Leitsatz (amtlich)
Wird im Zusammenhang mit dem Kauf und der Einfuhr einer nach einem Patent hergestellten Maschine auch das Recht an einem patentierten Verfahren übertragen oder eine Lizenz zur Benutzung dieses Rechts eingeräumt, so gehört das Entgelt für die überlassung des Verfahrens jedenfalls dann zum Zollwert der Maschine, wenn diese durch die Eigenart ihrer Konstruktion und Arbeitsweise das patentierte Verfahren derart verkörpert, daß derjenige, der zur Benutzung der Maschine berechtigt ist, durch das Betreiben der Maschine ohne weiteres auch das patentierte Verfahren durchführen kann.
Normenkette
ZTG §§ 6, 8
Tatbestand
Streitig ist der Zollwert einer von der Bgin. eingeführten Textilausrüstungsmaschine, die zur Durchführung eines Verfahrens zur Bearbeitung von Geweben dient.
Patente auf Teile der Maschine und auf das Verfahren besaß die Firma A. in USA. Sie war ferner Inhaberin der Warenzeichen X. und Y. Hergestellt wurde die eingeführte Maschine durch die Firma B. in England, die auf Grund eines Vertrages mit der Patentinhaberin die Lizenz zur Herstellung und zum Vertrieb der Maschinen besaß und für jede hergestellte und gelieferte Maschine ... Dollar zu zahlen hatte.
Vor Abschluß des Kaufvertrages über die eingeführte Maschine mit der Firma B. wurde zwischen der Bgin. und der Firma A. ein Lizenzvertrag abgeschlossen. Nach diesem Vertrag erhielt die Bgin. eine nicht exklusive Lizenz zur Benutzung der besagten Maschine, um besagte Verfahren im Land des Lizenznehmers anzuwenden, und das Recht, die nach dem durch den Lizenzgeber aufgestellten Standard behandelten Gewebe unter einer oder beiden Marken X. und Y. unter besagten Eintragungen und jeder einzelnen von ihnen zu verkaufen. Die Lizenzgeberin verpflichtete sich, der Lizenznehmerin eine nicht exklusive Lizenz zu gewähren auf alle Patente, die die Lizenzgeberin zur Zeit oder später besitzt oder kontrolliert, um das Verfahren auszuführen. Die Lizenzgeberin verpflichtete sich ferner (Ziff. 8), alle Einzelheiten für die zweckmäßige Durchführung des Verfahrens und seiner Prüfungsmethode bekanntzugeben oder bekanntgeben zu lassen. Schließlich verpflichtete sich die Lizenzgeberin, detaillierte Informationen über die Betriebserfahrung und die für die vorgesehene Produktion jeweils vorteilhafteste Technik bekanntzugeben. Endlich sollte die Lizenznehmerin Instruktionen zur geeigneten Anwendung des Verfahrens, über die Bedienung der Maschine und über die Prüfungsmethoden für das nach dem Verfahren behandelte Gewebe erhalten.
Auf alle nach dem erwähnten Verfahren oder von der Anlage behandelten Gewebe hatte die Bgin. eine Lizenzgebühr zu bezahlen. ...
Mit Zollbescheid vom ... setzte das Zollamt die Eingangsabgaben für die eingeführte Maschine unter Zugrundelegung des Rechnungspreises fest. Nachdem das Hauptzollamt von dem Lizenzvertrag Kenntnis erhalten hatte, forderte es von der Bgin. entsprechend den gezahlten Lizenzgebühren durch Steuerbescheide vom ... weitere Eingangsabgaben an. ...
Die gegen die vorgenannten Steuerbescheide gerichteten Einsprüche blieben erfolglos.
Auf die Berufung der Bgin. setzte das Finanzgericht die Abgabebeträge herab. Dabei schied die Vorinstanz die auf die Warenzeichen und auf die Mitteilung der technischen Erfahrungen entfallenden Anteile der Lizenzgebühr aus. Sie ließ sodann dahingestellt, ob Lizenzgebühren für ein Verfahren zum Zollwert einer Maschine gehören können, da vertraglich eine Benutzungslizenz eingeräumt war. Unter Abwägung des wirtschaftlichen Gewichts der Lizenzen für Warenzeichen, Verfahren, technische Erfahrungen und Benutzung der Maschine schätzte die Vorinstanz den auf die Benutzung der Maschine entfallenden Anteil der Gesamtgebühren auf 10 %. ...
Mit der Rb. macht der Vorsteher des Hauptzollamts geltend, daß es sich um ein Sachpatent an der Maschine, nicht aber um ein Verfahrenspatent handele, und daher die gesamten Lizenzgebühren, soweit sie nicht auf die Warenzeichen entfielen, zum Zollwert der Maschine gehörten. ....
Entscheidungsgründe
Die Rb. hat nur zum Teil Erfolg.
Zutreffend ist die Vorinstanz unter Anwendung des zur Zeit der Einfuhr der Maschine geltenden Rechts davon ausgegangen, daß der für die Bemessung des Zolls (§ 5 des Zolltarifgesetzes - ZTG - 1951) und der Umsatzausgleichsteuer (§ 6 UStG, § 4 der Ausgleichsteuerordnung - AStO -) maßgebende Zollwert der Normalpreis ist, d. h. der Preis, der für die eingeführte Ware bei einem Verkauf zum freien Marktpreis zwischen unabhängigen Verkäufern und Käufern in dem für die Anwendung der Zollvorschriften maßgebenden Zeitpunkt (§§ 58, 60 des Zollgesetzes - ZG - 1939) erzielt werden kann (§ 6 Abs. 1 ZTG) und daß in diesem Normalpreis das Recht zur Benutzung des Patents (und anderer Rechte) an der Ware einbegriffen ist, wenn die eingeführte Ware Gegenstand eines solchen Rechts ist (§ 6 Abs. 4 ZTG). Mit Recht hat sie ferner § 8 ZTG angeführt, nach dessen Abs. 1 Nr. 1 ein Verkauf zum freien Marktpreis zwischen unabhängigen Verkäufern und Käufern unter anderem voraussetzt, daß die Zahlung des Kaufpreises die einzige Leistung des Käufers darstellt.
...
Im Rechnungspreis für die eingeführte Maschine ist das Entgelt für die Benutzung der genannten Patente nur zum Teil enthalten. Vor Abschluß des Kaufvertrages über die Maschine mit der Herstellerfirma B. schloß die Bgin. mit der Firma A. als der Patentinhaberin einen Lizenzvertrag ab. In diesem Vertrag wurde ihr unter anderem eine nicht ausschließliche Lizenz zur Benutzung der Maschine eingeräumt; für diese und für andere Leistungen der Firma A. hatte sie als Entgelt eine auf die Menge der bearbeiteten Gewebe gegründete Lizenzgebühr zu zahlen, die auf einen jährlichen Mindestbetrag nach unten begrenzt war. Der später abgeschlossene Kaufvertrag mit der englischen Herstellerfirma B., die nur eine Lizenz zur Herstellung und zum Vertrieb der Maschine hatte und für jede abgesetzte Maschine an die Patentinhaberin ... Dollar abführte, hatte demgemäß nicht die Befugnis zur Benutzung der Maschine zum Gegenstand. Das Geschäft zwischen B. und der Bgin. war daher kein Kaufgeschäft im Sinne der in § 6 Abs. 1 ZTG enthaltenen Zollwertnorm, da nämlich ein solches Geschäft unter anderem voraussetzt, daß dem Verkäufer alle Rechte an der Ware zustehen, die es ihm ermöglichen, jedem beliebigen Käufer gegen die Zahlung des Kaufpreises mit dem Eigentum an der Ware auch die uneingeschränkte Verfügungsbefugnis zu verschaffen (vgl. dazu die Ausführungen im Urteil des erkennenden Senats VII 102, 114, 115/58 S vom 25. Februar 1959, BStBl 1959 III S. 183, Slg. Bd. 68 S. 483, die sich zwar auf § 53 ZG 1939 beziehen, aber auch für die Zeit der Geltung des ZTG zutreffen). Aus diesem Grunde kann auch der Rechnungspreis für die Maschine nicht nach § 8 ZTG als Normalpreis angesehen werden.
Anstelle einer vollen übertragung der Befugnisse des Patentinhabers, gewerbsmäßig den Gegenstand der Erfindung herzustellen, in Verkehr zu bringen, feilzuhalten oder zu gebrauchen oder einer übertragung entsprechender Lizenzen, auf Grund deren B. die von ihm hergestellten Maschinen den Käufern zu unbeschränkter Benutzung gegen ein entsprechendes Entgelt hätte übereignen können, wurde von den Beteiligten ein anderer Weg gewählt. Die Patentinhaberin überließ dem Hersteller nur eine Lizenz zur Herstellung und zum Vertrieb der Maschinen, um vorher selbst mit dem künftigen Erwerber der Maschine die Gewährung einer Lizenz zur Benutzung gegen Entgelt zu vereinbaren. Auf diese Weise wurde das Entgelt für den patentierten Gegenstand aufgespalten in einen fixen Teil, den Kaufpreis, der auch ein Entgelt für die der Firma B. überlassenen Befugnisse der Patentinhaberin zur Herstellung und zum Vertrieb enthielt, und einen nach der Menge der bearbeiteten Gewebe zu berechnenden veränderlichen Teil, der für die gewerbliche Benutzung der Maschine an die Patentinhaberin selbst zu zahlen war, wozu noch die übernahme etwaiger inländischer Steuern kam.
Der an die Herstellerin gezahlte Rechnungspreis galt also das Recht zur Benutzung der Patente nur zum Teil ab und stellt demgemäß nicht das volle Entgelt und damit auch nicht die einzige Leistung für den Erwerb des patentierten Gegenstandes zur freien Benutzung dar. Daher ist außer dem Rechnungspreis die gewährte weitere Leistung in den Normalpreis einzubeziehen, ohne daß es darauf ankommt, daß diese Leistung nicht an den Verkäufer, sondern an die Patentinhaberin erfolgte.
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Da in dem Lizenzvertrage die Bgin. nicht ausschließlich für die Lizenz zur Benutzung der Maschine ein Entgelt versprochen hat, sondern das vereinbarte Entgelt einer Mehrzahl von Leistungen der Patentinhaberin gegenübersteht, war, wie das die Vorinstanz getan hat, zu prüfen, inwieweit die Gebühren als auf das Recht zur Benutzung des Patents an der Maschine entfallend und damit zum Normalpreis (Zollwert) gehörend anzusehen sind.
Zutreffend hat die Vorinstanz den auf die Benutzung der Warenzeichen entfallenden Teil der Gebühr ausgeschieden. Denn das Recht auf das Warenzeichen bzw. das Entgelt dafür gehört nur dann zum Normalpreis, wenn die eingeführte Ware Gegenstand des Warenzeichens ist (§ 6 Abs. 4 ZTG, § 7 der Wertzollordnung - WertZO - 1951). Im Streitfall ist jedoch Gegenstand der Warenzeichen das mit der Maschine bearbeitete Gewebe, also nicht die Maschine als eingeführte Ware.
Die Vorinstanz hat ferner auch den Gegenwert für die in Ziff. 8 des Vertrages vorgesehenen Leistungen, das sogenannte Know how ausgeschieden. (Es folgen Ausführungen über dessen Wert.) ... Der Wert dieses Know how für die Anwendung des Verfahrens darf also nicht unterschätzt werden. Daher ist die Rüge des Vorstehers des Hauptzollamts insoweit, als sie sich gegen die Anerkennung eines Teils der Lizenzgebühr als nicht zum Zollwert gehörendes Entgelt für das Know how wendet, nicht begründet.
Das Finanzgericht hat die Frage offengelassen, ob nicht dann, wenn im Zusammenhang mit einer Verfahrenslizenz eine Maschine oder Vorrichtung eingeführt wird, die zur Ausübung des Verfahrens erforderlich ist, die Lizenzgebühren für das Verfahren in den Zollwert der eingeführten Ware einzubeziehen sind. Es hat dann im Ergebnis zwischen dem auf das Verfahren entfallenden Teil der Lizenzgebühren und einem solchen für die Benutzung der Maschine unterschieden und nur den letzteren zum Zollwert gerechnet. Soweit sich die Rüge des Vorstehers des Hauptzollamts gegen diese Trennung zwischen Gebühren für die Benutzung der Maschine und solche für das Verfahren wendet, ist sie berechtigt.
Nach § 6 Abs. 4 ZTG ist in den Normalpreis einbegriffen das Recht zur Benutzung des Patents, wenn die eingeführte Ware Gegenstand eines solchen Rechts ist. Ein Patent für eine eingeführte Ware liegt jedoch nicht vor, soweit ein Patent für ein - nicht die Herstellung dieser Ware betreffendes - Verfahren erteilt ist. Zwischen diesen beiden Arten von Patenten ist daher zu unterscheiden. Das gilt auch dann, wenn im Zusammenhang mit dem Kauf und der Einfuhr einer Ware, insbesondere einer Maschine, das Recht an einem patentierten Verfahren, dessen Durchführung die Maschine dient, übertragen oder eine Lizenz zur Benutzung dieses Rechts eingeräumt wird. Denn der Gebrauch der Maschine und die Durchführung eines Verfahrens zur Herstellung oder Bearbeitung von Waren sind durchaus nicht ohne weiteres dasselbe. Das zeigt sich besonders deutlich, wenn die Maschine z. B. nur zur Ausführung eines Teils des Verfahrens geeignet ist. Zum Zollwert einer Maschine gehört daher grundsätzlich nicht auch der Wert des Rechts zur Benutzung des Patents an einem Verfahren, ebensowenig ein etwa dafür zu entrichtendes Entgelt.
Anders liegt es jedoch, wenn eine patentierte Maschine durch die Eigenart ihrer Konstruktion und Arbeitsweise ein patentiertes Verfahren derart verkörpert, daß derjenige, der zur Benutzung der patentierten Maschine berechtigt ist, durch das Betreiben der Maschine ohne weiteres das patentierte Verfahren durchführen kann. Wenn in dieser Weise der berechtigte Gebrauch einer patentierten Maschine und die Benutzung eines patentierten Verfahrens sich decken, ist in einem Verkauf der patentierten Maschine oder in der Einräumung einer Lizenz zu ihrer Benutzung gleichzeitig die Erteilung einer Lizenz zur Benutzung des Verfahrens zu sehen (vgl. dazu Lindenmaier, Das Patentgesetz, 4. Aufl., 1958, Anm. 41 zu § 6; Reimer, Patentgesetz und Gebrauchsmustergesetz, 2. Aufl., 1958, Anm. 89 zu § 6 des Patentgesetzes; Bernhardt, Lehrbuch des deutschen Patentrechts, § 24). Entsprechend dieser patentrechtlichen Folge eines Zusammenfallens des Gebrauchs einer patentierten Maschine und der Benutzung eines patentierten Verfahrens kann wertzollrechtlich bei der Einbeziehung des Rechts zur Benutzung des Patents an einer eingeführten Maschine in den Normalpreis das Recht zur Benutzung des Patents am Verfahren nicht als davon getrennter Wert behandelt und als solcher von der Einbeziehung in den Normalpreis ausgeschlossen werden.
Im Streitfall verkörpern die geschützte Maschine bzw. die geschützten Vorrichtungen das patentierte Verfahren in der gekennzeichneten Weise. Ob darüber hinaus auch dann, wenn eine eingeführte Ware selbst nicht patentgeschützt ist, der Wert des Rechts zur Benutzung des Patents an einem Verfahren zu ihrem Zollwert gehören kann, braucht hier nicht entschieden zu werden. ...
Fundstellen
Haufe-Index 410550 |
BStBl III 1962, 549 |
BFHE 1963, 779 |
BFHE 75, 779 |