Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Dem Antrag eines Steuerpflichtigen auf Veranlagung nach § 46 Abs. 2 Ziff. 5 a EStG kann nicht entsprochen werden, wenn die Einkünfte, von denen der Steuerabzug vom Arbeitslohn nicht vorgenommen ist, insgesamt nicht mehr als 800 DM betragen und deshalb nach Sinn und Zweck des § 46 Abs. 3 EStG bei der Einkommensermittlung außer Betracht bleiben.
Normenkette
EStG § 34 Abs. 1, 4, § 46/2/5/a, § 46/2/6/a, § 46 Abs. 3
Tatbestand
Der steuerpflichtige Ehemann ist als Angestellter in einer Steuerberaterpraxis tätig. Die steuerpflichtige Ehefrau ist Referendarin. Beide Ehegatten beantragten für den Veranlagungszeitraum 1960 gemeinsame Einkommensteuerveranlagung nach § 46 Abs. 2 Ziff. 5 a EStG 1960. Sie erklärten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 17.342 DM und aus selbständiger Arbeit in Höhe von 1.513 DM; außerdem hatte der Steuerpflichtige einen Verlust aus Gewerbebetrieb in Höhe von 763 DM. Die Steuerpflichtigen beantragten Steuerermäßigung nach § 34 Abs. 4 EStG für die Einkünfte aus selbständiger Arbeit (schriftstellerische Tätigkeit).
Bei der Veranlagung gewährte das Finanzamt einen Ausgleichsbetrag (ß 46 Abs. 3 EStG) von 1.513 DM ./. 763 DM = 750 DM. Diesen Betrag zog es von den nach § 34 Abs. 4 EStG begünstigten Einkünften ab, unterwarf 1.513 DM ./. 750 DM = 763 DM nach § 34 Abs. 1 EStG dem ermäßigten Steuersatz und wandte auf das verbleibende Einkommen die Tabelle an.
Die Steuerpflichtigen vertraten in der Sprungberufung die Auffassung, daß nach dem Wortlaut des § 46 Abs. 3 EStG der Ausgleichsbetrag nicht von einzelnen Einkünften, sondern vom Einkommen abzuziehen sei. Erst wenn das zu versteuernde Einkommen ermittelt sei, komme der § 34 EStG zur Anwendung. Danach seien die vollen begünstigten Einkünfte nach § 34 EStG und das verbleibende übrige Einkommen nach der Tabelle zu versteuern.
Die Sprungberufung hatte Erfolg. Das Finanzgericht ließ sich im wesentlichen von der Erwägung leiten, daß nach § 46 Abs. 3 EStG ein Betrag in Höhe der Einkünfte, die nicht dem Lohnsteuerabzug unterlegen hätten, vom Einkommen als Ausgleich abzusetzen sei. Nicht die "übrigen" Einkünfte, sondern das Einkommen sei um den Ausgleichsbetrag zu kürzen. Die Höhe der "übrigen" Einkünfte werde hierdurch nicht berührt.
Entscheidungsgründe
Die wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Rb. des Vorstehers des Finanzamts führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.
Es handelt sich um eine Veranlagung auf Antrag zur Anwendung der Vorschriften des § 34 EStG (ß 46 Abs. 2 Ziff. 5 a EStG), die möglich ist, auch wenn das Einkommen 24.000 DM nicht übersteigt und Einkünfte, von denen der Steuerabzug vom Arbeitslohn nicht vorgenommen ist, insgesamt nicht mehr als 800 DM betragen. Die Vorschrift des § 46 Abs. 2 Ziff. 5 a EStG kann jedoch nur im Sinnzusammenhang mit § 46 Abs. 3 EStG gesehen werden, nach der ein Betrag in Höhe der Einkünfte, von denen der Steuerabzug vom Arbeitslohn nicht vorgenommen worden ist, vom Einkommen abzuziehen ist, wenn diese Einkünfte insgesamt nicht mehr als 800 DM betragen. Der Steuerpflichtige wird im Fall der Antragsveranlagung nach § 46 Abs. 2 Ziff. 5 a EStG durch Zubilligung des Ausgleichsbetrags so gestellt, daß er mit den dem Lohnsteuerabzug nicht unterliegenden Einkünften bis zum Betrag von 800 DM überhaupt nicht zur Besteuerung herangezogen wird. Hieraus folgt, daß die Veranlagung auf Antrag gemäß § 46 Abs. 2 Ziff. 5 a EStG zur Anwendung des § 34 EStG nicht in Betracht kommen kann, wenn ohnehin diese Einkünfte durch die Zubilligung des Ausgleichsbetrags von der Einkommensbesteuerung ausgenommen sind. Dies entspricht auch dem Sinn und Zweck der Vorschrift des § 34 Abs. 4 EStG. Diese will einen steuerlichen Anreiz schaffen, durch Nebeneinkünfte aus wissenschaftlicher, künstlerischer oder schriftstellerischer Tätigkeit ein höheres Einkommen zu erzielen. Soweit diese Nebeneinkünfte nach § 46 Abs. 3 EStG unversteuert bleiben, ist für eine Vergünstigung kein Raum mehr (vgl. auch Urteil des Bundesfinanzhofs IV 359/62 S vom 29. Mai 1963, BStBl 1963 III S. 379).
Dem kann nicht entgegengehalten werden, daß nach Ausgleich des Verlustes aus Gewerbebetrieb mit den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit die Einkünfte aus selbständiger Arbeit in voller Höhe mit 1.513 DM nach § 34 Abs. 4 EStG begünstigungsfähig sind. Wohl sind grundsätzlich Verluste aus einer Einkunftsart zunächst mit anderen höchstversteuerten Einkünften zu verrechnen. Diese Verrechnung wird jedoch hier dadurch ausgeschlossen, daß die anderweite Verrechnung der begünstigten Einkünfte mit dem Gewerbeverlust in § 46 Abs. 3 EStG zur Tatbestandsvoraussetzung der Gewährung des das Einkommen mindernden Ausgleichsbetrages gemacht ist und daß deshalb diese für die Gewährung des Ausgleichsbetrages entscheidende Verrechnung auch bei der Durchführung der Veranlagung berücksichtigt werden muß. Dadurch ergibt sich zwangsläufig, daß hier die Höhe der Lohneinkünfte durch den Gewerbeverlust nicht berührt wird und eine Summe von Nebeneinkünften verbleibt, die infolge der Gewährung des Ausgleichsbetrages der Besteuerung nicht unterliegen.
Die Vorentscheidung, die mit diesen Grundsätzen nicht in Einklang steht, muß aufgehoben werden. Die Sache ist zur Entscheidung reif. Der ursprüngliche Steuerbescheid des Finanzamts wird ersatzlos aufgehoben.
Fundstellen
Haufe-Index 411339 |
BStBl III 1964, 482 |
BFHE 1965, 20 |
BFHE 80, 20 |