Entscheidungsstichwort (Thema)
Schenkung bei Überweisung auf Bankkonto
Leitsatz (NV)
Überweist jemand einen Geldbetrag auf das Festgeldkonto eines anderen, erlangt dieser zwar im Verhältnis zu seiner Bank eine Darlehensforderung. Der Empfänger wird dadurch aber nur dann auf Kosten des Überweisenden i.S. des §7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG bereichert, wenn und soweit der Empfänger den Geldbetrag endgültig behalten durfte und darüber im Innenverhältnis zum Überweisenden tatsächlich und rechtlich frei verfügen konnte (vgl. BFH-Urteil vom 26. September 1990 II R 50/88, BFHE 162, 139, BStBl II 1991, 32, m.w.N.). Daran fehlt es, wenn die Überweisung nur erfolgte, um Anlagebeträge des Überweisenden und des Empfängers zur Erlangung besserer Zinskonditionen zusammenzulegen.
Normenkette
ErbStG § 7 Abs. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) eröffnete am 10. September 1991 ein Festgeldkonto, für das er seiner damaligen Lebensgefährtin und heutigen Ehefrau, S, Bankvollmacht erteilte. S übertrug am 2. Oktober 1991 auf das neueröffnete Konto ein Guthaben in Höhe von 102 130 DM. Dieses Guthaben entnahm S ihrem eigenen Festgeldkonto, für das der Kläger keine Bankvollmacht hatte. Das Guthaben setzte sich zusammen aus einem Betrag in Höhe von 57 520 DM, der Frau S gehörte, sowie einem Betrag in Höhe von 44 610 DM, der dem Kläger zustand. Der Kläger machte geltend, es habe sich um eine gemeinschaftliche Geldanlage zur Erlangung besserer Zinskonditionen gehandelt. Die Überweisung des Betrages auf sein Konto habe diesem Zweck gedient.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) behandelte die Übertragung des Guthabens in Höhe des Betrags von 57 520 DM als freigebige Zuwendung i.S. des §7 Abs. 1 Nr. 1 des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG) der S an den Kläger und setzte gegen den Kläger Schenkungsteuer in Höhe von 11 990 DM fest.
Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führt in seinem Urteil u.a. aus, daß der mit der Geldüberweisung auf das Konto des Klägers verfolgte Zweck die objektive Bereicherung des Klägers nicht entfallen lasse, weil es auf das Motiv für die Schenkung nicht ankomme. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1997, 1121 veröffentlicht.
Mit der Revision rügt der Kläger Verletzung materiellen Rechts. Der Kläger beantragt, das Urteil des FG, den Schenkungsteuerbescheid und die Einspruchsentscheidung aufzuheben.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --).
1. Das FG ist rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, daß der vom Kläger vorgetragene Zweck (gemeinschaftliche Vermögensverwaltung) die objektive Bereicherung des Klägers nicht entfallen lasse, und hat deshalb keine ausreichenden Feststellungen für die Prüfung getroffen, ob eine freigebige Zuwendung der S an den Kläger vorliegt.
Eine freigebige Zuwendung i.S. des §7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG setzt in objektiver Hinsicht voraus, daß die Leistung zu einer Bereicherung des Bedachten auf Kosten des Zuwendenden führt und die Zuwendung (objektiv) unentgeltlich ist (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 2. März 1994 II R 59/92, BFHE 173, 432, BStBl II 1994, 366). Es trifft zwar zu, daß der Kläger durch die Geldüberweisung vom Konto der S auf sein Festgeldkonto im Verhältnis zu seiner Bank eine Darlehensforderung in Höhe des Überweisungsbetrages erlangt hat. Damit ist aber noch nicht die Frage beantwortet, ob der Kläger hierdurch auch auf Kosten der S bereichert wurde, d.h. ob ein Vermögensübergang von S auf den Kläger stattgefunden hat. Denn ein solcher liegt nur vor, wenn und soweit der Kläger den der S zustehenden Teil des Festgeldes endgültig behalten durfte und er über den Gesamtbetrag im Innenverhältnis zu S tatsächlich und rechtlich frei verfügen konnte (vgl. BFH- Urteil vom 26. September 1990 II R 50/88, BFHE 162, 139, BStBl II 1991, 32, m.w.N.). Hierauf zielt auch der Vortrag des Klägers ab, die Anlagebeträge seien zur Erlangung besserer Zinskonditionen zusammengelegt worden, denn damit wird nicht, wie das FG meint, lediglich das Motiv genannt, sondern darauf hingewiesen, daß eine gemeinsame Anlage des Geldes gewollt war, ohne daß ein Vermögensübergang zwischen S und dem Kläger stattgefunden hat.
Das auf einer anderen Rechtsauffassung beruhende Urteil des FG ist aufzuheben.
2. Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG hat keine Feststellungen getroffen, die es dem Senat ermöglichen, abschließend zu entscheiden, ob eine freigebige Zuwendung der S an den Kläger i.S. des §7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG vorliegt. Das FG wird deshalb im zweiten Rechtsgang zu prüfen haben, ob der Kläger durch die Geldüberweisung auf Kosten der S bereichert wurde. Dies erfordert u.a. Feststellungen zu der Behauptung des Klägers, er habe den von Frau S überwiesenen Betrag für diese anlegen sollen und sei ihr zur Herausgabe verpflichtet gewesen. Dabei wird das FG zugunsten des Klägers zu berücksichtigen haben, daß bereits vor der streitigen Überweisung vom 2. Oktober 1991 -- in umgekehrter Rollenverteilung -- vom Kläger und S Gelder gemeinsam angelegt wurden. Ferner spricht für eine gemeinsame Geldanlage auch nach dem 2. Oktober 1991, daß S Bankvollmacht für das Konto des Klägers hatte und das Konto im Februar 1992 in ein "Oder-Konto" umgewandelt wurde.
Fundstellen
Haufe-Index 55282 |
BFH/NV 1999, 618 |