Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Die Vorschrift des § 34 EStG findet im Rahmen des § 50 Abs. 1 EStG als Tarifvorschrift auch bei Berechnung der von beschränkt Steuerpflichtigen zu entrichtenden Steuer Anwendung. Ihre Anwendung kann zu einer Unterschreitung des normalen Mindeststeuersatzes von 25 v. H. des Einkommens führen.

Der Sonderfreibetrag des § 50 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 EStG ist nur zu berücksichtigen, wenn die Steuer der Tabelle entnommen wird.

 

Normenkette

EStG §§ 34, 50

 

Tatbestand

Streitig ist, wie die Einkommensteuer eines beschränkt Stpfl. zu berechnen ist, wenn zu seinen Einkünften aus Gewerbebetrieb ein steuerbegünstigter Veräußerungsgewinn gehört.

Der in Schweden ansässige Revisionskläger (Stpfl.) erzielte im Streitjahr 1960 einen laufenden Gewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von 8.601 DM und aus der Veräußerung seines bis dahin in der Bundesrepublik Deutschland unterhaltenen Gewerbebetriebs einen Veräußerungsgewinn in Höhe von 15.644 DM. Der Revisionsbeklagte (FA) veranlagte ihn wie folgt:

laufender Gewinn ------------- 8.601 DM Veräußerungsgewinn --------- 15.644 DM Einkünfte aus Gewerbebetrieb ----------------------------- 24.245 DM ./. Sonderausgaben ------------- 291 DM Einkommen ----------------- = 23.954 DM ./. Freibetrag aus § 50 Abs. 3 EStG --------------------------- 840 DM zu versteuernder Einkommensbetrag ---------- = 23.114 DM Durchschnittlicher Steuersatz hieraus 26 v. H.; ermäßigter Steuersatz aus § 34 EStG = 13 v. H. 13 v. H. aus ---------------- 15.644 DM --- = 2.033 DM 25 v. H. aus --- 23.954 ------------ ./. 15.644 ------ 8.300 DM ------------------------------ (abgerundet) = 2.075 DM Steuer insgesamt ---------------------------- 4.108 DM.Der Stpfl. beantragte demgegenüber, die Steuer für den nichtbegünstigten Einkommensbetrag von (23.114 ./. 15.644) 7.470 DM unter Anwendung der Tabelle mit nur 1.158 DM zu erfassen.

Einspruch und Berufung blieben ohne Erfolg. Der Stpfl. beantragt mit der vom FG zugelassenen, als Revision zu behandelnden Rechtsbeschwerde, wie im Einspruchsverfahren die Steuer auf insgesamt (2.033 + 1.158) 3.191 DM festzusetzen. Der ermäßigte Steuersatz aus § 34 EStG beziehe sich auf außerordentliche Einkünfte, während § 50 Abs. 3 EStG auf das Einkommen abstelle, im übrigen aber grundsätzlich die Anwendung der Tabelle und den Steuersatz von 25 v. H. nur als Mindestsatz vorschreibe. Keinesfalls sei es angängig, beide Berechnungsarten (einmal Anwendung der Tabelle, zum anderen Anwendung des Mindeststeuersatzes) zu vermengen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet.

Dem FG ist darin zuzustimmen, daß der ermäßigte Steuersatz aus § 34 EStG grundsätzlich mit der Hälfte des durchschnittlichen Steuersatzes anzunehmen ist (Urteile des BFH IV 321/60 U vom 6. Dezember 1962, BFH 76, 360, BStBl III 1963, 133; IV 106/64 U vom 22. Oktober 1964, BFH 81, 121, BStBl III 1965, 44). Die Vorschrift des § 34 EStG findet im Rahmen des § 50 Abs. 1 EStG als Tarifvorschrift auch bei Berechnung der von beschränkt Steuerpflichtigen zu entrichtenden Steuer Anwendung. Sie kann dabei zu einer Unterschreitung des auf das Einkommen des beschränkt Steuerpflichtigen grundsätzlich anzuwendenden Mindeststeuersatzes von 25 v. H. führen (BFH-Urteile IV 102/57 U vom 15. Januar 1959, BFH 68, 291, BStBl III 1959, 114; I 245/63 U vom 14. Juli 1965, BFH 83, 397, BStBl III 1965, 643).

§ 50 Abs. 3 Satz 2 EStG begrenzt die Anwendbarkeit der Tabelle nach unten auf 25 v. H. des Einkommens. Dieser Satz kann unterschritten werden, wenn das Gesetz unter bestimmten Voraussetzungen (für Veräusserungsgewinne: §§ 34, 50 EStG) einen niedrigeren Steuersatz als den der Tabelle (den halben durchschnittlichen Steuersatz) vorsieht (siehe § 32 a Abs. 1 EStG), da das Festhalten an einem Mindeststeuersatz von 25 v. H. - auch bei Vorliegen dieser Voraussetzungen - zu einer Ungleichmäßigkeit der Besteuerung führen müßte. § 50 Abs. 3 EStG ist in seiner Gesamtheit eine Tarifvorschrift.

Was in diesem Zusammenhang den Sonderfreibetrag von 840 DM aus § 50 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 EStG betrifft, so hat der BFH im Urteil VI 53/59 U vom 19. Februar 1960 (BFH 70, 527, BStBl III 1960, 197) dargelegt, daß dieser Freibetrag nur insoweit zu berücksichtigen ist, als die Steuer der Tabelle entnommen wird. Dieser Freibetrag bezweckt den Ausgleich zwischen der Tabellensteuer der früheren Steuerklasse II (bis einschließlich 1957) und der heutigen Tabellensteuer.

Angesichts dieser Auslegung der Vorschrift des § 50 Abs. 3 EStG als einer Vorschrift zur Begrenzung des tabellarischen Steuersatzes kann von einer Vermengung zweier getrennt zu haltender Berechnungsmethoden keine Rede sein. Vielmehr ist das FA, wie auch die Vorinstanz festgestellt hat, zutreffend vorgegangen. Es hat den ermäßigten Steuersatz aus § 34 EStG aus dem um den Freibetrag gekürzten Einkommen von 23.114 DM ermittelt, dagegen denjenigen Teil des Einkommens des Stpfl., der nicht dem ermäßigten Steuersatz unterliegt, ohne Berücksichtigung dieses Freibetrags mit (23.954 ./. 15.644) 8.310 DM (abgerundet auf 8.300 DM) mit 25 v. H. der Mindeststeuer unterworfen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 412660

BStBl III 1967, 654

BFHE 1967, 341

BFHE 89, 341

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