Leitsatz (amtlich)
Zur Höhe der verdeckten Gewinnausschüttung durch Überlassung einer Schwimmhalle an den Geschäftsführer einer GmbH, der ein Sohn des alleinigen Gesellschafters ist.
Normenkette
KStG § 6 Abs. 1 S. 2
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) wurde durch Umwandlung nach den Vorschriften des Gesetzes über die Umwandlung von Kapitalgesellschaften und bergrechtlichen Gewerkschaften (UmwG) Gesamtrechtsnachfolger einer GmbH, deren alleiniger Gesellschafter er war. Geschäftsführer der GmbH waren die Söhne des Klägers, nämlich P J und K J.
In den Jahren 1966 und 1967 baute die GmbH auf eigenem Grund und Boden eine Schwimmhalle und dieser vorgelagert einen Keller mit Freiterrasse. Im Keller befanden sich eine Sauna, eine Dusche, eine Toilette und die für den Betrieb der Schwimmhalle erforderlichen technischen Einrichtungen. Die Schwimmhalle mit Nebenräumen liegt zwischen zwei Wohngebäuden, die der GmbH gehörten. Eines davon bewohnte der Kläger selbst, das andere sein Sohn P J. Beide Gebäude haben eigene Zugänge zur Schwimmhalle und Freiterrasse. Die Schwimmhalle wurde überwiegend von P J, zu einem geringen Teil vom Kläger selbst benutzt.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (FA) behandelte die Überlassung der Schwimmhalle an P J als verdeckte Gewinnausschüttungen, deren Höhe das FA unter Zugrundelegung der Kostenmiete wie folgt berechnete:
Herstellungskosten 177 500 DM
5 v. H. Zinsen aus
den Herstellungskosten 8 875 DM
Absetzung für Abnutzung (AfA)
It. Bilanz 5 485 DM
Heizungs- und
Beleuchtungskosten 2 400 DM
Erhaltungsaufwand 1 000 DM
insgesamt: 17 760 DM
Für das Wirtschaftsjahr vom 1. Juli 1967 bis 30. Juni 1968, das für die Körperschaftsteuer des Streitjahres 1968 maßgebend war, rechnete das FA die Hälfte der Jahreskostenmiete = 8 880 DM als verdeckte Gewinnausschüttungen hinzu.
Der Einspruch blieb ohne Erfolg.
Auf die Klage hat das FG die Körperschaftsteuer auf 32 070 DM und die Ergänzungsabgabe auf 962 DM herabgesetzt. Das FG hat dem Grunde nach verdeckte Gewinnausschüttungen angenommen, deren Höhe jedoch und die Höhe der Körperschaftsteuer dadurch herabgesetzt, daß es bei der Berechnung der Kostenmiete eine Verzinsung von 4 v. H. zugrunde legte und einen zusätzlichen Abschlag von 1 800 DM ansetzte.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers, mit der Verletzung des § 6 Abs. 1 Satz 2 KStG gerügt wird.
Der Kläger meint, es sei nicht einzusehen, warum die Schwimmhalle nicht auch einem Geschäftsführer überlassen worden wäre, der weder Gesellschafter noch eine dem Gesellschafter nahestehende Person ist. Im Streitfall sei zu bedenken, daß die Einrichtung eines Schwimmbades mit Sauna in einer Wohnung im Jahr 1968 keine Seltenheit mehr dargestellt habe, ferner, daß die Betriebstätte in einem abgelegenen Winkel liege und ein vitaler Geschäftsführer, wenn er in einem solchen Unternehmen langfristig tätig sei, auf allerlei Lebensqualitäten (Freundes- und Bekanntenkreis, gesellschaftlicher Umgang, Vereinsleben, kulturelle Bedürfnisse u. a. ) verzichten müsse, auf ein Leben auf dem Land angewiesen sei mit allen damit verbundenen Nachteilen auch für die Familie mit Kindern.
Hinzu komme, daß sich P J oft stundenlang in den Produktionsräumen aufhalte, bei stark schwankenden Temperaturen im Sonner wie im Winter, und daß er dabei zwangsläufig aufgrund der Eigenart des Geschäftszweigs den spezifischen Geruch der verschieden gedämpften Produkte annehme, so daß die Schwimmbad- und Saunabenutzung eine betrieblich bedingte Notwendigkeit des Ausgleichs und der Gesunderhaltung sei.
Hilfsweise wendet sich der Kläger gegen die vom FG ermittelte Höhe der verdeckten Gewinnausschüttung. Der Ansatz der sogenannten Kostenmiete verstoße gegen § 15 Abs. 2 BewG. Danach seien die üblichen Mittelpreise des Verbrauchsorts maßgebend. Diese könnten im Streitfall geschätzt werden. Unter Berücksichtigung aller wertmindernden Umstände erscheine es angemessen, den Mietwert der Wohnung des Geschäftsführers P J einschließlich der Schwimmhalle mit Nebenräumen um monatlich 150 DM = jährlich 1 800 DM höher anzusetzen.
Der Kläger beantragt, das Urteil des FG und die Einspruchsentscheidung aufzuheben und unter Änderung des Körperschaftsteuerbescheides 1968 die Körperschaftsteuer 1968 auf 29 032 DM und die Ergänzungsabgabe auf 870 DM herabzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet.
Das FG hat dem Grunde nach zutreffend verdeckte Gewinnausschüttungen angenommen, deren Höhe aber nicht richtig ermittelt (§ 6 Abs. 1 Satz 2 KStG).
1. Die GmbH nahm durch die Überlassung der Schwimmhalle mit Nebenräumen an den Geschäftsführer P J und an den alleinigen Gesellschafter verdeckte Gewinnausschüttungen vor.
a) Die GmbH hätte bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters die Schwimmhalle mit Nebenräumen einem Geschäftsführer, der weder Gesellschafter noch eine dem Gesellschafter nahestehende Person ist, nicht überlassen, ohne dafür ein angemessenes Entgelt zu fordern.
Die Überlassung der Schwimmhalle mit Nebenräumen ohne angemessenes Entgelt widersprach dem Grundsatz, daß die Tätigkeit einer GmbH als einer Kapitalgesellschaft dazu bestimmt ist, Gewinn zu erzielen und den Gewinn zu steigern. Um dies zu erreichen, wird ein sorgfältiger Geschäftsleiter die Aufwendungen auf das betriebsnotwendige Maß beschränken. Im Streitfall war es, wie das FG zutreffend ausgeführt hat, nicht notwendig, dem Geschäftsführer P J die Schwimmhalle mit Nebenräumen ohne angemessenes Entgelt zu überlassen. Die Ausführungen des Klägers in der Revision führen zu keiner anderen Beurteilung. Um dem Geschäftsführer P J das Leben auf dem Land erträglich zu machen und seine Gesundheit zu erhalten, bedurfte es keiner Schwimmhalle, deren Herstellung einen Aufwand von 177 500 DM erforderte. Ob die Schwimmhalle auch zukünftigen Führungskräften zur Verfügung stehen sollte, braucht nicht untersucht zu werden. Denn die verdeckte Gewinnausschüttung besteht im Streitjahr in der Überlassung der Schwimmhalle an den Geschäftsführer P J und den Alleingesellschafter ohne angemessenes Entgelt.
b) Verdeckte Gewinnausschüttungen können auch durch Leistungen an eine dem Gesellschafter nahestehende Person vorgenommen werden. Der Vorteil muß allerdings mittelbar dem Gesellschafter selbst zugute kommen. Dafür spricht der Beweis des ersten Anscheins, wenn die Kapitalgesellschaft den Vorteil der Ehefrau des Gesellschafters oder - wie im Streitfall - einem nahen Verwandten gewährt. Der Beweis des ersten Anscheins kann im allgemeinen nur durch die Feststellung erschüttert werden, daß die Zuwendung des Vorteils ihre Ursache ausschließlich in den Beziehungen der Kapitalgesellschaft zu der dem Gesellschafter nahestehenden Person hat (Urteil des BFH vom 27. November 1974 I R 250/72, BFHE 114, 236, BStBl II 1975, 306). Die Darlegungen des Klägers lassen diese Feststellung nicht zu. Wie sich aus den Ausführungen unter 1. a) ergibt, kann die Überlassung der Schwimmhalle nicht als angemessenes Entgelt für die Tätigkeit des P J als Geschäftsführer angesehen werden.
c) Richtig ist, daß dann, wenn die Schwimmhalle einem Geschäftsführer überlassen worden wäre, der weder Gesellschafter noch eine dem Gesellschafter nahestehende Person ist, die damit verbundenen Aufwendungen steuerrechtlich abzugsfähig und nicht wieder als verdeckte Gewinnausschüttungen hinzuzurechnen gewesen wären. Darin liegt kein Verstoß gegen Art. 3, 6 GG. Die Sachverhalte gleichen sich nicht. Im Streitfall war der Empfänger der Leistung der Sohn des Alleingesellschafters. Hier kann die Leistung ihre Ursache auch im Gesellschaftsverhältnis haben. Im Fall des fremden Geschäftsführers ist das nicht möglich.
2. Rechtliche Bedenken bestehen indes gegen die Ermittlung der Höhe der verdeckten Gewinnausschüttungen durch das FG.
a) Da eine verdeckte Gewinnausschüttung im allgemeinen vorliegt, wenn die Kapitalgesellschaft einem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewähren würde, ist auch die Höhe der verdeckten Gewinnausschüttung in der Weise zu ermitteln, daß die Vergütung, die die Kapitalgesellschaft vom Gesellschafter empfängt, mit der Vergütung verglichen wird, die ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter von einem Nichtgesellschafter unter sonst gleichen Umständen gefordert und erhalten hätte. Der Wert der verdeckten Gewinnausschüttung wird damit grundsätzlich durch die erzielbare Vergütung bestimmt (BFH-Urteil I R 250/72). Das steht im Einklang mit § 15 Abs. 2 BewG, daß Nutzungen oder Leistungen, die nicht in Geld bestehen, mit den üblichen Mittelpreisen des Verbrauchsorts anzusetzen sind.
Im Streitfall bedeutet das, daß zu ermitteln ist, welches Entgelt die GmbH für die Überlassung der Schwimmhalle mit Nebenräumen von einem Geschäftsführer, der nicht Gesellschafter ist, verlangt und erhalten hätte. Da nach den übereinstimmenden Erklärungen der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vor dem FG vom 20. Januar 1975 wegen des baulichen Zusammenhangs eine Vermietung der Schwimmhalle nur in Verbindung mit der Wohnung in Betracht kam, kommt es darauf an, um welchen Betrag die GmbH die Miete für die Wohnung wegen des Hinzutretens der Schwimmhalle mit Nebenräumen hätte erhöhen können.
b) Ein Anhaltspunkt für die Ermittlung dieses Betrags ist allerdings, wenn - wie im Streitfall - ein vergleichbarer Markt fehlt, auch die Kostenmiete. Denn die Kapitalgesellschaft wird und muß bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters alles daransetzen, ein Entgelt zu erhalten, das wenigstens die Kosten deckt. In diesem Sinne ist es zu verstehen, wenn das BFH-Urteil vom 19. April 1972 I R 62/70 (BFHE 105, 364, BStBl II 1972, 594) einen Mittelwert zwischen Kostenmiete und erzielbarer Miete zu finden aufgibt.
c) Das FG hat die Höhe der verdeckten Gewinnausschüttungen nicht allein auf der Grundlage der Kostenmiete ermittelt. Es hat vielmehr - abweichend von der Berechnung des FA - einen zusätzlichen Abschlag von 1 800 DM vorgenommen. Dadurch hat das FG - wie es ausführt - den Umstand berücksichtigt, daß sich Wohngebäude und Schwimmhalle auf einem Fabrikgrundstück in unmittelbarerer Nähe geräuschvoller Fabrikationsanlagen befinden. Dies beeinträchtige den Wohnwert und hätte, falls eine Fremdvermietung möglich wäre, auch Einfluß auf den Mietpreis gehabt.
Dabei hat das FG nicht beachtet, daß zur Ermittlung der Höhe der verdeckten Gewinnausschüttung an P J nicht auf irgendeine Fremdvermietung, sondern auf eine Überlassung der Schwimmhalle an einen Geschäftsführer, der nicht Gesellschafter oder eine dem Gesellschafter nahestehende Person ist, abzustellen ist. Bei den gehobenen Lebensansprüchen, wie sie bereits im Streitjahr verbreitet waren, hätte ein fremder Geschäftsführer neben der Wohnung im Hause der GmbH eine Schwimmgelegenheit beanspruchen können. Er hätte daher von der Kostenmiete für die Benutzung der Schwimmhalle jedenfalls einen Abschlag in Höhe des Betrags gefordert, der auf eine Schwimmhalle geringeren Umfangs oder geringerer Ausstattung oder auf ein Schwimmbad in der Wohnung selbst entfiele. Die GmbH hätte, auch bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters, diesen Abschlag nicht versagen dürfen, zumal einem Geschäftsleiter ein gewisser Spielraum kaufmännischen Ermessens einzuräumen ist (BFH-Urteil vom 10. Januar 1973 I R 119/70, BFHE 108, 183, BStBl II 1973, 322).
d) Das FG wird zunächst ermitteln, in welchem Umfang der Kläger und in welchem Umfang P J die Schwimmhalle benutzt haben. Soweit sie der Kläger benutzt hat, ist gegen die Methode der Berechnung der verdeckten Gewinnausschüttung durch das FG nichts einzuwenden. Soweit sie P J benutzt hat, ist der Abschlag nach Nr. 2 c dieses Urteils zu ermitteln und anzusetzen.
Fundstellen
Haufe-Index 72349 |
BStBl II 1977, 569 |
BFHE 1978, 98 |