Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage der steuerlichen Beurteilung von Bezügen des Ehemannes aus dem Betriebe der Ehefrau.
Normenkette
EStG §§ 26, 26a/1
Tatbestand
An der Bgin., einer KG, die den Handel mit Kraftfahrzeugen betreibt, sind je zur Hälfte Frau B., geborene A., als persönlich haftende Gesellschafterin, und ihre Mutter; Frau A., als Kommanditistin beteiligt. Das Finanzamt hat die an B., den Ehemann der persönlich haftenden Gesellschafterin, für seine Tätigkeit in dem Betrieb im Jahre 1956 gezahlte Vergütung von 3.701 DM nicht als Betriebsausgabe anerkannt, sondern den Gewinn der KG um diesen Betrag erhöht. Des weiteren hat es den Betrag dem Anteil der persönlich haftenden Gesellschafterin zugerechnet.
Der Ehemann B. hatte sich nach bestandener erster juristischer Staatsprüfung am 1. Oktober 1955 mit seiner jetzigen Ehefrau verlobt. Er war anschließend bis zum 31. Mai 1956 in der Einzelfirma seines späteren Schwiegervaters, der eine Kraftfahrzeugwerkstatt und den Handel mit Autoersatzteilen betreibt, als Angestellter gegen einen Monatslohn von 250 DM zwecks Einarbeitung in der Kraftfahrzeugbranche beschäftigt. Seit dem 1. Juni 1956 ist er bei der KG, und zwar vorwiegend als Verkäufer tätig. Er hat dafür im Streitjahr ab 1. Juni 1956 eine Vergütung von rund 530 DM monatlich erhalten. Am 31. August 1956 hat er die persönlich haftende Gesellschafterin geheiratet.
Auf den Einspruch der KG hat der Steuerausschuss die Vergütung des Ehemannes B. als Betriebsausgabe anerkannt, da das Arbeitsverhältnis ernsthaft vereinbart und durchgeführt sei und im übrigen auch schon vor der Eheschließung bestanden habe.
Die Berufung des Vorstehers des Finanzamts hat das Finanzgericht als unbegründet zurückgewiesen. Es hat unter Ablehnung der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs die Einspruchsentscheidung bestätigt. Ernsthaft vereinbarte und durchgeführte Arbeitsverhältnisse zwischen einer Personengesellschaft und den Ehegatten von Gesellschaftern seien anzuerkennen, auch wenn der Ehegatte als Gesellschafter wesentlich beteiligt sei, ebenso wie auch Arbeitsverträge von Einzelunternehmern mit ihren Ehepartnern. Im vorliegenden Falle komme hinzu, daß das Arbeitsverhältnis schon vor der Eheschließung bestanden habe. Durch die Heirat habe sich an der Stellung des Arbeitnehmers B. nichts geändert. Die Annahme des Finanzamts, daß er die Tätigkeit bei der KG im Hinblick auf die künftige Eheschließung aufgenommen habe, sei mit der allgemeinen Lebenserfahrung nicht hinreichend begründet, zumal er durch seinen Eintritt als Angestellter bei der Einzelfirma seines künftigen Schwiegervaters bereits den Entschluß bekundet habe, in der Autobranche seinen späteren Erwerb zu suchen. Hiernach sei die Berufung nicht begründet. Die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs nehme unter gewissen Voraussetzungen bei tragender Tätigkeit eine mitunternehmerähnliche Stellung des beschäftigten Ehegatten an. Schon im Streitjahr sei die Tätigkeit des Ehemanns B. für den Betrieb der KG tragend gewesen. Dafür sprächen seine einschlägigen technischen Branchenkenntnisse, die er sich in der Einzelfirma erworben habe, seine für den Abschluß von Kaufverträgen vorteilhafte juristische Ausbildung und der Umstand, daß bei der KG im Streitjahr keine andere männliche Kraft führend im Betrieb tätig gewesen sei. Die persönlich haftende Gesellschafterin habe sich als Ehefrau und Mutter nicht mehr so wie zuvor um den Betrieb kümmern können.
Entscheidungsgründe
Die Rb. des Vorstehers des Finanzamts führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und der Einspruchsentscheidung. Mit der Anerkennung eines Arbeitsverhältnisses zwischen der KG und dem Ehemann ihrer persönlich haftenden Gesellschafterin, die zu 50 v. H. beteiligt ist, steht die Vorentscheidung im Widerspruch zu der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs; vgl. u. a. die Entscheidungen I 228/58 U vom 14. Juli 1959 (BStBl 1959 III S. 331, Slg. Bd. 69 S. 181), I 170/59 S vom 19. Februar 1960 (BStBl 1960 III S. 159, Slg. Bd. 70 S. 422) und I 39/60 U vom 5. Juli 1960 (BStBl 1960 III S. 422, Slg. Bd. 71 S. 460). Nach dieser Rechtsprechung verändert die Eheschließung mit einer wesentlich beteiligten Gesellschafterin wirtschaftlich und sozial die Rechtsbeziehung des Arbeitnehmers zu der Personengesellschaft (siehe auch Entscheidung des Bundesfinanzhofs I 171/60 U vom 13. Dezember 1960, BStBl 1961 III S. 127, und Entscheidung des Bundesgerichtshofs IV ZR 52/60 vom 5. Oktober 1960, Steuerrechtsprechung in Karteiform, Einkommensteuergesetz, § 15 Rechtsspruch 223, wo gleichartige Erwägungen zum Ausdruck kommen).
Den Ausführungen des Finanzgerichts, nach denen dem Ehemann B. eine mitunternehmerähnliche Stellung im Sinne der Rechtsprechung des Senats zukommt, wird zugestimmt. In seiner Tatbestandswürdigung hat das Finanzgericht festgestellt, daß der Ehemann eine bedeutungsvolle Tätigkeit im Betriebe ausübt, und hat hierbei zutreffend seiner Vorbildung und der Tatsache Bedeutung zugemessen, daß im Streitjahr keine andere männliche Kraft im Betriebe führend tätig war. Wesentlich ist des weiteren, daß im Streitfalle auch klare Rechtsverhältnisse geschaffen worden sind. Der Ehemann hat im Jahre 1956 (Streitjahr) eine Vergütung von monatlich rund 530 DM bezogen. Es muß davon ausgegangen werden, daß diese Beträge mindestens stillschweigend vereinbart worden sind. Es sind deshalb die Voraussetzungen erfüllt, die die Rechtsprechung für die Anerkennung ihres Zuflusses an den Ehegatten aufgestellt hat. Die Beträge, die der Ehemann B. nach seiner Heirat von der KG bezogen hat, sind daher bei der einheitlichen Gewinnfeststellung als sein Gewinnanteil zu erfassen, während die vor diesem Zeitpunkt an ihn gezahlten Vergütungen als Arbeitslohn den Gewinn der KG mindern.
Die Sache wird an das Finanzamt zurückverwiesen, das den Gewinn der KG unter Berücksichtigung dieser Grundsätze erneut festzustellen hat.
Fundstellen
Haufe-Index 410085 |
BStBl III 1961, 420 |
BFHE 1962, 421 |
BFHE 73, 421 |