Entscheidungsstichwort (Thema)
Bewirtungsaufwendungen
Leitsatz (NV)
Eine Bewirtung i. S. des § 4 Abs. 5 Nr. 2 EStG liegt vor, wenn Personen verköstigt werden. Auf die Frage, ob die Bewirtung eindeutig im Vordergrund steht (vgl. BFH-Urteil vom 16. Februar 1990 III R 21/86, BFHE 160, 166, BStBl II 1990, 575), kommt es nur an, wenn zu prüfen ist, ob wegen besonderer Umstände ein Abzug der Aufwendungen nach § 4 Abs. 5 Nr. 7 EStG ausscheidet.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 5 Nrn. 1, 7
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH, ist Geschäftsführerin einer Verkaufsgemeinschaft. Sie betrieb u. a. Produktrepräsentation. In diesem Zusammenhang lud sie die für die Anwendung von . . . maßgeblichen Personen aus dem ganzen Bundesgebiet zu regelmäßig zweitägigen Veranstaltungen ein. Sämtliche Kosten der Veranstaltungen, wie Anreise- und Besichtigungskosten, Hotel- und Verpflegungskosten wurden von der Klägerin getragen und auf einem Konto ,,Werksbesichtigungen/Vorführungen" verbucht. Die Teilnehmer wurden teilweise bei der Klägerin oder in Gaststätten verköstigt. Die Klägerin erstellte für jede Besuchergruppe eine Teilnehmerliste, zusätzlich trugen sich die Teilnehmer in einem Teilnehmerverzeichnis ein. Diese Belege wurden gesondert aufbewahrt. Die übrigen Kostenbelege, auf denen vermerkt war, welche Besuchergruppe die Kosten verursacht hatte, wurden nicht gesondert abgelegt. Den amtlichen Vordruck für die Bewirtungskosten füllte die Klägerin in den Streitjahren 1986 bis 1988 nicht aus.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) ließ die Bewirtungsaufwendungen einschließlich Umsatzsteuer nicht zum Abzug zu und behandelte die Aufwendungen als Umsatz wegen Eigenverbrauch gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1984. Das FA rechnete ferner der Klägerin auch die auf den Eigenverbrauch entfallende Umsatzsteuer der S-GmbH, einer 100%igen Tochtergesellschaft der Klägerin, aufgrund umsatzsteuerlicher Organschaft zu. Die S-GmbH führte ebenfalls Besuchsveranstaltungen durch und behandelte diese wie die Klägerin.
Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.
Mit der Revision rügt die Klägerin Verletzung des § 4 Abs. 5 Nr. 2 und Abs. 7 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der in den Streitjahren geltenden Fassung. Die Veranstaltungen zum Zweck der Produktrepräsentation seien in sich geschlossen. Der Verabreichung von Speisen und Getränken komme nur ganz untergeordnete Funktion bei. Diese diene im wesentlichen der straffen Abwicklung der zweitägigen Veranstaltung.
Entscheidungsgründe
Die Revision in Sachen Körperschaftsteuer und Feststellung gemäß § 47 KStG ist als unbegründet zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
Gemäß § 8 Abs. 1 KStG i. V. m. § 4 Abs. 5 Nr. 2 Satz 1 EStG in der bis einschließlich 1989 geltenden Fassung dürfen Aufwendungen für die Bewirtung von Personen die nicht Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen sind, den Gewinn nicht mindern, soweit sie nach der allgemeinen Verkehrsauffassung als unangemessen anzusehen sind oder soweit ihre Höhe und ihre betriebliche Veranlassung nicht nachgewiesen sind. Zum Nachweis der Höhe und der betrieblichen Veranlassung der Aufwendungen hat der Steuerpflichtige gemäß § 4 Abs. 5 Nr.2 Satz 2 EStG auf einem amtlich vorgeschriebenen Vordruck die im Gesetz genannten Angaben zu machen. Außerdem sind die Aufwendungen für die Bewirtung einzeln und getrennt von den sonstigen Betriebsausgaben aufzuzeichnen (§ 4 Abs. 7 EStG). Die besondere Form des Nachweises durch Ausfüllen des amtlichen Vordrucks und die gesonderte Aufzeichnung waren in den Streitjahren eine materielle Voraussetzung für den Abzug der Bewirtungsaufwendungen (ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs - BFH -, vgl. Urteile vom 1. Oktober 1992 IV R 96/91, NV; vom 22. Januar 1988 III R 171/82, BFHE 152, 341, BStBl II 1988, 535; vom 2. Oktober 1990 VIII R 62/86, BFHE 162, 296, BStBl II 1991, 174; vom 25. Februar 1988 IV R 95/86, BFHE 152, 506, BStBl II 1988, 581; vom 25. März 1988 III R 96/85, BFHE 153, 119, BStBl II 1988, 655; vom 31. Juli 1990 I R 62/88, BFHE 162, 45, BStBl II 1991, 28; vom 27. Juni 1990 I R 168/85, BFHE 161, 125, BStBl II 1990, 903). Da es im Streitfall aufgrund der für den Senat bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) jeweils an der Ausfüllung des amtlichen Vordrucks fehlt, fallen die Kosten für die Bewirtung der (potentiellen) Kunden der Verkaufsgemeinschaft unter das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 EStG.
Die von der Klägerin geltend gemachten Unkosten sind ,,Aufwendungen für die Bewirtung". Bewirtung bedeutet die Darreichung von Speisen und/oder Getränken. Die hier streitigen Aufwendungen fielen nach den insoweit bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) für die Verpflegung der Veranstaltungsteilnehmer an. Damit liegen Bewirtungsaufwendungen vor. Im Streitfall kann offenbleiben, welche weiteren mit der Verpflegung der (potentiellen) Kunden im Zusammenhang stehenden Aufwendungen zu den Bewirtungskosten i.S. des § 4 Abs. 5 Nr.2 EStG zählen (vgl. hierzu z. B. Schmidt/Heinicke, Einkommensteuergesetz, 11. Aufl., § 4 Anm. 101b bb). Nach den Feststellungen des FG handelt es sich bei den streitigen Aufwendungen um Verpflegungs- und damit um Bewirtungsaufwand i. S. des § 4 Abs. 5 Nr. 2 EStG.
Auf die Entscheidung des III. Senats vom 16. Februar 1990 III R 21/86 (BFHE 160, 166, BStBl II 1990, 575) kann sich die Klägerin nicht mit Erfolg berufen. Zwar liegt nach der im Leitsatz 1 der bezeichneten Entscheidung zum Ausdruck gelangten Auffassung des III. Senats des BFH eine Bewirtung i. S. des § 4 Abs. 5 Nr. 2 Satz 1 EStG nur vor, wenn die Darreichung von Speisen und/oder Getränken eindeutig im Vordergrund steht. Diese Ausführung beschränkt sich aber auf die dort zu entscheidende Problematik der Abgrenzung von Bewirtungsaufwendungen im Sinne der Darreichung von Speisen/Getränken (Abzugsfähigkeit gemäß § 4 Abs. 5 Nr. 2 EStG) und von ,,Bewirtungen" anläßlich des Besuchs von Nachtlokalen o.ä. (Ausschluß jeglichen Betriebsausgabenabzugs gemäß § 4 Abs. 5 Nr. 7 EStG). Eine darüber hinausgehende allgemeine Aussage, wonach § 4 Abs. 5 Nr. 2 EStG nur eingreift, wenn die Bewirtung im Rahmen einer Gesamtveranstaltung im Vordergrund steht, enthält das bezeichnete Urteil nicht (anderer Ansicht FG Berlin, Urteil vom 19. Juni 1990 V 289/87, Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1991, 15). Ein derartiges Verständnis des § 4 Abs. 5 Nr. 2 EStG würde auch dem Zweck dieser Vorschrift zuwiderlaufen, der u. a. darin liegt, durch die vorgeschriebenen formalisierten Nachweise den Nachweis der betrieblichen Veranlassung zu erleichtern. Auch der III. Senat hat in einem vergleichbaren Fall (vgl. BFHE 153, 119, BStBl II 1988, 655) bei der Darreichung von Speisen im Rahmen einer Veranstaltung nicht auf den Vorrang der Bewirtung abgestellt und diese Frage daher ungeprüft gelassen.
Die Bewirtungsaufwendungen dürfen damit gemäß § 4 Abs. 5 EStG den Gewinn der Klägerin nicht mindern. Die Rechtmäßigkeit der Bescheide über die Feststellung der Besteuerungsgrundlagen gemäß § 47 KStG ergibt sich aus § 47 Abs. 2, § 31 Abs. 1 Nr. 4 KStG
Fundstellen
Haufe-Index 419007 |
BFH/NV 1993, 530 |