Leitsatz (amtlich)
1. Grundstücksflächen eines öffentlichen Hafens, auf denen ein privater Unternehmer Bauwerke zu seinem eigenen Gebrauch errichtet hat, werden nicht unmittelbar für einen dem öffentlichen Verkehr dienenden Hafen benutzt; sie sind deshalb grundsteuerpflichtig.
2. Der Wegfall der Steuerpflicht nach § 16 GrStG erfordert, daß die Voraussetzungen der Steuerbefreiung für den ganzen Steuergegenstand und nicht nur für einen räumlich abgrenzbaren Teil desselben vorliegen.
Normenkette
GrStG § 4 Nr. 9a, §§ 6, 16
Tatbestand
Die Revisionsbeklagte beabsichtigt einen öffentlichen Industrie- und Umschlaghafen zu errichten. Im November 1957 nahm sie den ersten Bauabschnitt in Betrieb. Auf dem südlichen Ufergelände mit Ausnahme eines 10m breiten Uferstreifens hat die Revisionsbeklagte der X-AG ein Erbbaurecht zur Errichtung von Gebäuden und Vorrichtungen für den Umschlag eingeräumt.
Das FA (Revisionskläger) stellte im Wege der Nachfeststellung mit Bescheid vom 11. Juni 1958 für das Hafengelände zum 1. Januar 1958 einen Einheitswert fest und veranlagte gleichzeitig einen Grundsteuermeßbetrag. Die Revisionsbeklagte legte nach Ablauf der Einspruchsfrist bei der Gemeinde gegen die Heranziehung zur Grundsteuer Einspruch ein. Die Gemeinde leitete das Einspruchsschreiben an das FA weiter, wo es am 5. September 1958 einging. Nachsicht wegen Versäumung der Rechtsbehelfsfrist wurde nicht gewährt. Der Einspruch wurde als unzulässig verworfen.
Auf Anregung des FG behandelte das FA den bei der Gemeinde verspätet eingelegten Einspruch als Antrag auf Freistellung von der Grundsteuer gemäß § 16 GrStG. Das FA lehnte den Antrag ab. Der Einspruch blieb auch insoweit ohne Erfolg.
Die Berufung hatte teilweise Erfolg. Das FG stellte das Hafengrundstück ab 1. Oktober 1958 von der Grundsteuer frei. Es begründete seine Entscheidung damit, daß es sich bei dem im ersten Bauabschnitt fertiggestellten Teil des Gesamthafens um einen dem öffentlichen Verkehr dienenden Hafen im Sinne des § 4 Nr. 9a GrStG handle. Die Revisionsbeklagte habe zwischen dem 1. Juli und dem 30. September 1958 einen Freistellungsantrag gestellt. Auf Grund dieses Antrags sei der Hafen ab 1. Oktober 1958 von der Grundsteuer freizustellen.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.
Nach § 16 GrStG fällt die Steuerpflicht u. a. für den ganzen Steuergegenstand weg, wenn für ihn ein Befreiungsgrund eintritt. Die Steuer ist dann mindestens bis zum Schluß des Kalendervierteljahres zu entrichten, in dem der Antrag nach § 226 der Reichsabgabenordnung auf Freistellung von der Grundsteuer gestellt wurde. Es bestehen keine Bedenken, den verspätet eingelegten Einspruch gegen den Feststellungsbescheid und Grundsteuermeßbescheid vom 11. Juni 1958 in einen Antrag nach § 16 GrStG umzudeuten. Voraussetzung für die Anwendung des § 16 GrStG ist jedoch, daß die Steuerpflicht für den ganzen Gegenstand und nicht nur für einen räumlich abgrenzbaren Teil des Steuergegenstandes wegfällt.
Steuergegenstand ist im vorliegenden Fall das mit Bescheid vom 11. Juni 1958 bewertete Gelände, auf dem sich u. a. auch das Hafenbecken befindet. Nach § 4 Nr. 9a GrStG in Verbindung mit § 6 GrStG ist dieser Grundbesitz jedoch nur insoweit von der Grundsteuer befreit, als er unmittelbar für einen dem öffentlichen Verkehr dienenden Hafen benutzt wird. Nach den unwidersprochenen Feststellungen des FG, an die der BFH gebunden ist, besteht an einer Fläche des südlichen Ufergeländes, die in die wirtschaftliche Einheit des Hafens einbezogen wurde, ein Erbbaurecht der X-AG. Der mit diesem Erbbaurecht belastete Grund und Boden wird keinesfalls unmittelbar für einen dem öffentlichen Verkehr dienenden Hafen benutzt. Damit ist die Voraussetzung für die Anwendung des § 16 GrStG, daß nämlich die Steuerpflicht für die ganze wirtschaftliche Einheit entfällt, nicht gegeben. Die Freistellung des streitgegenständigen Grundbesitzes von der Grundsteuer ab 1. Oktober 1958 beruht somit auf einem Rechtsirrtum.
Fundstellen
Haufe-Index 68575 |
BStBl II 1969, 496 |
BFHE 1969, 451 |