Entscheidungsstichwort (Thema)
(Keine steuerliche Anerkennung eines Unterarbeitsverhältnisses zwischen Lehrerin und ihrer Tochter - Voraussetzungen der Anerkennung eines Arbeitsverhältnisses zwischen Eltern und Kind)
Leitsatz (amtlich)
Ein Unterarbeitsverhältnis zwischen einer Lehrerin und ihrer Erziehungswissenschaft studierenden Tochter mit dem Inhalt, daß die Tochter gegen Zahlung einer monatlichen Vergütung sämtliche Arbeiten erledigt, die zur Vorbereitung und Durchführung von Lehrertätigkeiten anfallen, ist steuerlich nicht anzuerkennen, weil ein derartiges Unterarbeitsverhältnis zwischen Fremden nicht üblich ist und eine unangemessene Gestaltung darstellt.
Orientierungssatz
Arbeitsverhältnisse zwischen Kindern und ihren Eltern können der Besteuerung nur dann zugrunde gelegt werden, wenn sie rechtswirksam vereinbart wurden, inhaltlich dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen und auch tatsächlich vereinbarungsgemäß durchgeführt worden sind (vgl. BFH-Rechtsprechung).
Normenkette
EStG 1987 § 9 Abs. 1 S. 1, § 12 Nr. 1, § 19 Abs. 1 Nr. 1; AO 1977 § 42
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) war im Streitjahr 1988 als beamtete Lehrerin tätig. Ihre Tochter studierte Erziehungswissenschaft. Die Klägerin und ihre Tochter hatten unter dem Datum des 1. Januar 1988 eine als Arbeitsvertrag deklarierte schriftliche Vereinbarung geschlossen. Danach sollte die Tochter sämtliche Arbeiten erledigen, die zur Vorbereitung und Durchführung von Lehrertätigkeiten anfallen, sofern nicht gesetzliche Vorschriften hierdurch berührt werden. Die Klägerin verpflichtete sich zur Zahlung eines monatlichen Gehaltes von 430 DM.
Die Tochter führte nach der Darstellung der Klägerin folgende Arbeiten durch: Korrekturen von schriftlichen Arbeiten, Erstellung von Arbeitsblättern, Vorbereitung von Klassenfahrten und Unterrichtsgängen, Vorbereitung von Freiarbeitsmitteln. Die Tochter arbeitete nach dem Vorbringen der Klägerin im Durchschnitt ungefähr 10 Stunden in der Woche, vorwiegend an Sonnabenden. Die Klägerin zahlte den Lohn bar gegen Quittung.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) erkannte die als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend gemachten Lohnzahlungen an die Tochter nicht an.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt. Es vertrat die Auffassung, es habe sich bei den Barzahlungen der Klägerin an ihre Tochter um Werbungskosten und nicht um verdeckte Unterhaltszahlungen nach § 12 Nr.1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) oder Zahlungen aus sonstiger privater Veranlassung gehandelt.
Das FA rügt mit seiner Revision eine Verletzung des § 9 Abs.1 Sätze 1 und 2 EStG.
Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Klageabweisung. Das FG hat die Zahlungen an die Tochter zu Unrecht als Werbungskosten (§ 9 Abs.1 EStG) bei den Einkünften der Klägerin aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 Abs.1 EStG) berücksichtigt. Das Unterarbeitsverhältnis zwischen der Klägerin und ihrer Tochter ist entgegen der Ansicht des FG steuerlich nicht anzuerkennen.
Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) können Vertragsverhältnisse zwischen Kindern und ihren Eltern der Besteuerung nur dann zugrunde gelegt werden, wenn sie rechtswirksam vereinbart wurden, inhaltlich dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen und auch tatsächlich vereinbarungsgemäß durchgeführt worden sind (Urteile vom 17. März 1988 IV R 188/85, BFHE 153, 117, BStBl II 1988, 632; vom 25. Januar 1989 X R 168/87, BFHE 156, 134, BStBl II 1989, 453).
Es kann dahingestellt bleiben, ob das im Streitfall zwischen der Klägerin und ihrer Tochter vereinbarte Unterarbeitsverhältnis rechtswirksam ist. Es braucht auch nicht entschieden zu werden, ob das FG seiner Überzeugung, der Vertrag sei tatsächlich durchgeführt worden, ein zutreffendes Beweismaß zugrunde gelegt hat, indem es lediglich dem Vorbringen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung Glauben geschenkt hat. Denn das Unterarbeitsverhältnis zwischen der Klägerin und ihrer Tochter kann der Besteuerung schon deshalb nicht zugrunde gelegt werden, weil Verträge mit dem vorliegenden Inhalt üblicherweise nicht zwischen Fremden vereinbart werden. Es ist nicht üblich und eine unangemessene Gestaltung, daß beamtete Lehrer mit anderen Personen Verträge darüber schließen, daß diese gegen Entgelt für den Lehrer sämtliche Arbeiten erledigen, die zur Vorbereitung und Durchführung von Lehrertätigkeiten anfallen.
Fundstellen
Haufe-Index 65777 |
BFH/NV 1995, 44 |
BStBl II 1995, 394 |
BFHE 177, 125 |
BFHE 1996, 125 |
BB 1995, 966 |
BB 1995, 966 (LT) |
DB 1995, 1010-1011 (LT) |
DStR 1995, 799 (KT) |
DStZ 1995, 440-441 (KT) |
HFR 1995, 336 (LT) |
StE 1995, 290 (K) |