Entscheidungsstichwort (Thema)
Architektenleistungen eines OHG-Gesellschafters Gesellschafterbeitrag oder Leistungsaustausch?
Leitsatz (NV)
Ist der Gesellschafter einer OHG gesellschaftsvertraglich verpflichtet, seine gesamte Arbeitskraft als Architekt der Gesellschaft zur Verfügung zu stellen und werden die erbrachten Leistungen -- ohne Rücksicht auf Gewinn oder Verlust der OHG -- nach der Gebührenordnung für Architekten abgerechnet, vom Gesellschafter in Rechnung gestellt und von der OHG als Verbindlichkeit passiviert, so handelt es sich um Leistungen gegen Entgelt und nicht um nichtsteuerbare Gesellschafterbeiträge.
Normenkette
UStG 1973/1980 § 1 Abs. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Architekt und zusammen mit dem Betriebswirt X Gesellschafter einer OHG. Zweck der Gesellschaft war der Erwerb von Grundstücken, deren Bebauung mit Eigentumswohnungen und die Veräußerung derselben. Im Gesellschaftsvertrag vereinbarten die Gesellschafter, daß sie je zur Hälfte am Gewinn und Verlust beteiligt sein sollten. Jeder Gesellschafter war verpflichtet, der Gesellschaft seine Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen. Der Kläger erbrachte demnach die mit der Grundstückserschließung und der Errichtung der Bauvorhaben zusammenhängenden Architektenleistungen. Der Mitgesellschafter X erledigte die kaufmännischen Aufgaben. Als Vergütung für seine Tätigkeit erhielt der Kläger die Architekten- und Bauleitungsgebühr nach der Gebührenordnung für Architekten. Dem Gesellschafter X stand nach dem Gesellschaftsvertrag eine Abgeltung in Höhe von 2/3 der Architektenhonorare des Klägers zu. Die Gesellschafter stellten der Gesellschaft ihre Leistungen mit den genannten Beträgen in Rechnung. Diese Beträge wurden vor Ermittlung und Verteilung des Gewinns oder Verlustes der Gesellschaft an die Gesellschafter geleistet, und von der Gesellschaft als Betriebsausgaben geltend gemacht. Auch im Jahr 1982, in dem die OHG einen Verlust von ... DM auswies, stellten die Gesellschafter ihre Leistungen in Rechnung. Rechnungsbeträge, die an den Bilanzstichtagen noch offen waren, passivierte die Gesellschaft als Verbindlichkeiten.
Der Kläger sah diese von der Gesellschaft empfangenen Beträge nicht als Entgelt für eine umsatzsteuerbare Leistung an, sondern als Vorabgewinn für seinen Gesellschafterbeitrag. Er berücksichtigte sie deshalb nicht in seiner Umsatzsteuererklärung.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) nahm dagegen einen Leistungsaustausch zwischen dem Kläger und der Gesellschaft an, und unterwarf in den Umsatzsteuerbescheiden 1979 bis 1983 die Vergütungen mit den entsprechenden Nettowerten der Umsatzsteuer.
Der Einspruch sowie die Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte zur Begründung aus, die berechneten Architektenleistungen seien keine nichtsteuer baren Maßnahmen der Geschäftsführung, sondern Leistungen gegen Entgelt, die der Umsatzsteuer unterliegen. Der Kläger habe eine Leistung gegen Sonderentgelt erbracht, daher liege ein Leistungsaustausch vor, gleichgültig, ob die Leistung auf gesellschaftsrechtlicher Verpflichtung beruht oder nicht.
Hiergegen richtet sich die Revision des Klägers. Der Kläger trägt vor, er habe die Leistungen im Rahmen seiner Geschäftsführertätigkeit erbracht. Die Leistungen eines Gesellschafter-Geschäftsführers seien nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) nicht umsatzsteuerbar. Bei der Bewirkung der Architektenleistungen für die Gesellschaft habe er -- der Kläger -- nur seine Verpflichtungen aus dem Gesellschaftsvertrag erfüllt. Die Tätigkeiten fielen noch unter den bei Personenhandelsgesellschaften weit auszulegenden Begriff der Geschäftsführung.
Hilfsweise vertritt der Kläger die Auffassung, er habe die Architektentätigkeit nicht selbständig ausgeübt, weil er an die Weisungen der OHG gebunden gewesen sei (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes -- UStG -- 1973/1980).
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist unbegründet. Die Auffassung des FG, der Kläger habe durch seine Tätigkeit als Architekt Leistungen gegen Entgelt ausgeführt, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
1. Gemäß § 105 Abs. 2 des Handelsgesetzbuches (HGB) i. V. m. § 705 des Bürger lichen Gesetzbuches (BGB) haben die Gesellschafter einer OHG die vereinbarten Beträge zu leisten. Nach § 706 Abs. 3 BGB kann der Beitrag eines Gesellschafters auch in der Leistung von Diensten bestehen. Da die Gesellschaft ein von der Person der Gesellschafter verschiedener Rechtsträger ist, sind andererseits zwischen Gesellschaft und Gesellschafter schuldrechtliche Austauschverträge wie zwischen fremden Dritten möglich. Leistungen des Gesellschafters an die Gemeinde können daher ihren Grund entweder im gesellschaftsrechtlichen Beitragsverhältnis oder in einem gesonderten schuldrechtlichen Austauschvertrag haben.
Nach ständiger Rechtsprechung des BFH richtet sich die umsatzsteuerrechtliche Behandlung von Leistungen der Gesellschafter an die Gesellschaft danach, ob es sich um Leistungen handelt, die gegen (Sonder-)Entgelt ausgeführt werden und damit auf einen Leistungsaustausch gerichtet sind, oder um Leistungen, die als Gesellschafterbeitrag durch die Beteiligung am Gewinn und Verlust der Gesellschaft abgegolten werden. Steuerbare entgeltliche Leistungen i. S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1973/1980 sind gegeben, wenn sie auf konkreten Leistungsbeziehungen der Gesellschafter zur Gesellschaft beruhen, die auf den Austausch der Gesellschafterleistungen gegen Entgelt gerichtet sind (Senatsurteile vom 10. Mai 1990 V R 47/86, BFHE 161, 185, BStBl II 1990, 757 m. w. N.; vom 7. November 1991 V R 116/86, BFHE 166, 195, BStBl II 1992, 269, BFH-Urteil vom 16. März 1993 XI R 52/90, BFHE 171, 117, BStBl II 1993, 562).
2. Der Kläger war gegenüber der OHG verpflichtet, konkrete Leistungen als Architekt an sie zu erbringen. Für die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung dieser Leistungen ist unerheblich, daß die Verpflichtung auf dem Gesellschaftsvertrag beruhte. Des weiteren erstrebte der Kläger mit seinen Leistungen ein Sonderentgelt. Denn sein Honorar richtete sich entsprechend der Gebührenordnung für Architekten nach Art und Umfang seiner Tätigkeit als Architekt. Lt. Gesellschaftsvertrag war das Honorar unabhängig von einem Gewinn oder Verlust der Gesellschaft zu zahlen. Diese Vereinbarungen zwischen dem Kläger und der OHG rechtfertigen die Beurteilung als Lei stungsaustauschverhältnisse. Den rechtlichen Vereinbarungen entsprechend haben sich die Beteiligten auch verhalten. Denn der Kläger stellte der OHG über seine Tätigkeit Rechnungen aus. Die Inrechnung stellung erfolgte auch in und nach dem Verlustjahr 1982. Rechnungsbeträge, die an den Bilanzstichtagen noch offen waren, passivierte die Gesellschaft als Verbindlichkeiten.
Der Kläger beruft sich zu Unrecht auf das Senatsurteil vom 17. Juli 1980 V R 5/72 (BFHE 131, 114, BStBl II 1980, 622). In dieser Entscheidung ist ausgeführt, daß die Gesellschafter Tätigkeiten, in denen sich das Handeln der Gesellschaft ver körpert, nicht in einem Leistungsaustauschverhältnis erbringen. Diese Aussage bezieht sich jedoch nur auf Geschäftsführungstätigkeiten, die ausschließlich von den Gesellschaftern selbst und nicht von Dritten ausgeführt werden können. Im Streitfall handelt es sich aber um Architektenleistungen, die auch von anderen Per sonen als den Gesellschaftern erbracht werden könnten.
3. Das hilfsweise Vorbringen des Klägers, er sei bei Annahme eines Leistungsaustauschverhältnisses jedenfalls nicht selbständig tätig gewesen und könne deshalb nicht als Unternehmer beurteilt werden (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 UStG 1973/1980), kann keinen Erfolg haben. In den Feststellungen des FG findet sich kein tatsächlicher Anhaltspunkt für die Behauptung des Klägers, er sei in das Unternehmen der OHG so eingegliedert gewesen, daß er den Weisungen des Unternehmers zu folgen verpflichtet gewesen sei.
Fundstellen