Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Stellt das Züchten von Pflanzen eine Liebhaberei dar?
Bei Bejahung der Einkommensteuerpflicht sind die Einkünfte aus der Veräußerung des Zuchtmaterials grundsätzlich solche aus Landwirtschaft, nicht solche aus selbständiger Arbeit.
Normenkette
EStG § 13/1, §§ 14, 18/1/1
Tatbestand
Der Beschwerdeführer (Bf.), der in der Zeit von 1927 bis 1. Oktober 1948 bei verschiedenen Forschungsanstalten und Saatzuchtbetrieben als Arbeitnehmer tätig war, erhielt im Jahre 1941 von einem seiner damaligen Professoren als Anerkennung einen Teil seiner Lupinen-Population (Kreuzungsprodukt im Anfangsstadium) als Geschenk. Die in den Jahren 1941 bis 1948 auf eigene Kosten betriebene Weiterzüchtung der erhaltenen Lupinenstämme mußte der Bf. am 1. Oktober 1948 infolge Kündigung seines Arbeitsverhältnisses bei der Genossenschaft X, bei der er als Saatgutleiter angestellt war, beenden, da ihm an seinem neuen Wohnort die zur Weiterzüchtung erforderlichen Ländereien nicht zur Verfügung standen. Um das zur Gründung einer neuen Existenz (Fachsamengroßhandlung) notwendige Kapital zu erhalten, verkaufte er nach dem abschriftlich eingereichten Vertrag vom 8. Januar 1949 - nicht 1. August 1949 - das gesamte Zuchtmaterial für 25.000 DM; er verpflichtete sich, keinerlei Züchtungen mit dem gleichen Material zu betreiben. Der Kaufpreis bezog sich nicht auf das in Vermehrung stehende Saatgut; nach dem Vertrag floß der Ertrag aus den bereits laufenden Vermehrungen dem Käufer zu. Darüber hinaus ist offenbar ein besonderes Entgelt hierfür nicht vereinbart und gezahlt worden. Die Fachsamengroßhandlung wurde Anfang Januar 1949 eröffnet.
Unter schätzungsweiser Annahme von 10.000 DM Betriebsausgaben hat das Finanzamt den Veräußerungspreis in Höhe von 15.000 DM nach § 18 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zur Einkommensteuer herangezogen und im Einspruchsverfahren die Auffassung des Bf., es habe sich bei der Züchtung um eine Liebhaberei gehandelt, zurückgewiesen.
Das Finanzgericht trat der Auffassung des Finanzamts bei, billigte jedoch die Tarifermäßigung nach § 34 Abs. 1 EStG zu. Bei der Frage, ob ein Liebhabereibetrieb vorliege, komme es darauf an, ob ein Streben nach einem Einnahmeüberschuß oder Gewinn festzustellen sei. Eine einkommensteuerlich beachtliche Tätigkeit unterscheide sich von der Liebhaberei nicht allein durch die ernstliche Ausübung eines Berufes, sondern vor allem durch das Rechnen mit einem Ausgleich zwischen Aufwand und Ertrag und einem, wenn auch bescheidenen Nutzen; es müsse sich um eine Tätigkeit handeln, die nach allgemeinen Erfahrungssätzen Aussicht habe, sich lohnend zu gestalten. Im Einzelfall sei zu prüfen, ob der Betrieb nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen geführt werde, d. h. ob sich die Betriebsausgaben in einem wirtschaftlich vertretbaren Rahmen hielten. Das sei zu bejahen, da der Sachverhalt für die Annahme unwirtschaftlicher Maßnahmen seitens des Bf. keine Anhaltspunkte biete. Dieser habe nach der Gestaltung seines Betriebes auf einen überschuß gerechnet und konnte eine solche Erwartung, wenngleich erst nach jahrelanger Betätigung, auch hegen. Bei dem objektiv nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten geführten Betrieb und der auf Gewinnerzielung gerichteten Absicht könne von der Befriedigung einer Liebhaberei keine Rede sein; auf das Vorbringen, es hätte wegen der Eigenart der Tätigkeit nicht abgesehen werden können, ob die Arbeit jemals erfolgreich sein würde, komme es dann nicht an. Eine andere Beurteilung könne auch dem Urteil des Reichsfinanzhofs VI 126/42 vom 24. November 1942, das nach Ansicht des Bf. für ihn spreche, nicht entnommen werden, da es in diesem Fall von vornherein an einer Gewinnerzielungsabsicht gefehlt habe. Der überschuß sei gemäß § 18 EStG zu versteuern. Begründet sei jedoch der Antrag auf eine Steuervergünstigung nach § 34 Abs. 1 EStG, da es sich um außerordentliche Einkünfte handle, die durch Veräußerung des der selbständigen Arbeit dienenden Vermögens erzielt seien. Der vom Finanzamt zutreffend errechnete Betrag von 15.000 DM sei mit der Hälfte des sich bei der normalen Veranlagung ergebenden Durchschnittssatzes, das sind 18,5 %, heranzuziehen.
Die Rechtsbeschwerde (Rb.) wendet sich unter Wiederholung des früheren Vorbringens gegen die Verneinung eines Liebhabereibetriebes, sodann gegen die Berechnung des Gewinns; es könne höchstens ein überschuß von 5 % des Umsatzes = 1.250 DM angesetzt werden.
Entscheidungsgründe
In dem ersten Punkt ist das Rechtsmittel unbegründet. Das Finanzgericht hat in Anlehnung an die Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs ohne Rechtsirrtum das Vorliegen eines Liebhabereibetriebes abgelehnt. Nach den vom Reichsfinanzhof entwickelten Grundsätzen, gegen deren übernahme keine Bedenken bestehen, zusammengefaßt unter Hinweis auf das grundlegende Urteil VI A 1230/31 vom 24. Januar 1934 (Slg. Bd. 35 S. 161, Reichssteuerblatt - RStBl. - 1934 S. 501 = Grundwerk zur Steuerrechtsprechung in Karteiform - GW - StRK - II 389), in dem Urteil VI 134/42 vom 24. Juni 1942 (RStBl. 1942 S. 890 Mrozek-Kartei, Einkommensteuergesetz 1938/39 § 13 Abs. 1 Ziff. 1 Rechtsspruch 42), ist die Frage, ob ein Betrieb oder eine Tätigkeit dem Wesen und der Bewirtschaftung nach auf die Dauer gesehen, nachhaltig mit Gewinn zu arbeiten vermag, maßgeblich nach objektivem Gesichtspunkten zu beurteilen; es muß nach den Gesamtumständen des Einzelfalls auf die Dauer und auf lange Sicht betrachtet unter Zugrundelegung objektiver Verhältnisse ein Gewinn oder überschuß erstrebt werden. Der subjektiven Auffassung des Steuerpflichtigen kann nur in Grenzfällen eine gewisse Bedeutung zugemessen werden. Der Bf. hat wiederholt seine Tätigkeit mit der eines Sammlers von Briefmarken und Münzen verglichen und sich besonders auf das in der Vorentscheidung angeführte Urteil VI 126/42 vom 24. November 1942, Mrozek-Kartei, Einkommensteuer 1938/39 § 4 Abs. 1 Rechtsspruch 71, berufen, in dem es sich um einen Handelsvertreter handelt, der eine umfangreiche gartenbautechnische und gartenbaugeschichtliche Sammlung angelegt hatte. Diese Betrachtung läßt aber die Wesensverschiedenheit der einzelnen Tätigkeiten außer Betracht. Eine Briefmarken- und Münzensammlung sowie eine solche von gartenbautechnischen und gartenbaugeschichtlichen Unterlagen hat den Charakter einer dauernden Kapitalanlage; diese behält ihren Wert, auch wenn sie nicht verwertet wird. Anders verhält es sich aber mit einer Tätigkeit, deren Ziel auf die Züchtung von Pflanzen gerichtet ist. Das Ergebnis der Züchtung stellt zwar auch ein Kapital dar, es hat aber keinen Dauerwert. Wenn es nicht in absehbarer Zeit durch Verkauf oder im Wege der Vermehrung der wirtschaftlichen Auswertung zugänglich gemacht wird, wird es wertlos, wenn auch die theoretischen Ergebnisse bestehen bleiben; regelmäßig muß davon ausgegangen werden, daß eine züchterische Tätigkeit ihrer Art nach von vornherein darauf gerichtet ist, gewinnbringend verwertet zu werden. Fälle, in denen von einer Privatperson allein der wissenschaftlichen Erkenntnis wegen eine solche Betätigung ausgeübt wird, sind zwar möglich, aber doch sehr selten. Der vorliegende Tatbestand bietet keine Anhaltspunkte, daß der Bf. allein aus Liebhaberei seine Züchtungsversuche unternommen hat; dagegen spricht auch die Tatsache, daß der Bf. im Hauptberuf eine gleichartige Tätigkeit ausübte. Bei der Abgrenzung der Frage, ob Gewerbe, Land- oder Forstwirtschaft, eine selbständige Berufstätigkeit oder Liebhaberei vorliegt, handelt es sich vorwiegend um die Würdigung tatsächlicher Verhältnisse, an die die Rechtsbeschwerdeinstanz gebunden ist, wenn die rechtlichen Erwägungen der Vorentscheidung nicht zu beanstanden sind. Derartige Umstände sind nicht erkennbar, das Finanzgericht konnte zu seiner Auffassung kommen. Hieran ändert sich auch nichts dadurch, daß bei den jahrelang notwendigen Versuchen von vornherein nicht abgesehen werden konnte, ob diese jemals mit Erfolg abgeschlossen werden. Dieses Risiko haben Züchtungsversuche mit Erfindungen gemeinsam. Letztere sind aber beim Vorliegen der sonstigen, oben dargelegten Voraussetzungen ebenfalls steuerpflichtig. Es kommt nicht darauf an, ob von Anfang an mit einem Erfolg gerechnet werden kann, sondern allein darauf, ob eine Tätigkeit bei objektiver Betrachtung und rationeller Wirtschaftsweise auf die Dauer gesehen mit Gewinnstreben vorgenommen wird. Zu dem gleichen Ergebnis ist auch der Umsatzsteuersenat, der über denselben Sachverhalt zu entscheiden hatte, in seinem Urteil V 94/53 vom 12. November 1953 gelangt. Er hat zwar zur Frage der Liebhaberei nicht Stellung genommen, aus der Tatsache jedoch, daß er lediglich deshalb den Streitfall an das Finanzgericht zurückverwiesen hat, weil nicht genügend geklärt sei, ob nur Lupinensamen oder ein Unternehmer veräußert sei, geht eindeutig hervor, daß er einen Liebhabereibetrieb nicht als vorliegend erachtet, da sich dann eine Untersuchung, ob eine nachhaltige gewerbliche oder berufliche Tätigkeit gegeben ist, erübrigte (siehe Urteil des Reichsfinanzhofs V 66/42 vom 22. Januar 1943, RStBl. 1943 S. 197 - GW-StRK IV 58); nach dem Umsatzsteuergesetz ist eine Liebhaberei nur steuerpflichtig, wenn sie nachhaltig zum Erzielen von Einnahmen (nicht Gewinn) betrieben wird. Die Vorentscheidung hat deshalb zutreffend einen auf Gewinnerzielung erkennbaren Willen des Bf. festgestellt, der in dem Verkaufserlös seinen objektiv sichtbaren Niederschlag gefunden hat.
Nicht bedenkenfrei ist dagegen die auch vom Finanzamt und Steuerausschuß vertretene Ansicht, es handle sich um Einkünfte aus selbständiger Arbeit im Sinn von § 18 EStG. Der Bf. hat des öfteren darauf hingewiesen, daß bei Bejahung der Steuerpflicht landwirtschaftliche Einkünfte gegeben seien. Dieser Beurteilung wird zugestimmt. Ein landwirtschaftlicher Betrieb besteht in der Gewinnung von Pflanzen und Pflanzenteilen mit Hilfe der Naturkräfte. Der Bf. konnte seine Züchtungsversuche nur mit Hilfe von Grund und Boden vornehmen; ohne diesen war jedes züchterische Vorgehen von vornherein unmöglich. Es bedarf keines besonderen Hinweises, daß naturgemäß der wissenschaftlichen Arbeit eine bedeutende Rolle zugewiesen war; beides mußte Hand in Hand gehen. Ebenso aber wie die von einem Landwirtschaftlichen Forschungsinstitut aus einem in züchterischem Interesse geleisteten landwirtschaftlichen Besitz erzielten Einkünfte solche aus Landwirtschaft darstellen, gilt das auch für die Einkünfte eines auf wissenschaftlicher Basis arbeitenden Einzelzüchters. Der Bf. hat für seine Züchtungszwecke stets Land gepachtet und diese einstellen müssen, als ihm solches nicht mehr zur Verfügung stand. Das zeigt besonders, welch wesentliche Bedeutung dem Grund und Boden zukommt. Die von der Vorentscheidung vorgenommene Eingruppierung der Einkünfte wäre nur vertretbar, wenn man in der Inanspruchnahme des Grund und Bodens eine untergeordnete Hilfsmaßnahme sehen wollte. Damit würde aber im vorliegenden Fall der auf der pflanzenhervorbringenden Kraft des Bodens beruhenden Züchtungstätigkeit keine ausreichende Beachtung geschenkt. Grundsätzlich ist davon auszugehen, daß in allen Fällen, in denen eine Tätigkeit unter Ausnutzung der Naturkraft des Grund und Bodens auf die Gewinnung von Pflanzen und Pflanzenteilen gerichtet ist, in den hieraus erzielten Einkünften solche aus Landwirtschaft vorliegen, auch wenn dabei der wissenschaftlichen Arbeit ein bedeutungsvoller Platz einzuräumen ist und eingeräumt wird. Eine solche Beurteilung entspricht auch der Verkehrsauffassung. Der Umsatzsteuersenat hat sich zu dieser Frage zwar nicht abschließend geäußert, er hat aber dem Finanzgericht aufgegeben, zu prüfen, ob der für landwirtschaftliche Erzeugnisse vorgesehene Steuersatz (ß 7 Abs. 2 Ziff. 2 a des Umsatzsteuergesetzes) zur Anwendung zu kommen hat. Die Versteuerung des Gewinns hat daher nicht nach § 18 EStG, sondern nach § 13 EStG stattzufinden.
In dem Urteil des V. Senats ist zum Ausdruck gebracht, daß der bisherige Sachverhalt nicht hinreichend erkennen lasse, ob der Gewinn im Rahmen der Anfang 1949 gegründeten Fachsamengroßhandlung eingetreten sei, oder ob eine Veräußerung des Betriebes vorliege. Im letzteren Falle würde einkommensteuerlich § 14 EStG zum Zuge kommen, so daß im Gegensatz zu § 18 EStG eine Steuerpflicht nur bei einem Veräußerungsgewinn von 10.000 DM eintreten würde; ferner wäre beim Vorliegen dieser Voraussetzung eine Tarifermäßigung nach § 34 Abs. 1, 2 EStG zu gewähren. Der Senat neigt mit dem Finanzgericht der Auffassung zu, daß eine Veräußerung des Betriebes vorliegt. Nach der vorliegenden Vertragsabschrift hat der Bf. sein gesamtes Zuchtmaterial verkauft; für die laufende Vermehrung ist offensichtlich kein besonderes Entgelt vereinbart. Auch wenn etwa einzelne Gegenstände nicht veräußert sein sollten, so dürfte doch der Betrieb in seinen wesentlichen Grundlagen dem Käufer übereignet worden sein. Um jedoch widersprechende Entscheidungen zu vermeiden, wird, weil wegen der Gewinnberechnung die Vorentscheidung aufgehoben werden muß, von einer das Finanzgericht bindenden Anweisung in diesem Punkte abgesehen. Der Sachverhalt mag nochmals geprüft werden, zumal die Darstellung des Bf. in bezug auf den Zeitpunkt der Veräußerung widerspruchsvoll ist. Nach dem Schriftsatz vom 2. Februar 1953 in der Umsatzsteuerrechtsbeschwerde soll der Verkauf am 1. August 1948 stattgefunden haben. Der in Abschrift vorgelegte, nur vom Bf. unterschriebene Kaufvertrag datiert vom 8. Januar 1949. Nach dem Schreiben des Vertreters des Bf. vom 28. Januar 1949 und des Bf. vom 30. August 1949 hatte aber der Käufer den Kaufvertrag an diesem letztgenannten Zeitpunkt noch nicht unterschrieben. Ist der Kaufvertrag tatsächlich am 1. August 1948 bereits zustandegekommen, so würde für einen Verkauf innerhalb des Rahmens der Fachsamengroßhandlung kein Raum sein. Ist jedoch der Kaufvertrag Anfang 1949 oder im Laufe dieses Jahres zustande gekommen, so könnte die Erwägung angebracht sein, ob das gesamte Zuchtmaterial nicht in die Fachsamengroßhandlung eingebracht oder doch als eingebracht anzusehen und im Rahmen dieses Betriebes veräußert ist. Notwendiges Betriebsvermögen stellt allerdings das Zuchtmaterial nicht dar, da die Züchtertätigkeit mit der Fachsamengroßhandlung nicht in einem wirtschaftlich notwendigen Zusammenhang steht. Als gewillkürtes Betriebsvermögen hat es der Bf. in seiner Bilanz offenbar nicht aufgeführt. Für eine Veräußerung innerhalb des Betriebes der Fachsamengroßhandlung werden daher ausreichende Feststellungen kaum getroffen werden können. Es bestehen aber keine Bedenken, den Sachverhalt auch in dieser Beziehung zu prüfen. Als Anfangswert wäre der Betrag einzusetzen, der nach den Vorschriften des D-Markbilanzgesetzes auf den 21. Juni (31. August) 1948 für die Anschaffung des Zuchtmaterials hätte aufgewendet werden müssen zuzüglich der bis zum Einbringungstag entstandenen Aufwendungen. Bei der Annahme einer im Rahmen des Gewerbebetriebes vorgenommenen Veräußerung würde es sich um ein laufendes Geschäft handeln mit der Folge, daß der Erlös als laufender Gewinn ohne Inanspruchnahme der Begünstigung des § 34 EStG zu versteuern wäre.
Die Vorentscheidung kann nicht aufrechterhalten werden, weil die Gewinnermittlung zu Bedenken Anlaß gibt, ganz abgesehen davon, daß vom Bf. nicht mit Unrecht die nicht ausreichende Berücksichtigung seiner in bezug auf die Betriebsausgaben gemachten Ausführungen gerügt wird. Die Vorinstanzen stellen dem Veräußerungspreis die geschätzten Betriebsausgaben gegenüber. Das führt nur dann zu einem zutreffenden Ergebnis, wenn deren Höhe dem Wert des Betriebsvermögens am Veräußerungsstichtag entspricht. Das kann im vorliegenden Fall wegen des Einflusses der Grundsätze des D-Markbilanzgesetzes zweifelhaft sein. Nach dem in Betracht kommenden § 14 EStG ist Veräußerungsgewinn der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten den Wert des Betriebsvermögens übersteigt, der nach § 4 Abs. 1 EStG für den Zeitpunkt der Veräußerung ermittelt wird. Da eine Buchführung nicht vorhanden, der Bf. auch zur Führung einer solchen nicht verpflichtet ist, muß er wie ein Steuerpflichtiger behandelt werden, der seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG versteuert. In diesem Fall ist das Vermögen zu ermitteln, daß sich im Fall eines Vermögensvergleichs nach § 4 Abs. 1 EStG als Schlußvermögen ergeben hätte. Da der Veräußerungszeitpunkt in die DM-Zeit fällt, müssen bei der Ermittlung dieses Schlußvermögens die Vorschriften des D-Markbilanzgesetzes berücksichtigt werden. Zwar gilt das D-Markbilanzgesetz nach den §§ 1, 2, 74 Abs. 4 des D-Markbilanzgesetzes unmittelbar nur für die Steuerpflichtigen, die eine DM-Eröffnungsbilanz aufzustellen haben. Die gleichen Grundsätze gelten aber auch entsprechend für diejenigen, die den Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermitteln, dann, wenn für die Berechnung des Veräußerungsgewinns der Wert des Betriebsvermögens am Veräußerungszeitpunkt festgestellt werden muß, dieses aber nach Massgabe des § 4 Abs. 1 EStG zu errechnen ist, für das die Vorschriften des D-Markbilanzgesetzes unmittelbar gelten. Für den vorliegenden Fall kann bei der Feststellung des Betriebsvermögens in zweifacher Form vorgegangen werden, d. h. der Wert des Zuchtmaterials kann unmittelbar auf den Zeitpunkt des Veräußerungstages ermittelt werden, gegebenenfalls schätzungsweise mit Hilfe von Sachverständigen. Das Schlußvermögen kann aber auch so gefunden werden, daß - gegebenenfalls im Wege der Schätzung unter Heranziehung von Sachverständigen - der Anschaffungswert des Zuchtmaterials auf den 21. Juni bzw. 31. August 1948 ermittelt wird; diesem sind dann die bis zum Veräußerungszeitpunkt entstandenen Anschaffungskosten hinzuzurechnen; dabei wird davon ausgegangen, daß eine Bewertung unter Beachtung des § 6 Abs. 1 Ziff. 2 letzter Satz EStG nicht in Betracht kommt. Es bleibt dem Ermessen des Finanzgerichts überlassen, ob es zur Erleichterung der wegen fehlender Unterlagen im Ergebnis nicht zu umgehenden Schätzung dem Bf. Gelegenheit geben will, seine Aufwendungen, auch soweit sie auf die RM-Zeit entfallen, glaubhaft zu machen. Dabei haben die Krankheitskosten auszuscheiden; es kommen nur die Ausgaben in Betracht, die mit der Herstellung und Anschaffung des Zuchtmaterials in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Eine Umrechnung der RM-Aufwendungen, etwa im Verhältnis 10. 1, kommt nicht in Betracht; es muß vielmehr unmittelbar der Betrag ermittelt werden, der am 21. Juni (31. August) 1948 bzw. am Veräußerungszeitpunkt für die Anschaffung des Zuchtmaterials in DM hätte aufgewendet werden müssen.
Die Sache wird unter Aufhebung der Vorentscheidung an das Finanzgericht zur erneuten Prüfung im Sinne der verstehenden Ausführung zurückverwiesen. Sollte sich ein steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn ergeben, so wird zu erwägen sein, ob dem Begehren des Steuerpflichtigen, für jenen einen geringeren Steuersatz festzusetzen, entsprochen werden kann. Der Senat hätte keine Bedenken, einen Steuersatz von 10 % für ausreichend zu halten.
Fundstellen
Haufe-Index 407931 |
BStBl III 1954, 197 |
BFHE 1954, 745 |
BFHE 58, 745 |