Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufwendungen eines Fachhochschülers für eine als Schulveranstaltung durchgeführte Reise als Werbungskosten
Leitsatz (NV)
Aufwendungen, die einem Beamten im Rahmen eines Ausbildungsdienstverhältnisses für die Teilnahme an einer Reise entstehen, die die Fachhochschule als Schulveranstaltung durchgeführt hat, sind in der Regel Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 1, § 12 Nr. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) war Beamter des mittleren Dienstes, bevor er als Aufstiegsbeamter unter Fortzahlung seiner Bezüge ein dreijähriges Studium an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung NW, Fachbereich Kommunaler Verwaltungsdienst, absolvierte. Er machte die Aufwendungen für die Teilnahme an einer von der Fachhochschule vom 8. bis 14. Januar 1986 veranstalteten Reise nach München als Werbungskosten geltend. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) versagte den Werbungskostenabzug mit der Begründung, durch die Reise sei auch ein allgemeintouristisches Interesse befriedigt worden.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1990, 301 veröffentlicht.
Das FA stützt seine vom FG zugelassene Revision auf eine Verletzung der § 9 Abs. 1 Satz 1, § 12 Nr. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und führt aus: Zwar sei der Umstand, daß es sich bei der Reise um eine Lehrveranstaltung gehandelt habe, als wichtiges Indiz für die berufliche Veranlassung zu werten. Dem stehe aber entgegen, daß nach einem Aktenvermerk des zuständigen Bearbeiters die Fachhochschule telefonisch die Auskunft erteilt habe, über das Ziel der Reise und die Durchführung sei im Klassenverband abgestimmt worden und es habe keine Teilnahmepflicht bestanden. Nichtteilnehmer müßten grundsätzlich am Unterricht teilnehmen.
Der Bundesfinanzhof (BFH) habe bei einer Romreise von Rechtsreferendaren keine Werbungskosten anerkannt (Beschluß vom 25. April 1986 VI B 41/85, BFH/NV 1986, 656), wenn das Reiseprogramm auch die Befriedigung allgemeintouristischer Interessen ermögliche. Auch bei als Lehrveranstaltungen durchgeführten Studienreisen von Schülern einer Fachhochschule sei das Reiseprogramm in die steuerrechtliche Beurteilung einzubeziehen. Das FG habe insoweit ausdrücklich anerkannt, daß im Streitfall allgemein-touristische Bedürfnisse durch die Reise befriedigt worden seien und deshalb ein Werbungskostenabzug dann ausgeschlossen wäre, wenn es sich nicht um eine Lehrveranstaltung gehandelt hätte. Daß die Zahlung eines Zuschusses - im Streitfall 30 DM - die berufliche Veranlassung nicht begründen könne, habe der BFH entschieden (Urteil vom 4. August 1967 VI R 186/66, BStBl III 1967, 773).
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Das FG hat zu Recht angenommen, daß die Aufwendungen des Klägers für die Teilnahme an der Studienreise Werbungskosten (§ 9 Abs. 1 Satz 1 EStG) bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit sind.
Der Senat hat mit Urteil VI R 93/90 (BStBl II 1992, 531) vom heutigen Tage entschieden, daß die Aufwendungen eines Berufsschülers für eine im Rahmen eines Ausbildungsdienstverhältnisses als verbindliche Schulveranstaltung durchgeführte Klassenfahrt in der Regel als Werbungskosten bei den aus dem Ausbildungsdienstverhältnis erzielten Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit abziehbar sind.
Bei Anwendung der danach maßgebenden Kriterien sind im Streitfall in Übereinstimmung mit der Vorentscheidung die Aufwendungen des Klägers für die Studienfahrt als Werbungskosten anzuerkennen. Denn die Studienreise wurde nach den nicht mit zulässigen und begründeten Revisionsrügen angegriffenen tatsächlichen Feststellungen des FG als Schulveranstaltung durchgeführt. Der Einwand der Revision, die Reise sei trotz ihres Charakters als Schulveranstaltung deshalb freiwillig erfolgt, weil über das Ziel der Fahrt und die Durchführung abgestimmt worden sei, ist deshalb ohne Bedeutung, weil die für die Schüler bestehende Möglichkeit, das Reiseprogramm mitzubestimmen, den Charakter der Reise als Schulveranstaltung nicht beeinträchtigt hat. Entscheidend für die Berücksichtigung von Aufwendungen für Studienfahrten im Rahmen eines Ausbildungsdienstverhältnisses als Werbungskosten ist, daß die Studienreise von den zuständigen Stellen als Lehrveranstaltung gebilligt worden ist und damit aus deren Sicht den an Lehrveranstaltungen (Exkursionen) zu stellenden schulrechtlichen Anforderungen genügt hat. Anhaltspunkte für ein mißbräuchliches Zusammenwirken zwischen Schule und Schülern zur Erlangung ungerechtfertigter steuerlicher Vorteile dadurch, daß ein nach den schulrechtlichen Bestimmungen nicht genehmigungsfähiges Reiseprogramm gebilligt worden wäre, sind vom FG nicht festgestellt und vom FA auch nicht behauptet worden.
Fundstellen
Haufe-Index 418265 |
BFH/NV 1992, 514 |