Entscheidungsstichwort (Thema)

Körperschaftsteuer Sonstiges Arbeitsrecht

 

Leitsatz (amtlich)

Für die Hauptfeststellung des Betriebsvermögens einer Berliner Altbank auf den 21. Juni 1948 ist abweichend von den bewertungsrechtlichen Bestimmungen für westdeutsche Geldinstitute § 27 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a Drittes DMBEG maßgebend.

Eine Berliner Altbank, die ihre steuerliche Eröffnungsbilanz auf den 21. Juni 1948 erst nach dem Inkrafttreten des Dritten DMBEG aufgestellt hat, kann die zurückzugewährenden Ausgleichsforderungen beim Einheitswert des Betriebsvermögens auf den 21. Juni 1948 als Schuld absetzen.

DMBG §§ 3, 47, 75; Drittes DMBEG §§ 8 Abs. 3, 9, 11, 27 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a; VBewG § 9;

 

Normenkette

DMBG § 3; DMBG § 47; DMBG § 75; VermBewG § 9; 3-DMBEG 8/3; 3-DMBEG 9; 3-DMBEG 11; 3-DMBEG 27/1/2/a; UG § 11; GG Art. 3

 

Tatbestand

Die Bfin. gehört zu den Berliner Altbanken, die eine westdeutsche Umstellungs-Teilrechnung aufzustellen haben. Sie hat von der Möglichkeit einer höheren Bewertung ihrer Wertpapiere gemäß den Vorschriften des Dritten DMBEG vom 21. Juni 1955 (BGBl 1955 I S. 297) Gebrauch gemacht. Die ursprünglichen Wertansätze für Wertpapiere erhöhten sich dadurch. Gleichzeitig bildete die Bfin. in ihrer DM-Eröffnungsbilanz (DMEB) im Hinblick auf § 9 Abs. 2 Drittes DMBEG eine Rückstellung für zurückzugewährende Ausgleichsforderungen. Bei Inkrafttreten des Dritten DMBEG (1. August 1955) war die Umstellungsrechnung über das westdeutsche Vermögen noch nicht gefertigt. Die Bfin. hat bei der ursprünglichen Aufstellung der DM-Rechnung die höhere Bewertung der Wertpapiere und die Verpflichtung zur Rückgabe eines Teils der Ausgleichsforderungen (von 30 % ) bereits berücksichtigt.

Das Finanzamt erkannte die Rückstellung bei der vorläufigen Feststellung des Einheitswerts für das westdeutsche Betriebsvermögen der Bfin. auf den 21. Juni 1948 nicht als Schuldposten an und setzte den Einheitswert vorläufig fest.

Die Bfin. wandte dagegen ein, insbesondere in ihrem Sonderfalle mit der Erstellung der EB. erst nach dem Inkrafttreten des Dritten DMBEG müsse die Rückgabeverpflichtung als Schuldposten berücksichtigt werden. Außerdem sei die Rückgabeverpflichtung eine in die DMEB eingestellte westdeutsche Verbindlichkeit im Sinne des § 27 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a Drittes DMBEG.

Einspruch und Berufung blieben ohne Erfolg. Das Finanzgericht versagte den Abzug der Rückgabeverpflichtung vor allem mit folgender Begründung: Die Werterhöhung für Wertpapiere nach dem Dritten DMBEG sei ohne Wirkung auf die Umstellungsrechnung der Bfin. (ß 9 Abs. 1 letzter Halbsatz Drittes DMBEG). Sie trete außerhalb der Umstellungsrechnung ein (ß 11 Abs. 2 Satz 3 Drittes DMBEG). Trotzdem habe sie vermögensteuerliche Auswirkungen (ß 75 DMBG), da § 11 Abs. 2 Drittes DMBEG die Koppelung zwischen der Umstellungsrechnung und der Bewertung des Betriebsvermögens, wie sie in § 9 des Vermögensbewertungsgesetzes (VBewG) festgelegt sei, insoweit ausdrücklich aufhebe. Diese Regelung beziehe sich aber, wie sich aus § 11 Abs. 2 i. V. mit Abs. 1 Drittes DMBEG ergebe, nur auf den erhöhten Wertansatz als solchen. Die Rückgabeverpflichtung gemäß § 9 Abs. 2 Drittes DMBEG werde davon nicht erfaßt. Die Ausgleichsforderungen seien daher zum 21. Juni 1948 weiterhin gemäß § 9 VBewG mit den in die Umstellungsrechnung eingesetzten Werten anzusetzen, ohne daß ein Abzug für die später zurückzugewährenden Teile gemacht werden könne. Eine abzugsfähige Last sei vielmehr erst für spätere Feststellungszeitpunkte anzuerkennen. Der Gesetzgeber habe absichtlich von einer Rückbeziehung der Rückgabeverpflichtung gemäß § 9 Abs. 2 Drittes DMBEG auf den 21. Juni 1948 Abstand genommen. Eine Rückbeziehung hätte die Rückzahlung der bisher zugeflossenen Zinsen nach sich ziehen müssen und zu nicht unerheblichen Schwierigkeit geführt. Deshalb betone auch § 9 Abs. 2 Satz 2 Drittes DMBEG ausdrücklich, daß das Geldinstitut hinsichtlich der zurückgewährenden Ausgleichsforderungen Anspruch auf Zinsen bis zum 31. Dezember 1953 habe. Die Verpflichtung zur Rückgewähr der Ausgleichsforderungen trete erst dann ein, wenn die Umstellungsrechnung des Geldinstituts bestätigt werde. Nach dem Stichtagprinzip könne sie sich daher nicht bereits zum 21. Juni 1948 auswirken. Der Hinweis auf §§ 27, 28 Drittes DMBEG gehe fehl. Die Rückgabeverpflichtung gemäß § 9 Abs. 2 Drittes DMBEG stelle keine westdeutsche Verbindlichkeit im Sinne des § 3 des Gesetzes über die Altbankenrechnung und die DM-Eröffnungsbilanz der Berliner Altbanken (ABilG) vom 10. Dezember 1953 (GVBl Berlin 1953 S. 1488) dar. Die von der Bfin. angeführten Bestimmungen böten keine Anhaltspunkt dafür, daß die Rückgabeverpflichtung bereits in der steuerlichen DMEB für das westdeutsche Teilvermögen der Bfin. einzusetzen sei.

Mit der Rb. macht die Bfin. folgendes geltend: Sie sei als Berliner Altbank an § 27 DMBEG hinsichtlich des Ansatzes ihrer westdeutschen Verbindlichkeiten bei der Hauptfeststellung des Einheitswerts auf den 21. Juni 1948 gebunden gewesen. Der Begriff "westdeutsche Verbindlichkeit" ergebe sich aus § 3 Abs. 3 ABilG. Die Rückgabeverpflichtung stehe ausschließlich mit westdeutschen Wertpapieren in Zusammenhang und sei daher als westdeutsche Verbindlichkeit anzusehen. Nach § 8 Abs. 3 Drittes DMBEG habe sie bei Aufstellung der DM-Rechnung die Höhe der Bewertung der Wertpapiere berücksichtigen müssen. Nach handelsrechtlichen Grundsätzen habe sie zugleich mangels anderer gesetzlicher Regelung die Abführungsverpflichtung einsetzen müssen. In § 9 Abs. 6 Drittes DMBEG sei nicht auf § 9 Abs. 5 verwiesen. Daraus folge die Voraussetzung, daß die Verpflichtung bereits in der DMEB eingesetzt sei, da sonst ein später zu bildender Passivposten steuerlich abzugsfähig wäre. Sofern, wie hier, die DMEB bei Inkrafttreten des Dritten DMBEG noch nicht vorgelegen habe, handele es sich um keine Rückbeziehung (ß 47 DMBG), sondern um eine ursprüngliche Bewertung, bei der auch die mit der Bewertung in Zusammenhang stehenden Belastungen bereits ursprünglich in die DMEB einzustellen seien. Die Zinsregelung in § 9 Abs. 2 Drittes DMBEG diene der Vereinfachung.

Das Dritte DMBEG sei in erster Linie ein handelsrechtliches Gesetz mit steuerrechtlichen Regelungen in § 9 Abs. 5 und § 11. Es sei die Bindung der Steuerbilanz an die Handelsbilanz zu beachten. Die Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung hätten gemäß § 3 Abs. 1 DMBG auch für die DMEB Gültigkeit, soweit sich nicht aus dem Gesetz etwas anderes ergebe. § 27 Drittes DMBEG habe in seiner umfassenden Regelung den § 9 VBewG auch hinsichtlich des Ansatzes der Rückgabeverpflichtung ersetzt. Der Gesetzgeber habe auf den 21. Juni 1948 die Vermögensteuer unter Durchbrechung des Stichtagsprinzips an die DMEB gebunden (Hinweis auf § 47 DMBG). Die Berücksichtigung der begehrten Rückstellung entspreche dem Wortlaut des § 27 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a Drittes DMBEG.

Der Vorsteher des Finanzamts erklärte, daß für die Hauptfeststellung des Betriebsvermögens der Bfin. als Berliner Altbank abweichend von den bewertungsrechtlichen Bestimmungen für westdeutsche Geldinstitute § 27 Abs. 1 Nr. 2 Drittes DMBEG maßgeblich sei. Es müßten aber die in die DMEB zu übernehmenden Werte und Verbindlichkeiten am 21. Juni 1948 vorhanden gewesen sein. Das sei für die Ausgleichsforderungen nach § 11 des Umstellungsgesetzes und den hohen Ansatz der Wertpapiere nach § 9 Abs. 1, § 11 Abs. 2 Drittes DMBEG zu bejahen, während die Verpflichtung zur Rückgabe von 30 % der Ausgleichsforderung erst durch das Dritte DMBEG entstanden sei. Es handle sich bei dieser Verpflichtung um keine westdeutsche Verbindlichkeit im Sinne des § 27 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a Drittes DMBEG. Auch aus § 9 Abs. 5 und 6 ergebe sich die Ablehnung einer Rückbeziehung auf den 21. Juni 1948. Eine andere rechtliche Beurteilung würde zu einer nicht vertretenen steuerlichen Ungleichmäßigkeit führen, insbesondere, wenn wiederum bei Berliner Altbanken der Zeitpunkt der Erstellung der DMEB maßgeblich sein sollte.

Der Bundesminister der Finanzen trat dem Verfahren mit folgender Stellungnahme bei:

I. Rechtslage in Fällen, in denen die steuerliche DMEB eines Geldinstituts wegen der Aufstockung der Wertansätze für Wertpapiere nach dem Dritten DMBEG berichtigt wird.

Für die Vermögensbesteuerung sei bei der Hauptfeststellung der Einheitswerte auf den 21. Juni 1948 die Umstellungsrechnung bindend (ß 9 VBewG). Die maßgebenden Wertansätze seien für die Geldinstitute erst in der Verordnung über die Umstellungsrechnung der Geldinstitute aus Anlaß der Neuordnung des Geldwesens vom 11. August 1958 (BGBl 1958 I S. 589) geregelt worden. Nach § 6 dieser Verordnung seien Wertpapiere mit dem Steuerkurs oder Börsenkurs auf den 31. Dezember 1948 anzusetzen. Da die Höherbewertung von Wertpapieren nach dem Dritten DMBEG keine Auswirkung auf die Umstellungsrechnung habe (ß 9 Abs. 1 Drittes DMBEG), bemesse sich der Anspruch des Unternehmers auf Ausgleichsforderungen (ß 8 der Zweiten Durchführungsverordnung zum Umstellungsgesetz - Bankenverordnung -) nach dem überschuß der Passiven über die Aktiven, wie er sich auf Grund des Werts der Wertpapiere vom 31. Dezember 1948 ergebe. Die Bindung der Vermögensaufstellung an die Umstellungsrechnung gelte auch hinsichtlich der Ausgleichsforderungen (ß 9 VBewG). Durch die Sondervorschrift des § 11 Abs. 2 Drittes DMBEG werde, beschränkt auf Wertpapiere, die Bindung an die Umstellungsrechnung durchbrochen, an deren Stelle die steuerliche DMEB träte. Jedoch sei für die Vermögensaufstellung zum 21. Juni 1948 die Ausgleichsforderung auf Grund der Umstellungsrechnung zu ermitteln. Infolgedessen könne die Verpflichtung, in Höhe von 30 % des Aufstockungsbetrages außerhalb der Umstellungsrechnung Ausgleichsforderungen zurückzugewähren (ß 9 Abs. 2 Drittes DMBEG), bei der Vermögensaufstellung nicht berücksichtigt werden. Zudem stehe dem Abzug § 6 BewG entgegen, da die Rückgabeverpflichtung erst mit der Aufstellung der Berichtigungsbilanz, also frühestens im zweiten Halbjahr 1955, entstehe. Der Abzug sei allerdings von der Finanzverwaltung ab 1. Januar 1954 wegen des Wegfalls der Verzinsung der zurückzugewährenden Ausgleichsforderung (ß 9 Abs. 2 Drittes DMBEG zugelassen worden.

II. Rechtslage in Fällen, in denen ein westdeutsches Geldinstitut seine DMEB erst nach Inkrafttreten des Dritten DMBEG aufstellt.

Das Geldinstitut könne alsdann die Wertpapiere von vornherein mit dem Höchstwert des Dritten DMBEG ansetzen ( § 9 Abs. 6 i. V. mit § 8 Abs. 3 des Gesetzes). Es könne auch die Rückgabeverpflichtung bereits in der DMEB ausweisen. Diese originäre Berücksichtigung in der DMEB bleibe jedoch ohne Einfluß auf die Umstellungsrechnung (ß 9 Abs. 1 und die auf Grund des Absatzes 6 sinngemäß anzuwendenden Absätze 2 und 3 sowie Abs. 4 Satz 2 Drittes DMBEG). Hieraus folge im Zusammenhang mit der Bindung der Vermögensteuerwerte an die Umstellungsrechnung (ß 9 VBewG), daß die Rückgabeverpflichtung auch in diesem Falle während der Gültigkeitsdauer des § 9 VBewG nicht abzugsfähig sei. Daß die Bindung an die Umstellungsrechnung auch im Falle des § 8 Abs. 3 Drittes DMBEG (Aufstellung der DMEB nach Inkrafttreten des Dritten DMBEG) gelte, ergebe sich eindeutig aus dem Wortlaut des § 11 Abs. 2 Drittes DMBEG. Dessen Regelung umfasse nämlich durch die ausdrückliche Bezugsnahme auf die Fälle des § 11 Abs. 1 auch die dort genannten Fälle des § 8 Abs. 3 Drittes DMBEG.

III. Beurteilung des vorliegenden Sonderfalls einer Altbank, die ihre DMEB für das westdeutsche Vermögen zum 21. Juni 1948 erst nach dem Inkrafttreten des Dritten DMBEG aufgestellt hat.

Wie zu II. dargetan, seien die Wertpapiere mit den erhöhten Werten und die damit unmittelbare zusammenhängende Rückgabeverpflichtung in der steuerlichen DMEB anzusetzen (ß 9 Abs. 7 Drittes DMBEG). Trotzdem sei aber auch hier die Rückgabeverpflichtung beim Einheitswert auf den 21. Juni 1948 nicht abzugsfähig. Das wirtschaftliche Ergebnis der Umstellungsrechnung ohne Berücksichtigung des Dritten DMBEG, nämlich die Zinszahlung nach der Ausgleichsforderung gemäß Umstellungsrechnung, bleibe auch hier bis zum 31. Dezember 1953 bestehen. Außerdem müßten die Berliner Altbanken hinsichtlich ihres westdeutschen Vermögens den westdeutschen Geldinstituten völlig gleichgestellt werden (ß 9 Abs. 7 Drittes DMBEG). Dies gelte um so mehr, als sich der Anspruch auf Ausgleichsforderung hinsichtlich des westdeutschen Tätigkeitsbereiches ausschließlich nach der westdeutschen Umstellungsrechnung auf den 21. Juni 1948 richte. Es sei allerdings einzuräumen, daß der Wortlaut des § 27 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a Drittes DMBEG alle westdeutschen Verbindlichkeiten im Sinne des § 3 Abs. 3 ABilG zum Abzug zulasse, soweit sie in die steuerliche DMEB zum 21. Juni 1948 eingestellt worden seien. Nach dem Wortlaut des Gesetzes wäre deshalb für den ganz seltenen Ausnahmefall einer Altbank, die ihre westdeutsche Umstellungsrechnung erst nach dem Inkrafttreten des Dritten DMBEG aufgestellt habe, die Abzugsfähigkeit der Rückgabeverpflichtung schon zum 21. Juni 1948 gegeben. Für eine solche Sonderbehandlung seien jedoch keine vernünftigen Gründe ersichtlich. Sie wären vielmehr rein willkürlich und würden gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 des Grundgesetzes (GG) verstoßen. Der Gesetzgeber habe mit der Formulierung des § 27 Drittes DMBEG erreichen wollen, daß die Altbanken mit ihrem westdeutschen Vermögen genau so erfaßt würden wie die westdeutschen Kreditinstitute: "Erweist sich nunmehr nachträglich, daß es innerhalb der äußerst komplizierten und unübersichtlichen Materie einen Sonderfall gibt, in dem die Anwendung des formalen Gesetzeswortlauts den klar erkennbaren Zielen des Gesetzgebers zuwiderlaufen würde, so muß erforderlichenfalls die Vorschrift auch gegen den Wortlaut ausgelegt werden.) Der Abzug der Rückgabeverpflichtung sei nicht als Ausnahmeregelung sachlich gerechtfertigt. Eine mit Rücksicht auf besondere Umstände beabsichtigte Vergünstigung hätte klar und erkennbar im Gesetzeswortlaut zum Ausdruck gebracht werden müssen. Das sei aber nicht der Fall.

Die Bfin. widerspricht einer Auslegung des § 27 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a Drittes DMBEG gegen den Wortlaut, zumal alsdann eine Verschärfung der Besteuerung eintreten würde. Die Sonderbehandlung der Berliner Altbanken verstoße nicht gegen das Willkürverbot. Die Berliner Altbanken hätten einer abweichenden Behandlung gegenüber den westdeutschen Instituten bedurft. Dabei sei des weiteren eine Differenzierung geboten gewesen, je nachdem, ob die Berliner Altbanken bei Inkrafttreten des Dritten DMBEG eine steuerliche DMEB erstellt gehabt hätten oder nicht. Der Grund für die Nichterstellung habe zumeist darin gelegen, daß sie aus von ihnen nicht zu vertretenden Gründen noch nicht zum Neugeschäft zugelassen und dadurch wirtschaftlich benachteiligt gewesen seien. Zudem müßten die Steuerpflichtigen auf die Gültigkeit eines Gesetzes vertrauen können.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. führt zur Aufhebung der Vorentscheidungen.

In Frage steht der Schuldabzug der Rückgewährverpflichtung gemäß § 9 Abs. 2 Drittes DMBEG in Höhe von 30 % des Aufstockungsbetrages beim Einheitswert des Betriebsvermögens auf den 21. Juni 1948. Zutreffend gingen die Bfin. und der Bundesminister der Finanzen davon aus daß für die Bfin. als Berliner Altbank § 27 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a Drittes DMBEG maßgeblich ist. Für die Beurteilung dieser Gesetzesbestimmung ist von der Aufstockung der Wertansätze für die Wertpapiere nach dem Dritten DMBEG auszugehen, um deren grundsätzliche Auswirkung auf die DMEB und insbesondere auf die Einheitsbewertung zum 21. Juni 1948 klarzustellen. Auf diese Weise ist zu ermitteln, ob eine aus der wortgetreuen Anwendung des § 27 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a Drittes DMBEG sich etwa ergebende Begünstigung der Bfin. gegenüber anderen Geldinstituten einen unzulässigen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 GG bedeuten würde.

Der Normalfall des Dritten DMBEG ist die Berichtigung der DMEB wegen Aufstockung der Wertansätze für Wertpapiere bei westdeutschen Geldinstituten mit einer vor Inkrafttreten des Dritten DMBEG erstellten DMEB. Die in der Umstellungsrechnung eingestellten Werte bleiben für die Umstellungsrechnung maßgebend; das sind nach § 6 der Verordnung über die Umstellungsrechnung der Geldinstitute aus Anlaß der Neuordnung des Geldwesens vom 11. August 1958 (a. a. O.) der steuerliche Kurswert oder der Wert nach dem Kurszettel der Bank deutscher Länder auf den 31. Dezember 1948. Um die Höherbewertung für die DMEB sich auswirken zu lassen, hebt § 11 Abs. 2 Drittes DMBEG die Bindung an die Umstellungsrechnung, die als solche gemäß § 9 Abs. 1 Drittes DMBEG von der Höherbewertung unberührt bleibt, auf. Für die Ausgleichsforderung dagegen ist die Bindung des Einheitswerts auf den 21. Juni 1948 an die Umstellungsrechnung (ß 9 VBewG) nicht beseitigt. Die 30 % des Aufstockungsbetrags sind außerhalb der Umstellungsrechnung nach der endgültigen Bestätigung zurückzugewähren (ß 9 Abs. 2 Drittes DMBEG). Aus dieser gesetzlichen Wortfassung ergibt sich zugleich der aufschiebend bedingte Charakter der Rückgewährverpflichtung, zumindest bis zum Zeitpunkt der Aufstellung der Berichtigungsbilanz, auch wenn man (wie das der Bundesminister der Finanzen in einem zu den Akten eingereichten Schreiben vom 1. Oktober 1956 an die Finanzminister und Finanzsenatoren der Länder tut) der Bestätigung der Umstellungsrechnung hinsichtlich des zurückzugewährenden Betrages an Ausgleichsforderungen nur noch formelle Bedeutung zukommen läßt.

Wenn ein westdeutsches Geldinstitut erst nach Inkrafttreten des Dritten DMBEG seine DMEB aufgestellt hat, ist das Ergebnis das gleiche wie bei der oben dargestellten Berichtigung. Die erhöhten Werte der Wertpapiere werden von vornherein in die DMEB eingesetzt (ß 9 Abs. 6 und § 8 Abs. 3 Drittes DMBEG), ohne die Umstellungsrechnung zu berühren. Für die Wertpapiere entfällt ebenso wie in Fällen der Berichtigung der DMEB beim Einheitswert auf den 21. Juni 1948 die Bindung an die Umstellungsrechnung. Dagegen bleibt beim Einheitswert auf den 21. Juni 1948 für die anzusetzende Ausgleichsforderung nach § 11 Abs. 2 i. V. mit § 11 Abs. 1 und § 8 Abs. 3 Drittes DMBEG die Bindung an die Umstellungsrechnung aufrechterhalten (ß 9 VBewG); das heißt, die Rückgewährverpflichtung ist auf den 21. Juni 1948 nicht abzugsfähig.

Im Streitfall handelt es sich als Besonderheit um eine Berliner Altbank, die ihre DMEB für das westdeutsche Vermögen auf den 21. Juni 1948 erst nach dem Inkrafttreten des Dritten DMBEG aufgestellt hat. Bei einer Berliner Altbank greift für die Hauptfeststellung der Einheitswerte zum Währungsstichtag § 27 Drittes DMBEG Platz. Nach § 27 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a des Gesetzes sind von Berliner Altbanken, die eine westdeutsche Umstellungsrechnung aufzustellen haben, bei der Hauptfeststellung der Einheitswerte gewerblicher Betriebe auf den 21. Juni 1948 die westdeutsche Verbindlichkeiten im Sinne des § 3 Abs. 3 ABilG, die nicht nach §§ 59, 60 BewG außer Betracht bleiben, mit den in die steuerliche DMEB auf den 21. Juni 1948 eingestellten Werten anzusetzen. Westdeutsche Verbindlichkeiten im Sinne des § 3 Abs. 3 ABilG sind diejenigen Verbindlichkeiten, welche auf den Stichtag der Altbankenrechnung in die westdeutsche Sonderregelung einzubeziehen sind. Zum Kreis der Verpflichteten für eine westdeutsche Sonderregelung gehört die Bfin. (ß 2 Abs. 1 DMBG). Die Aufstockung war nur für westdeutsche Wertpapiere möglich, nicht dagegen für Wertpapiere und Anlagen, die Berliner Vermögenswerte im Sinne des § 2 ABilG sind (ß 9 Abs. 7 Drittes DMBEG). Die Rückgewährverpflichtung an Ausgleichsforderungen steht also ausschließlich im Zusammenhang mit westdeutschen Wertpapieren. Die ausgegliederten §§ 59, 60 BewG stehen zur vorliegenden Rückgewährverpflichtung in keiner Beziehung. Die Zurückbeziehung einer in die Altbankenrechnung auf den 1. Januar 1953 aufzunehmenden Verbindlichkeit in die steuerliche Eröffnungsbilanz auf den 21. Juni 1948 ergibt sich zwangsläufig aus § 27 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a Drittes DMBEG.

§ 27 Drittes DMBEG ist ein spezielles Gesetz für Berliner Altbanken, so daß nicht durch Analogieschluß zu § 9 VBewG die Berücksichtigung des streitigen Postens bei der Hauptfeststellung des Einheitswerts auf den 21. Juni 1948 verneint werden kann.

Bei erstmaliger Höherbewertung der Wertpapiere infolge Erstellung der DMEB erst nach Ergehen des Dritten DMBEG ist die Rückgewährverpflichtung ebenfalls in der DMEB auszuweisen. Nach dem Wortlaut des § 27 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a Drittes DMBEG ist bei einer Berliner Altbank, die wie die Bfin. ihre DMEB erst nach dem Inkrafttreten des Dritten DMBEG erstellt hat, die Abzugsfähigkeit der Rückgewährverpflichtung beim Einheitswert zum 21. Juni 1948 gegeben. Darauf allein kommt es nach § 27 Abs. 1 Drittes DMBEG für die Abzugsfähigkeit einer westdeutschen Verbindlichkeit beim Einheitswert des gewerblichen Betriebes einer Berliner Altbank an. § 27 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a Drittes DMBEG gibt unzweifelhaft solchen Berliner Altbanken, die ihre westdeutsche Umstellungsrechnung und ihre steuerliche DMEB erst nach dem Inkrafttreten des Dritten DMBEG aufgestellt haben, die begünstigende Möglichkeit, die Verpflichtung zur Rückgewähr von Ausgleichsforderungen bereits beim Einheitswert des Betriebsvermögens auf den 21. Juni 1948 mit vermögensteuerlicher Wirkung abzusetzen. Die Problematik bei Berliner Altbanken mit schon vorher festgestellter DMEB steht hier nicht zur Erörterung.

Der Ansicht des Bundesministers der Finanzen, zum Zwecke der Gleichbehandlung das Gesetz gegen den Wortlaut auszulegen, da keinerlei vernünftige Gründe für eine Sonderbehandlung erkennbar seien und eine solche Auslegung des Gesetzes als rein willkürlich gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 GG verstoße, kann nicht gefolgt werden. Der Wortlaut der Gesetzbestimmung lautet eindeutig zugunsten der Bfin. Es kommen somit hier nicht die Auslegungsgrundsätze zur Anwendung, die der Senat für die Fälle ausgesprochen hat, in denen der Wortsinn eines Gesetzes nicht eindeutig ist und infolgedessen zur Auslegung der Vorschrift Systematik, Zweck und Entstehungsgeschichte heranzuziehen sind (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs III 67/63 U vom 8. Oktober 1965, BStBl 1965 III S. 702, und III 279/62 U vom 8. Oktober 1965, BStBl 1965 III S. 723). Gegenstand der Auslegung ist das Gesetz selbst, das heißt der im Gesetz objektivierte Wille des Gesetzgebers. Infolgedessen kann der vom Gesetzgeber verfolgte Zweck für die Auslegung nur insoweit entscheidend sein, als er im Wortlaut des Gesetzes und im Sinnzusammenhang einen hinreichend bestimmten Ausdruck gefunden hat (Beschluß des Bundesverfassungsgerichts 2 BvL 11/59, 11/60 vom 17. Mai 1060, Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Bd. 11 S. 126). Die Behauptung des Bundesministers der Finanzen, der Gesetzgeber habe die Absicht gehabt, das westdeutsche Vermögen der Berliner Altbanken ebenso zu erfassen wie bei westdeutschen Kreditinstituten, kann nicht beachtet werden. Denn diese angebliche Absicht hat im Wortlaut des Gesetzes keinen Ausdruck gefunden (Hinweis auf Urteil des Bundesverfassungsgerichts 2 BvL 6/59 zu B I vom 19. Dezember 1961, BStBl 1962 I S. 486); im Gegenteil enthält § 27 Abs. 1 Nr 2 Buchst. a Drittes DMBEG die oben dargelegte Sonderregelung. Somit müßte, was der Bundesminister der Finanzen einräumt, die Auslegung des Gesetzes gegen den Wortlaut erfolgen, um die von der Bfin. begehrte Berücksichtigung der Rückgewährforderung beim Einheitswert auf den 21. Juni 1948 versagen zu können. Eine Auslegung von Gesetzen gegen ihren Wortlaut ist jedoch nur ausnahmsweise möglich. Diese Beschränkung muß ganz besonders für Steuergesetze gelten, wenn die Auslegung gegen den Wortlaut des Gesetzes zu einer Verschärfung der Besteuerung oder zur Versagung einer Vergünstigung führen würde. Die Auslegung eines Gesetzes gegen den Wortlaut kann nur dann in Frage kommen, wenn die wortgetreue Auslegung zu einem so unverständlichen Ergebnis führen würde, daß ein verständiger Steuerpflichtiger das Gesetz so nicht auffassen könnte (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs III 193/60 S vom 11. Dezember 1964, BStBl 1965 III S. 82, Slg. Bd. 81 S. 222 und die dort angeführte Rechtsprechung). Davon kann jedoch bei einer wortgetreuen Auslegung des § 27 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a Drittes DMBEG keine Rede sein. Die Sonderregelung für die Berliner Altbanken in § 27 Drittes DMBEG dürfte in deren besonderen Situation ihre Begründung haben (so Kommentar von Stehlik-Veith zum Dritten DMBEG § 27 Anm. 1). In der hier gegebenen vermögensteuerlichen Begünstigung Berliner Banken ist nichts Außergewöhnliches zu sehen. Es gibt für Berlin (West) zahlreiche gesetzliche Vergünstigungen auf steuerrechtlichem und abgaberechtlichem Gebiet, die nach herrschender Meinung unbestritten keinen unzulässigen Verstoß gegen den verfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatz darstellen. Entsprechende Erwägung greifen hinsichtlich einer etwaigen Differenzierung zwischen den Berliner Altbanken, die bei Inkrafttreten des Dritten DMBEG ihre steuerliche DMEB erstellt hatten, und denen, die sie noch nicht erstellt hatten, Platz sofern man davon ausgeht - was hier nicht zu entscheiden ist - , daß Berliner Altbanken mit bereits erstellter DMEB die Rückgewährverpflichtung beim Einheitswert des gewerblichen Betriebs auf den Währungsstichtag nicht als Schuld absetzen dürften. Der von der Bfin. angeführte Grund für die verspätete Feststellung der DMEB und die damit verbundene Differenzierung, daß nämlich einzelne Berliner Banken aus von ihnen nicht zu vertretenden Gründen noch nicht zum Bankgeschäft zugelassen waren und deswegen nicht die Rückgewährverpflichtung betreffende Vermögensteuer verdienen konnten, erscheint gerechtfertigt. Jedenfalls wäre auch insoweit die Fassung des Gesetzes keinenfalls so sinnwidrig, daß etwa gegen den Wortlaut des Gesetzes entschieden werden müßte. Ob die Lösung sehr befriedigend ist, muß dahingestellt bleiben.

Die Vorentscheidungen sind daher aufzuheben. Der Einheitswert des Betriebsvermögens der Bfin. ist um die ihrer Höhe nach nicht bestrittene Rückstellung für die Rückgewährverpflichtung zu mindern. Zur Durchführung der Berechnung und Festsetzung der Vermögensteuer erfolgt Zurückverweisung an das Finanzamt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 411885

BStBl III 1966, 186

BFHE 1966, 508

BFHE 84, 508

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