Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Trifft die Steuervergünstigung des § 4 Abs. 1 AusfFördG mit der nach § 10 a EStG 1953 zusammen, so ist bei der Ermittlung des steuerfreien nicht entnommenen Gewinns von dem Gewinn auszugehen, der nach Absetzung des Exportfreibetrags verbleibt (vgl. auch Urteil des Bundesfinanzhofs IV 647/54 U vom 29. September 1955, BStBl 1955 III S. 348, Slg. Bd. 61 S. 386).
Normenkette
EStG § 10a; AusfFördG § 4 Abs. 1
Tatbestand
Streitig ist, ob bei der Berechnung des steuerfreien nicht entnommenen Gewinns den Entnahmen der gewerbliche Gewinn gegenüberzustellen ist, der um den nach § 4 Abs. 1 des Gesetzes über steuerliche Maßnahmen zur Förderung der Ausfuhr (AusfFördG) absetzbaren Betrag gekürzt worden ist. Das Finanzamt hat bei der Einkommensteuerveranlagung des Beschwerdeführers (Bf.) für 1955 den nicht entnommenen Gewinn in dieser Weise ermittelt. Die Sprungberufung, mit der der Bf. sich hiergegen wandte, hatte keinen Erfolg.
Das Finanzgericht führte aus, der Bundesfinanzhof habe im Urteil IV 647/54 U vom 29. September 1955 (Bundessteuerblatt - BStBl - 1955 III S. 348, Slg. Bd. 61 S. 386) die gleiche Kürzung für den Fall der Nachversteuerung von nicht entnommenem Gewinn gebilligt. Der für die Nachversteuerung maßgebende Gewinnbegriff sei zwar nicht ohne weiteres für die Berechnung der Höhe des steuerfreien nicht entnommenen Gewinns verbindlich. Es habe aber in Verwaltungspraxis und Rechtsprechung bisher kein Zweifel darüber bestanden, daß auch bei der Ermittlung des steuerfreien nicht entnommenen Gewinns der gewerbliche Gewinn immer in der Höhe zugrunde zu legen sei, der bei der Steuerfestsetzung angesetzt werde. Bei gleichzeitiger Inanspruchnahme der Steuerfreiheit nach § 4 Abs. 1 AusfFördG sei das der um diesen steuerfreien Betrag gekürzte gewerbliche Gewinn. Die Richtigkeit dieser Auffassung ergebe sich eindeutig aus Abs. 4 dieser Vorschrift, nach welcher der Kürzungsbetrag bei der Ermittlung des Gewerbeertrags wieder hinzuzurechnen sei. § 20 der Verordnung zur Durchführung des AusfFördG spreche ebenfalls dafür. Daß die Absetzung nach § 4 Abs. 1 AusfFördG auch außerhalb der Bilanz vorgenommen werden könne, sei kein Beweis für die gegenteilige Auffassung. Es sei auch keine Lücke im Gesetz vorhanden, wie der Bf. behaupte. Die Steuerpflichtigen hätten keinen Anspruch darauf, daß ihnen alle Steuervergünstigungen in vollem Umfang gewährt würden, falls sich mehrere Vergünstigungen überschnitten. Es sei daher bei der Berechnung des nicht entnommenen Gewinns für die Einkommensteuer des Jahres 1954 von dem um die Vergünstigung nach § 4 Abs. 1 AusfFördG gekürzten gewerblichen Gewinn auszugehen.
Der Bf. hält in der Rechtsbeschwerde (Rb.) seine Auffassung aufrecht, daß ihm sowohl die Vergünstigungen nach § 4 Abs. 1 AusfFördG und die des nicht entnommenen Gewinns nach § 10 a des Einkommensteuergesetzes (EStG) 1953 in voller Höhe und unabhängig voneinander zu gewähren seien. Die beiden Vergünstigungen ständen verschiedenen Gruppen von Steuerpflichtigen zu, die eine den Flüchtlingen und den ihnen gleichgestellten Personen, die andere den Ausfuhrhändlern. Es verstoße gegen die Gleichmäßigkeit der Besteuerung, wenn ein zu beiden Gruppen gehörender Steuerpflichtiger schlechter behandelt werde als die anderen Angehörigen jeder Gruppe. Daß die Exportvergünstigung außerhalb der Bilanz abgezogen werden könne, beweise, daß sie den Gewinn für andere vom Gewinn abhängende Gewinnvergünstigungen nicht berühre.
Entscheidungsgründe
Die Rb. ist nicht begründet.
In den Gründen des in der Vorentscheidung angeführten Urteils IV 647/54 U ist dargelegt, daß der nach § 4 Abs. 1 AusfFördG steuerfreie Betrag bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt wird und daher überhaupt nicht Teil des Gewinns im Sinne des Einkommensteuerrechts ist. Der erkennende Senat tritt dieser Auffassung bei. Sie ist auch für die Entscheidung des vorliegenden Falles zugrunde zu legen. Unwesentlich ist dabei, daß das angeführte Urteil einen Fall behandelt, in dem die Vergünstigung des § 4 Abs. 1 AusfFördG mit einer Nachversteuerung von nicht entnommenem Gewinn nach § 10 a Abs. 2 EStG 1953 zusammentraf, und daß im vorliegenden Rechtsstreit die gleichzeitige Inanspruchnahme der Vergünstigung des nicht entnommenen Gewinns und des Exportfreibetrags streitig ist. In beiden Fällen kommt es für die Anwendung des § 10 a EStG 1953 auf die Höhe des gewerblichen Gewinns an. Dieser kann nach der Systematik des Einkommensteuerrechts für alle Anwendungsfälle des § 10 a EStG 1953 nur einheitlich ermittelt werden. Der Senat tritt den Ausführungen des Finanzgerichts in der Vorentscheidung zu dieser Frage in vollem Umfang bei. Als gewerblicher Gewinn im Sinne des § 10 a EStG 1953 kann nur der Betrag angesehen werden, der bei der Einkommensbesteuerung als Gewinn zugrunde gelegt wird. Im vorliegenden Fall ist dies das Jahresergebnis nach Kürzung um den gemäß § 4 Abs. 1 AusfFördG abgesetzten Betrag.
Fundstellen
Haufe-Index 409178 |
BStBl III 1958, 424 |
BFHE 1959, 394 |
BFHE 67, 394 |