Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfahrensrecht/Abgabenordnung

 

Leitsatz (amtlich)

Im endgültigen Ergebnis ist der Rechtsmittelführer auch dann unterlegen und zur Tragung der Kosten verpflichtet, wenn seine Anfechtungsgründe - für sich betrachtet - zwar berechtigt waren, sein Rechtsmittel aber aus anderen Gründen zu keinem Erfolg führte.

 

Normenkette

AO § 307 Abs. 1; FGO § 135/1

 

Tatbestand

Strittig ist, wer die Kosten des von dem Bf. angestrengten Berufungsverfahrens zu tragen hat. Der Bf. war für die Veranlagungszeiträume II/1948, 1949 und 1950 zu einer Einkommensteuer von zusammen 138.934 DM veranlagt worden. Der Einspruch, mit dem der Bf. eine Herabsetzung der Einkommensteuer auf 109.344 DM beantragte, war erfolglos geblieben. Das gegen die Einspruchsentscheidung eingelegte Rechtsmittel der Berufung erledigte sich in der Hauptsache, weil das Finanzamt im Einverständnis mit dem Bf. die angefochtenen Bescheide änderte. Die geänderten Bescheide führten zu einer Einkommensteuer von zusammen 140.487 DM. Hierbei war einerseits eine getrennte Veranlagung der Ehegatten für die Jahre 1949 und 1950 und andererseits das Ergebnis einer während des Rechtsmittelverfahrens durchgeführten Betriebsprüfung berücksichtigt worden. Das Finanzgericht erklärte den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt und legte dem Bf. die Kosten des Rechtsmittelverfahrens auf, weil die ursprüngliche Einkommensteuer nicht ermäßigt, sondern erhöht worden, der Bf. also im endgültigen Ergebnis unterlegen sei.

Mit seiner Rb. wehrt sich der Bf. gegen die Auferlegung der gesamten Kosten. Für die Frage, ob er unterlegen sei, müsse, so macht er geltend, allein darauf abgestellt werden, was den Gegenstand des (inzwischen erledigten) Rechtsstreits gebildet habe. Wie das Finanzgericht zutreffend festgestellt habe, sei um (138.934 ./. 109.344 =) 29.590 DM gestritten worden. Lege man die strittigen Punkte zugrunde, so habe er teilweise Erfolg gehabt, weil die Einkommensteuer dann auf 117.634 DM hätte ermäßigt werden müssen. Dem entspreche es, daß ihm lediglich 28 v. H. der Kosten auferlegt werden könnten, während das Land die restlichen 72 v. H. zu tragen habe. Daß die Einkommensteuer im Endergebnis statt 117.634 DM doch 140.487 DM betragen habe, sei allein auf das Ergebnis der Betriebsprüfung zurückzuführen. Dies müsse aber bei der Frage der Kostentragung außer Betracht bleiben.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. ist nicht begründet.

Wie das Finanzgericht zutreffend ausgeführt hat, hat der Bf. die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, weil er im Ergebnis endgültig unterlegen ist. Wäre der Rechtsstreit nicht in der Hauptsache erledigt, so hätten die strittigen Steuerbeträge, wie auch der Bf. nicht in Frage stellt, nicht anders festgesetzt werden können, als sie durch das Finanzamt im Einverständnis mit dem Bf. außerhalb des Rechtsmittelverfahrens festgesetzt worden sind. Die jetzt festgesetzten Steuerbeträge sind aber höher als die ursprünglich festgesetzten und von dem Bf. angegriffenen.

Zu Unrecht wendet der Bf. ein, daß er, legte man der Beurteilung des Obsiegens lediglich die von ihm geltend gemachten Anfechtungsgründe zugrunde, doch wenigstens als teilweise Obsiegender zu betrachten wäre. Wenn nach § 307 Abs 1 AO derjenige die Kosten zu tragen hat, der "im endgültigen Ergebnis unterliegt", so besagt dies einmal, daß es für die Pflicht zur Kostentragung auf das Ergebnis der letzten Entscheidung ankommt, daß es also, wenn der Steuerpflichtige z. B. im Verfahren der Berufung unterlag, für die Entscheidung des Finanzgerichts über die Kosten gleichgültig ist, ob der Bf. in dem Einspruchsverfahren obgesiegt hatte oder nicht (vgl. hierzu auch das Urteil des Bundesfinanzhofs IV 164/57 U vom 24. Oktober 1957, BStBl 1958 III S. 45, Slg. Bd. 66 S. 114). Die Regelung des § 307 Abs. 1 AO besagt aber im Zusammenhang mit dem auch für das Rechtsmittelverfahren herrschenden Untersuchungsgrundsatz (vgl. § 243 AO) zum anderen, daß für die Frage der Kostenpflicht das Unterliegen als solches entscheidend ist, daß es also nicht darauf ankommt, auf welchen Gründen die Entscheidung der Hauptsache beruht, ob insbesondere die von dem (im endgültigen Ergebnis) Unterlegenen vorgebrachten Gründe - für sich betrachtet - zu einem Obsiegen geführt hätten. Das gilt zugunsten wie zuungunsten des Rechtsmittelführers. Der Rechtsmittelführer trägt die Kosten, auch wenn sich die von ihm vorgebrachten Gründe als ungerechtfertigt erweisen, nicht, falls er im Ergebnis, obwohl aus anderen Gründen, doch das erreicht was er angestrebt hat. Er muß dagegen, auch wenn sich die von ihm vorgebrachten Gründe als berechtigt erweisen, die Kosten tragen, wenn er gleichwohl das nicht erreicht, was er angestrebt hat.

Etwaige Härten, die sich aus der Regelung des § 307 Abs. 1 AO ergeben, können lediglich unter den Voraussetzungen der §§ 314 und 319 AO beseitigt werden. Diese sind aber nicht schon allein um deswillen gegeben, weil ein Rechtsmittelführer, obwohl er seine Anfechtungsgründe für berechtigt halten konnte, letztlich doch Unrecht behält.

 

Fundstellen

Haufe-Index 409741

BStBl III 1960, 371

BFHE 1961, 327

BFHE 71, 327

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