Leitsatz (amtlich)
Beteiligt sich eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung am Wirtschaftsleben, so ist ihre Tätigkeit üblicherweise darauf gerichtet, Gewinn zu erzielen, der eine angemessene Verzinsung des investierten Kapitals erbringt. Leistungen der Gesellschaft an die Gesellschafter zu einem unangemessen niedrigen Entgelt stellen daher, auch wenn sie im Gesellschaftsvertrag vorgeschrieben sind, eine verdeckte Gewinnausschüttung dar, die dem Gewinn der Gesellschaft hinzuzurechnen ist.
Normenkette
KStG § 6 Abs. 1 S. 2, § 8b Abs. 7 S. 1
Tatbestand
Die Revisionsbeklagte (Steuerpflichtige) ist eine GmbH, deren Gegenstand nach § 2 des Gesellschaftsvertrags die gemeinsame Förderung der von ihren Gesellschaftern betriebenen Einzelhandelsunternehmen eines bestimmten Geschäftszweiges ist. Sie führte in den Streitjahren 1961 und 1962 für die Einzelhandelsunternehmen, die von ihren Gesellschaftern betrieben wurden oder an denen ihre Gesellschafter maßgeblich beteiligt waren (Anschlußhäuser) und für weitere neun ausländische Einzelhändler eine gemeinsame Schaufensterwerbung durch. Die Aufwendungen für die Werbung stellte die Steuerpflichtige ihren Gesellschaftern und den übrigen Firmen nur zum Teil in Rechnung. Sie trug insbesondere die auf die weiter berechneten Aufwendungen entfallende Umsatzsteuer selbst. Der Revisionskläger (das FA) erblickte darin verdeckte Gewinnausschüttungen und rechnete die Aufwendungen, die die Steuerpflichtige selbst trug, dem Handelsbilanzgewinn hinzu.
Die Sprungberufung führte zu einer Herabsetzung der Körperschaftsteuer, da das FG das Vorliegen verdeckter Gewinnausschüttungen verneinte.
Zur Begründung hat das FG ausgeführt: Da nach dem Zweck der Steuerpflichtigen die von den Gesellschaftern betriebenen Einzelhandelsgeschäfte gefördert werden sollen, sei es eine Aufgabe der Steuerpflichtigen gewesen, sich mit der Schaufensterwerbung zu befassen. Insbesondere sei aus § 2 des Gesellschaftsvertrags zu entnehmen, daß die Steuerpflichtige alle Maßnahmen zu ergreifen habe, die den Ertrag der Einzelhandelsgeschäfte fördern könnten. Alle Aufwendungen zur Vorbereitung der Werbung stellten Ausgaben dar, die durch den Betrieb der Steuerpflichtigen veranlaßt gewesen seien. Aber auch darin, daß den Gesellschaftern für die Durchführung der Werbung Beträge nur in Höhe der Selbstkosten in Rechnung gestellt worden seien, liege keine verdeckte Gewinnausschüttung. Nur insoweit sei eine verdeckte Gewinnausschüttung anzunehmen, wie die Gesellschafter nicht mit der Umsatzsteuer belastet worden seien, in diesem Umfang allerdings auch, soweit die Werbung bei den ausländischen Firmen, die nicht Anschlußhäuser gewesen seien, durchgeführt worden sei. Da der Steuerpflichtigen aus marktpolitischen Gründen daran gelegen gewesen sei, daß ihr diese Firmen als Gesellschafter beiträten, könnten diese Firmen nicht schlechthin als fremde Dritte anerkannt werden.
Die Revision des FA rügt unrichtige Rechtsanwendung, einen Verstoß gegen den klaren Inhalt der Akten und wesentliche Verfahrensmängel. Das FG habe vor allem nicht beachtet, daß es sich bei den streitigen Beträgen nicht um Kosten der Werbung für die Steuerpflichtige, sondern um Kosten der Werbung für die Förderung des Absatzes der Einzelhandelsunternehmen gehandelt habe. Das seien aber Kosten, die die Einzelhandelsunternehmen selbst zu tragen gehabt hätten.
Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben, soweit es verdeckte Gewinnausschüttungen verneint habe.
Die Steuerpflichtige erwidert, das FG habe sich aus dem von den Parteien vorgetragenen Sachverhalt davon überzeugt, daß die für die Werbung aufgewendeten Kosten dem eigenen Interesse der Steuerpflichtigen gedient hätten. In solchen Fällen scheide die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung selbst dann aus, wenn die Aufwendungen im Zusammenhang mit Aufwendungen im Interesse eines Gesellschafters gemacht würden.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision ist begründet und führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.
Das FG hat verdeckte Gewinnausschüttungen der Steuerpflichtigen an ihre Gesellschafter über den Betrag der nicht weiter berechneten Umsatzsteuer hinaus zu Unrecht verneint, andererseits aber verdeckte Gewinnausschüttungen an die ausländischen Firmen, die nicht Gesellschafter waren und auch den Gesellschaftern nicht nahestanden, zu Unrecht bejaht.
1. Gesellschaften mit beschränkter Haftung können zwar zu jedem gesetzlich zulässigen Zweck errichtet werden (§ 1 GmbHG). Beteiligt sich aber eine GmbH, wie die Steuerpflichtige, am Wirtschaftsleben, so ist ihre Tätigkeit üblicherweise darauf gerichtet, Gewinn zu erzielen, der eine angemessene Verzinsung des investierten Kapitals erbringt (Urteil des BFH I 319/61 vom 3. März 1964, HFR 1964, 299). Hätte deshalb die Steuerpflichtige die Schaufensterwerbung für Firmen durchgeführt, deren Inhaber nicht ihre Gesellschafter oder diesen nahestehende Personen waren, so hätte sie - von Sonderfällen abgesehen (vgl. 2.) - bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters (§ 43 GmbHG) dafür eine Vergütung gefordert, die ihre Selbstkosten gedeckt und darüber hinaus einen angemessenen Gewinnanteil enthalten hätte. Im Streitfall führte die Steuerpflichtige die Schaufensterwerbung für ihre Gesellschafter und diesen nahestehende Personen gegen ein Entgelt durch, das unter ihren Selbstkosten lag. Das war ein unangemessen niedriger Preis für ihre Leistung. Die Steuerpflichtige gewährte damit ihren Gesellschaftern einen Vorteil, den sie unter sonst gleichen Umständen einem Dritten nicht eingeräumt hätte und der deshalb eine verdeckte Gewinnausschüttung darstellt (vgl. § 19 Nr. 6 KStDV; BFH-Urteile I 187/64 vom 10. Mai 1967, BFH 88, 518, BStBl III 1967, 498; I 113/61 U vom 18. September 1962, BFH 75, 599, BStBl III 1962, 485).
Demgegenüber kann sich die Steuerpflichtige nicht mit Erfolg darauf berufen, daß es nach dem Gesellschaftsvertrag der Gegenstand ihres Unternehmens sei, die Einzelhandelsunternehmen ihrer Gesellschafter zu fördern. Denn mit dieser Bestimmung des Gesellschaftsvertrages ist noch nicht gesagt, daß die Steuerpflichtige die Geschäfte ihrer Gesellschafter unentgeltlich oder gegen ein unangemessen niedriges Entgelt zu fördern habe. Wäre die Bestimmung in diesem Sinne zu verstehen, so würde die Berufung auf sie an § 7 KStG scheitern. Nach dieser Vorschrift ist es für die Ermittlung des Einkommens, nach dem sich die Körperschaftsteuer bemißt (§ 5 Abs. 1 KStG), ohne Bedeutung, ob das Einkommen verteilt wird oder nicht. Daraus folgt, daß die Abführung von Gewinnen an die Gesellschafter, mag sie nun offen oder in Form einer verdeckten Gewinnausschüttung erfolgen, das Einkommen nicht mindern darf, auch wenn sie im Gesellschaftsvertrag vorgeschrieben ist.
Die Höhe der verdeckten Gewinnausschüttungen kann nur nach weiteren tatsächlichen Feststellungen ermittelt werden. Die Sache geht daher zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück. Dieses wird im Wege der Beweisaufnahme untersuchen müssen, welche Vergütung für Leistungen der im Streitfall erbrachten Art im Geschäftsleben unter vergleichbaren Umständen, aber zwischen gesellschaftsrechtlich nicht verbundenen Personen üblich ist (vgl. BFH-Urteil I 220/64 vom 1. Februar 1967, BFH 88, 545, BStBl III 1967, 495).
2. Keine verdeckte Gewinnausschüttung, auch nicht in dem vom FG festgestellten Umfang, liegt dagegen darin, daß die Steuerpflichtige für die Schaufensterwerbung bei den ausländischen Firmen ein unter ihren Selbstkosten liegendes Entgelt berechnete. Denn verdeckte Gewinnausschüttungen können nur Gesellschaftern zufließen, sei es unmittelbar, sei es mittelbar auf dem Weg über Zuwendungen an Personen, die den Gesellschaftern nahestehen (BFH-Urteil I 325/61 S vom 25. Oktober 1963, BFH 78, 46, BStBl III 1964, 17). Die Absicht der Steuerpflichtigen, die ausländischen Firmen als neue Gesellschafter an sich zu ziehen, reicht nicht aus, um verdeckte Gewinnausschüttungen an sie anzunehmen. Sie läßt es andererseits verständlich erscheinen, daß die Steuerpflichtige von diesen Firmen eine sehr niedrige Vergütung für die Schaufensterwerbung verlangte. Daher könnte die Steuerpflichtige zur Rechtfertigung der ebenso niedrigen Gegenleistung ihrer Gesellschafter nicht darauf verweisen, daß die ausländischen Firmen nicht anders behandelt worden seien. Denn insoweit lagen besondere Umstände vor, die bei den Gesellschaftern der Steuerpflichtigen fehlten. Diese brauchten für den Eintritt in die Gesellschaft nicht geworben zu werden.
Fundstellen
Haufe-Index 68326 |
BStBl II 1969, 14 |
BFHE 1968, 514 |