Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Die Gärtnerei eines Sozialversicherungsträgers ist auch dann grundsteuerpflichtig, wenn sie ausschließlich Blumen und Dauerpflanzen für die Ausschmückung von Krankenzimmern usw. in den Heilstätten des Versicherungsträgers erzeugt.

 

Normenkette

GrStG § 4 Ziff. 1, § 4/3; GrStDV § 25 Abs. 1

 

Tatbestand

Die Beschwerdeführerin (Bfin.), die Landesversicherungsanstalt N., ist Eigentümerin der Lungenheilstätte Z. Zur Heilstätte gehört unter anderem eine Gärtnerei, für die zusammen mit anderen land- und forstwirtschaftlich genutzten Grundstücksflächen (jedoch unter Ausscheidung des für die Kranken erforderlichen Erholungsgeländes) zum 1. Januar 1954 ein Einheitswert von 22.900 DM und ein Grundsteuermeßbetrag von 209 DM festgesetzt worden ist. In dem Einheitswert von 22.900 DM ist die Gärtnerei mit einem Betrag von 10.080 DM enthalten.

Der Streit geht nur um die Frage, ob die Gärtnerei von der Grundsteuer zu befreien ist. Nach den unbestrittenen Angaben der Bfin. handelt es sich um eine Gärtnerei, die einzig und allein die Aufgabe hat, für neun Heilstätten mit rund 1.800 Krankenbetten Blumen und Dauerpflanzen zu erzeugen, mit denen die Gebäude der Heilstätten und die Krankenzimmer ausgeschmückt werden. Finanzamt und Finanzgericht haben die Befreiung abgelehnt. In der Rechtsbeschwerde (Rb.) wird der Anspruch auf die Befreiung von der Grundsteuer vor allem damit begründet, daß die Ausschmückung der Krankenzimmer und der Krankenanstalt mit Blumen und Dauerpflanzen für die Kranken von sehr großer Bedeutung sei und wesentlich zur Gesundung beitrage. Eine Heilstätte ohne Blumenschmuck sei in der heutigen Zeit undenkbar. Die Ausschmückung der Krankenzimmer und der Krankenanstalten mit Blumen und Dauerpflanzen gelte als ein Teil der Therapie und habe besonders für eine Lungenheilstätte, in der sich die Kranken erfahrungsgemäß acht bis neun Monate aufhalten müßten, eine ganz besondere Bedeutung, weil die Patienten in den zumeist abgelegenen Heilstätten wegen der Gefahr der Ansteckung mehr oder weniger abgesondert werden müßten und verhältnismäßig wenig Besuche, die ihnen einen Blumengruß mitbrächten, empfangen könnten.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. kann keinen Erfolg haben.

Der erkennende Senat hat in dem Urteil III 157/53 S vom 28. August 1954 (Slg. Bd. 59 S. 318, Bundessteuerblatt - BStBl - 1954 III S. 333), auf das auch die Bfin. in der Rb. hingewiesen hat, im einzelnen dargelegt, daß die Träger der Sozialversicherung, wenn man vom Wortlaut des Grundsteuergesetzes (GrStG) ausgeht, weder unter die Befreiungsvorschrift des § 4 Ziff. 1 Buchst. a noch unter diejenige des § 4 Ziff. 3 Buchst. b fallen. Obwohl sie öffentliche Aufgaben erfüllen, fallen sie nicht unter die erstgenannte Vorschrift, weil diese sich nur auf Gebietskörperschaften (Bund, Länder, Gemeinden und Gemeindeverbände) bezieht. Eine Befreiung der Sozialversicherungsträger nach § 4 Ziff. 3 Buchst. b GrStG scheitert aber daran, daß es sich bei den Sozialversicherungsträgern nicht um Körperschaften handelt, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen Zwecken dienen. Trotzdem ist der Senat zu dem Ergebnis gekommen, daß Grundbesitz der Sozialversicherungsträger, wenn er von diesen für die besonderen Zwecke der Sozialversicherung benutzt wird, von der Grundsteuer zu befreien ist. Bestimmend für diese Entscheidung war vor allem die Auffassung, daß die Sozialversicherungsträger als Körperschaften des öffentlichen Rechts in bezug auf die besonderen Zwecke der Sozialversicherung nicht schlechtergestellt werden können als gemeinnützige Körperschaften hinsichtlich der gemeinnützigen Zwecke. Hieraus ergibt sich aber auch, daß die Sozialversicherungsträger bei der Grundsteuerbefreiung keinesfalls bessergestellt werden dürfen als die Gebietskörperschaften und die gemeinnützigen Körperschaften.

Nach § 4 Ziff. 1 Buchst. a GrStG ist Grundbesitz der Gebietskörperschaften dann von der Grundsteuer befreit, wenn der Grundbesitz von der Gebietskörperschaft zu einem öffentlichen Dienst oder Gebrauch verwendet wird. Als öffentlicher Dienst oder Gebrauch ist nicht anzusehen die Herstellung oder Gewinnung von Gegenständen, die für einen öffentlichen Dienst oder Gebrauch verwendet werden sollen (ß 4 Abs. 3 Satz 1 der Grundsteuer-Durchführungsverordnung - GrStDV -). Wenn eine Gebietskörperschaft - in gleicher Weise wie die Bfin. - eine Gärtnerei einzig und allein zu dem Zweck betreibt, ihre eigenen steuerbefreiten Krankenanstalten mit Blumen und Dauerpflanzen zu versorgen, kann sie nach der genannten Vorschrift nicht mit der Gärtnerei von der Grundsteuer befreit werden. Dementsprechend wird auch in Abschn. 11 der Grundsteuer-Richtlinien das Gärtnereigrundstück einer Stadtgemeinde, auf dem sie Bäume usw. zur Bepflanzung öffentlicher Anlagen zieht, als grundsteuerpflichtig bezeichnet. Der genannten Vorschrift liegt der Gedanke zugrunde, daß auch die öffentliche Hand, wenn sie sich wirtschaftlich betätigt, unter den gleichen Bedingungen wie private Betriebe arbeiten soll. Die Erzeugung von Blumen und Dauerpflanzen in dem Ausmaß, wie die Bfin. selbst angibt, ist wirtschaftliche Betätigung. Unter dem gleichen Gesichtspunkt könnte auch eine gemeinnützige Körperschaft mit einer derartigen Gärtnerei nicht von der Grundsteuer befreit werden. Hinzu kommt noch, daß die Steuerpflicht der Gärtnerei der Bfin. sich auch aus § 25 GrStDV ergeben würde. Nach dieser Vorschrift ist land- und forstwirtschaftlich genutzter Grundbesitz auch dann steuerpflichtig, wenn er einem der in § 4 GrStG begünstigten Zwecke unmittelbar dient (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs III 274/56 S vom 11. Januar 1957, Slg. Bd. 64 S. 140, BStBl 1957 III S. 54).

 

Fundstellen

Haufe-Index 409010

BStBl III 1958, 185

BFHE 1958, 479

BFHE 66, 479

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