Entscheidungsstichwort (Thema)
Hamburger Zweitwohnungsteuer als verfassungskonforme örtliche Aufwandsteuer - verfassungsrechtlich unbedenkliche Ungleichbehandlungen durch den Gesetzgeber - Kostenpflicht eines erfolglosen Revisionsverfahrens nach einem Steueränderungsbescheid während des Revisionsverfahrens aufgrund einer Änderung der tatsächlichen Verhältnisse
Leitsatz (amtlich)
Das Hamburgische Zweitwohnungsteuergesetz ist verfassungsgemäß. Es sprengt nicht den Rahmen einer örtlichen Aufwandsteuer und ist keiner bundesgesetzlich geregelten Steuer gleichartig.
Orientierungssatz
1. Das Hamburger Zweitwohnungsteuergesetz verstößt nicht gegen die Art. 3 Abs.1, 11 Abs.1, 14 Abs.2 und 105 Abs.2a GG (Ausführungen mit Hinweisen auf die BVerfG-Rechtsprechung zur fehlenden Gleichartigkeit der Hamburger Zweitwohnungsteuer mit der Einkommensteuer, Vermögensteuer und Umsatzsteuer sowie zum Begriff der "örtlichen Aufwandsteuer").
2. Bei der Erschließung von Steuerquellen hat der Gesetzgeber eine weitgehende Gestaltungsfreiheit. Sie endet erst dort, wo für die gleiche oder ungleiche Behandlung kein einleuchtender Grund mehr besteht. Zu derartigen Gründen zählen auch steuertechnische Erwägungen. Soweit das Hamburger Zweitwohnungsteuergesetz zur Bevorteilung oder Benachteiligung von Steuerpflichtigen mit überwiegendem Aufenthalt im Ausland oder von Verheirateten führt, handelt es sich um Ungleichbehandlungen, die sich im Rahmen der dem Gesetzgeber eingeräumten Gestaltungsfreiheit halten.
3. Hat das FA in einem --vom Kläger nach § 68 FGO zum Gegenstand des Revisionsverfahrens gemachten-- Änderungsbescheid aufgrund einer vom Kläger herbeigeführten Änderung der tatsächlichen Verhältnisse (hier: Auszug aus der Zweitwohnung in Hamburg) die Hamburger Zweitwohnungsteuer herabgesetzt, so ist der Kläger dennoch mit den Kosten des aus anderen Gründen geführten, im Ergebnis erfolglosen Revisionsverfahrens zu belasten (vgl. BFH-Beschluß vom 9. Juni 1988 VII R 129/87).
4. Die Verfassungsbeschwerde wurde gemäß §§ 93a, 93b BVerfGG nicht zur Entscheidung angenommen (BVerfG-Beschluß vom 21.8.1997, Az. 1 BvR 1091/97).
Normenkette
FGO § 135 Abs. 2; GG Art. 105 Abs. 2a, Art. 11 Abs. 1, Art. 14 Abs. 2 S. 2, Art. 3 Abs. 1; ZwWoStG HA § 1; ZwWoStG HA § 2 Abs. 1, 3-4
Verfahrensgang
Nachgehend
BVerfG (Nichtannahmebeschluss vom 21.08.1997; Aktenzeichen 1 BvR 1091/97) |
Tatbestand
I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) hat ihre Hauptwohnung in L. Daneben bewohnt sie aus privaten Gründen eine Mietwohnung in Hamburg, die als Nebenwohnung gemeldet ist. Wegen dieser Mietwohnung zog der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) die Klägerin mit Bescheid vom 22. Juni 1994 für die Streitjahre zur Steuer nach dem Zweitwohnungsteuergesetz der Freien und Hansestadt Hamburg (HZwStG) vom 23. Dezember 1992 (Hamburgisches Gesetz- und Verordnungsblatt --GVBl HA-- 1992, 330) heran. Die Klage, eine Sprungklage, blieb erfolglos.
Nach Ansicht des Finanzgerichts (FG) war Hamburg gemäß Art. 105 Abs. 2a des Grundgesetzes (GG) zum Erlaß des HZwStG befugt (Urteil vom 7. April 1995 VII 106/94, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 1995, 774). Die Steuer stelle eine örtliche Aufwandsteuer dar, die keiner bundesgesetzlich geregelten Steuer gleichartig sei. Sie ziele auf die besondere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit ab, die sich in der Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf, nämlich das Innehaben einer Zweitwohnung, ausdrücke. Der Zweck der Einkommensverwendung sei unerheblich. Sollte eine Nebenwohnung ausnahmsweise nicht Ausdruck wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit sein, erfüllte sie auch die Voraussetzungen des HZwStG nicht, weil das Gesetz durch seine Verweisung auf die Hamburgische Bauordnung (HBauO) vom 1. Juli 1986 (GVBl HA 1986, 183) als Nebenwohnung eine Wohnung verlange, die eine Küche, einen Waschraum mit Bade- oder Duscheinrichtung sowie eine innenliegende Toilette mit Wasserspülung enthalte. Der örtlich bedingte Wirkungskreis der Zweitwohnungsteuer ergebe sich bereits aus der Belegenheit der Wohnungen. Unmittelbare Wirkungen über Hamburg hinaus habe die Steuer nicht. Das Gleichartigkeitsverbot im Verhältnis zu den bundesgesetzlich geregelten Steuern sei selbst dann gewahrt, wenn es in dem für den Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung nach Art. 105 Abs. 2 GG geltenden strengen Sinn verstanden werde. Auch verletze die Zweitwohnungsteuer weder den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG noch das Recht auf Freizügigkeit des Art. 11 Abs. 1 GG.
Mit der vom FG zugelassenen Revision rügt die Klägerin Verletzung des Art. 105 Abs. 2 i.V.m. Art. 70 und 72 Abs. 2 sowie von Art. 105 Abs. 2a, Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 und Art. 11 Abs. 1 GG. Sie macht geltend, die Hamburger Zweitwohnungsteuer sei keine örtliche Steuer. Sie weiche wesentlich von herkömmlichen Zweitwohnungsteuern ab und halte sich daher nicht mehr im Rahmen der ausschließlichen oder konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz der Länder. Da eine besondere Belastung Hamburgs durch die Betroffenen fehle, verletze die Steuer das Recht auf Freizügigkeit. Die schematische Anknüpfung an die melderechtliche Nebenwohnung verstoße gegen den Gleichheitssatz, das Verhältnismäßigkeitsprinzip und das Übermaßverbot.
Art. 105 Abs. 2a GG sei verletzt, weil es sich bei der angegriffenen Steuer nicht um eine örtliche Steuer handele und sie überdies mit der Umsatzsteuer gleichartig sei. Bei genauerem Hinsehen sei Steuergegenstand nicht das Innehaben einer Zweitwohnung, sondern das Innehaben mehrerer Wohnungen, von denen eine in Hamburg liege, ohne Hauptwohnung zu sein. Eine Steuer auf überregionales Wohnen aber sei überörtlich, weil sich ihre unmittelbare Wirkung nicht auf Hamburg beschränke. Sie weise damit einen ähnlichen Mangel auf wie seinerzeit die Hessische Speiseeissteuer. Erhöben beide Wohnsitzgemeinden Wohnungsteuern, sei sogar eine interlokale Doppelbesteuerung denkbar. Ließe man eine derartige Steuer zu, wären auch Zweigstellen- und Niederlassungssteuern der Länder und Gemeinden nicht mehr abzuwenden. Die Gründe für die ausnahmsweise Zulassung der Zweitwohnungsteuern in Fremdenverkehrsgemeinden lägen in Hamburg nicht vor. So fehle es an einer spezifischen Belastung durch die Zweitwohnungsinhaber, diese trügen vielmehr überproportional zur Wirtschaftskraft der Stadt bei, weil es sich typischerweise um Personen handele, die ihre Zweitwohnung aus beruflichen Gründen nutzten.
Obwohl Vermietungen zu Wohnzwecken gemäß § 4 Nr. 12 Buchst. a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) von der Umsatzbesteuerung ausgenommen seien, sei Gleichartigkeit zur Umsatzsteuer gegeben. Die Steuerbefreiung lasse erkennen, daß der Bund diesen Bereich habe regeln wollen. Es gehe nicht an, beim Vergleich mit der Umsatzsteuer lediglich deren Charakter als Verkehrsteuer hervorzuheben. Sie sei vielmehr auch Verbrauchsteuer. Deshalb sei die Gleichartigkeit örtlicher Verbrauch- und Aufwandsteuern danach zu beurteilen, ob sie die Wirtschaftseinheit und die Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse spürbar beeinträchtigten. Bei einem Steuersatz von 8 v.H. der Kaltmiete stelle die Zweitwohnungsteuer aus der Sicht der Unternehmer und deren Mitarbeitern eine spürbare Standortbelastung dar.
Erst recht verstoße die Steuer gegen das Gleichartigkeitsverbot i.S. des Art. 105 Abs. 2 GG, so daß dem Land auch die konkurrierende Gesetzgebungsbefugnis gefehlt habe. Abweichend von den herkömmlichen Zweitwohnungsteuern betreffe die Steuer nicht die Freizeit- und Luxussphäre, sondern überwiegend beruflich bedingte Zweitwohnungen. Daraus folge neben einer Gleichartigkeit zur Umsatzsteuer auch eine Kollision mit § 9 Abs. 1 Nr. 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Eine landesgesetzliche Steuer dürfe nicht einer bundesgesetzlichen Steuer zuwiderlaufen. Überdies bilde Art. 105 Abs. 2 GG mit den Verteilungsregeln der Art. 106 und 107 GG ein geschlossenes System, das die Länder auf die in Art. 106 GG ausdrücklich genannten Steuern beschränke.
Materiell stelle die Hamburgische Zweitwohnungsteuer eine verfassungswidrige Auswärtigensteuer dar. Sie habe Fremdensteuercharakter. Außerdem begünstige sie ohne sachlichen Grund nichtverheiratete und getrenntlebende Personen sowie solche Zweitwohnungsinhaber, die sich wie etwa das Rentnerehepaar mit Alterssitz auf Mallorca überwiegend im Ausland aufhielten. Diese Ungleichbehandlung könne nicht mit einem Hinweis auf den Finanzausgleich gerechtfertigt werden. Die schematische Anknüpfung an die melderechtliche Nebenwohnung verletze überdies durch das Einbeziehen der Berufstätigen und Auszubildenden das Übermaßverbot sowie den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Der Ertrag der Steuer für Hamburg stehe in keinem Verhältnis zur Belastung eines wesentlichen Teils der Steuerpflichtigen, bei denen das Innehaben einer Zweitwohnung aus wirtschaftlicher Notlage erfolge. Darin liege kein ungewollter Gesetzesüberhang, sondern ein genereller Mangel des Gesetzes.
Das FA hat während des Revisionsverfahrens am 14. September 1995 einen geänderten Zweitwohnungsteuerbescheid für 1995 erlassen, weil die Klägerin die Wohnung im Verlauf dieses Jahres aufgegeben hat. Auf Antrag der Klägerin wurde dieser Bescheid zum Gegenstand des Verfahrens.
Die Klägerin beantragt, den Zweitwohnungsteuerbescheid vom 14. September 1995 sowie die Vorentscheidung und den Bescheid vom 22. Juni 1994 aufzuheben.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision führt für 1995 zur Aufhebung des FG-Urteils und zur Abweisung der Klage; im übrigen ist die Revision unbegründet. Das HZwStG ist eine örtliche Aufwandsteuer i.S. des Art. 105 Abs. 2a GG, die keiner bundesgesetzlich geregelten Steuer gleichartig ist. Darüber hinaus verletzt sie die Betroffenen weder in ihrem Recht auf Gleichbehandlung gemäß Art. 3 Abs. 1 GG noch in dem Recht auf Freizügigkeit gemäß Art. 11 Abs. 1 GG.
1. Nach Art. 105 Abs. 2a GG haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung über die örtlichen Aufwandsteuern, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind. Das auf diese Kompetenznorm gestützte HZwStG hat die für Fremdenverkehrsgemeinden entwickelten Zweitwohnungsteuern zum Vorbild (Mitteilung des Senats an die Bürgerschaft, Begründung A 1., Drucks 14/2408 vom 1. September 1992). Diese Zweitwohnungsteuern hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) im Grundsatz mehrfach als nach der Verfassung zulässige örtliche Aufwandsteuern i.S. des Art. 105 Abs. 2a GG angesehen (Beschlüsse vom 6. Dezember 1983 2 BvR 1275/79, BVerfGE 65, 325, sowie vom 29. Juni 1995 1 BvR 1800/94, 1 BvR 2480/94, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 1995, 1270). Das HZwStG führt zu keiner anderen Beurteilung.
a) Das Innehaben einer Zweitwohnung, wie sie in § 2 Abs. 1 und 4 HZwStG definiert wird, durfte zum Gegenstand einer Aufwandsteuer gemacht werden. Aufwandsteuern sind Steuern auf die in der Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. Wegen der Schwierigkeit, die individuelle wirtschaftliche Leistungsfähigkeit anderweitig festzustellen, richten sich die Aufwandsteuern am Konsum, für den finanzielle Mittel verwendet werden, als äußerlich erkennbarem Zustand aus (BVerfGE 65, 325, 346 f.). Die Befriedigung eines gehobenen Bedarfs ist dabei nicht erforderlich. Aufwandsteuern sind nicht mit Luxussteuern gleichzusetzen (vgl. Hansmeyer in Handbuch der Finanzwissenschaft, 3. Aufl., Bd. II 1980, S. 714). Deshalb sind Zweitwohnungsteuern nicht auf Fremdenverkehrsgemeinden beschränkt. Das Innehaben einer weiteren Wohnung für den persönlichen Lebensbedarf verlangt in der Regel die Verwendung finanzieller Mittel und bringt daher typischerweise wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zum Ausdruck. Da der Konsumzweck für den Begriff der Aufwandsteuer unerheblich ist, können --wie in Hamburg geschehen-- auch solche Zweitwohnungen einbezogen werden, die aus Gründen des Berufs oder der Ausbildung bewohnt werden. Nach Ansicht des BVerfG ist das Einbeziehen solcher Wohnungen sogar geboten (BVerfGE 65, 325, 347).
b) Wegen der Belegenheit der Zweitwohnungen in Hamburg handelt es sich bei der streitigen Steuer auch um eine örtliche Aufwandsteuer i.S. des Art. 105 Abs. 2a GG (vgl. dazu BVerfG-Beschluß vom 23. Juli 1963 2 BvL 11/61, BVerfGE 16, 306, 327, hessische Speiseeissteuer). Der örtliche Bezug wird weder dadurch in Frage gestellt, daß das Innehaben einer Zweitwohnung das Vorhandensein einer ersten Wohnung erfordert, noch dadurch, daß mehrheitlich oder zu einem erheblichen Teil Wohnungsinhaber betroffen sind, die ihre Hauptwohnung außerhalb Hamburgs haben (s. BVerfGE 65, 325, 350). Ersteres dient lediglich der Beschreibung des in Hamburg belegenen Steuergegenstandes, um ihn aus der Gesamtzahl der Hamburger Wohnungen herauszuheben; letzteres kann schon deshalb nicht schädlich sein, weil der örtliche Bezug selbst dann gegeben ist, wenn eine Zweitwohnungsteuer ausschließlich Inhaber betrifft, die sich überwiegend außerhalb der steuererhebenden Gemeinde aufhalten (BVerfGE 65, 325, 350). Zu der von der Klägerin befürchteten "interlokalen Doppelbelastung" kann es nicht kommen, weil Bemessungsgrundlage nur der Aufwand für die Zweitwohnung ist. Sollte ungeachtet der Zweifel an der Zulässigkeit einer derartigen Steuer (BVerwG-Urteil vom 29. November 1991 8 C 107.89, DÖV 1992, 489) die Gemeinde mit der Hauptwohnung ebenfalls eine Steuer auf das Wohnen erheben, könnte diese Steuer bei Wahrung ihres örtlichen Charakters allenfalls an den Aufwand für das Innehaben der dortigen Wohnung anknüpfen. Auch dies führte nicht zu einer Doppelbelastung, sondern zu einer einmaligen Belastung der gesamten Aufwendungen. Das HZwStG hat auch keine unmittelbaren Wirkungen über die Gemeindegrenzen hinaus. Soweit einzelne Betroffene die Steuer zum Anlaß nehmen, ihre Wohn- oder Meldeverhältnisse in anderen Gemeinden zu ändern, handelt es sich um mittelbare Wirkungen.
c) Das HZwStG ist keiner bundesgesetzlich geregelten Steuer gleichartig. Wie das BVerfG bereits erkannt hat, verletzen Zweitwohnungsteuern im Verhältnis zur Grundsteuer und zur Einkommensteuer bereits nicht das Gleichartigkeitsverbot i.S. des Art. 105 Abs. 2 GG und damit erst recht nicht i.S. des Art. 105 Abs. 2a GG (BVerfGE 65, 325, 351, 353). Soweit das HZwStG auch solche Wohnungen erfaßt, die aus Gründen des Berufs bewohnt werden, bezieht es zwar Sachverhalte ein, die unter die doppelte Haushaltsführung i.S. der § 9 Abs. 1 Nr. 5, § 4 Abs. 5 Nr. 6 EStG fallen; doch die damit eröffnete Möglichkeit, die Aufwendungen als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abzuziehen, führt nicht zu einer Gleichartigkeit mit der Einkommensteuer. Die Zweitwohnungsteuer stößt in derartigen Fällen nicht in einen Bereich vor, für den der Bundesgesetzgeber bei seinem Zugriff auf die Einkommensentstehung aus sozialen oder wirtschaftlichen Gründen eine Steuerbefreiung oder Steuervergünstigung vorgesehen hat. Die Regelungen der § 9 Abs. 1 Nr. 5, § 4 Abs. 5 Nr. 6 EStG stellen keinen Befreiungs- oder Begünstigungstatbestand dar, sondern einen Abzugstatbestand im Rahmen des für die Einkommensteuer weitgehend durchgehaltenen Nettoprinzips (Kirchhof in Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, § 2 Rdnr. A 127; BVerfG-Beschluß vom 7. November 1972 1 BvR 338/68, BVerfGE 34, 103, 117).
Der Senat sieht auch keine Gleichartigkeit mit der Umsatzsteuer und Vermögensteuer. Obwohl das BVerfG in seiner Entscheidung vom 6. Dezember 1983 (BVerfGE 65, 325) die beiden Steuern nicht erwähnt hat, muß angenommen werden, daß es ebenfalls im Verhältnis zu diesen Steuern das Verbot der Gleichartigkeit für gewahrt hält. Denn die damals betroffene Gemeinde und das äußerungsberechtigte Land hatten die Frage der Gleichartigkeit mit der Umsatzsteuer und Vermögensteuer ausdrücklich angesprochen. Ein Überschneiden mit der Umsatzsteuer kommt ohnehin nur hinsichtlich solcher Zweitwohnungen in Betracht, deren Inhaber lediglich Mieter ist. Selbst für diesen Teilbereich der jeweiligen Anwendungsgebiete der Zweitwohnung- und Umsatzsteuer fehlt es an der Gleichartigkeit. Da die Umsatzsteuer an den Verkehrsvorgang des Vermietens und die Zweitwohnungsteuer an das Innehaben der Wohnung anknüpft, unterscheiden sich die Steuern im Steuergegenstand. Auch die Erhebung ist unterschiedlich, weil die eine Steuer beim Vermieter und die andere beim Mieter ansetzt. Die Hamburger Zweitwohnungsteuer erfaßt auch nicht in einer gegen das Gleichartigkeitsverbot i.S. Art. 105 Abs. 2 GG verstoßenden Weise dieselbe Quelle wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit wie die Umsatzsteuer. Die Hamburger Zweitwohnungsteuer besteuert --unter bestimmten Voraussetzungen-- das Innehaben einer Wohnung. Dabei kommt es nicht darauf an, ob dies gegen Entgelt (Miete) im Rahmen eines Leistungsaustauschs geschieht; erfaßt wird z.B. auch das Innehaben durch den Eigentümer. Eine Gleichartigkeit mit der Vermögensteuer ist zu verneinen, weil diese auf eine andere Quelle wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit zugreift. Sie zielt nicht auf die Einkommensverwendung ab, sondern auf die im Vermögen liegende potentielle Ertragskraft und das daraus fließende fundierte Einkommen (Beschluß des BVerfG vom 12. Oktober 1976 1 BvR 2328/73, BVerfGE 43, 1, 7).
2. a) Das HZwStG verletzt die Betroffenen nicht in ihren Grundrechten. Die Hamburgische Zweitwohnungsteuer stellt keine nach Art. 3 Abs. 1 GG unzulässige Benachteiligung Auswärtiger dar. Sie erfaßt die Inhaber von Nebenwohnungen unabhängig davon, ob sie ihre (inländische) Hauptwohnung innerhalb oder außerhalb Hamburgs haben. Mit der Schaffung des HZwStG ist die Meldepflicht auf Nebenwohnungen solcher Personen ausgedehnt worden, die mehrere Wohnungen innerhalb Hamburgs haben (Art. 2 des Gesetzes zur Einführung der Zweitwohnungsteuer und Änderung melderechtlicher Vorschriften vom 23. Dezember 1992, GVBl HA, S. 330, 332). Dadurch werden Steuerpflichtige mit Haupt- und Nebenwohnung in Hamburg ebenfalls von der Zweitwohnungsteuer erfaßt, obwohl die Steuer an die Anmeldung als solche und nicht an den melderechtlichen Begriff der Nebenwohnung anknüpft. Eine Benachteiligung Auswärtiger, wie sie mit den Regelungen verbunden war, über die das BVerfG in den Beschlüssen vom 14. März 1967 1 BvR 334/61 (BStBl III 1967, 357) und vom 6. Dezember 1983 2 BvR 1275/79 (BVerfGE 65, 325, 354 f.) zu befinden hatte, ist auf diese Weise vermieden.
Entgegen der Ansicht der Revision ist Art. 3 Abs. 1 GG schließlich auch nicht dadurch verletzt, daß Steuerpflichtige mit überwiegendem Aufenthalt im Ausland von der Zweitwohnungsteuer nicht erfaßt werden und bei Verheirateten darauf abzustellen ist, welche Wohnung die Familie vorwiegend benutzt. Der melderechtliche Begriff der Nebenwohnung gemäß § 15 Abs. 3 des Meldegesetzes der Freien und Hansestadt Hamburg (HMG) vom 6. Mai 1986 (GVBl HA 1986, 81, 136), der den Hintergrund für die formale Anknüpfung an die Meldung als solche bildet, setzt gemäß Abs. 1 der Vorschrift das Vorhandensein mehrerer Wohnungen im Inland voraus, von denen eine die Hauptwohnung ist. Dadurch unterfallen Wohnungen solcher Personen, die über eine weitere Wohnung im Ausland verfügen, selbst dann nicht unter den Begriff der Nebenwohnung, wenn die Auslandswohnung in einer Weise genutzt wird, die sie bei Belegenheit im Inland zur Hauptwohnung i.S. des § 15 Abs. 2 HMG machte (Beschluß des Oberverwaltungsgerichts Schleswig-Holstein vom 25. August 1994 2 M 59/94, Kommunale Steuer-Zeitschrift --KStZ-- 1995, 38). Darin liegt eine Besserstellung dieser Personen. Umgekehrt ergibt sich eine Schlechterstellung Verheirateter gegenüber Ledigen und getrennt lebenden Personen, wenn trotz gleicher Nutzung einer Wohnung diese für den Verheirateten deshalb nur Nebenwohnung ist, weil gemäß § 15 Abs. 2 Satz 2 HMG zur Bestimmung der Hauptwohnung auf die vorwiegende Wohnnutzung durch die Familie abzustellen ist. In beiden Fällen handelt es sich jedoch um Ungleichbehandlungen, die sich im Rahmen der dem Gesetzgeber eingeräumten Gestaltungsfreiheit halten.
Bei der Erschließung von Steuerquellen hat der Gesetzgeber eine weitgehende Gestaltungsfreiheit. Sie endet erst dort, wo für die gleiche oder ungleiche Behandlung kein einleuchtender Grund mehr besteht. Zu derartigen Gründen zählen auch steuertechnische Erwägungen (BVerfGE 65, 325, 354). Die von der Klägerin gerügten Ungleichbehandlungen sind Folge der Anknüpfung an das Melderecht. Diese Anknüpfung ist sachdienlich und trägt die unterschiedliche Behandlung (vgl. BVerfG-Beschluß vom 30. Oktober 1961 1 BvR 833/59, BVerfGE 13, 181, 203). Sie verhindert darüber hinaus Vollzugsdefizite, die sich zwangsläufig eingestellt hätten, wenn die Finanzbehörden gezwungen worden wären, den überwiegenden Aufenthalt festzustellen. Zwar hätten dann auch Nebenwohnungen solcher Personen erfaßt werden können, die sich überwiegend im Ausland aufhalten. Dabei zu erwartende Vollzugsdefizite wären jedoch ihrerseits unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 Abs. 1 GG nicht unbedenklich gewesen (vgl. Urteil des BVerfG vom 27. Juni 1991 2 BvR 1493/89, BVerfGE 84, 239).
b) Das Recht auf Freizügigkeit gemäß Art. 11 Abs. 1 GG ist nicht berührt. Die Zweitwohnungsteuer ist nicht geeignet, einen beherrschenden Einfluß auf die Willensbildung des Bürgers bei der Wahl seines Wohnorts auszuüben (vgl. Beschluß des BVerfG vom 29. Juni 1981 1 BvR 226/75, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1981, 579).
c) Daß die Zweitwohnungsteuer an eine gemäß Art. 14 Abs. 2 Satz 2 GG einzuhaltende Belastungsobergrenze stoßen könnte, wie die Klägerin meint, ist für den Regelfall auszuschließen. Die Belastung ist anhand einer typisierenden Betrachtung von Einnahmen, abziehbaren Aufwendungen und sonstigen Entlastungen zu bestimmen (vgl. BVerfG-Beschluß vom 22. Juni 1995 2 BvL 37/91, BStBl II 1995, 655, 661). Dabei wirken der Abzug gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 5 und § 4 Abs. 5 Nr. 6 EStG sowie die Steuerbefreiung gemäß § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG einer übermäßigen Belastung entgegen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO. Obwohl durch den Änderungsbescheid für 1995 die Steuer herabgesetzt worden ist, war die Klägerin bezüglich dieses Jahres mit den Kosten in voller Höhe zu belasten, weil die Verringerung der Steuer auf einer durch die Klägerin herbeigeführten Änderung der tatsächlichen Verhältnisse beruht (vgl. BFH-Beschluß vom 9. Juni 1988 VII R 129/87, BFH/NV 1990, 122).
Fundstellen
Haufe-Index 66312 |
BFH/NV 1997, 447 |
BStBl II 1997, 469 |
BFHE 182, 243 |
BFHE 1997, 243 |
BB 1997, 1246 (Leitsatz) |
DB 1997, 1264 (Leitsatz) |
DStRE 1997, 608-611 (Leitsatz und Gründe) |
HFR 1997, 690-691 (Leitsatz) |
StE 1997, 380 (Leitsatz) |