Entscheidungsstichwort (Thema)
Vermitteln von Vermögensanlagen durch Steuerberater
Leitsatz (NV)
Die Vermittlung von Anteilen an Immobilienfonds durch einen Angehörigen der steuerberatenden Berufe gehört nicht zur freiberuflichen, sondern zur gewerblichen Tätigkeit.
Normenkette
EStG § 18 Abs. 1 Nr. 1, § 15 Abs. 1 Nr. 1; UStG § 12 Abs. 2 Nr. 5
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist als selbständiger Steuerberater tätig. Er ermittelte in den Streitjahren seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Dem Kläger sind in den Jahren 1969 bis 1975 Zahlungen seitens der X-AG - einer Anlagengesellschaft - zugeflossen. Die jeweiligen Zahlungen setzen sich aus zahlreichen Einzelbeträgen zusammen, die der Kläger im Wege von Liquidationen eingefordert hatte; sie wurden als Honorarabrechnungen ,,für steuerliche und wirtschaftliche Beratung" bezeichnet. In den Rechnungen war in der Regel vermerkt, die Beratung sei ,,bei Auflage des Fonds" erfolgt. Ein Beratungsvertrag in Schriftform liegt nicht vor. In seinen Steuererklärungen zur Einkommensteuer und zur Umsatzsteuer hat der Kläger die ihm seitens der X-AG zugeflossenen Beträge seiner freiberuflichen steuerberatenden Tätigkeit zugeordnet. Eine für die Jahre 1968 bis 1972 im Dezember 1974 durchgeführte Betriebsprüfung führte insoweit zu keinen Beanstandungen.
Aufgrund von Kontrollmitteilungen ordnete der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) am 30. August 1977 eine Betriebsprüfung für die Jahre 1973 bis 1975 an, die aber aufgrund der Prüfungsfeststellungen auf die Jahre 1969 bis 1972 ausgedehnt wurde, ohne daß hiergegen vom Kläger Einwendungen erhoben wurden. Nach den Prüfungsfeststellungen kam das FA zu der Auffassung, die Zahlungen der X-AG seien nicht für deren steuerliche und wirtschaftliche Beratung durch den Kläger erfolgt. Vielmehr habe die X-AG mit den Zahlungen Vermittlungsprovisionen geleistet. Der Kläger habe nämlich Mandanten zur Zeichnung von Fondsanteilen bewogen.
Das FA erließ aufgrund der Prüfungsfeststellungen (teils geänderte) Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 1969 bis 1975 vom 5. Juni 1978, in denen es die Vermittlungsumsätze des Klägers dem allgemeinen Steuersatz unterwarf. Des weiteren ergingen erstmalig Gewerbesteuermeßbescheide für die Jahre 1969, 1970, 1972 bis 1975 vom 18. September 1978 und für das Jahr 1971 vom 2. Oktober 1978. Auf die Klage hat das Finanzgericht (FG) die Umsatzsteuerfestsetzungen vom 5. Juni 1978 für die Jahre 1969 bis 1972 mit der Begründung aufgehoben, für die Änderung der vorangegangenen Umsatzsteuerbescheide dieser Jahre seien die Voraussetzungen des § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) nicht gegeben. Der Gewerbesteuermeßbescheid 1969 wurde mit der Begründung aufgehoben, der Gewerbesteueranspruch sei mit Ablauf des Jahres 1977 verjährt; im übrigen hat das FG die Klage abgewiesen. Es ist der Beurteilung des FA beigetreten.
Im Umfang der Klagabweisung verfolgt der Kläger in der Revision sein Klagebegehren weiter. Er beantragt, unter Aufhebung des insoweit klagabweisenden FG-Urteils die Umsatzsteuerbescheide der Jahre 1973 bis 1975 vom 5. Juni 1978 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15. November 1978 dahingehend zu ändern, daß die an die X-AG erbrachten Umsätze als Beratungsleistungen dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 5 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) unterworfen werden, und die Gewerbesteuermeßbescheide für die Jahre 1970 bis 1975 vom 18. September bzw. 2. Oktober 1978, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 8. Dezember 1978, ersatzlos aufzuheben. Hilfsweise wird beantragt, die Sache unter Aufhebung des FG-Urteils an das FG zurückzuverweisen.
Das FA beantragt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
1. Zutreffend ist das FG davon ausgegangen, daß die Vermittlung von Anteilen an Immobilienfonds durch einen Angehörigen der steuerberatenden Berufe nicht zu seinen berufstypischen freiberuflichen Tätigkeiten gehört. Die Vermittlung von Vermögensanlagen gegen Provision führt zu Einkünften aus Gewerbebetrieb (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 9. August 1983 VIII R 92/83, BFHE 139, 380, BStBl II 1984, 129). Diese Beurteilung ist auch für die Umsatzsteuer maßgebend. Als berufstypisch i. S. des § 12 Abs. 2 Nr. 5 UStG sind nur solche Tätigkeiten eines Steuerberaters beurteilt worden, die sich aus der Berufsbildbeschreibung des § 33 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) ergeben. Infolgedessen ist vermögensverwaltenden und treuhänderischen Betätigungen, obwohl sie noch zum Kreis der mit dem Berufsbild zu vereinbarenden Tätigkeiten i. S. des § 57 Abs. 3 StBerG gehören, der freiberufliche Charakter abgesprochen worden (BFH-Beschlüsse vom 19. Februar 1981 V B 50/79, BFHE 132, 351, BStBl II 1981, 412, und vom 3. Oktober 1985 V B 88/84, Steuerrechtsprechung in Karteiform - StRK -, Umsatzsteuergesetz 1967, § 12 Abs. 2 Nr. 5, Rechtsspruch 18, BFH/NV 1987, 335).
2. Das FG hat es deshalb zutreffend für maßgeblich erachtet, in tatsächlicher Hinsicht festzustellen, ob der Kläger für die X-AG berufstypische Leistungen erbracht hat und hierfür honoriert worden ist oder ob der Kläger für die Vermittlung von Fondsanteilen an seine Mandanten von der X-AG Vermittlungsprovisionen erhalten hat. Zur Feststellung der tatsächlichen Verhältnisse war das FG im Rahmen der §§ 76, 96 der Finanzgerichtsordnung (FGO) berufen und verpflichtet. Der BFH ist als Revisionsinstanz an die vom FG (unter Würdigung der erhobenen Beweismittel) getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, es sei denn, es werden in bezug auf die Art und Weise der Sachverhaltsermittlung und Beweiswürdigung zulässige und begründete Verfahrensrügen erhoben. Ist dies nicht der Fall, beschränkt sich die revisionsgerichtliche Nachprüfung darauf, ob bei der Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts gegen die Denkgesetze und die allgemeinen Erfahrungssätze verstoßen worden ist. Das heißt, eine auf einer Beweiswürdigung beruhende Entscheidung des FG ist revisionsgerichtlich nur zu beanstanden, wenn das FG zu seinem Ergebnis nicht kommen konnte, es also nicht möglich war (zuletzt BFH-Urteil vom 3. Februar 1988 I R 369/83, BFHE 152, 485, BStBl II 1988, 486).
3. Der Kläger hat in Abschn. A, 4 seines Revisionsschriftsatzes vom 19. Juni 1985 ausgeführt, das FG habe zu der Frage, ob die vom Kläger auch erbrachten Vermittlungsleistungen überhaupt Gegenstand des entgeltlichen Leistungsaustauschs waren, keine gesonderten Feststellungen getroffen. Mit der hieran anschließenden Rüge der Verletzung des § 76 FGO ist den Anforderungen an die ordnungsmäßige Erhebung einer Sachaufklärungsrüge nicht genügt. Weder sind Beweisthema und Beweismittel genau bezeichnet, noch ist angegeben, welche Art von Ermittlungen sich dem FG nach Lage der Dinge hätte aufdrängen müssen, welches Ergebnis die zusätzlichen Ermittlungen gehabt und inwieweit sie zu einer anderen Entscheidung des FG geführt hätten (zuletzt BFH-Urteil vom 24. Februar 1988 I R 143/84, BFHE 152, 500, BStBl II 1988, 819).
4. Die vom FG unter Würdigung der zur Verfügung stehenden Beweismittel getroffene Feststellung, daß der Kläger die entgeltliche Vermittlung von Anlageobjekten betrieben habe, ist revisionsrechtlich bedenkenfrei. Das FG hat ermittelt, daß die Zahlungen der X-AG stets am vermittelten Kapital ausgerichtet waren und Gebührenrechnungen des Klägers sich nie auf das vorgesehene Eigenkapital eines noch aufzulegenden Fonds bezogen haben. Das FG konnte hieraus den Schluß ziehen, daß die Leistungen des Klägers vermittlungsbezogen waren und nicht eine Beratungsleistung für einen künftigen Fonds abgelten sollten. Die zugrundeliegende Überlegung des FG, daß es bei Vorliegen einer Beratungsleistung des Klägers nähergelegen hätte, eine andere Bemessungsgrundlage als das zukünftig von ihm vermittelte Fondskapital zu wählen, verletzt weder die Denkgesetze noch die Erfahrungssätze, da es einerseits logisch ist, eine Beratungsleistung nach dem Beratungsaufwand oder dem Gegenstand der Beratung zu bemessen, andererseits im Wirtschaftsleben üblich ist, Leistung und Gegenleistung im Regelfall äquivalent abzugelten. Ferner hat das FG im Hinblick auf die Existenz und Inanspruchnahme eines steuerlichen Beraters der X-AG den möglichen Schluß gezogen, der Kläger habe durch seine Mitwirkung bei Auswahl und Ausgestaltung der Anlagefonds im eigenwirtschaftlichen Interesse gehandelt, da eine hohe Verkaufsfähigkeit der Fondsanteile ihm als Vermittler eines beträchtlichen Teils der Fonds zugute gekommen sei. Das FG konnte sich in dieser Würdigung durch die Einschaltung des Klägers in das sog. Zweitgeschäft bestätigt fühlen. Da die X-AG den Rückkauf von Fondsanteilen ablehnte, der Kläger aber vermittelnd zwischen Erst- und Zweitkäufer tätig wurde, kam hier die Möglichkeit einer Beratungsleistung zugunsten der X-AG überhaupt nicht in Betracht.
5. Der Kläger kann auch nicht mit dem Begehren durchdringen, daß bei Annahme von gewerblichen Vermittlungsleistungen eine Verminderung der Betriebseinnahmen vorgenommen werden müsse, und zwar um diejenigen ,,Provisionen", welche er auch bei Eigenerwerb von Fondsanteilen seitens der X-AG erhalten habe. Da der Kläger zum Komplex des Eigenerwerbs von Fondsanteilen im Verfahren vor dem FG keine näheren Angaben gemacht hat, konnte es das FG aus der Sicht des BFH-Urteils vom 18. März 1982 IV R 183/78 (BFHE 136, 76, BStBl II 1982, 587) damit bewenden lassen, eine Minderung der tatsächlich vereinnahmten Vermittlungsprovisionen abzulehnen.
Wenn der Kläger erstmals in der Revisionsbegründung zahlenmäßige Angaben zur Höhe der angeblich jährlich auf den Eigenerwerb von Fondsanteilen entfallenden ,,Provisionen" macht, handelt es sich um neues tatsächliches Vorbringen, das in der Revisionsinstanz nicht mehr berücksichtigt werden kann (§ 118 Abs. 2 FGO). Überdies sind diese Angaben unzureichend, denn - wie schon im Verfahren vor dem FG - hat der Kläger in Kenntnis der rechtlichen Problematik gleichwohl davon abgesehen, im einzelnen darzulegen, welche Vereinbarungen der gewerblichen Vermittlung bzw. dem gewerblich betriebenen Eigenhandel mit Fondsanteilen zugrunde gelegen haben, so daß erkennbar geworden wäre, nach welchen Konditionen die Geschäfte mit der X-AG abgewickelt wurden. Erst durch eine entsprechende Mitwirkung des Klägers bei der Aufhellung des in seinen Wissensbereich fallenden Sachverhalts wäre eine rechtliche Würdigung des klägerischen Begehrens möglich geworden.
Fundstellen