Leitsatz (amtlich)

1. Wird das Entgelt bei Umarbeitungsgeschäften auf der Grundlage eines Listenpreises ermittelt, ist es nach Art eines Werklohns berechnet, wenn der Listenpreis nicht häufigen Schwankungen unterliegt.

2. Bei ständiger Geschäftsverbindung ist ein Stoff auch dann "zur Herstellung eines Gegenstandes" übergeben, wenn er für die Herstellung fortlaufend bezogener Gegenstände verwendet wird (Überlassung von Aluminiumschrott für die Herstellung fortlaufend bezogener Aluminiumbänder).

 

Normenkette

UStG § 1 Nr. 1; UStDB § 2 Abs. 1, § 8

 

Tatbestand

Die Revisionsbeklagte (Steuerpflichtige) stellt Flaschen- und Gläserverschlüsse aus Aluminium her. Sie stanzt die Verschlüsse aus Aluminiumbändern. Die Aluminiumbänder werden von einer AG bezogen. Die mit dem Ausstanzen der Verschlüsse anfallenden Aluminiumreste überläßt die Steuerpflichtige der AG. Die Steuerpflichtige erhält für je ... kg Aluminiumschrott - unter Zuzahlung eines Barentgelts - 100 kg Aluminium in Bändern.

Die Steuerpflichtige behandelte die Überlassungen des Aluminiumschrotts als echte Materialbeistellungen im Zusammenhang mit den Aufträgen für die Lieferungen neuer Bänder. Sie unterwarf deshalb die Gutschriften der AG für Aluminiumschrott nicht der Umsatzsteuer. Der Revisionskläger (FA) sah nach einer Betriebsprüfung in den Schrottüberlassungen umsatzsteuerpflichtige Lieferungen. Der Einspruch blieb ohne Erfolg.

Das FG gab der Steuerpflichtigen recht. Es verneinte Lieferungen, weil die Abgabe des Aluminiumschrotts jeweils als Sonderfall einer Leistung im Sinne des § 8 UStDB zu beurteilen sei (Umtausch). Im einzelnen stellte es folgenden Sachverhalt fest: Sobald sich bei der Steuerpflichtigen genügend Aluminiumreste angesammelt haben, werden sie der AG übergeben. Die AG bestätigt daraufhin der Steuerpflichtigen, daß sie eine bestimmte Menge Aluminiumreste mit dem Auftrage übernommen habe, sie zu Aluminiumbändern umzuarbeiten. Außerdem ist in dem Bestätigungsschreiben der Metallwert für "je 100 kg Rücklieferungsanspruch" angegeben. Bei Lieferung der gekauften Aluminiumbänder übergibt die AG der Steuerpflichtigen auch die Bänder, die der Steuerpflichtigen für überlassenen Schrott zustehen. Für die im Austausch gegen Schrott überlassenen Bänder errechnet die AG den Preis in der Weise, daß sie zunächst von ihrem Listenverkaufspreis für Aluminiumbänder ausgeht und dann diesen Preis um den Metallwert des ihr übergebenen Schrotts mindert. Den Metallwert des Schrotts ermittelt sie dadurch, daß sie vom Listenverkaufspreis für Aluminiumbänder die anteiligen beim Schmelzen und Veredeln der Schrottmengen anfallenden Kosten abzieht. Die AG lagert die ihr von der Steuerpflichtigen übergebenen Schrottmengen nicht besonders, sondern vermischt sie mit den bei ihr vorhandenen Lagervorräten an Schrott. Von diesen Vorräten entnimmt sie dann das für die Herstellung der Aluminiumbänder erforderliche Material.

Mit der Rb. rügt das FA unrichtige Anwendung des geltenden Rechts. Es führt aus, § 8 UStDB könne im vorliegenden Fall nicht eingreifen, weil der Preis der für die Schrottlieferungen empfangenen Aluminiumbänder nicht nach Art eines Werklohns, sondern nach dem kalkulierten Marktpreis für neue Aluminiumbänder berechnet worden sei. Außerdem fehle es an einem ursächlichen Zusammenhang zwischen der Anlieferung der Aluminiumabfälle und der Bestellung der Aluminiumbänder.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die nach Einführung der FGO - 1. Januar 1966 - als Revision zu behandelnde Rb. (§ 184, §§ 115 ff. FGO) führte zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das FG.

Das angefochtene Urteil war aufzuheben, weil nach dem vom FG festgestellten Sachverhalt nicht geprüft werden kann, ob die Rüge des FA berechtigt ist, die Aluminiumbänder seien nicht nach Art eines Werklohns, sondern nach einem kalkulierten, Schwankungen unterliegenden Marktpreis berechnet worden. Nach dem Urteil des BFH V 57/53 S vom 3. Dezember 1953 (BFH 58, 402, BStBl III 1954, 65) soll von der günstigen Entgeltberechnung des § 8 UStDB ausgeschlossen sein, wer unter Ausnutzung von Marktpreisschwankungen seinen Preis berechnet. Für die Berechnung des Werklohns wird dann folgendes ausgeführt: "Wer aber ... feststehende Preise zum Ausgangspunkt seiner Berechnung macht, rechnet nicht wie ein Händler, sondern wie ein Werkleistender; er berechnet sein Entgelt nach Art eines Werklohns, wie § 8 UStDB vorschreibt."

Dem Butterpreis im BFH-Urteil V 57/53 S (a. a. O.) entspricht im Streitfall der Listenverkaufspreis für neue Aluminiumbänder. Ist der Listenverkaufspreis ein für längere Zeit feststehender Preis, kann in der im angefochtenen Urteil geschilderten Form ein Werklohn im Sinne des § 8 UStDB errechnet werden. Ändert sich dagegen der Listenverkaufspreis häufig, kann er nicht als Ausgangspunkt für die Errechnung eines Werklohns im Sinne des § 8 UStDB dienen, weil er dann "handelsmäßige und spekulative Elemente" (so BFH-Urteil V 57/53 S) enthält. Wenn der Metallwert des Schrotts durch Abzug der anteiligen, beim Schmelzen und Veredeln der Schrottmengen anfallenden Kosten ermittelt wird, schließt er bei häufigen Schwankungen des Listenverkaufspreises eine Gewinnspanne ein, deren Höhe handelsmäßige Erwägungen (Ausnutzung der Marktverhältnisse für Aluminiumbänder) bestimmen. Die Frage, ob der Listenverkaufspreis ein Schwankungen unterworfener Marktpreis oder feststehender Preis ist, kann erst nach tatsächlicher Feststellungen über Kalkulation und Entwicklung des Listenverkaufspreises während der Streitjahre entschieden werden.

Nicht folgen kann der Senat der weiteren Begründung der Revision, es fehle an einem ursächlichen Zusammenhang zwischen der Anlieferung der Aluminiumabfälle und der Bestellung der Aluminiumbänder. Ein Zusammenhang liegt vor, weil die Steuerpflichtige fortlaufend Aluminiumbänder bezieht und der AG Aluminiumabfälle überläßt. Bei fortlaufender Geschäftsverbindung genügt es für die Annahme eines Zusammenhangs, wenn - wie im Streitfall - die für den überlassenen Schrott zustehenden neuen Bänder gemeinsam mit einer späteren Lieferung gekaufter Bänder an die Steuerpflichtige übergeben werden.

Da die Sache an das FG zurückverwiesen wird, wird ihm auch gemäß § 143 Abs. 2 FGO die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 412886

BStBl II 1968, 252

BFHE 1968, 61

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