Leitsatz (amtlich)
§ 9 Nr. 2 GewStG ist für Anteile am Gewinn ausländischer Personengesellschaften nicht anwendbar.
Normenkette
GewStG § 9 Nr. 2
Tatbestand
Der Revisionskläger (Steuerpflichtiger) betreibt einen Gewerbebetrieb, der sich mit dem Import und Export befaßt. Zu seinem Betriebsvermögen gehört auch eine Beteiligung an der Firma X und Cia Ltda. in Kolumbien (X), zu einem Drittel Anteil. Der Revisionsbeklagte (FA) rechnete den Gewinnanteil zum Gewerbeertrag und den Wert der Beteiligung zum Gewerbekapital. Es vertritt die Auffassung, daß entgegen der Meinung des Steuerpflichtigen bei der X die Merkmale für eine Kapitalgesellschaft überwögen; aber selbst wenn sie als Personengesellschaft anzusehen sei, könnten Gewinnanteil und Wert der Beteiligung nicht abgezogen werden, weil die Kürzungsvorschriften nicht auf ausländische Personengesellschaften anzuwenden seien. Hiergegen wendet sich der Steuerpflichtige; er ist der Ansicht, §§ 9 und 12 GewStG seien nach Sinn und Zweck nicht nur auf inländische Personengesellschaften anzuwenden, sondern auch auf ausländische. Der Gewinn aus der Beteiligung an einer ausländischen Personengesellschaft sei ebenso zu kürzen wie ein ausländischer Betriebstättengewinn. Einspruch und Berufung blieben ohne Erfolg.
Das FG führte in seinen Entscheidungsgründen aus: Es könne dahingestellt bleiben, ob die X als Personen- oder Kapitalgesellschaft anzusehen sei. Denn selbst wenn man sie als Personengesellschaft behandele, führe das nicht zu dem vom Steuerplichtigen angestrebten Erfolg. § 9 Nr. 2 GewStG wolle die Doppelbesteuerung vermeiden, die sonst eintrete, weil die Personengesellschaften in vollem Umfang der Gewerbesteuer unterlägen (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 GewStG). Da aber ausländische Personengesellschaften in Deutschland nicht der Gewerbesteuer unterlägen, entfalle eine doppelte Realsteuerbelastung und damit die Anwendung der Kürzungsvorschriften. Das sei auch der Grund, weshalb das GewStG keine Bestimmung über die Kürzung ausländischer Beteiligungsgewinne enthalte. Auf § 9 Nr. 3 GewStG könne sich der Steuerpflichtige ebenfalls nicht berufen, da seine Beteiligung keine Betriebstätte sei.
Mit seiner Rechtsbeschwerde macht der Steuerpflichtige geltend: § 9 Nr. 2 GewStG gelte auch für ausländische Personengesellschaften. Das müsse daraus gefolgert werden, daß § 9 Nr. 2a GewStG von inländischen Kapitalgesellschaften spreche, bei Nr. 2 dieser Vorschrift jedoch eine solche Bezogenheit fehle. Es ergebe sich nicht aus dem GewStG, daß Gewinne aus Beteiligungen an ausländischen Unternehmen nicht unter § 9 Nr. 2 GewStG fielen. Die Regelung des § 9 Nr. 3 GewStG müsse für die Beteiligung an einer im Ausland in Form einer juristischen Person betriebenen Niederlassung inländischer Unternehmer gelten.
Der Steuerpflichtige weist außerdem darauf hin, daß der starke Währungsverfall des Pesos die stehengebliebenen Gewinne ganz erheblich gemindert habe und daß eine Transferierung der Pesos zu einer Aufzehrung der Gewinne durch die deutschen Steuern führen würde.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die nach Inkrafttreten der FGO als Revision zu behandelnde Rechtsbeschwerde ist nicht begründet.
Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, daß die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen nicht um den Gewinnanteil des Steuerpflichtigen aus seiner ausländischen Beteiligung an der X nach § 9 Nr. 2 GewStG gekürzt werden kann. Diese Vorschrift dient der Vermeidung einer Doppelbesteuerung, die sich zufolge der Heranziehung von Personengesellschaften als solche zur Gewerbesteuer (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 GewStG) ergibt, wenn zum Betriebsvermögen eines Gewerbebetriebs eine Beteiligung an einer Personengesellschaft gehört (Urteil des BFH IV 582/56 U vom 28. November 1957, BFH 66, 100, BStBl III 1958, 40; Begründung zum Gewerbesteuergesetz vom 1. Dezember 1936, RStBl 1937, 693, II, 6 letzter Absatz).
Der Gesetzgeber muß hierbei davon ausgegangen sein, daß der Gewinn aus einer Beteiligung an einer Personengesellschaft - ähnlich wie der aus der Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft - ein Gewinn des Unternehmens ist, zu dessen Betriebsvermögen die Beteiligung notwendig gehört oder als gewillkürtes Betriebsvermögen gezogen wurde. Die Vorschrift des § 9 Nr. 2 GewStG hätte sonst keinen Sinn. Der Senat sieht in dieser Auffassung keine Abweichung vom BFH-Urteil I 78/61 S vom 25. Mai 1962, BFH 75, 467, BStBl III 1962, 438, das die gewerbesteuerliche Behandlung eines Gewinns aus der Veräußerung des Anteils an einer Personengesellschaft betraf, die zum Betriebsvermögen eines Unternehmens des Gesellschafters gehörte. Da dieser Gewinnanteil gleichzeitig ein Teil des Gesamtgewinns der Personengesellschaft ist, würde seine mehrmalige Erfassung mit Gewerbesteuer erfolgen, die durch § 9 Nr. 2 GewStG vermieden werden soll.
Eine mehrmalige Erfassung mit Gewerbesteuer tritt aber nicht ein, wenn es sich um die Beteiligung an einer ausländischen Personengesellschaft handelt. Denn der Ertrag an einer ausländischen Personengesellschaft unterliegt mangels Vorliegens eines Gewerbebetriebs oder einer Betriebstätte im Inland (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG) nicht der Gewerbesteuer. Ebenso wie nach dem BFH-Urteil I 83/61 S vom 4. September 1962, BFH 75, 679, BStBl III 1962, 514 eine Hinzurechnung der an einen ausländischen Lizenzgeber gezahlten Lizenzen nach § 8 Nr. 7 GewStG nicht dadurch ausgeschlossen wird, daß die Lizenzen zum Gewerbeertrag des ausländischen Betriebs des Lizenznehmers gehören, so kann nach Auffassung des Senats auch der gewerbesteuerpflichtige Ertrag einer zu einem inländischen Betriebsvermögen gehörenden Beteiligung an einer ausländischen Personengesellschaft nicht gewerbesteuerfrei gelassen werden, weil er gleichzeitig zum Ertrag der ausländischen Gesellschaft gehört. In beiden Fällen dient die jeweilige Vorschrift über die Nichterfassung bestimmter Ertragsteile - in § 8 Nr. 7 GewStG der an einen gewerbesteuerpflichtigen inländischen Empfänger gezahlten Vergütungen durch Verzicht auf die Hinzurechnung; in § 9 Nr. 2 GewStG des Anteils am Gewinn einer Personengesellschaft durch Kürzung - der Vermeidung einer mehrmaligen Erfassung mit Gewerbesteuer, so daß sie nicht anwendbar ist, wenn diese mehrmalige Erfassung nicht eintreten kann. Folgerichtig hat das FG im vorliegenden Fall die Anwendung des § 9 Nr. 2 GewStG verneint (gleicher Ansicht: Blümich/Boyens/Steinbring/Klein/Hübl, Gewerbesteuergesetz, § 8 Anm. 31, 3; Lenski/Steinberg, Kommentar zum Gewerbesteuergesetz, Anm. zu § 9 Nr. 2 S. 2, und Mittelbach/Stöwe/Zöller, Gewerbesteuergesetz, § 8, H). Bei diesem Ergebnis konnte es das FG dahingestellt sein lassen, ob § 9 Nr. 2 GewStG bereits deshalb nicht anzuwenden war, weil es sich bei der X nicht um eine Personengesellschaft, sondern um eine Kapitalgesellschaft handelt, wofür einiges spricht (vgl. Wilhelm/Seidler/Bartholdy, Niederlassungen, Zweigbetriebe und Beteiligungen im Ausland, Verlag moderne industrie münchen, 1963, S. 263).
Die Auslegungen des § 9 Nr. 2 GewStG durch das FG steht mit allgemeinen Auslegungsgrundsätzen in Einklang. Hiernach ist zunächst der Wortsinn einer Vorschrift zu erfassen, bei mehrdeutigem Wortsinn ist die Norm nach ihrem Sinn und Zweck auszulegen. Diesen Grundsätzen entspricht es, wenn die Vorinstanz § 9 Nr. 2 GewStG nur auf Gewinne aus Anteilen an inländischen Personengesellschaften angewandt hat. Zwar sieht § 9 Nr. 2 GewStG eine Beschränkung auf Anteile am Gewinn inländischer Personengesellschaften nicht ausdrücklich vor. Diese ergibt sich jedoch schon aus dem dargestellten Zweck der Vorschrift, eine mehrfache Erfassung der Gewinne aus Anteilen an Personengesellschaften mit Gewerbesteuer, d. h. mit inländischer Gewerbesteuer, zu verhindern. Es ist indes kein Grund ersichtlich, warum in solchen Fällen auf die Gewerbesteuer, die auf die ihr unterliegenden inländischen Ertragsteile entfällt, verzichtet werden sollte. Aber auch die Bezogenheit dieser Vorschrift auf Gesellschaftsformen des deutschen Handelsrechts, der offenen Handelsgesellschaft und der Kommanditgesellschaft, rechtfertigt die Annahme, daß § 9 Nr. 2 GewStG nur gelten soll, soweit es sich um Gewinnanteile inländischer Personengesellschaften handelt. Diese Annahme wird bestätigt durch die Erstreckung dieser Vorschrift auf Gesellschaften, bei denen die Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) des Gewerbebetriebs anzusehen sind. Bei den hier angesprochenen Mitunternehmerschaften handelt es sich um Rechtsgebilde des deutschen Steuerrechts (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 1 GewStG und § 15 Nr. 2 EStG), wodurch ebenfalls der Schluß gerechtfertigt wird, daß in § 9 Nr. 2 GewStG nur inländische Personengesellschaften gemeint sind.
Nach dem so gewonnenen Ergebnis bedeutet die Beschränkung der Kürzungsvorschrift der Nr. 2a des § 9 GewStG auf inländische Kapitalgesellschaften nicht, wie der Steuerpflichtige meint, daß damit der Gesetzgeber die Anwendung des § 9 Nr. 2 GewStG nicht auf inländische Beteiligungen beschränken wollte, weil er andernfalls diese Einschränkung durch eine geänderte Fassung ausgesprochen hätte. Für den Gesetzgeber bestand keine Veranlassung, § 9 Nr. 2 GewStG zum Zwecke einer Klarstellung zu ändern, solange sich weder aus der Literatur noch aus der Rechtsprechung ergab, daß Unklarheiten in der Anwedung dieser Rechtsnorm bestanden.
Schließlich ergibt sich entgegen der Ansicht des Steuerpflichtigen auch aus Nr. 3 des § 9 GewStG nichts, was zu der von ihm erstrebten Freilassung des Ertrags aus der Beteiligung an der X von der Gewerbesteuer führen würde. § 9 Nr. 3 GewStG ist für ausländische Betriebstätten eines inländischen Unternehmens ein Ausfluß des in § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG ausgesprochenen Grundsatzes, daß der Gewerbesteuer nur die stehenden Gewerbebetriebe unterliegen, soweit sie im Inland betrieben werden, d. h. soweit im Inland eine Betriebstätte unterhalten wird (§ 2 Abs. 1 Satz 3 GewStG). Die Gewinne aus ausländischen Betriebstätten müssen daher für die inländische Gewerbesteuer außer Betracht bleiben. Der Gesellschafter einer Personengesellschaft hat jedoch keine eigene Betriebstätte an dem Ort, an dem die Gesellschaft eine Betriebstätte hat. Das ergibt sich daraus, daß gewerbesteuerlich die Personengesellschaft als solche rechtsfähig und damit gewerbesteuerpflichtig ist (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 GewStG), nicht der einzelne Gesellschafter. Somit hat der Steuerpflichtige hinsichtlich seiner Beteiligung an der X keine ausländische Betriebstätte. Unter dem Gesichtspunkt des § 9 Nr. 3 GewStG kann also der Gewinn aus der Beteiligung an der X von der Gewerbesteuer nicht unerfaßt bleiben. Wie aber bereits ausgeführt, ist er, weil die Beteiligung sich im Betriebsvermögen eines inländischen Unternehmens des Steuerpflichtigen befindet, als Gewinn dieses Unternehmens anzusehen.
Gegen dieses Ergebnis kann nicht eingewendet werden, es sei unbillig, weil der Steuerpflichtige mit seinen aus der ausländischen Beteiligung herrührenden Gewinnanteilen dann nicht der Gewerbesteuer unterliegen würde, wenn er die Beteiligung nicht zu seinem Betriebsvermögen gezogen hätte. Dies trifft zwar zu. Der Steuerpflichtige hat es aber in der Hand, den Umfang seines Betriebsvermögens als Gewerbetreibender frei zu bestimmen. Kürt er eine Beteiligung an einer ausländischen Personengesellschaft zum Betriebsvermögen seines inländischen Unternehmens, so muß er in Kauf nehmen, daß die bisher nicht von der Gewerbesteuer erfaßten Erträge durch seinen Willensentschluß bei seinem inländischen Unternehmen als Ertrag in Erscheinung treten. Es sei noch darauf hingewiesen, daß andererseits die Verluste aus der ausländischen Beteiligung zu einer Minderung des Ertrages ohne die Einschränkung des § 8 Nr. 8 GewStG führen.
Das FG ist auch zutreffend davon ausgegangen, daß eine Kürzung der Summe des Einheitswertes des gewerblichen Betriebes um den Wert (Teilwert) der Beteiligung des Steuerpflichtigen an der X nicht in Betracht kam. Die Auslegung, die es dem § 12 Abs. 3 GewStG gegeben hat, daß nämlich eine doppelte Realbesteuerung derselben Vermögenswerte vermieden werden soll, ist nicht zu beanstanden. Diese Vorschrift entspricht dem § 9 Nr. 2 GewStG für das Gewerbekapital. Es gilt daher für § 12 Abs. 3 GewStG das oben zu § 9 Nr. 2 GewStG Gesagte.
Fundstellen
Haufe-Index 422737 |
BStBl II 1972, 388 |
BFHE 1972, 460 |