Entscheidungsstichwort (Thema)
Bewertung Bewertung, Vermögen-, Erbschaft-, Schenkungsteuer
Leitsatz (amtlich)
Wertfortschreibungen von Grundstücken sind nicht zulässig, wenn sie im Zuge einer grundsätzlichen Entwicklung der Wertverhältnisse für beträchtliche Teile des Bundesgebietes in Frage kommen und damit praktisch eine Hauptfeststellung ersetzen würden. Dies gilt auch für die Berücksichtigung des stark störenden Lärms von Düsenjägern der Besatzungsmächte bei der Einheitsbewertung.
Normenkette
BewG § 22; BewDV § 3a
Tatbestand
Streitig ist der Antrag des Beschwerdeführers (Bf.) auf Fortschreibung des Einheitswerts des ihm gehörigen und von ihm bewohnten und zum Teil beruflich benutzten Einfamilienhauses, das auf den 1. Januar 1935 mit 19.500 RM bewertet worden ist, auf den 1. Januar 1952. Der Bf. begründet seinen Antrag vor allem mit dem starken Heulen und Pfeifen der Düsenjäger der Besatzungsmacht, die auf dem Flugplatz nahe seinem Wohnort stationiert sind, und deren Lärm das Leben auf dem Grundstück wesentlich stört. Daneben nimmt er darauf Bezug, nach dem Kriege seien in unmittelbarer Nähe seines Grundstücks eine Schule und eine Berufsschule errichtet worden, und auch dies habe den Wert seines Grundstücks gemindert. Der Sachverständige P. hat sich dahin geäußert, zwischen dem Schulgebäude und dem streitigen Grundstück stehe die Hauptkirche des Ortes; es fehle daher an einer unmittelbaren Nachbarschaft des Schulgebäudes. Die neue Fortbildungsschule dagegen befinde sich gegenüber dem streitigen Grundstück. Die Belästigung und Schädigung der Grundstücke des Ortes durch den Lärm der Düsenjäger stehe außer allem Zweifel.
Der Bf. hat auch eine Denkschrift des Fremdenverkehrsvereins vom April 1952 vorgelegt. In dieser Denkschrift ist auf die stark störenden übungsflüge der Düsenjäger hingewiesen.
Das Finanzgericht hat die Frage geprüft und verneint, ob sich die Fortschreibung des streitigen Einheitswerts durch Gewährung eines Abschlags nach § 37 der Durchführungsverordnung zum Bewertungsgesetz (BewDV) rechtfertige.
Entscheidungsgründe
Es kann für den hier streitigen Fall dahingestellt bleiben, ob die vom Bf. geltend gemachten Umstände bei einer Hauptfeststellung einen Tatbestand erfüllen würden, der einen Abschlag wegen des Vorliegens eines der in § 37 BewDV im einzelnen aufgeführten Fälle rechtfertigen würde.
Im vorliegenden Steuerrechtsstreit handelt es sich lediglich um eine Wertfortschreibung. Diese ist nach § 3a BewDV bei Grundbesitz nicht möglich, wenn, wie hier, lediglich eine Veränderung der Wertverhältnisse geltend gemacht wird, die auf Deutschland allgemein treffende Folgen des Kriegsausgangs, nämlich auf die Tatsache der Besetzung des Bundesgebietes durch die Alliierten und auf ihre Auswirkungen, zurückzuführen ist, und deren Berücksichtigung in Gestalt einer Wertfortschreibung folgerichtig, unter dem Gesichtspunkt gleichmäßiger steuerlicher Behandlung (Artikel 3 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland), zu entsprechenden Wertfortschreibungen im ganzen Bundesgebiet führen und damit den für einzelne Wertfortschreibungen zugelassenen Rahmen sprengen würde. Wertfortschreibungen von Grundstücken sind nicht zulässig, wenn sie im Zuge einer grundsätzlichen Entwicklung der Wertverhältnisse für beträchtliche Teile des Bundesgebietes in Frage kommen und damit praktisch eine Hauptfeststellung ersetzen würden, die vom Gesetzgeber nur für Hauptfeststellungszeitpunkte vorgesehen ist (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs III 116/50 vom 7. Mai 1951 - Slg. Bd. 55 S. 301 Bundessteuerblatt 1951 III S. 116 - und III 194/52 vom 2. Oktober 1953 - Bundessteuerblatt 1953 III S. 350 -). Dies gilt auch für die Berücksichtigung des stark störenden Lärms von Düsenjägern der Besatzungsmächte bei der Einheitsbewertung.
Daher kann dem streitigen Antrage auf Wertfortschreibung nicht entsprochen werden. Die Rechtsbeschwerde ist mit der Kostenfolge des § 307 der Reichsabgabenordnung als unbegründet zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 424610 |
BStBl III 1954, 298 |
BFHE 1955, 226 |
BFHE 59, 226 |