Entscheidungsstichwort (Thema)
Ermittlung der Einkünfte bei Ferienwohnungen
Leitsatz (amtlich)
1. Bei einer ausschließlich an wechselnde Feriengäste vermieteten und in der übrigen Zeit hierfür bereitgehaltenen Ferienwohnung ist ―auch beim Vermieten in Eigenregie― ohne weitere Prüfung von der Einkünfteerzielung des Steuerpflichtigen auszugehen (gegen BMF-Schreiben vom 14. Oktober 2002 IV C 3 -S 2253- 77/02, BStBl I 2002, 1039, Tz. 1).
2. Bei einer teils selbstgenutzten und teils an wechselnde Feriengäste vermieteten Ferienwohnung ist ―nach Aufteilung der auf die Selbstnutzung und die Vermietung entfallenden Kosten― durch eine Prognose festzustellen, ob in einem Zeitraum von 30 Jahren aus der Vermietungstätigkeit ein Totalüberschuss erzielt werden kann.
Normenkette
EStG §§ 2, 9, 21; FGO § 118 Abs. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger), zur Einkommensteuer zusammen veranlagte Eheleute, sind Eigentümer einer Ferienwohnung, die sie selbst an wechselnde Feriengäste vermieten. Im Streitjahr (1995) war die Ferienwohnung an 121 Tagen vermietet.
In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machten die Kläger bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung der Ferienwohnung einen Werbungskostenüberschuss von 12 318 DM geltend. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) berücksichtigte im Zusammenhang mit der Ferienwohnung keine Einkünfte, weil eine sog. Liebhaberei vorliege.
Die hiergegen gerichtete Klage wies das Finanzgericht (FG) ab. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) seien die Leerstandszeiten einer Ferienwohnung der Selbstnutzung zuzurechnen, wenn diese weder vermietet noch selbst bewohnt werde, dem Steuerpflichtigen aber zur jederzeitigen Nutzung zur Verfügung stehe. Hiervon sei z.B. auszugehen, wenn der Steuerpflichtige die Ferienwohnung ―wie im Streitfall― selbst vermiete. Die Einkünfte seien dann nur für den Zeitraum der Vermietung an Feriengäste durch Gegenüberstellen der Einnahmen und der (anteiligen) Werbungskosten zu ermitteln, was im Streitfall zu positiven Einkünften und ―wegen des Verböserungsverbotes― zur Klageabweisung führe. Die positiven Vermietungseinkünfte seien mangels entsprechenden Nachweises nicht um die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer und einen Computer zu kürzen.
Mit ihrer Revision rügen die Kläger die Verletzung formellen und materiellen Rechts.
Die Kläger beantragen sinngemäß, die Vorentscheidung aufzuheben und bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung der Ferienwohnung den in der Einkommensteuererklärung 1995 geltend gemachten Werbungskostenüberschuss zu berücksichtigen.
Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―). Das FG hat zu Unrecht allein wegen der Möglichkeit der Selbstnutzung die Leerstandszeiten der Selbstnutzung zugerechnet. Im Übrigen reichen die bisherigen Feststellungen des FG nicht aus, um in der Revisionsinstanz abschließend über die zutreffende Zurechnung der auf die Leerstandszeiten entfallenden Aufwendungen und damit die Aufteilung der Werbungskosten sowie darüber zu entscheiden, ob die Kläger die Ferienwohnung mit Einkünfteerzielungsabsicht vermietet haben.
1. Bei der Ermittlung des Einkommens für die Einkommensteuer sind nur solche positiven oder negativen Einkünfte anzusetzen, die unter die Einkünfte des § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 7 des Einkommensteuergesetzes (EStG) fallen. Kennzeichnend für die Einkunftsarten ist, wie der Große Senat des BFH im Beschluss vom 25. Juni 1984 GrS 4/82 (BFHE 141, 405, 435, BStBl II 1984, 751, 766 f., unter C. IV. 3. c aa (1)) ausgeführt hat, dass die ihnen zugrunde liegenden Tätigkeiten oder Vermögensnutzungen der Erzielung positiver Einkünfte dienen.
a) Bezogen auf die Einkunftsart Vermietung und Verpachtung folgt hieraus, dass eine Vermietungstätigkeit nur dann dieser Einkunftsart zuzurechnen ist, wenn der Vermieter die Absicht hat, auf die Dauer der Vermögensnutzung einen Totalüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erwirtschaften (z.B. BFH-Urteil vom 5. September 2000 IX R 33/97, BFHE 192, 559, BStBl II 2000, 676, unter II. 2.); nichtsteuerbare Veräußerungsgewinne bleiben dabei unberücksichtigt (Beschluss in BFHE 141, 405, 435, BStBl II 1984, 751, 766 f., unter C. IV. 3. c aa (2)). Die Einkünfteerzielungsabsicht kann erst nachträglich einsetzen und auch wieder wegfallen (BFH-Urteil vom 31. März 1987 IX R 112/83, BFHE 150, 325, BStBl II 1987, 774, m.w.N.).
b) Nach dem Regelungszweck des § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG ist bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit grundsätzlich davon auszugehen, dass die Steuerpflichtigen beabsichtigen, letztlich einen Einnahmeüberschuss zu erwirtschaften, selbst wenn sich über längere Zeiträume Werbungskostenüberschüsse ergeben (BFH-Urteil vom 30. September 1997 IX R 80/94, BFHE 184, 406, BStBl II 1998, 771). Die Grundsätze des vorgenannten Urteils sind auch beim Vermieten von Ferienwohnungen anzuwenden, wenn diese von den Steuerpflichtigen ausschließlich an wechselnde Feriengäste vermietet und in der übrigen Zeit hierfür bereitgehalten werden (z.B. BFH-Urteil vom 21. November 2000 IX R 37/98, BFHE 193, 479, BStBl II 2001, 705, m.w.N.). Dies gilt ―wie der Senat in seinem Urteil vom 6. November 2001 IX R 97/00 (BFHE 197, 151, BStBl II 2002, 726) unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung entschieden hat― unabhängig davon, ob die Steuerpflichtigen die Ferienwohnung in Eigenregie oder durch Einschalten eines Dritten vermieten. Nicht zur Selbstnutzung zählen kurzfristige Aufenthalte in der Ferienwohnung, die durch die Vermietung oder die Beseitigung von Schäden veranlasst sind.
Hat das FG festgestellt, dass die Steuerpflichtigen die Ferienwohnung ausschließlich an wechselnde Feriengäste vermietet und in der übrigen Zeit hierfür bereitgehalten haben, ist ohne weitere Prüfung von der Einkünfteerzielungsabsicht der Steuerpflichtigen auszugehen. Dies gilt selbst bei einer geringen Zahl von Vermietungstagen, denn diese allein sagen noch nichts über das Fehlen einer auf Dauer angelegten Vermietung aus (z.B. BFH-Urteile in BFHE 193, 479, BStBl II 2001, 705, und vom 25. Juni 2002 IX R 61/01, BFH/NV 2002, 1442, jeweils unter II. 2.). Zu Unrecht entnimmt die Finanzverwaltung (Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 14. Oktober 2002 IV C 3 -S 2253- 77/02, BStBl I 2002, 1039) daraus, dass die Entscheidung in BFHE 197, 151, BStBl II 2002, 726 auf die Grundsätze des Urteils in BFHE 184, 406, BStBl II 1998, 771 Bezug nimmt, die Einschränkung, auch beim "dauernden Vermieten" einer nicht selbstgenutzten Ferienwohnung in Eigenregie sei die Einkünfteerzielungsabsicht zu prüfen. Die im Urteil in BFHE 184, 406, BStBl II 1998, 771 (u.a. als Ausnahme vom Grundsatz "keine Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht") genannte "Ferienwohnung" betrifft nur teilweise selbstgenutzte und teilweise vermietete Ferienwohnungen; allein bei diesen können nämlich neben der Absicht der Einkünfteerzielung auch private Gründe der Steuerpflichtigen i.S. des § 12 EStG für das Unterhalten ausschlaggebend sein. Darüber hinaus ergibt sich aus der Entscheidung, dass nur bei sonstigen Ausnahmesachverhalten, die den genannten Beispielen vergleichbar sind, nicht ohne weiteres vom Vorliegen der Einkünfteerzielungsabsicht auszugehen ist. Eine an wechselnde Feriengäste vermietete und in der übrigen Zeit hierfür bereitgehaltene Ferienwohnung stellt keinen solchen Ausnahmesachverhalt dar. Bei dieser ist lediglich die vom FG als Tatsacheninstanz zu beurteilende Frage von Bedeutung, ob nach den Gesamtumständen des Falles neben der ausschließlichen Vermietung an wechselnde Feriengäste ein Bereithalten zum dauernden Vermieten angenommen werden kann.
c) Bei teilweise selbstgenutzten und teilweise vermieteten Ferienwohnungen ist die Frage, ob die Steuerpflichtigen mit oder ohne Einkünfteerzielungsabsicht vermietet haben, anhand einer unter Heranziehung aller objektiv erkennbaren Umstände zu treffenden Prognose zu entscheiden. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat auf die Gründe des Urteils in BFHE 197, 151, BStBl II 2002, 726.
2. Bei Anwendung dieser Grundsätze ist die Vorentscheidung aufzuheben und die nicht spruchreife Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen. Das FG hat ausgehend von seiner Rechtsauffassung keine Feststellungen dazu getroffen, ob die Kläger die Ferienwohnung auch (zu privaten Zwecken) tatsächlich selbst genutzt oder ausschließlich an wechselnde Feriengäste vermietet und in der übrigen Zeit hierfür bereitgehalten haben. Trifft das Letztere zu, ist ohne weitere Prüfung von der Einkünfteerzielungsabsicht der Kläger auszugehen. Haben die Kläger die Ferienwohnung dagegen teilweise selbst genutzt, muss das FG die Kosten aufteilen und durch eine unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats vorzunehmende Prognose feststellen, ob durch die Vermietungstätigkeit ein Totalüberschuss erzielt werden kann.
Im Rahmen seiner erneuten Entscheidung wird das FG darüber hinaus zu ermitteln und zu beurteilen haben, ob das häusliche Arbeitszimmer und der Computer in einem zum Werbungskostenabzug bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung berechtigenden Umfang zur Verwaltung der Ferienwohnung eingesetzt worden sind.
Fundstellen
Haufe-Index 892332 |
BFH/NV 2003, 549 |
BStBl II 2003, 914 |
BFHE 2003, 556 |
BFHE 200, 556 |
BB 2003, 716 |
DB 2003, 478 |
DStR 2003, 325 |
DStRE 2003, 383 |
HFR 2003, 339 |