Entscheidungsstichwort (Thema)
Notwendige Beiladung
Leitsatz (NV)
1. Werden gegen einen Feststellungsbescheid, der die Einkünfte von Gesellschaftern einer Personengesellschaft betrifft, Einwendungen erhoben, die mit den Sondervergütungen der Gesellschafter zusammenhängen, so sind die Gesellschafter notwendig beizuladen.
2. Dies gilt auch dann, wenn die Sondervergütung in einer Pensionszusage der Gesellschaft gegenüber einem ihrer Gesellschafter besteht und nur die Frage streitig ist, ob für die Verpflichtung aus der Zusage eine Rückstellung in der Steuerbilanz der Gesellschaft gebildet werden darf.
Normenkette
EStG §§ 5, 6a, 15 Abs. 1 Nr. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine KG. Persönlich haftender Gesellschafter war bis 1974 L, der seitdem nur noch als Kommanditist -- mit 12,5 v. H. des stimmberechtigten Kapitals -- an der Klägerin beteiligt ist. L war außerdem von 1951 bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand am 1. März 1988 Geschäftsführer der Klägerin. Als solcher hatte er in den Jahren 1956/1962 mit der Klägerin einen Vertrag geschlossen, der diese u. a. dazu verpflichtete, ihm nach Erreichen des Pensionsalters (65. Lebensjahr) eine Invaliden-, Alters- und Witwenversorgung zu gewähren.
Wegen dieser Verpflichtung passivierte die Klägerin in ihrer Steuerbilanz zum 31. Dezember 1988 unter Hinweis auf den eingetretenen Versorgungsfall eine Rückstellung in voller Höhe des kapitalisierten Pensionsbetrages von 1 344 616 DM.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) ging in seinem unter Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Bescheid über die gesonderte und einheitliche Gewinnfeststellung für das Streitjahr 1988 von diesem Betrag aus.
Im Rahmen des Einspruchsverfahrens gegen diesen Bescheid reichte die Klägerin eine berichtigte Bilanz ein, in der eine Rückstellung mit 1 896 150 DM ausgewiesen ist. Außerdem beantragte sie, den Rückstellungsbetrag unter Berücksichtigung der Minderung der Gewerbesteuerrückstellung gemäß § 6a Abs. 4 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) mit je 1/3 auf das Streitjahr und die beiden folgenden Jahre zu verteilen. Das FA wies den Einspruch als unbegründet zurück.
Die Klage, mit der die Klägerin die Verteilung des gesamten Rückstellungsbetrages auf drei Jahre -- unter Berücksichtigung der Minderung der Gewerbesteuerrückstellung jährlich 544 871 DM -- beantragte, blieb erfolglos. Das Finanzgericht (FG) ging in seiner (in den Entscheidungen der Finanzgerichte -- EFG -- 1993, 430 veröffentlichten) Entscheidung davon aus, daß die Verpflichtung einer Personengesellschaft aus einer Pensionszusage gegenüber einem Gesellschafter steuerrechtlich eine Gewinnverteilungsabrede darstelle und deshalb den steuerlichen Gewinn der Personengesellschaft nicht mindern dürfe. Das sei auch nicht anders, wenn man von der Einheit der Personengesellschaft mit der Folge ausgehe, daß auch schuldrechtliche Beziehungen zwischen der Personengesellschaft und ihren Gesellschaftern anzuerkennen seien. In diesem Fall sei der in der Steuerbilanz der Gesellschaft zu bildenden Rückstellung in der Ergänzungsbilanz des Gesellschafters eine entsprechende Pensionsanwartschaft als Aktivposten gegenüberzustellen.
Mit der Revision rügt die Klägerin Verletzung materiellen Rechts (§§ 15 Abs. 1 Nr. 2, 5 Abs. 1 EStG, § 249 Abs. 1 Satz 1 des Handelsgesetzbuches -- HGB --).
Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und in Abänderung des geänderten Gewinnfeststellungsbescheides 1988 vom 14. Mai 1993 den festgestellten Gewinn um 544 871 DM zu mindern.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Das FA hat während des Revisionsverfahrens aus anderen als den hier streitigen Gründen einen geänderten Feststellungsbescheid für das Streitjahr erlassen. Einen Hinweis auf die Antragsfrist des § 68 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) enthält der dem Geschäftsführer der Klägerin bekanntgegebene Änderungsbescheid nicht. Die Klägerin hat beantragt, diesen Bescheid gemäß §§ 123 Satz 2, 68 FGO zum Gegenstand des Verfahrens zu machen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).
1. Das angefochtene Urteil war schon nach § 127 FGO aus verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben, weil sich während des Revisionsverfahrens der Verfahrensgegenstand, über dessen Rechtmäßigkeit das FG zu entscheiden hatte, geändert hat. Der Antrag, den Änderungsbescheid zum Gegenstand des Verfahrens zu machen, ist zwar erst nach Ablauf der Monatsfrist des § 68 Satz 2 FGO gestellt worden; er ist aber gleichwohl wirksam. Der Änderungsbescheid enthält weder den nach § 68 Satz 3 FGO gebotenen Hinweis auf die Antragsfrist (vgl. dazu Urteil des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 18. Mai 1994 XI R 42/93, BFHE 174, 370, BStBl II 1994, 706) noch wurde er dem Prozeßbevollmächtigten der Klägerin bekanntgegeben und damit die Antragsfrist in Lauf gesetzt (BFH-Urteil vom 5. Mai 1994 VI R 98/93, BFHE 174, 208, BStBl II 1994, 806).
2. Die Sache war wegen fehlender Beiladung der Gesellschafter an das FG zurückzuverweisen.
Werden gegen einen Feststellungsbescheid, der die Einkünfte von Gesellschaftern einer Personengesellschaft betrifft, Einwendungen erhoben, die mit den Sondervergütungen der Gesellschafter zusammenhängen, so sind die Gesellschafter in eigener Person anspruchs- und klagebefugt (vgl. BFH-Urteil vom 12. Juli 1990 IV R 25/89, BFH/NV 1991, 648). Um solche Sondervergütungen handelt es sich auch bei den hier zu beurteilenden Pensionszusagen (vgl. -- für laufende Pensionszusagen -- BFH-Urteil vom 27. Juni 1989 VIII R 337/83, BFHE 157, 405, BStBl II 1989, 888, und -- für Pensionsrückstellungen BFH-Urteil vom 16. Dezember 1992 I R 105/91, BFHE 170, 169, BStBl II 1993, 792).
Beizuladen sind alle Gesellschafter. Es ist streitig, ob die Pensionszusage anteilig in Sonderbilanzen für alle Gesellschafter oder nur in der Sonderbilanz des begünstigten Gesellschafters zu erfassen ist (vgl. dazu Schmidt, Einkommensteuergesetz, 13. Aufl., § 15 Anm. 90c m. w. N.). Hinzu kommt, daß das FA die Rückstellung bereits in der Steuerbilanz nicht anerkannt hat und die dadurch bedingte Erhöhung des Steuerbilanzgewinns alle Gesellschafter -- entsprechend ihrem Anteil am Gewinn -- belastet.
3. Ist eine notwendige Beiladung unterblieben, muß das Revisionsgericht die Vorentscheidung aufheben und die Sache an das FG zurückverweisen (ständige Rechtsprechung, vgl. dazu Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 60 Anm. 73 m. w. N.).
Fundstellen
Haufe-Index 420557 |
BFH/NV 1996, 136 |