom 2. Dezember 1959, BStBl 1960 III S. 127, Slg. Bd. 70 S. 341; VII 104/60 U vom 7. Dezember 1960, BStBl 1961 III S. 84, Slg. Bd. 72 S. 225).
Von dem die Besteuerung begründenden Sachverhalt, der sich seither nicht geändert hat, hatte das Finanzamt bereits seit 1948 auf Grund der jeweils auf die Dauer von zwei Jahren erteilten Genehmigungsurkunden der zuständigen Verkehrsbehörde Kenntnis. Ferner hat der zuständige Bearbeiter des Finanzamts der Steuerpflichtigen am 18. Januar 1950 erklärt, daß es sich um Ortslinienverkehr handele und dies auf dem zur Akte genommenen Schreiben des Ministers vermerkt. Als das Finanzamt die Steuerpflichtige aufforderte, ab 1. Juni 1950 die vereinnahmten Beförderungsentgelte mit dem für den Fernlinienverkehr geltenden Steuersatz zu versteuern, machte es die Steuerpflichtige weder auf die Möglichkeit einer Nachversteuerung aufmerksam, noch kündigte es eine Betriebsprüfung an; es hat somit in Kenntnis der Sach- und Rechtslage die Nachversteuerung unterlassen. Die erst mehr als 2 1/2 Jahre später geltend gemachte Steuernachforderung lag zwar innerhalb der Verjährungsfrist, widersprach aber dem bisherigen Verhalten der Verwaltung, dem die Steuerpflichtige einen Verzicht auf die Nachforderung entnehmen konnte.
Das Finanzgericht hat deshalb mit Recht angenommen, daß der Bundesminister der Finanzen an die Verfügung der Oberfinanzdirektion, die den Erlaß in Aussicht stellte, unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben gebunden war, zumal die Voraussetzungen für einen Erlaß nach § 131 AO gegeben waren und die Steuerpflichtige den ursprünglich geforderten Steuerbetrag von ... DM im Zeitpunkt der Erlaßablehnung gezahlt hatte.
Fundstellen
Haufe-Index 411971 |
BStBl III 1966, 175 |
BFHE 1966, 483 |
BFHE 84, 483 |