Leitsatz (amtlich)
Eine Fertiggarage aus Beton, die ohne Fundament oder sonstige Verankerung auf dem Grund und Boden aufgestellt ist, gehört zu den wesentlichen Bestandteilen dieses Grundstücks.
Normenkette
GrEStG § 2 Abs. 1; BGB § 94
Tatbestand
I. Der Kläger kaufte durch notariell beurkundeten Vertrag vom Dezember 1973 ein Grundstück nebst 1/6 Miteigentumsanteil an drei weiteren Flurstücken. Auf dem zu Alleineigentum erworbenen Grundstück stand eine Fertiggarage.
Das beklagte Finanzamt setzte Grunderwerbsteuer fest. Der Einspruch des Klägers blieb erfolglos.
Auf die Klage setzte das Finanzgericht die Steuer her ab. Berechnungsgrundlage der Steuer sei nur die Gegenleistung für den Grund und Boden, nicht aber diejenige für die aufstehende Garage (§ 11 Abs. 1, § 2 Abs. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes - GrEStG -); diese sei ohne Fundament auf das Grundstück aufgesetzt und nicht mit diesem fest verbunden (§ 94 Abs. 1 BGB). Das Urteil ist in den Entscheidungen der Finanzgerichte 1977 S. 278 (EFG 1977, 278) veröffentlicht.
Das Finanzgericht hat die Revision zugelassen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision des Beklagten führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Finanzgericht (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
Zwar unterliegt auch der Erwerb der Fertiggarage der Grunderwerbsteuer. Nach dem bisher festgestellten Sachverhalt steht aber nicht fest, ob der Erwerb gemäß § 1 Nr. 3 des Bremischen Gesetzes über die Befreiung des sozialen Wohnungsbaus von der Grunderwerbsteuer i. d. F. vom 19. Dezember 1961 - GrESWG - steuerfrei ist.
1. Die Grunderwerbsteuer ist vom Wert der Gegenleistung für das Grundstück zu berechnen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1, § 2 Abs. 1, § 11 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG). Dazu zählt im vorliegenden Fall auch der Kaufpreis für die Garage; denn diese ist wesentlicher Bestandteil des Grundstücks.
Gemäß § 94 Abs. 1 BGB gehören zu den wesentlichen Bestandteilen eines Grundstücks die mit dem Grund und Boden fest verbundenen Sachen, insbesondere Gebäude.
Im vorliegenden Fall erfüllt die Garage diese vorgenannten Voraussetzungen. Zwar ist sie unstreitig weder durch ein Fundament noch auf sonstige Weise in dem Grund und Boden verankert. Jedoch setzt § 94 Abs. 1 BGB nicht in jedem Fall eine solche Verankerung voraus. Eine "feste Verbindung" liegt auch dann vor, wenn das Bauwerk lediglich durch sein Eigengewicht auf dem Grundstück festgehalten wird, sofern nur dieses Eigengewicht einer Verankerung gleichwertig ist.
Das Gesetz sagt nicht ausdrücklich, wie stark die Verankerung eines Bauwerks im Boden sein muß, um zu einer "festen" Verbindung im Sinne des § 94 Abs. 1 BGB zu werden. Entsprechend dem Sinn und Zweck dieser Vorschrift muß jedoch jede Verbindung genügen, welche dem Bauwerk die für seinen Verwendungszweck ausreichende Standfestigkeit gewährleistet. Demgemäß reicht es aus, daß ein Holz-Fertighaus auf in den Boden eingelassenen Holzpfählen steht (Urteil des Bundesfinanzhofs vom 21. Februar 1973 II R 140/67, BFHE 109, 156, BStBl II 1973, 507). Das gleiche gilt für einen Pavillon in Fertigbauweise auf eingegrabenen Betonhöckern (Urteil des Bundesgerichtshofs vom 10. Februar 1978 V ZR 33/76, Juristen-Zeitung 1978 S. 396 - JZ 1978, 396 -). Daß die Pfähle bzw. Höcker mit mehr oder minder großem technischen Aufwand aus dem Boden entfernt werden können, ist dabei belanglos.
Soll dieser vorgenannten Verankerung das Eigengewicht eines Bauwerks gleichwertig sein, so kann es demzufolge nicht darauf ankommen, daß die Mittel der modernen Technik es möglich machen, eine Fertiggarage der hier zu beurteilenden Art im ganzen zu transportieren und aufzustellen. Es genügt vielmehr, daß derartige Garagen infolge ihres Eigengewichts ohne Verankerung im Boden eine ihrem Verwendungszweck entsprechende Standfestigkeit haben. Sie werden in der Praxis ebenso wie an Ort und Stelle gebaute Garagen in Garagenanlagen oder Wohnanlagen integriert. Dadurch erhalten sie überdies auch in ihrem äußeren Erscheinungsbild den Charakter eines ortsfesten Bauwerks, und zwar in stärkerem Maße als das vorgenannte Holzhaus oder der beschriebene Pavillon.
Mit dieser Betrachtungsweise wird eine wünschenswerte gleiche Behandlung der im Boden verankerten und der mit ihrem Eigengewicht auf dem Boden ruhenden Bauwerke erreicht. Es gibt keinen einleuchtenden Grund, zwar ein in Leichtbauweise errichtetes Gebäude mit schwacher Verankerung im Grund und Boden als Bestandteil des Grundstücks anzusehen, nicht aber eine - aufgrund ihres weit höheren Gewichts - schwerer zu entfernende Betongarage, nur weil diese über keine - wenn auch nur schwache - Verankerung im Boden verfügt. Ein solches Ergebnis wäre um so unbefriedigender, als bei einem vorhandenen Fundament der "Oberbau" seinerseits sogar ohne Verlust der Eigenschaft des wesentlichen Bestandteiles nur durch sein Eigengewicht auf dem Fundament zu ruhen braucht, weil dieses Fundament Teil des Gebäudes und der "Oberbau" im Sinne des § 94 Abs. 2 BGB zur Herstellung des Gebäudes eingefügt ist (vgl. das bereits genannte Urteil des Bundesgerichtshofs vom 10. Februar 1978 V ZR 33/76, JZ 1978, 396). Die "Einfügung" des § 94 Abs. 2 BGB stellt weniger strenge, Anforderungen als die "Verbindung" nach § 94 Abs. 1 BGB. So stand auch das Holz-Fertighaus, welches nach der genannten Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 21. Februar 1973 II R 140/67 (BFHE 109, 156) wesentlicher Bestandteil des Grundstückes ist, nur durch seine Schwerkraft auf den Holzpfählen.
2. Der Kläger hat zusammen mit seiner Ehefrau 1967 ein Reihenhaus gekauft. Der Erwerb war offenbar steuerfrei gemäß § 1 Nr. 3 GrESWG. Ob der Kauf des Garagengrundstücks in dem vom Kläger beantragten und vom Finanzgericht zugestandenen Umfang als nachträglicher Erwerb von Zubehörraum zu dem Reihenhaus steuerfrei ist, läßt der festgestellte Sachverhalt nicht erkennen. § 1 Nr. 3 GrESWG setzt voraus, daß das Garagengrundstück innerhalb von fünf Jahren nach Bezug des Reihenhauses erworben wurde (Urteil vom 14. Dezember 1977 II R 141/76, BFHE 124, 379, BStBl II 1978, 317).
Fundstellen
Haufe-Index 73020 |
BStBl II 1979, 190 |
BFHE 1979, 481 |