Entscheidungsstichwort (Thema)
Quotennießbrauchsbestellung an Gebäude
Leitsatz (NV)
1. Bei Bestellung eines Nießbrauchs an einem ideellen Gebäudeteil scheidet Entnahmeeigenverbrauch bezüglich dieses Teils aus.
2. Die Nießbrauchsbestellung an einem räumlich begrenzten Teil eines Gebäudes ist bürgerlich-rechtlich nicht wirksam. Kann darin die Einräumung eines Nutzungsrechts an dem Gebäudeteil in Form einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit (§§ 1090, 1093 BGB) oder eines Dauerwohnrechts oder Dauernutzungsrechts i. S. des § 31 WEG gesehen werden, scheidet Entnahme dieses Gebäudeteils ebenfalls aus.
3. Die (unentgeltliche) Bestellung solcher Nutzungsrechte führt regelmäßig zu Verwendungseigenverbrauch bezüglich der erfaßten Gebäudeteile. Daraus kann eine Änderung der Verwendungsverhältnisse i. S. des § 15 a UStG 1973 folgen.
4. Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Verwendungseigenverbrauch sind nach § 10 Abs. 5 Nr. 2 UStG 1973 die auf die Verwendung entfallenden Kosten.
Normenkette
UStG 1973 § 1 Abs. 1 Nr. 2, § 10 Abs. 5, § 15a; BGB §§ 1030, 1090; WEG § 31
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) errichtete im Rahmen seines Gewerbebetriebs auf einem Geschäftsgrundstück ein Wohn- und Geschäftshaus, das im Oktober 1975 bezugsfertig wurde. Zum 1. Januar 1976 wandelte der Kläger das bisherige Einzelunternehmen in eine GmbH & Co. KG um; gleichzeitig entnahm er das Gebäude aus dem Betriebsvermögen. Die Räume im Erd- und Untergeschoß vermietete der Kläger an die GmbH & Co. KG. Die Räume im Obergeschoß waren an Fremde (unternehmerisch) vermietet. Gemäß § 9 des Umsatzsteuergesetzes (UStG 1973) verzichtete der Kläger auf die Steuerbefreiung der Vermietungsumsätze.Aufgrund eines Schenkungsvertrags vom 3. Februar 1976 räumte der Kläger mit Wirkung vom 1. Januar 1976 seinen drei Kindern zu je 1/3 schenkweise den Nießbrauch an 1/3 des Gebäudes ein. Hinsichtlich der Nutzung war folgendes vertraglich vereinbart: Die Ausübung des Nießbrauchs war auf sämtliche Räume im Obergeschoß des Gebäudes beschränkt. Die Kosten der gewöhnlichen Unterhaltung und der Versicherung sowie die gemäß § 1047 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) an sich vom Nießbraucher zu tragenden öffentlichen oder privaten Lasten trug wie bisher der Kläger als Eigentümer.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) vertrat die Auffassung, die unentgeltliche Einräumung des Nießbrauchs erfülle den Tatbestand eines nach § 4 Nr. 9 UStG 1973 steuerfreien Entnahmeeigenverbrauchs (bezüglich der Räume des Obergeschosses) und berichtigte gemäß § 15 a UStG 1973 den Abzug der auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Gebäudes entfallenden Vorsteuerbeträge. Das FA ging von einem Berichtigungszeitraum von 10 Jahren ab dem 1. Oktober 1975 aus und berechnete die Änderung der Verhältnisse ab dem 1. Januar 1976 mit 1/3 von 117/120. Demgemäß änderte das FA die Steuerfestsetzung 1976.
Der Einspruch hatte keinen Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage im wesentlichen statt.
Es verneinte die Voraussetzungen für die Vorsteuerberichtigung nach § 15 a UStG 1973 mit folgender Begründung: Das Gebäude habe bis zum 1. Januar 1976 dem Unternehmen des Klägers gedient.
Daran habe sich durch die Nießbrauchsbestellung an 1/3 zugunsten der Kinder nichts geändert. Das Gebäude sei weiterhin nach Option zur Umsatzsteuerpflicht der Vermietungsumsätze in vollem Umfang Unternehmensvermögen. Die Nießbrauchsbestellung führe nicht zum Entnahmeeigenverbrauch i. S. des § 1 Abs. 1 Nr. 2 a UStG 1973. Es könne offenbleiben, ob die unentgeltliche, nicht unternehmerisch bedingte Nießbrauchsbestellung für ein ganzes Gebäude eine Entnahme sei. Denn die im Streitfall gegebene Bestellung eines Rechts bezogen auf einen Teil eines einheitlichen, unteilbaren Gegenstands führe nicht zu einer Entnahme. Bei einer gemischten teils privaten, teils unternehmerischen Verwendung eines Gegenstands richte sich dessen Zuordnung - die nur einheitlich erfolgen könne - nach der Wahl des Unternehmers, jedenfalls wenn die unternehmerische Nutzung, wie hier, nicht nur von untergeordneter Bedeutung sei (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 19. April 1979 V R 11/72, BFHE 127, 447, BStBl II 1979, 429). Das gesamte Grundstück diene dem Unternehmen. Eine Aufteilung sei anders als nach ertragsteuerrechtlichen Grundsätzen nicht möglich.
Bestelle der Unternehmer einen Nießbrauch nur an einem Teil des Gegenstands, ohne daß dabei die betriebliche Verwendung auf einen unerheblichen Teil beschränkt werde, ändere sich deshalb allein dessen Zuordnung zum Unternehmen nicht.
Der Klage könne jedoch nicht in vollem Umfang stattgegeben werden, weil die unentgeltliche Einräumung des Nießbrauchs zugunsten der Kinder als Dauerleistung eine Verwendung i. S. des § 1 Abs. 1 Nr. 2 b UStG 1973 sei (BFH-Urteil vom 16. Dezember 1971 V R 41/68, BFHE 104, 262, BStBl II 1972, 238). Dieser Verwendungseigenverbrauch sei steuerpflichtig. Die Befreiungsvorschrift des § 4 Nr. 12 a und b UStG 1973 gelte nach der BFH-Rechtsprechung nicht für die Nießbrauchsbestellung (BFH in BFHE 104, 262, BStBl II 1972, 238). Bei der Vereinbarung über die Nutzung des Gebäudes im Schenkungsvertrag handele es sich lediglich um eine Vereinbarung über die Art der Benutzung aufgrund des Nießbrauchsrechts (§§ 1066, 745 BGB).
Bemessungsgrundlage für den Verwendungseigenverbrauch seien gemäß § 10 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 UStG 1973 die auf die Verwendung des Gegenstands entfallenden Kosten. Dazu gehörten die anteiligen variablen wie auch die anteiligen fixen Selbstkosten (BFH-Urteil vom 28. Februar 1980 V R 138/72, BFHE 130, 111, BStBl II 1980, 309). Die Höhe des Kostenansatzes bestimme sich danach, in welcher Höhe durch die unternehmensfremde Verwendung die Kostenrechnung des Unternehmens belastet werde. Da lediglich die Wertabgabe aus dem Unternehmen maßgebend sei, müßten steuerliche Abschreibungsvergünstigungen, die keinen realen Wertverzehr wiedergäben, außer Ansatz bleiben. Zu den steuerlichen Vergünstigungen gehörten jedoch nicht die Absetzung für Abnutzung (AfA) nach § 7 Abs. 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Soweit der Steuerpflichtige von Wahlrechten Gebrauch mache, die keine Steuervergünstigung zum Gegenstand hätten, seien die jeweils vom Steuerpflichtigen gewählten Abschreibungssätze zugrunde zu legen. Da nach dem Schenkungsvertrag der Kläger alle Unterhaltungskosten, Versicherungen, öffentliche und private Lasten i. S. des § 1047 BGB trage, seien diese Aufwendungen mit zu berücksichtigen. Die Bemessungsgrundlage errechne sich daher wie folgt:
Schuldzinsen 51 956 DM
Geldbeschaffungskosten 14 038 DM
Instandhaltungskosten 17 DM
sonstige Kosten (vgl. A 46 bis 49 Anlage V
Einkommensteuererklärung 1976 4 349 DM
AfA nach § 7 Abs. 5 EStG aus
997 852 DM Herstellungskosten 34 925 DM
105 285 DM
davon 1/3 35 095 DM.
Die festgesetzte Umsatzsteuer ergebe sich aufgrund folgender Berechnung:
Umsatzsteuer
Lieferungen und sonstige Leistungen
zu 11 v. H. bisher 2 972,98 DM
+ Verwendung von Gegenständen 3 860,45 DM
Umsatzsteuer 6 833,42 DM
Vorsteuerbeträge ./. 6 272,44 DM
Umsatzsteuer 560,98 DM.
Das FA rügt mit der Revision Verletzung von § 4 Nr. 12 a UStG 1973.
Nach einer Verfügung des Vorsitzenden des erkennenden Senats mit der Aufforderung zur Erläuterung der Rechtsstandpunkte über die Zulässigkeit eines Nießbrauchs zu ideellen Bruchteilen dreier Nießbraucher an einem ideellen Bruchteil des Grundstücks, zum bürgerlich-rechtlichen Sinn und Zweck der Vereinbarung eines solchen ideell doppelt gespalteten Nießbrauchs, über die sachenrechtliche Bedeutung der vereinbarten Beschränkung der Ausübung des Nießbrauchsrechts auf sämtliche Räume des Obergeschosses im Verhältnis zu § 1030 Abs. 2 BGB, §§ 93, 94 BGB, §§ 744, 745 BGB im Gegensatz zu der für beschränkte persönliche Dienstbarkeiten vorgesehenen Regelung des § 1090 BGB (vgl. § 1093 BGB), über den bürgerlich-rechtlichen Gehalt der Schenkung eines solchen Nießbrauchs als eines dinglichen Rechtes unter dem als Auflage (§ 525 BGB) bezeichneten Vorbehalte jederzeit, einer Begründung nicht bedürftigen Widerrufs mit der Folge, daß der jeweilige Beschenkte, dem gegenüber widerrufen sei, verpflichtet sein solle, auf den eingetragenen Nießbrauch zu verzichten oder dessen Löschung zu bewilligen, über den wirtschaftlichen Sinn und Zweck einer solchen Schenkung angesichts der den minderjährigen Kindern gegenüber bestehenden Unterhaltspflicht (§§ 1601, 1602 Abs. 2 BGB) und des Vorbehaltes jederzeitigen Widerrufs sowie des Rangvorbehaltes (§ 881 BGB) für Grundpfandrechte bis zum Betrag von 300 000 DM nebst Zinsen und Nebenleistungen bis zu 15 v. H. jährlich,
begründete das FA seine Revision wie folgt:
Zwar sei nach überwiegender Meinung die Bestellung eines Nießbrauchs an einem ideellen Bruchteil eines im Alleineigentum stehenden Grundstücks zulässig, der auch mehreren Nießbrauchern gemeinschaftlich zustehen könne. Der hier zu beurteilenden Vereinbarung liege ein kombinierter Bruchteils- und Quotennießbrauch zugrunde.
Die Beschränkung eines Nießbrauchs auf den realen Teil eines Gebäudes sei nach § 1030 Abs. 2 BGB nicht zulässig.
Die mehrdeutbare vertragliche Regelung der ,,Benutzungsüberlassung" lasse sich aber als dinglich wirkende inhaltliche Ausgestaltung des Nießbrauchs im Sinne einer Ausübungsregelung nach § 1059 Satz 2 BGB auslegen. Damit erhielten die Nießbraucher den für den Nießbrauch ausreichenden mittelbaren Besitz, im vorliegenden Fall auch an dem realen Grundstücksteil, der aufgrund der Ausübungsregelung vom Kläger selbst vermietet sei. Ausübungsberechtigter könne auch der Eigentümer sein. Eine Ausübungsregelung gestalte den Inhalt des Nießbrauchs und wirke insoweit dinglich gegenüber dem jeweiligen Eigentümer. Die Überlassung der Ausübung des Nießbrauchs selbst begründe aber zwischen Nießbraucher und Ausübendem nach überwiegender Meinung nur ein schuldrechtliches Rechtsverhältnis. Die Ausübungsregelung sei eine originäre, eigenständige schuldrechtliche Besitzüberlassungsregelung. Das bedeute, daß die Nießbraucher die Räume im Obergeschoß nicht aufgrund des Nießbrauchs, sondern aufgrund dieser Benutzungsregelung nutzen. Dieser Umstand sei entgegen der Auffassung des FG (Urteil S. 5 a. E.) entscheidungserheblich. Denn das besondere, unentgeltlich vereinbarte schuldrechtliche Besitzmittlungsverhältnis sei der Rechtsgrund für die Überlassung der Räume im Obergeschoß, nicht das Nießbrauchsrecht. Das Besitzmittlungsverhältnis sei gelegentlich des Nießbrauchs, nicht aber durch den Nießbrauch begründet. Es handele sich um ein dem Leihvertrag angenähertes Besitzmittlungsverhältnis, auf das § 4 Nr. 12 a UStG 1973 anzuwenden sei. Somit sei von steuerbefreitem Verwendungseigenverbrauch auszugehen.
Dem Kläger sei darin zuzustimmen, daß die Bestellung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit (§ 1090 BGB) in Gestalt eines Wohnungsrechts nach § 1093 BGB nicht in Betracht komme, wenn die Räume nicht zu Wohnzwecken genutzt würden.
Durch die Benutzungsregelung hätten die Beteiligten auf schuldrechtlicher Basis einen Nutzungszustand geschaffen, der, wäre er in dinglicher Gestalt erfolgt, nur mittels einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit oder einem Dauernutzungsrecht nach § 31 Abs. 2 des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) möglich gewesen wäre.
Der wirtschaftliche Sinn und Zweck der vertraglichen Regelung liege hauptsächlich in der Ersparnis von Steuern. Die dazu verwendete Rechtsgestaltung sei ausgefallen und unangemessen. Die Überlassung der Räume zur Vermietung unter dem Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs sei wirtschaftlich nicht anderes als eine regelmäßig, jederzeit beendbare Geldzuwendung an die Kinder und damit eine Unterhaltsleistung.
Der Kläger habe keine einleuchtenden außersteuerrechtlichen Beweggründe für die außergewöhnliche Vertragsgestaltung benennen können. Die sowohl unter zivilrechtlicher wie auch unter wirtschaftlicher Betrachtung nur formale Bestellung des Nießbrauchs sei deshalb steuerrechtlich unbeachtlich. Es liege eine dem Kläger zuzurechnende einfache Grundstücksnutzung durch unentgeltliche Überlassung an die Kinder vor, die die Merkmale eines nicht optionsfähigen Verwendungseigenverbrauchs erfülle.
Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen. Er macht u. a. geltend, für das Nießbrauchsrecht sei in § 1066 BGB vorgeschrieben, daß bei Belastung eines Miteigentumsanteils durch ein Nießbrauchsrecht die von den Miteigentümern getroffene Vereinbarung über die Benutzung und Verwaltung auch gegenüber dem Nießbraucher wirke. Das gelte entsprechend, wenn der Alleineigentümer, wie hier, einen Bruchteil seines Eigentums mit einem Quotennießbrauch belaste. Die zwischen Eigentümer und Nießbrauchsberechtigten getroffene Benutzungsregelung habe also sehr wohl eine dingliche und nicht nur eine schuldrechtliche Basis.
Die Ernsthaftigkeit des Rechtsgeschäfts könne auch in steuerlicher Hinsicht nicht in Frage gestellt werden. Es sei fünf Jahre unkündbar gewesen und werde zum anderen seit mehr als vier Jahren von den Beteiligten praktiziert. Daß nach den Vereinbarungen im Nießbrauchsvertrag nach Ablauf von fünf Jahren für den Eigentümer ein Widerrufsrecht bestehe, sei damit unschädlich.
Entscheidungsgründe
Die Revision des FA ist unbegründet.
Das FA kann sein Revisionsziel, die angefochtene Umsatzsteuerfestsetzung 1976 in Höhe von 30 173,06 DM wiederherzustellen, weder ganz noch teilweise erreichen. Für die Festsetzung eines höheren Steuerbetrags, als ihn das FG für 1976 errechnet hat, besteht keine Rechtsgrundlage.
1. Die angefochtene Umsatzsteuerfestsetzung 1976 beruht auf der ursprünglich vom FA vertretenen Auffassung, die unentgeltliche Einräumung des Nießbrauchs entsprechend der Vereinbarung vom 3. Februar 1976 sei ein nach § 4 Nr. 9 UStG 1973 steuerfreier Entnahmeeigenverbrauch, der zur Vorsteuerberichtigung gemäß § 15 a UStG 1973 führe.
Nach § 15 a Abs. 4 UStG 1973 liegt eine Änderung der Verhältnisse (die im Kalenderjahr der erstmaligen Verwendung für den Vorsteuerabzug maßgebend waren, § 15 a Abs. 1 UStG 1973) auch vor, wenn das noch verwendungsfähige Wirtschaftsgut vor Ablauf des nach den Absätzen 1 und 2 maßgeblichen Berichtigungszeitraums veräußert oder zum Eigenverbrauch entnommen wird und dieser Umsatz für den Vorsteuerabzug anders zu beurteilen ist als die Verwendung im ersten Kalenderjahr. Nach Absatz 6 der Vorschrift ist die Berichtigung nach Absatz 4 so vorzunehmen, als wäre das Wirtschaftsgut in der Zeit von der Veräußerung oder Entnahme bis zum Ablauf des maßgeblichen Berichtigungszeitraums unter entsprechend geänderten Verhältnissen weiterhin für das Unternehmen verwendet worden.
Das FA forderte daher, ausgehend von einem 10jährigen Berichtigungszeitraum bei Grundstücken (Absatz 1 Satz 2) und bezogen auf ein ideelles Drittel des betroffenen Grundstücks I, nahezu den gesamten Vorsteuerabzug (zu 1/3) zurück.
Der Senat folgt nicht der dem Steuerbescheid zugrunde liegenden Auffassung, die Nießbrauchsbestellung habe zu einer Entnahme des mit dem Nießbrauch belasteten Grundstücksteils (Räume im Obergeschoß) geführt. Das FA hat diese Auffassung offenbar selbst aufgegeben.
Geht man mit dem Wortlaut der Vereinbarung vom 3. Februar 1976 davon aus, daß der Nießbrauch an einem ideellen Drittel des Grundstücks (also nicht einem räumlich abgrenzten Teil) eingeräumt werden sollte, so scheidet die vom FA unterstellte Entnahmemöglichkeit eines Teils des Grundstücks aus, da allenfalls die Entnahme eines räumlich abgegrenzten Teils (sämtliche Räume des Obergeschosses) nicht aber eines ideellen Teils in Betracht käme - sofern man nicht ohnehin mit dem FG die Teilbarkeit des einheitlichen Gebäudes ablehnt -.
Soweit der Vereinbarung vom 3. Februar 1976 eine Nießbrauchsüberlassung nur an den Räumen des Obergeschosses entnommen werden sollte, wäre diese nicht wirksam. Eine Nießbrauchsbegrenzung auf räumlich abgegrenzte Teile eines Gebäudes ist nicht möglich (vgl. Urteil des Reichtsgerichts vom 27. Juni 1940 V 205/39, RGZ 164, 196; Petzoldt, Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch - MünchKomm -, Rdnrn. 7 und 30).
Soweit gleichwohl die Einräumung eines Nutzungsrechts an einem räumlich beschränkten Teil des Gebäudes, nämlich an den Räumen des Obergeschosses, gewollt gewesen sein sollte und dies als Bestellung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit (§§ 1090, 1093 BGB) oder eines Dauerwohn- oder Nutzungsrechts i. S. von § 31 WEG rechtlich aufrechterhalten werden könnte, scheidet nach der zu beurteilenden Vereinbarung die Möglichkeit einer Entnahme jedenfalls aus, wobei offenbleiben kann, ob die Teilung des Grundstücks für die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung in Betracht kommt. Im Urteil vom 16. September 1987 X R 51/81 (BFHE 152, 156, BStBl II 1988, 205) hat der BFH zwar die Bestellung eines lebenslänglichen unentgeltlichen Nießbrauchs an einem unternehmerisch genutzten, bebauten Grundstück zugunsten eines 65 Jahre alten Berechtigten als einen im Regelfall steuerfreien Entnahmeeigenverbrauch beurteilt. Eine derartige Gestaltung liegt hier aber nicht vor, so daß weiter nicht darauf eingegangen werden muß, ob dieser Entscheidung allgemein zu folgen sei. Denn nach der Vereinbarung vom 3. Februar 1976 erfolgte die Schenkung des Nießbrauchs unter dem als Auflage bezeichnetem Vorbehalt jederzeitigen, einer Begründung nicht bedürftigen Widerrufs, so daß nicht davon ausgegangen werden kann, der Kläger habe nicht damit rechnen können, in absehbarer Zeit selbst etwa wieder zur alleinigen Nutzung der Räume des Gebäudes zu kommen.
Eine derartige Überlassung einer Nutzung kann allenfalls - wie vom FG angenommen - als Verwendungseigenverbrauch beurteilt werden.
2. Nimmt man mit dem FG eine wirksame Nießbrauchsbestellung am ideellen Grundstücksbruchteil an und beurteilt man diese Einräumung als Verwendungseigenverbrauch i. S. von § 1 Abs. 1 Nr. 2 b UStG 1973, so stimmt die Beurteilung als steuerpflichtiger Verwendungseigenverbrauch mit der BFH-Rechtsprechung überein. Wie im Urteil vom 16. Dezember 1971 V R 41/68 (BFHE 104, 262, BStBl II 1972, 238 a. E.) ausgeführt ist, befreite die Vorschrift des § 4 Nr. 10 c UStG 1951 - und demgemäß auch die inhaltsgleiche Regelung des § 4 Nr. 12 c UStG 1973 - die Bestellung von Erbbaurechten, Dauerwohnrechten und Dauernutzungsrechten. Letztere wurden auf Dauernutzungsrechte i. S. des § 31 Abs. 2 WEG beschränkt, umfaßten also nicht sonstige Nutzungsüberlassungen auf Dauer, wie Nießbrauch oder beschränkte persönliche Dienstbarkeiten.
Aus dieser Sicht trat ab 1976 keine Änderung der für den Vorsteuerabzug maßgeblichen Verwendungsverhältnisse i. S. des § 15 a UStG 1973 bezüglich des Gebäudes ein. Steuerfreier Verwendungseigenverbrauch, der zum Ausschluß vom Vorsteuerabzug geführt hätte, scheidet aus.
Ob die - im Grundsatz zutreffende - Bemessung des steuerpflichtigen Eigenverbrauchs durch das FG nach § 10 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 UStG 1973, d. h. nach den auf die Verwendung des Gegenstands entfallenden Kosten im einzelnen zutreffend ist, kann hier offenbleiben. Da nur das FA Revision eingelegt hat, das die höhere Steuerfestsetzung nach dem angefochtenen Umsatzsteuerbescheid 1976 wieder hergestellt haben will, käme es auf Einzelfragen zur Bemessungsgrundlage nur dann an, wenn die Berechnung des FG zu niedrig wäre.
Soweit bezüglich des Ansatzes der AfA als ,,Kosten" i. S. des § 10 Abs. 5 Nr. 2 UStG 1973 im Schrifttum umstritten ist, ob den Steuerpflichtigen ein Wahlrecht dahingehend zusteht, etwa abweichend von der Inanspruchnahme von degressiver AfA bei der Einkommensteuer für die Umsatzsteuer (zur Verminderung der Bemessungsgrundlage) nur die AfA in gleichen Jahresbeträgen anzusetzen (so jetzt Abschn. 158 Abs. 3 der Umsatzsteuer- Richtlinien - UStR -; ablehnend: Söhn, Deutsche Steuer-Zeitung - DStZ - 1987, 367, 373 - unter III. 2. c a. E.; vgl. auch Reiß, Betriebs-Berater - BB - 1985, 1724, 1725), erübrigt sich eine Stellungnahme. Denn das FG ging von der degressiven AfA nach § 7 Abs. 5 EStG aus; bei Annahme der linearen AfA (§ 7 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 EStG) ergäbe sich eine - den Revisionsantrag des FA nicht stützende - geringere Bemessungsgrundlage für den Eigenverbrauch.
3. Käme der Senat zu dem Ergebnis, daß die vereinbarte Nießbrauchsbestellung nicht einen ideellen Bruchteil zu 1/3 am Grundstück betraf (zur Zulässigkeit vgl. Petzoldt in MünchKomm, § 1030 Rdnrn. 3 und 15 ff.), sondern in Wahrheit als Nutzungsrecht an einem nicht ideell, sondern räumlich abgegrenzten Teil des Gebäudes gewollt war - was der Benutzungsklausel entnommen werden könnte, daß die Ausübung des Nießbrauchs auf sämtliche im Obergeschoß des Gebäudes befindlichen Räume beschränkt sei -, so bestünden folgende Beurteilungsmöglichkeiten:
a) Ist die Nießbrauchseinräumung durch den Kläger unwirksam (zur Unwirksamkeit solcher Rechtsübertragungen als Nießbrauch vgl. RGZ 164, 196) und auch nicht in eine andere Nutzungsüberlassung umdeutbar, läge keine Änderung der Verwendungsverhältnisse beim Kläger vor und ebensowenig ein Eigenverbrauch durch Änderung der Nutzungszuständigkeit. Die Revision des FA hätte keinen Erfolg.
b) Kann die Nutzungsregelung aufgrund ihres Inhalts als beschränkte persönliche Dienstbarkeit (§ 1090 BGB) oder als Dauerwohn- oder Dauernutzungsrecht i. S. von § 31 WEG beurteilt und insoweit anerkannt werden (vgl. RGZ 164, 201; MünchKomm, § 1030 Rdnrn. 7, 30), ergibt sich folgendes:
aa) Überlassung von Gebäudenutzungen aufgrund beschränkter persönlicher Dienstbarkeiten ist nicht nach § 4 Nr. 12 c oder a UStG 1973 steuerfrei, sondern steuerpflichtig (BFHE 104, 262, BStBl II 1972, 238). Das gilt auch für den Verwendungseigenverbrauch. Es bliebe bei der FG-Entscheidung.
bb) Die Bestellung des Nutzungsrechts als Wohnrecht oder Dauernutzungsrecht i. S. von § 31 WEG ist nach § 4 Nr. 12 c UStG 1973 umsatzsteuerfrei, ebenso der entsprechende Verwendungseigenverbrauch. Damit ergäbe sich ab 1976 eine Änderung der Verhältnisse gegenüber den im Kalenderjahr der erstmaligen Verwendung des Gebäudes (1975) für den Vorsteuerabzug maßgeblichen Verwendungsverhältnisse i. S. von § 15 a Abs. 1 UStG 1973. Die Berichtigung gemäß § 15 a Abs. 2 UStG 1973 für 1976 könnte nur in Höhe von 1/10 der auf die Gebäudeerichtung entfallenden Vorsteuerbeträge, und dies wieder nur nach Maßgabe des von der Änderung der Verwendung betroffenen Gebäudeteils erfolgen. Der daraus folgende Berichtigungsbetrag läge unter dem vom FG für den Verwendungseigenverbrauch angenommenen Steuerbetrag:
Bemessungsgrundlage errechne sich daher wie folgt:
Schuldzinsen 51 956 DM
Geldbeschaffungskosten 14 038 DM
Instandhaltungskosten 17 DM
sonstige Kosten (vgl. A 46 bis 49 Anlage V
Einkommensteuererklärung 1976 4 349 DM
AfA nach § 7 Abs. 5 EStG aus
997 852 DM Herstellungskosten 34 925 DM
105 285 DM
davon 1/3 35 095 DM.
Die festgesetzte Umsatzsteuer ergebe sich aufgrund folgender Berechnung:
Umsatzsteuer
Lieferungen und sonstige Leistungen
zu 11 v. H. bisher 2 972,98 DM
+ Verwendung von Gegenständen 3 860,45 DM
Umsatzsteuer 6 833,42 DM
Vorsteuerbeträge ./. 6 272,44 DM
Umsatzsteuer 560,98 DM.
Eine geringere Steuerfestsetzung als durch das FG ist durch den Revisionsantrag des FA nicht gedeckt (§§ 121, 96 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
Fundstellen
Haufe-Index 416253 |
BFH/NV 1989, 604 |