Entscheidungsstichwort (Thema)
Pflicht zur Teilwertabschreibung
Leitsatz (NV)
Aus § 5 Abs. 1 EStG i.V. mit § 253 Abs. 2 oder 3 HGB kann sich ‐ trotz des in § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG eingeräumten Wahlrechts ‐ eine Verpflichtung zur Teilwertabschreibung ergeben (Bestätigung der Urteile des BFH vom 27. November 1974 I R 123/73, BFHE 114, 415, BStBl II 1975, 294; vom 25. Juni 1985 VIII R 274/81, BFH/NV 1986, 22).
Normenkette
EStG § 5 Abs. 1, § 6 Abs. 1; HGB § 253 Abs. 2-3
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger), in Sachen Einkommensteuer zusammen veranlagt mit der Klägerin und Revisionsklägerin, betrieb ein Einzelunternehmen. Er war ferner Geschäftsführer einer von ihm beherrschten GmbH. Er ermittelte seinen Gewinn aus Gewerbebetrieb durch Betriebsvermögensvergleich.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) erließ für das Streitjahr 1994 mehrere unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehende Einkommensteuerbescheide. Am 11. Juni 1996 erging zudem ein nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehender und bestandskräftig gewordener Gewerbesteuermessbescheid für 1994.
Mit Schreiben vom 17. September 1998 und 23. April 1999 beantragten die Kläger, den Einkommensteuer- und den Gewerbesteuermessbescheid für 1994 zu ändern. Eine Darlehensforderung des Einzelunternehmens gegen die GmbH in Höhe von 830 000 DM und die Beteiligung des Klägers an der GmbH seien gemäß § 253 Abs. 2 und 3 des Handelsgesetzbuchs (HGB) jeweils um 400 000 DM wertzuberichtigen. Das FA verneinte unter Berücksichtigung der Vermögensverhältnisse der GmbH die Notwendigkeit einer Teilwertabschreibung.
Die Klage hatte keinen Erfolg. Der Kläger dürfe seine Bilanz zum 31. Dezember 1994 ohne Zustimmung des FA gemäß § 4 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht ändern. Eine Bilanzberichtigung scheide aus, weil die Bilanzansätze für das Darlehen und die Beteiligung nicht fehlerhaft seien. § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG räume den Steuerpflichtigen ein Bewertungswahlrecht ein. Davon habe der Kläger in seiner ursprünglich eingereichten Bilanz zulässigerweise dahin gehend Gebrauch gemacht, dass er das Darlehen und die Beteiligung mit den Anschaffungskosten angesetzt habe. Das sog. Niederstwertprinzip (§ 253 Abs. 2 HGB) gelte steuerrechtlich nicht.
Mit ihrer Revision rügen die Kläger Verletzung des § 4 Abs. 2 Satz 1, § 5 Abs. 1, § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2, Nr. 2 Satz 2 EStG. Der Kläger sei nach § 253 HGB verpflichtet, das Darlehen und die Beteiligung aufgrund ihrer dauernden Wertminderung auf den Teilwert abzuschreiben. Die ursprünglich eingereichte Bilanz sei falsch gewesen.
Die Kläger beantragen, unter Aufhebung des Urteils des Finanzgerichts (FG) den Einkommensteuerbescheid für 1994 vom 13. November 2000 sowie den Gewerbesteuermessbescheid für 1994 vom 11. Juni 1996, jeweils unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 21. Juni 1999, dahin gehend zu ändern, dass Einkünfte aus Gewerbebetrieb, welche um 800 000 DM vermindert sind, mithin in Höhe von ./. 717 194 DM, berücksichtigt werden.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise das Urteil des FG aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen. Zwar beruhe das Urteil des FG auf der unzutreffenden Auffassung, eine handelsrechtlich nach § 253 HGB gebotene Teilwertabschreibung sei steuerlich unbeachtlich. Die Ausführungen der Kläger belegten jedoch nicht die Annahme, der Wert von Darlehen und Beteiligung sei voraussichtlich dauernd gemindert.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision der Kläger ist begründet. Das Urteil des FG ist aufzuheben. Die Sache ist an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die Auffassung des FG, der Kläger könne die Bilanz nach Einreichung beim FA nicht ändern, widerspricht § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung.
Danach darf der Steuerpflichtige seine Vermögensübersicht auch nach Einreichung beim FA ändern, soweit sie den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung unter Befolgung der Vorschriften des EStG nicht entspricht (Bilanzberichtigung). Eine Pflicht zur Teilwertabschreibung kann sich aus § 5 Abs. 1 EStG i.V.m. § 253 Abs. 2 oder 3 HGB ergeben. Zwar räumt § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG seinem Wortlaut nach nur das Recht ein, den niedrigeren Teilwert anzusetzen. Soweit aber handelsrechtliche Vorschriften eine Abschreibung gebieten, muss diese nach § 5 Abs. 1 EStG auch bei der steuerrechtlichen Gewinnermittlung vorgenommen werden. Nach § 253 Abs. 2 Satz 3 letzter Halbsatz HGB sind Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens bei einer voraussichtlich dauernden Wertminderung auf den niedrigeren Wert abzuschreiben (Urteile des Bundesfinanzhofs vom 27. November 1974 I R 123/73, BFHE 114, 415, BStBl II 1975, 294; vom 25. Juni 1985 VIII R 274/81, BFH/NV 1986, 22; vgl. auch z.B. Herrmann/ Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, § 6 EStG Rdnr. 561 ff.).
Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG wird im zweiten Rechtsgang festzustellen haben, ob der Wert von Darlehen und/oder Beteiligung in der angegebenen Höhe voraussichtlich dauernd gemindert ist.
Fundstellen
Haufe-Index 1248959 |
BFH/NV 2005, 22 |
DB 2007, 12 |
BBK 2005, 57 |
StuB 2005, 83 |