Leitsatz (amtlich)

1. Der Ansatz der Hypothekenschulden mit 10 v. H. bzw. 50 v. H. bei Ermittlung der Vermögensteuerzahlungen für das II. Kalenderhalbjahr 1948 ist nicht zu beanstanden.

2. Analoge Anwendung des § 14 Absatz 2 Satz 2 des Gesetzes des Wirtschaftsrates vom 3. Juni 1949 auf die Errechnung der Vermögensteuerzahlungen für das II. Kalenderhalbjahr 1948 ist nicht zulässig.

 

Tatbestand

Streitig ist die Bewertung einer Hypothekenschuld von 100 000 RM bei Festsetzung der Vermögensteuerzahlungen der Steuerpflichtigen (Stpfl.) für das II. Kalenderhalbjahr 1948. Das Finanzamt hat die Schulden der Stpfl. (neben der Hypothekenschuld 9866 RM andere Schulden) bis zur Höhe ihrer RM-Geldbestände, RM-Guthaben und RM-Forderungen mit 10 v. H. und den diese übersteigenden Schuldbetrag mit 50 v. H. des Nennbetrages abgesetzt (59 641 RM mit 10 v. H. und 50 225 RM mit 50 v. H.). Das Finanzamt bezieht sich für diesen Ansatz der Hypothekenschuld auf § 2 der Verordnung des Direktors der Verwaltung für Finanzen des Vereinigten Wirtschaftsgebietes über die Vermögensteuerzahlungen im II. Kalenderhalbjahr 1948 (FDVO) vom 17. Juli 1948 (Amtsblatt des Finanzministeriums Württemberg-Baden -- WBFBl. -- 1948 S. 221). Die Stpfl. hingegen verlangt, daß die Hypothekenschuld mit 50 v. H. des RM-Betrages angesetzt werde. Sie ist der Auffassung, daß die niedrigere Bewertung mit nur 10 v. H. gemäß § 2 a. a. O. nur bei solchen Schulden in Frage komme, die im Verhältnis von 10:1 auf DM umgestellt worden seien. Dies treffe auf die Hypothekenschuld nicht zu. Denn nach § 1 des Gesetzes zur Sicherung von Forderungen für den Lastenausgleich vom 2. September 1948 (WBFBl. 1948 S. 265) sei eine Grundschuld in Höhe des Unterschieds zwischen RM-Nennbetrag und DM-Umstellungsbetrag entstanden. Danach habe sich die ursprüngliche Höhe der Hypothekenschuld im Ergebnis nicht geändert. Dem habe auch das Gesetz des Wirtschaftsrates über die Vermögensteuerveranlagung für die Zeit ab 1. Januar 1949 und die Vermögensteuer für das II. Kalenderhalbjahr 1948 vom 3. Juni 1949 (Gesetzblatt der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes -- WiGBl. -- 1949 S. 83) Rechnung getragen, indem es in § 14 Absatz 2 Satz 2 den Ansatz der Hypotheken, Grund- und Rentenschulden mit 50 v. H. des RM-Wertes angeordnet habe. Der Einspruch hatte keinen Erfolg. Dagegen hat das Finanzgericht der Berufung stattgegeben. Eine abweichende Bewertung der Hypothekenschulden für die Vermögensteuerzahlungen für das II. Kalenderhalbjahr 1948 und die Vermögensteuer-Vorauszahlungen ab 1. Januar 1949 sei nicht vertretbar. Wenn das Gesetz des Wirtschaftsrates vom 3. Juni 1949 einerseits die nach der FDVO für das II. Kalenderhalbjahr 1948 zu zahlenden Vermögensteuern bestätigt (§ 17), anderseits für die Vermögensteuer-Vorauszahlungen ab 1. Januar 1949 die Bewertung der Hypothekenschulden anders geregelt habe (§ 14 Absatz 2 Satz 2), könne hierin ein Redaktionsversehen des Gesetzgebers erblickt werden.

Das Finanzgericht hat die Rechtsbeschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Der Vorsteher des Finanzamts hat gegen dieses Urteil Rechtsbeschwerde eingelegt. Die FDVO begrenze in § 2 Absatz 1 Ziffern 2, 3 den Abzug von RM-Schulden auf 10 bzw. 50 v. H. Eine Sonderbestimmung für Hypothekenschulden bestehe nicht. Entsprechende Anwendung des § 14 Absatz 2 Satz 2 des Gesetzes des Wirtschaftsrates vom 3. Juni 1949 auf die Festsetzung der Vermögensteuerzahlungen für das II. Kalenderhalbjahr 1948 sei nicht gerechtfertigt. Die Stpfl. hat in ihrer Stellungnahme zur Rechtsbeschwerde die Rechtsgültigkeit der FDVO bestritten. In keinem Falle seien die Hypothekenschulden unter den Begriff der RM-Schulden zu bringen, sondern den übrigen Schulden im Sinn des § 2 Absatz 1 Ziffer 3 der FDVO zuzurechnen und danach mit 50 v. H. ihres RM-Betrages zu bewerten.

 

Entscheidungsgründe

Die Rechtsbeschwerde des Vorstehers des Finanzamts ist begründet.

I. Der Oberste Finanzgerichtshof hat in dem Urteil III 39/49 S vom 19. Dezember 1949 (Steuer und Wirtschaft 1950 Nr 42) entschieden, daß die Vermögensteuerzahlungen vom 10. August und 10. November 1948 und die Anforderungen dieser Zahlungen durch die Finanzämter, selbst wenn die FDVO zunächst der Rechtsgültigkeit ermangelt haben sollte, jedenfalls nach Inkrafttreten des § 17 des Gesetzes des Wirtschaftsrates über die Vermögensteuerveranlagung für die Zeit ab 1. Januar 1949 und die Vermögensteuer für das II. Kalenderhalbjahr 1948 vom 3. Juni 1949 als rechtswirksam erfolgt anzusehen seien. Der erkennende Senat des Bundesfinanzhofs hat sich dieser Entscheidung in dem Urteil III 80/50 S vom 16. Dezember 1950 angeschlossen. Hieran ist festzuhalten. Damit entfällt der Einwand der Stpfl. über die Rechtsungültigkeit der FDVO.

II. § 2 Absatz 1 Ziffern 2, 3 der FDVO bestimmt, daß RM-Schulden bis zur Höhe der RM-Geldbestände, RM-Guthaben und RM-Forderungen mit 10 v. H., die übrigen Schulden mit 50 v. H. des bei der letzten Vermögensteuerveranlagung zugrunde gelegten Wertes angesetzt werden. RM-Schulden im Sinn dieser Vorschrift sind Verbindlichkeiten, die auf RM, Rentenmark oder Goldmark lauten oder die in RM zu erfüllen waren (§ 13 Absatz 3 des Umstellungsgesetzes -- UmstG --). Zu den übrigen Schulden gehören Schulden in fremder Währung und RM-Verbindlichkeiten, die unter § 18 Absatz 1 Ziffern 1 und 3 UmstG fallen. Über Hypothekenschulden ist in der FDVO nichts Besonderes bestimmt. Sie werden wie die dinglich nicht gesicherten Schulden behandelt. Sie sind hiernach mit 10 v. H. des RM-Betrages oder, soweit keine abgewerteten Aktivwerte gegenüberstehen, mit 50 v. H. des RM-Betrages anzusetzen (zu vgl. die Erlasse der Finanzminister der Länder der Brit. Zone, z. B. der Hansestadt Hamburg, Finanzbehörde, vom 29. Juli 1948 Ziffern 2, 3, Steuer- und Zollblatt 1948 S. 159, und vom 7. August 1948 Ziffer 4, Steuer- und Zollblatt 1948 S. 189, sowie Entschließung des Bayer. Staatsministeriums der Finanzen vom 17. August 1948 III, 1 im Amtsblatt des Bayer. Staatsministeriums der Finanzen 1948 S. 237). So ist auch das Finanzamt verfahren. Die Beschwerdegegnerin glaubt, dem nicht zustimmen zu können, weil zeitlich nach der FDVO das Gesetz zur Sicherung von Forderungen für den Lastenausgleich vom 2. September 1948 ergangen sei und durch dessen § 1 Grundschulden in Höhe des Unterschieds zwischen RM-Nennbetrag der Hypothekenschuld und ihrem DM-Umstellungsbetrag zur Entstehung gelangt seien. Danach sei kein Grund für den in der FDVO angeordneten, niedrigeren Ansatz der Hypothekenschuld gegeben. Es ist zweifelhaft, ob der Direktor der Verwaltung für Finanzen eine andere Regelung hinsichtlich des Ansatzes der Hypothekenschulden getroffen hätte, wenn zur Zeit des Erlasses der FDVO das Gesetz vom 2. September 1948 bereits vorgelegen hätte. Die Frage kann aber auf sich beruhen bleiben. Denn jedenfalls lag dieses Gesetz bereits fast 1 Jahr vor, als das Gesetz des Wirtschaftsrats vom 3. Juni 1949 erging. Im § 17 dieses letzteren Gesetzes hat der Gesetzgeber die nach der FDVO zu erhebenden Vermögensteuerzahlungen in vollem Umfang bestätigt. Diese Bestätigung bezieht sich nicht nur auf die grundsätzliche Berechtigung zur Anforderung der am 10. August und 10. November in DM zu leistenden Vermögensteuerzahlungen, sondern auch auf die Vermögensumrechnungsbestimmungen im § 2 a. a. O. Das Finanzgericht glaubt, aus der voneinander abweichenden Bewertung der Hypothekenschulden in dem durch § 17 des Gesetzes des Wirtschaftsrates bestätigten § 2 FDVO und anderseits im § 14 Absatz 2 Satz 2 des Gesetzes des Wirtschaftsrates auf das Vorliegen eines Redaktionsversehens des Gesetzgebers schließen zu sollen. § 14 Absatz 2 Satz 2 a. a. O. ordnet für Hypotheken-Grundschulden und Rentenschulden, die unter das Gesetz zur Sicherung von Forderungen für den Lastenausgleich fallen, Bewertung mit der Hälfte des RM-Wertes in DM für die Vermögensteuer-Vorauszahlungen ab 1. Januar 1949 an. Hätte der Wirtschaftsrat diese Regelung, die er für die Zeit ab 1. Januar 1949 getroffen hat, auch auf die Vermögensteuerzahlungen für das II. Kalenderhalbjahr 1948 ausdehnen wollen, hätte er dies, und zwar zweckmäßig im § 17 des Gesetzes vom 3. Juni 1949, zum Ausdruck gebracht. Die Annahme, daß dies lediglich zufolge eines Redaktionsversehens unterblieben sei, ist nicht begründet. Vielmehr spricht die Tatsache, daß die besondere Bestimmung über den Ansatz der unter das Gesetz zur Sicherung von Forderungen für den Lastenausgleich fallenden Hypotheken, Grundschulden und Rentenschulden erst für die Zeit ab 1. Januar 1949 eingeführt wurde, für die Absicht des Gesetzgebers, diese Regelung für das II. Kalenderhalbjahr 1948 noch nicht eintreten zu lassen. Es ist auch zu beachten, daß bei der Umrechnung des Vermögens für die Vermögensteuerzahlungen im II. Kalenderhalbjahr 1948 auch die Aktivwerte nur mit 10 v. H. bzw. 50 v. H. anzusetzen waren.

Demgemäß war der Rechtsbeschwerde des Vorstehers des Finanzamts stattzugeben. Die Sache ist spruchreif. Die Berufung der Stpfl. gegen die Einspruchsentscheidung des Finanzamts muß zurückgewiesen werden. Die Kostenentscheidung beruht auf § 307 Absatz 1 der Reichsabgabenordnung (AO), die Feststellung des Wertes des Streitgegenstandes auf § 320 AO.

 

Fundstellen

Haufe-Index 407193

BStBl III 1951, 67

BFHE 1952, 178

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