Entscheidungsstichwort (Thema)
Beiladung bei Wegfall des negativen Kapitalkontos eines Kommanditisten
Leitsatz (NV)
Auch wenn der Rechtsstreit nur über die Höhe des Veräußerungsgewinns des Kommanditisten geführt wird, ist bei Wegfall seines negativen Kapitalkontos der persönlich haftende Gesellschafter beizuladen.
Normenkette
FGO § 60 Abs. 3
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) war Kommanditist und bis zum 31. März 1986 auch Geschäftsführer einer GmbH & Co. KG (KG). Der Antrag auf Eröffnung des Konkurses über das Vermögen dieser Gesellschaft ist am 13. Oktober 1986 mangels Masse abgelehnt worden.
Das Kapitalkonto des Klägers wies zum 31. Dezember 1985 einen negativen Betrag in Höhe von 958544 DM aus. Das Finanzamt (FA) hat im Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb 1986 nur noch einen Veräußerungsgewinn aus der Auflösung dieses negativen Kapitalkontos festgestellt, den es in der Einspruchsentscheidung und in einem nachfolgenden Änderungsbescheid nach Berücksichtigung der drohenden Inanspruchnahme des Klägers aus zwei Bürgschaften für die KG auf ... DM herabgesetzt hat. Streitig geblieben ist, ob weitere Bürgschaften hätten gewinnmindernd berücksichtigt werden müssen.
Das Finanzgericht (FG) hat diese Frage hinsichtlich einer weiteren Bürgschaft bejaht und die Revision zugelassen, weil diese Bürgschaft nicht unmittelbar gegenüber der KG übernommen worden ist.
Mit der Revision rügt das FA Verletzung materiellen Rechts.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet.
Sie führt bereits aus verfahrensrechtlichen Gründen zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
Der Senat kann nicht beurteilen, ob das FG die Beiladung der GmbH als der persönlich haftenden Gesellschafterin zu Recht unterlassen hat.
1. Nach § 60 Abs. 3 FGO ist eine Beiladung erforderlich, wenn an dem streitigen Rechtverhältnis Dritte derartig beteiligt sind, daß die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Es ist im Streitfall hinsichtlich der persönlich haftenden GmbH nicht auszuschließen, daß diese Voraussetzung erfüllt ist.
Der Senat kann nicht beurteilen, ob die GmbH als (frühere) persönlich haftende Gesellschafterin hätte beigeladen werden müssen. Sie ist zwar in einem Rechtsstreit, der nur über den Veräußerungsgewinn eines Mitgesellschafters geführt wird, regelmäßig nicht betroffen (vgl. z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 17. Januar 1989 VIII R 370/83, BFHE 156, 103, BStBl II 1989, 563). Das ist aber bei Veräußerungsgewinnen, die durch die Auflösung des negativen Kapitalkontos eines Kommanditisten entstehen, anders. Beim Wegfall des negativen Kapitalkontos eines Kommanditisten, das durch einkommensteuerrechtliche Verlustzurechnungen entstanden ist, ist in Höhe des beim Kommanditisten zu erfassenden Gewinnes dem persönlich haftenden Gesellschafter ein Verlustanteil zuzurechnen (BFH-Beschluß vom 10. November 1980 GrS 1/79, BFHE 132, 244, BStBl II 1981, 164; ständige Rechtsprechung, vgl. zuletzt BFH-Urteil vom 10. Dezember 1991 VIII R 17/87, BFHE 167, 331, BStBl II 1992, 650, und vom 28. Januar 1992 VIII R 28/90, BFHE 168, 30, BStBl II 1992, 881). Von einer Beiladung kann in diesem Fall nur abgesehen werden, wenn die GmbH nicht mehr besteht und sich deshalb Verluste auch in künftigen Jahren nicht mehr auswirken können (BFH-Urteil vom 26. März 1980 I R 111/79, BFHE 130, 477, BStBl II 1980, 587; vom 12. November 1992 IV R 105/90, BFH/NV 1993, 315).
Hier kommt hinzu, daß sich der Rechtsstreit möglicherweise erledigt hätte, wenn dem Steuerpflichtigen, der wohl auch Alleingesellschafter der GmbH war, durch deren Beiladung bewußt geworden wäre, daß er den Veräußerungsgewinn über den Auflösungsverlust nach § 17 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes hätte ausgleichen können. Denn in Höhe der nichtberücksichtigten Bürgschaftsverbindlichkeiten bleibt das negative Kapitalkonto des Klägers erhalten und erhöht damit den Verlustanteil der GmbH.
2. Ist eine notwendige Beiladung unterblieben, muß das Revisionsgericht die Vorentscheidung aufheben und die Sache an das FG zurückverweisen. Dies gilt auch dann, wenn die Notwendigkeit einer Beiladung vom Tatsachengericht nicht nachgeprüft worden ist, obwohl der Sachverhalt eine solche Prüfung verlangte (BFH-Urteil vom 19. Mai 1987 VIII R 382/83, BFH/NV 1988, 161, m.w.N.).
Fundstellen
Haufe-Index 419250 |
BFH/NV 1994, 183 |