Entscheidungsstichwort (Thema)
Spätere Eigennutzung einer leerstehenden ‐ zur Fremdvermietung angebotenen ‐ Wohnung allein kein Indiz für die Aufgabe der Einkünfteerzielungsabsicht
Leitsatz (NV)
1. Aufwendungen für eine ‐ nach auf Dauer angelegter Vermietung ‐ leerstehende Wohnung sind als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbar, solange der Steuerpflichtige seine Einkünfteerzielungsabsicht nicht endgültig aufgegeben hat.
2. Solange sich der Steuerpflichtige ernsthaft und nachhaltig um eine Vermietung der Wohnung bemüht, kann regelmäßig nicht von einer endgültigen Aufgabe der Einkünfteerzielungsabsicht bei Beginn des Leerstands ausgegangen werden, weil er die Wohnung zu einem späteren Zeitpunkt zu eigenen Wohnzwecken nutzt.
Normenkette
EStG § 2 Abs. 1, § 9 Abs. 1, § 21 Abs. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Die miteinander verheirateten Kläger und Revisionskläger (Kläger) werden zur Einkommensteuer zusammen veranlagt und sind Eigentümer eines Hauses mit zwei nicht gegeneinander abgeschlossenen Wohnungen. Die 90 qm große Einliegerwohnung im Kellergeschoss des Hauses mit besonderem Eingang vermieteten sie als Ferienwohnung und erzielten daraus Einkünfte im Streitjahr (1996) von 2 800,00 DM.
Ab Mitte des Streitjahres stand die Wohnung leer und wurde in der Folgezeit durch Tapezier- und Streicherarbeiten renoviert. Mit Wirkung ab l. Januar 1997 vermieteten die Kläger die Einliegerwohnung durch Mietvertrag vom gleichen Tag für monatlich 450,00 DM zzgl. einer monatlichen Pauschale von 120,00 DM für Nebenkosten an ihren ―1978 geborenen― Sohn. Dieser bezog aus seiner Ausbildung im l. Ausbildungsjahr eine Ausbildungsvergütung in Höhe von 667,00 DM brutto sowie ab August 1997 in Höhe von 702,64 DM netto.
Als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erklärten die Kläger für das Streitjahr einen Werbungskostenüberschuss in Höhe von 41 110,00 DM, den der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) lediglich in Höhe von 16 360,00 DM anerkannte. Dabei legte er Mieteinnahmen in Höhe von 13 525,00 DM (Einnahmen aus der Vermietung der Ferienwohnung bis Juli 1996 in Höhe von 2 800,00 DM, Mietwert der eigengenutzten Wohnung in Höhe von 9 801,00 DM sowie Mietwert für zwei Garagen in Höhe von 924,00 DM) zugrunde und berücksichtigte Werbungskosten in Höhe von 24 660,00 DM für die Hauptwohnung sowie in Höhe von 5 225,00 DM für die Ferienwohnung entsprechend dem Zeitraum der tatsächlichen Fremdvermietung im Streitjahr (7/12 der auf die Ferienwohnung entfallenden Werbungskosten von insgesamt 8 957,00 DM = 5 225,00 DM). Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) wies die ―nur das Streitjahr 1996 betreffende― Klage allein mit der Begründung zurück, der im Folgejahr ―1997― geschlossene Mietvertrag zwischen den Klägern und ihrem Sohn halte einem Fremdvergleich nicht stand.
Dagegen haben die Kläger Revision eingelegt. Zum Gegenstand des Verfahrens haben sie den Einkommensteueränderungsbescheid für 1996 vom … Dezember 1999 gemacht, der den Werbungskostenüberschuss aus Vermietung und Verpachtung nur noch in Höhe von 2 254,00 DM berücksichtigt, nachdem das Haus der Kläger als Einfamilienhaus bewertet worden ist; diese ―von den Klägern erfolglos vor dem FG angefochtene― Bewertung ist nach Verwerfung der dagegen eingelegten Nichtzulassungsbeschwerde und der Revision (Bundesfinanzhof ―BFH―, Beschlüsse vom 15. Januar 2001 II B 163/99, BFH/NV 2001, 887, und II R 70/99, BFH/NV 2001, 925) rechtskräftig.
Die Kläger rügen Verletzung materiellen Rechts und des Verfahrensrechts.
Sie beantragen, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Zur Begründung führt es im Wesentlichen aus, die Kläger hätten nicht nachgewiesen, dass sie nach Beendigung der Vermietung im Juli 1996 eine weitere Vermietung der Ferienwohnung beabsichtigt hätten, nachdem die Wohnung nicht mehr im Verzeichnis der Übernachtungsangebote des örtlichen Verkehrsamtes aufgeführt worden sei. Im Übrigen sei das Mietverhältnis mit dem Sohn steuerlich nicht anzuerkennen, weil es einem Fremdvergleich nicht standhalte.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―).
Das FG hat die strittigen, auf die Einliegerwohnung entfallenden Werbungskosten unberücksichtigt gelassen, ohne im Einzelnen zu prüfen, ob die Kläger auch während der Zeit des Leerstandes der Wohnung bis zum Ende des Streitjahres beabsichtigten, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen.
1. Nach der Rechtsprechung des BFH ist bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit ―auch soweit es sich um die Vermietung einer Ferienwohnung handelt― davon auszugehen, dass die betreffende Wohnung selbst während sog. Leerstandszeiten der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dient und deshalb die auf diese Zeit entfallenden Aufwendungen als Werbungskosten abzuziehen sind (BFH-Urteile vom 30. September 1997 IX R 80/94, BFHE 184, 406, BStBl II 1998, 771; vom 6. November 2001 IX R 97/00, BFHE 197, 151, BStBl II 2002, 726).
Nur wenn mit dem Beginn des Leerstandes der Wohnung die Einkünfteerzielungsabsicht aufgegeben wird, können die anschließend getätigten Aufwendungen nicht mehr als Werbungskosten in Ansatz gebracht werden (vgl. BFH-Urteile vom 29. Juli 1997 IX R 70/95, BFH/NV 1997, 850; vom 17. Dezember 2002 IX R 6/99, BFH/NV 2003, 610). Für die Feststellung des Bestehens oder der Aufgabe der Einkünfteerzielungsabsicht als innere Tatsache können objektiv feststellbare äußere Umstände, ggf. auch nachträgliche Umstände (vgl. hierzu BFH-Urteile vom 9. Juli 2002 IX R 47/99, BFH/NV 2002, 1392, und IX R 33/01, BFH/NV 2002, 1565) als Indizien herangezogen werden. So kann sich die Aufgabe der Einkünfteerzielungsabsicht z.B. aus einer besonderen Herrichtung der Wohnung zu eigenen Wohnzwecken oder auch zu Wohnzwecken von Angehörigen ergeben, denen die Wohnung anschließend ―ohne Vereinbarung eines steuerlich anzuerkennenden Mietvertrages― überlassen wird.
2. Nach diesen Maßstäben kann die angefochtene Entscheidung keinen Bestand haben. Anhand der vom FG bislang festgestellten Tatsachen lässt sich nicht beurteilen, ob die Kläger während der Leerstandszeiten der Einliegerwohnung die Einkünfteerzielungsabsicht aufrecht erhalten oder aufgegeben haben.
Zum einen sind in der Einliegerwohnung nach den gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindenden tatsächlichen Feststellungen des FG lediglich "Tapezier- und Streicherarbeiten" vorgenommen worden, die ihrer Art nach für sich genommen nicht als hinreichendes Indiz für die Annahme einer besonderen Herrichtung zu eigenen Wohnzwecken oder zu Wohnzwecken von Angehörigen angesehen werden können.
Zum anderen hat das FG keine tatsächlichen Feststellungen zu dem entscheidungserheblichen Vortrag der Kläger getroffen, sie hätten bis zum 31. Dezember 1996 beabsichtigt, die Wohnung an fremde Dritte zu vermieten; wegen fehlender Fremdvermietbarkeit hätten sie die Wohnung sodann zum 31. Dezember 1996 bei dem Fremdenverkehrsamt abgemeldet. In diesem Zusammenhang fehlen insbesondere tatsächliche Feststellungen zu der von den Klägern bestrittenen Behauptung des FA, die Kläger hätten fernmündlich während des Einspruchsverfahrens erklärt, sie hätten ihre (Fremd-)Vermietungsabsicht ab Juli 1996 aufgegeben.
3. Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG wird die notwendigen tatsächlichen Feststellungen für die Beurteilung der Einkünfteerzielungsabsicht der Kläger nachzuholen haben. Soweit sie nach diesen Feststellungen die spätere Überlassung der Wohnung an den Sohn bereits vor Durchführung der Renovierungsarbeiten im Streitjahr geplant haben sollten, könnte die steuerrechtliche Beurteilung des ab 1. Januar 1997 mit dem Sohn eingegangenen Mietverhältnisses für die Feststellung ihrer Einkünfteerzielungsabsicht auch im Streitjahr von Bedeutung sein. Hierzu verweist der Senat auf seine Rechtsprechungsgrundsätze zur steuerrechtlichen Anerkennung der Vermietung von ―nicht eine abgeschlossene Wohnung bildenden― Räumen an Angehörige, insbesondere wenn diese mit dem Vermieter eine Haushaltsgemeinschaft bilden (vgl. BFH-Beschluss vom 16. Januar 2003 IX B 172/02, BFH/NV 2003, 412, mit weiteren Nachweisen).
4. Da die FG-Entscheidung schon aus materiell-rechtlichen Gründen aufzuheben ist, kann offen bleiben, ob die von den Klägern geltend gemachten Verfahrensmängel vorliegen.
Fundstellen
Haufe-Index 1080562 |
BFH/NV 2004, 1381 |