Entscheidungsstichwort (Thema)
Grunderwerbsteuer/Kfz-Steuer/sonstige Verkehrsteuern
Leitsatz (amtlich)
Gewinnsparen als steuerpflichtige Lotterie.
Normenkette
RennwLottG § 17
Tatbestand
Durch Verfügung der zuständigen Genehmigungsbehörde ist dem Beschwerdeführer (Bf.), einem Sparverein, auf Grund der Lotterie-Verordnung vom 6. März 1937 (Reichsgesetzblatt - RGBl. - I S. 283) die Erlaubnis erteilt worden, in bestimmten Zeitabständen nach Maßgabe der Satzung und der Auslosungsbestimmungen Prämienauslosungen zugunsten der Vereinsmitglieder aus einem Auslosungsstock durchzuführen, der aus den Mitgliedsbeiträgen sowie aus den Zinsen der Spareinlagen gebildet wird.
Dieses sogenannte "Gewinnsparen" vollzieht sich nach der Satzung und den Auslosungsbestimmungen auf folgende Weise:
Jedes an den Auslosungen teilnehmende Vereinsmitglied muß sich verpflichten, für die Dauer eines Jahres wöchentlich mindestens 1 DM (Sparrate) zu sparen und außerdem einen wöchentlichen Vereinsbeitrag von 15 Pfennig für jede Sparrate zu zahlen. Die Sparraten sind auf ein eigenes Sparkonto des Sparers bei der Volksbank P. einzuzahlen. Sie verbleiben dem Sparer, der aber erst nach Ablauf eines Sparjahres über sie frei verfügen kann. Die Vereinsbeiträge sind auf ein Sonderkonto des Bf. bei der Volksbank einzuzahlen. Sie bilden zusammen mit den angesparten Zinsen den Auslosungsfonds. Jeder Sparer kann mit mehreren Sparraten an den Auslosungen teilnehmen. Die Vereinsmitgliedschaft ist Voraussetzung für die Teilnahme an den monatlichen Auslosungen. Mitglied des Vereins kann jeder werden, der sich verpflichtet, für einen Zeitraum von 12 Monaten wöchentlich mindestens 1 DM zu sparen. Die Aufnahme erfolgt durch schriftliche Erklärung an den Vorstand.
Das Finanzamt erhob Lotteriesteuer auf Grund des § 17 des Rennwett- und Lotteriegesetzes (RennwLottG). Das Finanzgericht wies die Berufung als unbegründet zurück.
Entscheidungsgründe
Auch die Rechtsbeschwerde (Rb.) hat keinen Erfolg.
Der Bf. macht in erster Linie - wie schon bisher - geltend, das Gewinnsparen stelle wegen der damit verfolgten Zwecke keinen unter das Rennwett- und Lotteriegesetz fallenden Vorgang dar.
Das Finanzgericht führt aus, das Rennwett- und Lotteriegesetz wolle zwar den Spielbetrieb und mühelosen Vermögensgewinn als Steuerquelle nutzbar machen, es sei aber nicht Voraussetzung der Steuerpflicht, daß die Veranstaltung nur oder vorwiegend der Befriedigung der Spielleidenschaft dient. Dem ist beizutreten. Das Gesetz hat, von dem erwähnten Grundgedanken ausgehend, gewisse Tatbestände der Steuer unterworfen, ohne die Steuerpflicht von weiteren, zum Tatbestand selbst nicht gehörenden positiven oder negativen Voraussetzungen abhängig zu machen. Sind die Tatbestandsmerkmale einer Lotterie erfüllt, so ist sie (abgesehen von den nach § 18 des Gesetzes befreiten Lotterien zu ausschließlich mildtätigen Zwecken mit einem Wert bis zu 3.000 DM) steuerpflichtig unabhängig von dem Zweck, den der Veranstalter mit ihr verfolgt. Es hat auch schon der Reichsfinanzhof in dem Urteil II A 739/24 vom 14. November 1924, Slg. Bd. 15 S. 37, ausgesprochen, daß das Gesetz in der Besteuerung der Lotterien und Ausspielungen den Spielbetrieb im Volke, wenn er schon nicht zu unterdrücken ist, wenigstens als Steuerquelle nutzbar machen und den unverdienten Vermögensgewinn auch bei Spiel und Wette treffen will und daß einzig von diesem Gesichtspunkt des Spielenden aus die gesetzlichen Vorschriften zu beurteilen sind. Es komme deshalb für die Steuerpflicht mit der im Gesetz gemachten Ausnahme zugunsten genehmigter Lotterien und Ausspielungen zu ausschließlich mildtätigen Zwecken weder auf den Zweck an, den der Unternehmer der Lotterie oder Ausspielung mit dieser verfolgt, noch darauf, woher der Unternehmer die Mittel zur Aufbringung der Gewinne hernimmt.
Danach steht der Annahme einer steuerpflichtigen Lotterie nicht das in der Rb. wiederholte Vorbringen des Bf. entgegen, das Gewinnsparen diene nicht dem Zweck des Spielens, sondern dazu, den Spargedanken im Wege der Selbsthilfe wieder zu beleben, in den Menschen die ethischen Werte der Selbsthilfe und Selbstverantwortung für die eigene Entwicklung und das Fortkommen wieder zu wecken und zugleich das volkswirtschaftliche und staatspolitische Ziel der Ansammlung von Sparkapital zu fördern. Dieses Vorbringen kann die Frage, ob eine steuerpflichtige Lotterie vorliegt, nicht beeinflussen. Was aber den einzelnen Sparer betrifft, so fußt die strittige Veranstaltung auf dem Spieltrieb der Sparer. Zu der besonderen Form des Gewinnsparens werden die Sparer dadurch bestimmt, daß ihnen Gewinne in Aussicht gestellt werden. Das gilt sowohl für die Sparer, die ohne die Gewährung der Gewinnhoffnung nicht sparen würden, als auch für die Sparer, die schon zu sparen beabsichtigen, aber das Gewinnsparen dem Sparen gegen die übliche Verzinsung vorziehen.
Die Ausgabe der sogenannten Baby-Fonds, auf die sich der Bf. beruft, stellte ebenfalls einen unter das Rennwett- und Lotteriegesetz fallenden Vorgang dar. Das geht daraus hervor, daß er durch die besondere Vorschrift des § 4 Abs. 2 des Anleihe-Gesetzes 1950 vom 29. März 1951 (BGBl. I S. 218) von der Steuer freigestellt worden ist.
Was die einzelnen Merkmale einer steuerpflichtigen Lotterie angeht, so hat das Finanzgericht das allein streitig gewesene Merkmal der öffentlichkeit mit Recht als gegeben angesehen. Das Finanzgericht hat zutreffend die Vorschrift des § 17 Satz 2 RennwLottG angewendet, nach der eine Lotterie als öffentlich gilt, wenn die für die Genehmigung zuständige Behörde sie als genehmigungspflichtig ansieht. Wenn der Bf. demgegenüber in der Rb. geltend macht, die Finanzämter hielten sich im umgekehrten Falle nicht für gebunden, wenn die Genehmigungsbehörde eine Veranstaltung nicht als genehmigungspflichtig ansehe, so ist dies darin begründet, daß der Gesetzgeber die Bindung nur an die positive Entscheidung der Genehmigungsbehörde geknüpft hat (Vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs II 111/50 S vom 27. April 1951, Bundessteuerblatt - BStBl. - III S. 112, Abschn. I und II 1). Das Finanzgericht konnte deshalb aussprechen, daß schon im Hinblick auf § 17 Satz 2 a. a. O. der Berufung der Erfolg versagt werden mußte. Es hat aber darüber hinaus noch auf Grund eigener Prüfung die öffentlichkeit der Veranstaltung bejaht. Käme es auf diese Prüfung an, so würde der Senat die Vorentscheidung auch in dieser Hinsicht ohne Bedenken billigen. Angesichts der Art der Aufnahmebedingungen stehen das Gewinnsparen, dessen Werbekraft der Bf. wiederholt betont hat, und damit die Teilnahme an der Lotterie allen Interessenten, also einer unbestimmten Allgemeinheit, nicht lediglich einem geschlossenen Personenkreis, offen.
Wenn der Bf. in den Auslosungen die satzungsgemäße Verteilung des durch Mitgliederbeiträge angesammelten Vereinsvermögens erblickt, so ändert dies nichts an der Tatsache, daß über die Verteilung das Los entscheidet, die Erlangung eines Gewinns also vom Zufall abhängt.
Da im übrigen die Voraussetzungen einer steuerpflichtigen Lotterie unbedenklich erfüllt sind, war die Rb. als unbegründet zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 424045 |
BStBl III 1953, 20 |
BFHE 1954, 55 |
BFHE 57, 55 |