Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Die Vergünstigung des § 7 b EStG kann nicht in Anspruch genommen werden, wenn die Zimmer eines Wohnhauses an Dirnen vermietet werden.
Normenkette
EStG § 7b
Tatbestand
Der Bf. hat im Jahre 1955 ein Haus mit sechs Wohnungen errichtet; die Wohnungen sind möbliert. Das Haus ist im ganzen verpachtet. Die Pächterin hat die zwölf Einzelzimmer, die das Haus enthält, an Frauen vermietet, die der gewerbsmäßigen Unzucht nachgehen. Die Miete beträgt 7 DM je Tag.
Das Finanzamt versagte für 1957 die beantragte erhöhte Abschreibung nach § 7 b EStG, weil das Haus nicht für Wohnzwecke genutzt werde, sondern den Untermieterinnen in erster Linie zur Ausübung der Unzucht diene. Einspruch und Berufung blieben erfolglos.
Das Finanzgericht führte aus, die erhöhte Abschreibung stehe, wie das Finanzamt richtig annehme, dem Bf. nicht zu, weil das Haus nicht Wohnzwecken diene. Welche Tätigkeit ein Untermieter ausübe, sei zwar nicht allein entscheidend; hier sei aber die Tätigkeit ein Anzeichen dafür, daß das Haus von der Hauptmieterin wie eine Pension genutzt werde. Die Hauptmieterin unterhalte nicht ein Wohnheim, sondern vermiete gewerblich Zimmer. Hierfür spreche neben der Höhe des Mietpreises, daß die Miete wie in Hotels und Pensionen täglich erhoben werde und daß der Aufenthalt der Untermieterinnen nur vorübergehend sei. Daß die Untermieterinnen polizeilich gemeldet seien und das gemietete Zimmer gelegentlich auch für längere Zeit benutzten, mache das Haus nicht zum Wohnheim.
Entscheidungsgründe
Die Rb., mit der der Steuerpflichtige die unrichtige Auslegung des § 7 b EStG rügt, ist nicht begründet.
Die erhöhte Abschreibung nach § 7 b EStG setzt voraus, daß die in einem Haus enthaltenen Räume, die zu Wohnzwecken genutzt werden können, auch tatsächlich entsprechend genutzt werden (Urteil des Bundesfinanzhofs IV 234/54 U vom 3. Februar 1955, BStBl 1955 III S. 89, Slg. Bd. 60 S. 230). Diese Voraussetzung konnte das Finanzgericht im Streitfall ohne Rechtsirrtum verneinen. Es stellte einwandfrei fest, daß die Untermieterinnen die Zimmer nicht in erster Linie zu Wohnzwecken, sondern zur Ausübung gewerbsmäßiger Unzucht genutzt haben. Ob die Ausübung gewerbsmäßiger Unzucht ein Gewerbebetrieb im Sinne des Einkommensteuerrechts ist, kann hier dahingestellt bleiben. Denn jedenfalls wäre es widersinnig, Zimmer, die neben Wohnzwecken vorwiegend gewerblichen oder freiberuflichen Zwecken dienen, von der Begünstigung des § 7 b EStG auszuschalten, dagegen die Zimmer, die neben Wohnzwecken vor allem zur Ausübung der gewerblichen Unzucht dienen, zu begünstigen. Wenn auch die Zimmer zum Teil, wie der Bf. behauptet, den Untermieterinnen zugleich als Wohnung gedient haben mögen, so ist doch der Wohnzweck nicht der Hauptzweck, wie sich aus der Zweckbestimmung des ganzen Hauses ergibt. Hotels oder Pensionen, die den Gästen nur zum vorübergehenden Aufenthalt dienen, sind nicht nach § 7 b EStG begünstigt. Mag ein Gast auch ein Zimmer als seine (alleinige) Wohnung benutzen und es auf längere Zeit behalten, so ist ein Hotel oder die Pension doch seiner Anlage nach nicht darauf berechnet, Wohnzwecken im üblichen Sinne zu dienen. Dem Bf. ist zuzugeben, daß Wohnheime im Gegensatz zu Hotels und Pensionen grundsteuerbegünstigt sind (Urteil des Bundesfinanzhofs III 158/55 S vom 16. Dezember 1955, BStBl 1956 III S. 47, Slg. Bd. 62 S. 126). Für § 7 b EStG nimmt auch die Finanzverwaltung an, daß Altersheime, Ledigenheime und ähnliche Gebäude Wohngebäude sind (Abschn. 54 Abs. 5 EStR 1955 und 1956/1957). Diese Fälle liegen aber hier nicht vor. Das Haus des Bf. ist eher ein Bordell. Für derartige Häuser sind steuerliche Vergünstigungen nicht vorgesehen oder angebracht.
Fundstellen
Haufe-Index 424161 |
BStBl III 1961, 515 |
BFHE 1962, 684 |
BFHE 73, 684 |